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Wochenblatt für für Mr dir König!. Amtshauptmomischast zn Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrnth zn Wilsdruff 188« Nr. 1S Erscheint wichentltch L Mal Dienstag und Freitag AbonnementSpreiS »ierteljährlich 1 Mark. Sine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannahme Nontazs u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wichentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag) AbonnementSpreiS vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Bekanntmachung, das Maaß- und Gewichtswesen betr. Die Polizeibehörden des hiesigen Bezirks werden unter Bezugnahme auf die Verfügung vom 24. Januar 1878 hiermit angewiesen, die gehörige Beobachtung der für das Maaß- und Gewichtswesen geltenden Bestimmungen im öffentlichen und gewerblichen Verkehre (vergl. Reichsgesetz vom 17. August 1868 — Bundesgesetz-Blatt S. 473 —und König!, Sachs. Ausführungsverordnung vom 11. August 1871 — Gesetz- und Verordnungs-Blatt S. 181 —) fortdauernd streng zu überwachen. Meißen, am 24. Februar 1880. Königliche Amtshauptmannschaft. v. Bosse. Tagesgeschichte. Die dem Reichstage zugegangene Brausteuervorlage stimmt in allem Wesentlichen mit dem vorjährigen Gesetzentwürfe überein. In den Motiven heißt es zwar, die Abänderungsvorschläge der vorjährigen Reichstagskommission hätten „zum großen Theil Berücksichtigung" ge funden. Es bezieht sich dies indeß nur auf die dort vorgenommene Milderung der Strafbestimmungen. Die Herabsetzung des Steuerbe trages von 4 Mark auf 3 Mark vom Hectoliter ungebrochenen Malzes, welche die Commission beschlossen hatte, ist nicht acceptirt worden; die neue Vorlage bleibt bei der Forderung von 4 Mark. — Zu bemerken ist, daß im vorigen Jahre, wenigstens auf nationalliberaler Seite, die Meinung dahin ging, es werde von einer Erhöhung der Bierbesteuerung nur im Zusammenhang mit einer entsprechenden Erhöhung der Brannt- wcinbesteuerung die Rede sein können. Von einer Vorlage der letzteren Richtung verlautet bis jetzt nichts. Unsere Handelsbeziehungen in der Südsee sind durch den Abschluß von Staatsverträgen, Anstellung eines deutschen Konsuls und Gründung der neuen Südseehandelsgesellschaft mehr als früher ein Gegenstand öffentlicher Aufmerksamkeit geworden. Die deutschen Nieder lassungen in der Südsee datiren aus den sechziger Jahren understreckten sich über die damals noch unter einer europäischen Hoheit stehenden Gruppen der Fidschi-, Tonga- und Samoa-Jnseln. Auf ersterer ge wannen sie, da dieselbe 1872 unter englische Hoheit kam, keine weitere Ausdehnung; uni so bedeutender Ivar ihr Aufschwung auf den beiden letzteren, namentlich bildeten gleich von Anfang an den Mittelpunkt der deutschen Kulturbestrebungen die Samoa-Jnseln, welche vermöge ihrer Lage in der Mitte der Südsee-Jnseln und außerhalb der Orkanregion, sowie durch ihren natürlichen Reichthum und ihre Productionsfähigkeit vorzüglich dazu sich eigneten. Welches Ucbcrgewicht die Deutschen dort gewonnen haben, geht aus der Thatsache hervor, daß im Jahre 1878 an der Gesammteinfuhr uach den Tonga- und Samoa-Jnseln im Be trage von 1,595,600 M-, die deutschen mit 1,395,600 M„ an der Ge- sammtausfuhr im Betrage von 2,576,400 M. mit 2,427,200 M. be- theiligt waren. Die Haupteinfuhrartikel sind Manufakturen-Eisenwaaren, Waffen, Munition, Kurzwaaren, Lebensmittel. Droguen, Chemikalien, Baumaterialien, Schiffsausrüstungsgegcnständc, Tabak, Vieh; die Haupt ausfuhrgegenstände Kopra (getrocknete Kokossrucht) und Baumwolle, doch sind in den letzten Jahren auch gelungene Aubauversuche mit Zucker rohr, Thee, Kaffee, Tabak, Reis gemacht worden und diese sind einer bedeutenden Steigerung fähig, da von den der deutschen Handelsgesell- schaft gehörigen 160,000 Acres noch nicht 5000 bebaut sind. Der Hascnort Apia auf der Insel Upoli in der Samoa-Gruppe ist der Mittelpunkt das deutschen Handels und dieser hat gegen die eifersüch- tigcn Anfeindungen der Engländer und Amerikaner eine Sicherung da- ourch erhalten, daß, als im vorigen Jahre endlose Parteikämpfe das dortige Staatswesen erschütterten, der König Malietoa zur Herbeiführ- stng geordneter Zustände, außer dem Schutze der englischen und ame- rnanischen Regierung auch den der deutschen anrief, und in Folge dessen Deutschland bei der Anerkennung dieses Königs und der Ord- w>ng seiner Staatseinrichtung wesentlich mitwirkte. Die Interessen der deutschen Ansiedelungen finden sich jetzt somit unter den Schutz der Keichsregierung gestellt, und man darf einer weiteren gedeihlichen Ent wickelung derselben entgegensehen, wenn der neugegründeten deutschen ^«Handelsgesellschaft, welche an Stelle des fallit gewordenen Ham- durger Hauses Gvdeffroy durch Abfindung der nicht-deutschen Gläubiger deu weitern Bestand der dortigen Ansiedelungen in deutschen Händen Wsrn will, die vom Reichskanzler beantragte mäßige Zinsgarantie von Seiten des Reiches durch den jetzt versammelten Reichstag bewilligt wwd, was wohl nicht zu bezweifeln sein dürste. ss c t 2b- Februar. Das hiesige Oberlandesgericht hat die Mehrer der Realschule in Hagen, welche von dem Vater eines ^Grienten ein Geldgeschenk von 1000 Mark angenommen hatten und rrsi ""s Grund des ß 331 des Strafgesetzbuches in den beiden ren Instanzen zu einer Geldstrafe von je 150 Mark verurtheilt wor- kostenlos freigesprochen, nachdem das Reichsgericht dieNich- gleitsbeschwerde für begründet erachtet hatte. Tunnel durch den St. Gotthard, eines der größten Bau- twfs/ .""lerer Zeit, wird am 1. oder 2. März vollendet sein. Nur dam, ^"5 Strecke von 39 Meter ist auf beiden Seiten zu durchgraben, Hände^^" sich die Arbeiter auf deutscher und italienischer Seite die Die neuesten Telegramme des „Berl. Tagebl." melden unterm 28. Februar: Gegen alles Erwarten der Techniker des Gotthard.Tunnels durchbrach die Sonde, welche von der italienischen Seite von Airolo aus heute durchgebohrt wurde, die letzte Wand bereits heute Abend 6 Uhr 45 Min. Der definitive Durchschlag soll morgen, Sonntag, früh 9 Uhr erfolgen. Noch stritten die Techniker beim Souper darüber, ob die Sonde morgen Abend oder Nachts die letzte Wand durchbohren würde, da kam die Depesche aus dem Tunnel, die lange Sondirstange sei auf der Airolo-Seite durch die Wand gefahren. Sofort erschallte Musik auf den Straßen. Auf dem kleinen Telegraphen-Bureau großer Tumult. Zuerst aber mußten Depeschen an Kaiser Wilhelm und Kö nig Humbert expedirt werden. Es sind jetzt noch höchstens 5 Meter zu durchbohren, diese werden in dieser Nacht bis auf die kleine Scheide wand abgesprengt. Es war ausgemacht, daß in dem Augenblicke, wo eine der beiden Sonden durchfahren würde, vier Böllerschüsse gelöst, und daß die Ventile aller Maschinen und Reservoire ohne Unterlaß pfeifen würden. Da wurde der Durchbruch der Sonde plötzlich eine Frühgeburt. Alle Techniker verrechneten sich in diesem Punkte. Ein Spezialtelegramm des „Deutschen Monlagsblatts" meldet vom 29. Februar 9 Uhr 40 Min. früh: Der Durchschlag des Gott- hardtunnels erfolgte heute Morgen früh 9 Uhr. Paris, 26. Februar. Die französische Regierung hat entschieden, daß die Auslieferung des rc. Hartmann im Prinzip z'ugrstanden werde. In mehrfachen Unterredungen, die Fürst Orloff mit Freyciuet hatte, wies derselbe darauf hin, daß in allen AuslicferungSverträgen, welche Frankreich mit anderen Ländern abgeschlossen habe, Attentate auf Fürsten als Fall einer Auslieferung festgesetzt worden seien, ebenso auch jedes gemeine Verbrechen gegen die Sicherheit der Reisenden auf Eisenbahnen. Obschon kein Auslieferungsvertrag mit Rußland bestehe, müsse dieses dennoch auf die allgemeinen Grundsätze jener Verträge sich berufen können. Die französische Regierung hat sich dieser Auffassung ange- schlossen und wird die Astaire Hartmann genau nach den analogen Äe- stimmungen der bestehenden Auslieferungsverträge mit anderen Ländern behandeln. Wenn die Identität des Verhafteten und seine Mitschuld an dem ihm zur Last gelegten Moskauer Attentate konstatirt werden, so wird seine Auslieferung erfolgen. Es heißt übrig-ns, daß Hart- mann sich heute Morgen als Urheber jenes Attentates selbst schuldig bekannt habe, andererseits sind die von Rußland beigebrachten Beweis stücke überzeugend, und sonach dürfte die faktische Auslieferung des Ver brechers sicher sein. Warum geht man nur um den heißen Brei in Rußland herum? Was dort geschehen ist und geschieht und was in Attentaten erschreckend ausblitzt, ist nichts weniger als Revolution, Revolution zum Theil von unten und noch vielmehr von oben. Die letztere Art von Revo lution ist dort fast landesüblich und trifft diesesmal den besten Regen ten, den Rußland gehabt hat. Kaiser Alexander hat sich darüber selbst ausgesprochen und ohne Scheu auf das Haupt der Revolution hinge wiesen. Am Tage nach der Explosion und nach dem Dankgottesdienst versammelte er in der Hvskapelle seine Vertrauten, seinen Sohn, den Thronfolger und den Fürsten Gortschakoff um sich. Er war sehr auf geregt und kündigte den festen Entschluß an, zu Gunsten seines Sohnes abzudanken. Ich habe, sagte er tiefbewegt, mein ganzes Leben meinem Volke und seiner Wohlfahrt gewidmet, was aber in den letzten Tagen geschehen sei, überzeuge ihn, daß seine Stelle unhaltbar sei; wenn so lang und künstlich vorbereitete Attentate gegen sein Leben und in seinem eigenen Hause möglich seien, so sei das «in Beweis, daß die Einen ihm feindlich gesinnt seien und daß den Andern sein Schicksal gleichgültig sei. Wen er damit meinte, ließ er nicht im Zweifel; denn nun sprach er sich mit Bitterkeit aus, daß sein Sohn, der Thronfolger Grundsätze ausgesprochen und öffentlich zur Schau getragen habe, die seinen, des Kaisers Anschauungen entgegengesetzt seien, diese Gesinnungen und Be strebungen seien es gewesen, welche die gegenwärtigen Unruhen und Verbrechen aufgemuntert hätten. Seine Art zu regieren, sei durchge fallen und es bleibe ihm nichts übrig, als seinen Sohn zu ersuchen, ihm die Last der Negierung abzunehmen und sein System zu erproben. — Der Thronfolger bat den Kaiser fußfällig, seinen Entschluß noch mals zu erwägen, und Alle schlossen sich seiner Bitte an. — Der Kaiser versprach zuletzt für den Augenblick wenigstens uoch keinen entscheiden den Schritt zu thun, seine Absicht aber scheint er nicht aufgegeben zu haben. — (In Deutschland müssen wir diese Krisis mit Spannung verfolgen; denn es ist die deutschfeindliche Partei, die mit dem Thron folger zur Regiee"«.g kommen wurde.) Vierzigster Jahrgang. Dienstag, den 2. März