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für Wilsdruff, Tharandt, Rsfft», SieVenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche GerichLsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. ^7 9«. Dienstag, den 16. Aovemöer 1869. Tag esgeschich te. Dresden, 13. November. Der vom Finanzministerium ver öffentlichte Commissionsbericht über die bergpolizeilichen Erörterungen, über die Grubenexplosion im Plauenschen Grunde vom 2. August (wodurch 276 Bergleute ihr Leben verloren) füllt volle 3 Druckbo- bogen. In den Hauptpunkten constatirt derseloe n. daß von Seiten der Grubenverwaltung und des Arbeiterpersonals am 2. August so fort nach der Explosion alles unter den obwaltenden Umständen Mögliche zur Rettung der in der Grube befindlichen Unglücklichen aber leider vergeblich, gethan worden ist; b. daß über die Ursache der Entstehung etwas absolut Gewisses sich nicht hat ermitteln lassen und daß o. weder einem Arbeiter, noch einem Grubenbeamten, noch der technischen Oberleitung der betreffenden Werke eine vorschrifts widrige Handlung, Anordnung oder Unterlassung beizumessen ist, welche die Katastrophe vom 2.'August veranlaßt haben könnte. Das „Dr. I." berichtet aus Dresden: In einer Brauerei der Altstadt rangen im Scherze zwei Brauerburschen, um ihre Körper kraft zu messen. Hierbei hatte der Eine, welcher, von dem Andern überwältigt, auf einen mit siedendem Wasser gefüllten Bottich, dessen Deckel keine sichere Lage hatte, gesetzt wurde, das Unglück, in den Bottich zu fallen und sich in für sein Leben Gefahr bringender Weise zu beschädigen. Der Andere, welcher den Verunglückten aus dem Wasser zog, ist ebenfalls mit bedeutenden Brandwunden bedeckt wor den, und befinden sich Beide im Stadtkrankenhause. Der eine der am 9. d. M. in Dresden verunglückten Braucr- gesellen ist im Stadlkrankenhause an den erlittenen Brandwunden ge- Itorbcn. Dem CH. Tgbl. geht aus Mittweida folgender Bericht über einen stattgesundenen Eisenbahnunsall zu: Der am 10. November Abends 8 Uhr 25 Min. von Chemnitz nach Riesa abgehende ge mischte Zug war zwischen dem Haltepunkte Altmittweida uud der ersten über die Bahn führende Brücke zerrissen und der eine Theil dem abgerissenen Theil vorausgeeilt. Als der Führer dies wahrge nommen hatte, hemmte er den Zug, um die abgetrennten Wagen, die auf dem Fall nachkommen mußten, zu fangen; diese mochten aber eine größere Geschwindigkeit angenommen haben, als der Führer erwartete und stießen in Folge dessen mit großer Heftigkeit aus den langsam vorausfahrenden Zug, daß die Wagen aus dem Gleise ge drängt und stark ^beschädigt wurden. Leider wurde dabei ein Schaffner von seinem Sitz geworfen, gerieth unter die Wagen und ward so fort getödtet, auch zwei andere erhielten jedoch glücklicher Weise nicht gefährliche Verletzungen. Die Passagiere kamen mit dem Schreck und kleinen Contusionen davon. Die Bahnschwellen waren aus ei ner größeren Strecke stark beschädigt. Aus einem zertrümmerten Viehwagen wurden drei Ochsen herausgeworfen, die davon rannten, zwei davon wurden alsbald wieder eingefangen, drr dritte suchte das Weite. Weit größer konnte das Unglück werden, wenn der von Döbeln kommende Zug schon von Mittweida unterwegs war, von wo er eben im Begriff stand abzufahren, als das Haltesignal ankam. Da auf dem zweiten Gleis die herausgedrängten Wagen ragen, muß ten die Reisenden bis gegen Mitternacht in Mittweida warten und wurden dann von der Unglücksstelle aus durch einen von Chemnitz beorderten Extrazug befördert. Aus der berg- und hüttenmännischen Statistik des Freiberger Bergkalender für 1869 sei erwähnt, daß das Gesammtausbringen des Freiberger Bergamtsreviers im Jahre 1868 1,959,142 Thlr. be trug, der höchste Betrag, der bis jetzt erzielt worden ist; die anfah rende Mannschaft zählte 7621 Köpfe, excl. 940 Tagelöhner. Nach einer amtlichen Bekanntmachung des Stadtrathes zu Mei ßen hat sich daselbst ein eigenthümlicher Fall ereignet. Es hat sich nämlich eine zuletzt in Strießen bei Dresden wohnyafte, jetzt aber in Meißen aufhältliche und zeitweilig geisteskranke Frau bei der ge dachten Behörde selbst gemeldet, mit der Anzeige, daß sie ihre Kin der erwürgt habe. Sie hat als Beweis dafür ein Bündelchen blon der lockiger Haare vorgezeigt, welche allerdings von einem Kinde herzurühren scheinen. Ihr Vorgeben hinsichtlich ihrer Kinder hat sich glücklicher Weise nicht bestätigt, es liegt aber die Vermuthung nahe, daß sie irgend ein Verbrechen oder Attentat, von welchem die Haare herrühren, am 3. oder 4. d. M. in der Gegend von Dresden oder auf dem Wege nach Meißen, namentlich an einem fremden Knaben verübt haben könnte und ist man natürlich auf den Ausgang dieser Angelegenheit äußerst gespannt. Annabcrg, 13. November. Wegen der andauernden Stockung in dem Spitzen- und Posamentenfache sind viele Arbeiter ohne Be schäftigung. Um die Noth in den davon betroffenen Familien nicht zu groß werden zu lassen, hat sich hier, wie auch in der benachbarten Stadt Buchholz, ein Comitee gebildet, welches freiwillige Gaben ciu- sammelt, von denen regelmäßige Spenden an die Bedürftigen abge geben werden sollen. In Buchholz sind einige 100 Thaler und hier gegen 1000 Thaler zusammengekommcn. Wahrscheinlich wird man meist Anweisungen auf Brod und Brennmaterial, nur selten baares Geld verabfolgen lassen. Bautzen, 12. November. In Folge der vielfachen auf Brand stiftung deutenden Schadenfeuer wurde von der gcsammten Gens- darmerie der hiesigen Amtshauptmannschafl unter Leitung des Kreis- Obergensdarm Liebig und Obergensdarm Pilk und unter Mitwirkung von Gerichtsfrohnen und Ortswächtern in der Nacht vom 9. zum 10. d. M. eine allgemeine Razzia in allen Ortschaften des amtshaupt mannschaftlichen Be rks unternommen. Trotz der totalen Finster niß und des unaufhörlichen heftigen Regens jener Nacht, war die Streifung dennoch von Erfolg, indem eine ziemliche Anzahl verdäch tiger, beziehentlich steckbrieflich verfolgter Individuen aufgcgriffcn und an die Behö den abgeliefert wurden. Robert Blum hat in Frankfurt treue, verschwiegne und schwin delfreie Verehrer. Jedes Jahr flattert an seinem Todestage (9. Nov.) eine Trauerfahne vom Thurm, voriges Jahr vom Domthurme, die ses Jahr vom Thurme der Nicolaikirche. Berlin, v. Zastrow hat Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Ur- thcil des Schwurgerichtshofes angemeldet, und hierdurch vorläufig den Eintritt der Rechtskraft des Erkenntnisses, welches am zehnten Tage nach Fällung desselben erfolgt wäre, sowie seine Abführung in ein Zuchthaus inhibirt. Sobald die Nichtigkeitsbeschwerde schriftlich von ihm oder seinem Defensor gerechtfertigt w orden ist, gehen die Acten an das Obertribunal, welches durch Urtheil festsetzt, ob die event. Gründe für tue Nichtigkeitsbeschwerde gerechtfertigt sind oder nicht. Nur ein Formfehler oder vorgekommene Verletzungen der be stehenden Proceßvorschriftcn würden eine Vernichtung des Schwurge- richtserkenntnisses und die Verweisung der Sache vor ein neues, hier zu bildendes Schwurgericht nach sich ziehen. Bis zur Entscheidung der Sache bleibt v. Zastrow in der hiesigen Stadtvvigtei detinirt. „Ein Verrückter ist in Compiegne in Napoleons Wohnung ge drungen" meldete die Polizei. Verrückt schemt der Mann nicht zu fein. Als ihn der Richter fragte: Wie wollten Sie den Kaiser tödten, da Sie keine Waffen haben? antwortete er: „Das ist meine Sache." — Gehören Sie einer geheimen Gesellschaft an? — „Gewiß, aber ich werde nichts sagen. Durch mich sollen Sie das Kreuz der Eh renlegion nicht verdienen, obgleich an Ihnen die Reihe ist." — Sei nen Namen verschweigt er beharrlich. Die Spanier sind äußerst überrascht. Kommt dieser Tage ein großer Brief bei den Cortes an, darin erklärt Frau Isabel in Paris, — sic danke feierlich zu Gunsten ihres Sohnes ab. — Die Spanier hatten ihr diese Mühe gar nicht machen wollen, sie waren schon zufrieden, daß Frau Isabel fern von Madrid in Paris sich die Grillen vertreibt. Die republikanische Partei in Spanien ist wieder um mehrere Cortessitze ärmer geworden, indem gegen vier ihrer Abgeordneten das Urtheil wegen Hochverraths und Aufruhrs ergangen ist. Es befinden sich darunter drei Vertreter von Gcrona, von denen zwei, Caymo y Baskos und Sunner y Capdevila, zum Tode verurtheilt worden sind, der dritte, Toribio de Ametller, zu lebenslänglicher Ver bannung. Serraklara, Vertreter von Barce!ona, empfing den milde sten Spruch, auf 12jährige Einschließung. Die beiden zum Tode Verurtheilten befinden sich glücklicher Weise auf französischem Boden, so daß Prim und Serrano nicht in die Verlegenheit kommen, die