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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Vierteljährlicher Pränum»rationSpreis 10 Ngr. — Jnsertionsgebührcn für den Raum einer gespaltenen CorpuZzeile 8 Pf. — Annahme von Inseraten bis Montag resp Donnerstag Mittag. — Etwaige Beiträge, welche der Tendenz dieses Blattes entsprechen, werden mit großem Danke angenommen, nach Befinden honorirt. ^7 ZI. Dienstag, den 27. April 1869. Tagesgeschichte. Neuerdings sind Fälschungen der bekannten grünen cinthälerigen Cassenbillets der Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie vorgekom men, an die sich, soviel bekannt ist, wegen der unnachahmlichen Farbe des Papiers bis jetzt noch kein Fälscher getraut hatte. Die fraglichen Falsifikate sind auf den echten Scheinen nicht unähnlichem Papier mit Blei- und Rothstift mittelst Durchpausens hergestellt. Bei auch nur oberflächlicher Betrachtung sind sie einzeln sofort erkennbar, unter ei ner größern Anzahl echter, aber mögen sie wegen der Papierfarbe eicht zu Täuschungen Veranlassung geben. Aus Hartenstein berichtet man dem „Ziv. W.", daß in dem 2orfe Langenbach bei Stein zwei Kinder im Alter von 3 und 5 sahren, nach dem Genüsse von Kornschnaps, über den sie in Abwe- enheit ihrer Eltern gerathen waren, vorigen Sonntag gestorben ind. Nach einem bei der k. Polizeidirection in Dresden eingegange- en Telegramm des k. Polizeipräsidiums in Frankfurt a. Bl. ist am 0. April dort ein Packet verloren worden, welches Werthpapiere im öetrage von 80,000 Gulden enthalten hat. Unter denselben haben sich 10,000 Dollars in 82er amerik. 6 Proc. Bonds, 5000 Dollars in 87er amerik. 6 Proc. Bonds, so Stück Lombardische Eisenbahn- acticn und 5 Stück Toscanische Prioritäten befanden. Annaberg, 22. April. Gestern Abend gegen 8 Uhr kam in der benachbarten Stadt Buchholz Feuer aus. Es brannte in der so genannten Mittelmühle, welche indeß in letzterer Zeit zu gewerblichen Zwecken benutzt wurde. Das Feuer griff sehr rasch um sich, wurde aber auf 4 „hölzerne" Häuser beschränkt. Die Beschränkung des Feuers auf einem so kleinen Raupte war jedoch nur dadurch möglich, daß Windstille herrschte und die Buchholzer Feuerwehr von der aus wärts zahlreich erschienenen Hilfe eifrigst beim Löschen unterstützt wurde. Am 16. d. M. Nachmittags gegen '/-4 Uhr ist inObcr-Cune- waldc das dem Gemeindeältesten und Weber Carl GotthelfHetzschke gehörige Wohnhaus in Folge Blitzschlags abgebrannt. Das Gerichtsamt Pirna verfolgt'neuerdings einen geisteskran ken Schiffer aus Oberposta, Namens Barthel, der am 16. April un ter Anwendung außerordentlicher Gewalt, gus der Heilanstalt Son- wnstein ausgebrochen und entsprungen ist. Barthel ist bereits 64 Jahr alt, seit fast 3 Jahren in der Anstalt in Verpflegung, imUcb- igen robust, übermittel groß und hat gesunde Gesichtsfarbe. Am 16. April Nachmittags zog ein Gewitter den Gebirgskamm von Altenberg herauf, nach dem hochgelegenen Böhmisch-Ebersdorf zu. Ein Blitzstrahl aus der Wolkenmasse fiel in Böhmisch-Vorder- Zinnwald nieder, der merkwürdige Wirkungen hinterließ. Der Blitz schlug in einen, ungefähr 20 Schritt von einem Wohnhanse stehenden Fichtenbaum, zertrümmerte denselben dergestalt, daß sich bis zu 200 Schritt Entfernung ringsum noch Splitter vorfanden, ein Um kreis von 70 Schritt aber mit Splittern wie besät war. Tie Erde wurde um den Baum in einem Kreise von 20 Schritt völlig aufge wühlt, das Haus aber blieb unbeschädigt und die Bewohner kamen mit dem Schreck davon. Der Fabrikarbeiter Hoppe in Limbach bei Chemnitz wollte am 19. ds. M., nachdem er soeben sein Mittagscssen eingenommen hatte, wieder auf die Arbeit gehen. Er trank erst noch eine Tasse Kaffee, es wurde ihm aber sofort übel darauf und er fühlte sich bald so krank, daß er ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußte. Es stellte sich heraus, daß er mittels Phosphors vergiftet worden sei, und zwar kam seine 24 Jahr alte Ehefrau in Verdacht, ihm in verbrecherischer Absicht den Phosphor, den sie erst von Streichhölzchen abgeschabt, in den Kaffee gethan zu haben. Die verehl. Hoppe'wurde arretirt und in gerichtlichen Gewahrsam gebracht. Ihr Ehemann soll sich auf dem Wege der Genesung befinden. Man sagt, daß beide Eheleute, die kaum Jahr und Tag vcrhcirathet sind, sich nicht besonders gut ver tragen hätten; dies mag für die verehl. Hoppe das Motiv zu ihrer schwarzen That gewesen sein. Coburg, 21. April. Der Vollzug der gegen Rechtsanwalt Streit erkannten Zuchthausstrafe ist nochmals durch ein Gnadenge such des Verurthcilten suspendirt worden, in welchem derselbe um Freilassung auf 6 Monate zur Ordnung seiner Geschäfte nachsucht und sich erbietet, nach Ablauf dieser Frist seine Strafe anzutreten. Die Stadt Berlin hats bereits zu 702,437 Einwohnern ge bracht. Die Arbeitseinstellung ver Berliner Zimmergesellen hatte bis zum 22. d. M. den Erfolg, daß über ein Drittel der Meister sich zu der geforderten Lohnzahlung von 1 Thlr. pro Tag durch Unterschrift verpflichtete. Bei diesen Meistern haben die betreffenden Gesellen die Arbeit wieder ausgenommen, mit der Verpflichtung jedoch, für die noch nicht arbeitenden Gesellen einen wöchentlichen Unterstützungsbei trag von 5 Sgr. zu zahlen. Die Haltung der sinkenden Gesellen ist ruhig und ordnungsmäßig. Der am Freitag in den Reichstag eingetretene Vertreter des 23. Wahlbezirks des Königreichs Sachsen, Ur. Max Hirsch, war zum Eintritte in das Haus durch folgendes Schreiben der sächsischen Re gierung berufen worden: „Nachdem im 23. Wahlkreise des Königreichs Sachsen Herr Schriftsteller vr. Max Hirsch in Berlin zum Abgeord neten für den Reichstag des norddeutschen Bundes erwählt worden ist, so Wird Solches demselben zu seiner Legitimation hierdurch be scheinigt. Dresden, 19. April. Königl. sächsisches Ministerium des Innern, v. Nostitz - Wallwitz." Aus Anlaß einer dem norddeutschen Reichstag vorliegenden Be schwerde über preußische Postämter wegen Zurückweisung nichtpreu ßischen Papiergeldes hat die Postvcrwaltung die Erklärung abgege ben, daß dieselbe den Grundsatz befolge, nur solches Papiergeld an zunehmen, welches außerhalb Preußen landesgesetzlich dem Münz- gelde gleichsteht, daß der Postbeamte also z. V. königl. sächsische Cas senscheine nicht zurückweist, Wohl aber Cassenscheine der Leipziger Bank oder irgend einer sächsischen Eisenbahnvcrwaltung. Die Aufsehen machende Depesche vom 20. Juni 1866, in welcher Graf Bismarck dein Grafen v. d. Goltz in Paris zur Notiz Napole ons mittheilt, daß König Wilhelm auf die Annexion Hannovers, Kurhessens rc. bestehe und lieber abdanken als ohne Ländererwerb aus dem großen Kriege heimkehrcn wolle, war eine telegraphische Depesche und in Chiffern geschrieben. Bismarcks Norddeutsche Allgemeine Zei tung constatirt, daß sie echt und bis auf einige Stellen treu sei. Preußen gönnt also Oestreich das Capital, das es aus der Ver öffentlichung derselben schlägt und das es so nöthig braucht. Dem öslreichischen Generalstabe hat eine etwas ungenaue Rückübersetzung des Chiffertelegramms vorgelegen, woraus zu ersehen, daß auch Te legramme plaudern. Zwei Dinge verweigerte Oestreich in den Friedensverhandlungen von 1866 entschieden, 1) eigenes und 2) sächsisches Land an Preu ßen abzutreten; lieber wolle es den Krieg fortsetzen. Preußen, das den Leipziger und Bautzener Kreis wünschte, mußte davon abstehen. Oestreich dagegen mußte einwilligcn, daß Sachsen dem Norddeutschen Bunde beitrat; anfangs sollte Sachsen dem süddeutschen Bunde bei treten. Das gebe ich niemals zu, sagte Bismarck. Zwischen dem norddeutschen Bunde und den Vereinigten Staa ten von Amerika soll ein Uebereinkommen zur Regelung des Aus wandererwesens ins Auge gefaßt sein. Man darf voraussetzen, daß, wenn es dazu kommt, auch für den Fall einer Vlocade der beidersei tigen Häfen die nöthige Vorsicht im Interesse der Auswanderer ge troffen wird. In spanischen und französischen Blättern geht ein neuer spani scher Thronbewerber um: Prinz Friedrich Carl von Preußen. — Niemand verliert gern eine Perle; die Insel Cuba aber ist eine sehr kostbare Perle für Spanien, die in Gefahr steht, verloren zu gehen. Schiff auf Schiff wird aus Spanien entsendet, nm Cuba zu erhalten. Die Aufständischen bewerben sich bereits um die Anerken nung von Seiten Nordamerikas. Das Räuberunwcsen in Griechenland ist dem Berichterstatter der „Times" zufolge schlimmer denn zuvor. Neben den vielbesproche nen Banden an der Grenze, welche in der Türkei Schutz vor den Folgen ihrer Unthaten in Griechenland suchen und sich nach Grie chenland wenden, wenn ihnen der türkische Boden etwas zu warm