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Wochenblatt für — Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Sicbcnlch» und die Nmgegcudc». Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags und kostet vierteljährlich 10 Ngr. — Jnseratenannahme bis Montag resp. Donnerstag Mittag. 10V. Freitag, den 19. December 1873. Bekanntmachung. Bei der gestrigen in Gemäßheit des Gesetzes vom 5. März 1870 ftattgcfundenen Stadtverordnetenergänzungswahl sind folgende Bürger gewählt worden: Herr Fleischermeister Louis Bretschneider, Herr Beutlermeister Junge, Herr Riemermeister Kaden als Stadtverordnete, sowie Herr Rentier Julius Kluge und Herr Stellmachermeister Emil Loßner als Ersatzmänner. Wilsdruff, am 17. December 1873. Der Stadtrat h. Bürgermeister Adv. Hrnst Sommer. Tagesgeschichte. Wilsdruff, 18. December. Wieder einmal ein Lichtblick in unserer Eisenbahnfrage! Aus Berlin meldet die „Nativnalzeitung": Dem Konsortium, das sich seit längerer Zeit um die Koncessionirung für die Dresden-Leip ziger Bahn beworben hat, ist dieselbe ertheilt worden. Die Kon- cessivnäre sind die Gebrüder Schickler und die Berliner Handelsge sellschaft. Das auf 13 Millionen Thaler normirte Kapital soll, wie die „Neue B. B.-Ztg." hört, vorerst nicht begeben werden. — Am Dienstag fand das erste Winter-Abonnement-Concert von unserm Stadtmusikchor unter der bewährten Leitung des Herrn Stadt musikdirector Kiessig statt; war auch der Besuch infolge der nahen Feiertage und der ungünstigen Witterung wegen ein schwacher, so folgten die Anwesenden doch mit gespannter Aufmerksamkeit der Auf führung und bekundeten somit, daß das wirklich Treffliche und Gute sich überall schnell Bahn bricht und Anerkennung und Würdigung findet. Das Programm war äußerst geschmackvoll und reichhaltig und die Ausführung von dem verstärkten Orchester excellcnt. Wir bemerkten dies am besten bei der Durchführung der meisten Nummern, namentlich traten die drei Solisten Bauer, Finke u. Zimmermann, welche letztere beide auf Wunsch wiederholt blasen mußten, glänzend hervor. Die Ouvertüre z. O. Iphigenie von Glnck, das Andante a. d. ö-ckur-Symphonie von Haydn rc. wurden mit feinem Berständniß und ausgezeichneter Nüancirnng vorgctragen, so daß dieselben durch die Fülle ihrer musikalischen Schönheiten die Herzen des Zu hörers mächtig ergriffen und sich lauten, stürmischen Beifall errangen. Bei solchen Erfolgen müssen wir dem Fleiß des Herrn Musikdircctors Kiessig und dessen Chore vollste Anerkennung zollen und liegt es im allgemeinen Interesse des kunstsinnigen Publikums, die Concerte durch zahlreichen Besuch lhalkrästig zu unterstützen, um dadurch zu docu- mentiren, daß wir hier auch auf musikalischem Gebiete dem geistigen Fortschritt huldigen. Von den 110 Städten Sachsens unter 6000 Einwohner haben 42 die rcvidirte Städtcordnung und 68 die Städteordnung für mitt lere und kleine Städte angenommen. Dresden, 17. December. Wie das Dresdn. Journ." vernimmt, denken Se. Majestät der König Sich nächsten Freitag nach Berlin zu begeben, um der Sonnabend Mittag in der Friedcnskirche zu San- sonci erfolgenden feierlichen Beisetzung Ihrer Majestät der Königin Elisabeth von Preußen beiznwohnen. Um den Betrügereien durch Entnahme von Postvorschüssen ein Ziel zu setzen, hat das General-Postamt bestimmt, daß vom 1. Januar 1874 ab derjenige Beamte, welcher Postvorschüsse gleich bei der Einlieferung der betreffenden Sendungen an Correspondenten, Welche keine Camion gestellt haben, baar auszahlt, dies auf eigene Gefahr thut und etwaige Verluste allein zu vertreten hat. Einen für sich selbst sprechenden Beleg zur Entwicklungsgeschichte des Verkehrs liefert dieThatsache, daß einer Localchronik von Dresden aus dem Hahre 1733 zufolge damals beim dortigen Postamte 9 Be amte und 10 Unterbcamte beschäftigt waren. Im Jahre 1873 be trägt diese Anzahl 156 Beamte und 272 Unterbeamte. Von Löbau aus ist am 30. vor. Mts. durch die Post eine Kiste nach Dresden gesandt worden, die sich dort, weil die Adresse durchaus nicht stimmte, als unbestellbar erwies. Da die Person, welche die Kiste in Löban aufgegeben, auch nicht bekannt war, so öffnete die Post und fand — wenig erbaulich — eine Kindesleiche. Man hat Nachforschungen angestellt nach dem Absender, aber zur Zeit ihn noch nicht finden können. Die ärztliche Untersuchung ergab, daß das Kind todt zur Welt gekommen sein muß, daß es sich also um Kindestödtung nicht handelt. In der Gegend von Lehndorf bei Bautzen ist am 12. d. das Geschirr eines Reisenden von 3 Unbekannten, welche im Straßen graben sich versteckt gehabt, räuberisch angefallen worden. Der Ent schlossenheit des Kutschers und der Schnelligkeit des Pferdes, das, von Schweiß triefend, bald nach 8 Uhr in Bautzen einfuhr, ist es zu danken, daß weiteres Verbrechen vereitelt wurde. Einer dem „Leipz. Tagcbl." aus Eisenach zugchenden Mit- theilnng zufolge haben die dortigen Socialdcmokraten den Drechsler August Bebel von Leipzig als Kandidaten für das erledigte Bürger meisteramt in Eisenach ausgestellt. Berlin, 15. Dccbr. Ein königlicher Erlaß an das Staatsmi nisterium vom 15. Decbr. ordnet wegen des Ablebens der Königin Wittwe eine allgemeine Landestrauer von sechs Wochen von heute ab an und untersagt öffentliche Musikaufführungen, Lustbarkeiten, Thea ter und Schauvorstellungen für die ersten acht Tage. Berlin. Bedeutende Pferde - Ankäufe, welche für Rechnung des französischen Staates in der Provinz Preußen gemacht werden, haben, wie der „G. G." wissen will, die Aufmerksamkeit des Mini steriums erregt. Es heißt, daß die Provinzialbchörden angewiesen worden sind, ein wachsames Auge darauf zu richten, daß nicht zu Gunsten des Auslandes eine fühlbare Schwächung unseres Pferde- bcstandes statlfindct. Breslau, 15. December. Das hiesige Stadtgericht verurtheilte den Fürstbischof Or. Förster wegen 29 ungesetzlichen Anstellungen von Geistlichen in contumaciam zn einer Geldbuße von 11,600 Thlr., eventuell zu 2jähriger Gefängnißstrafe. Wie hell es in Mecklenburg-Schwerin aussieht, davon giebt folgender Vorfall Zeugniß. Zu Ostern dieses Jahres wurde der Pastor v. Strack aus Sessen, der sich den Preuß. Kirchengesetzen nicht fügen wollte, am Gymnasium daselbst als Neligionslehrer an gestellt. Kürzlich docirte derselbe in der Prima, daß die Lehre von der Elcctricitüt Unsinn sei. Mit dem GcwiNcr verhalte es sich so, daß die Engel in den Wolken sitzen und die Blitze zur Erde schleudern.