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Wachenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Nossen, Siebeulehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königl. Oerichtsamt Wilsdruff und den Stndtrath da^lbft. Freitag» den 29. Niärz l867. 1Z Verantwortlicher Redacteur und Verleger: A. Lore uz. Bon dieser Zettschrtst erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den Vterteljahrgang beträgt w Ngr. und ist jedeSmal vorauSzubezahlen. Sämmtliche Königl. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. «»zeigen, welche im nächsten Stück erscheinen sollen, werden in Wilsdruff sowohl (in der Redaction), als auch der Druckerei d. Bl. in Meißen bis längstens Donnerstag Vormittags 8 Uhr erbeten, Inserate nur gegen sofortige Bezahlung besorgt, etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, mit großem Danke «"genommen, »ach Befinden honortrt. — Umschau. Wieder einmal spricht alle Welt vom Kriege, der nächstens ausbrechen müsse. Zunächst denkt ldan an Frankreich und meint, der Kaiser werde dem Drängen des HeercS und eines Theiles des dolkeS nicht widerstehen können. Frankreich würde i« Berlin mit Oesterreich gegen Preußen ziehen, «m sich die Rheingrenze zu verschaffen. Wir geben diese Gerüchte, ohne daran zu glauben. Zwei Dinge sind eS besonders, die uns für das Jahr 1867 den Frieben garantiren: 1) die Industrie-Ausstellung in Paris, welche bereits viele Millionen gekostet bat und bei einem Kriege vollständig ihren Zweck verfehlte; 2) die Anfertigung der Hinterlader für die französische Armee. Erst Ende des Jahres wird das ganze Heer mit den Chaffepot-Gewehren ver sehen sein, obgleich man in den Fabriken eifrig arbeitet. Außerdem könnte Frankreich den Russen keinen größern Gefallen thun, als wenn es einen Krieg mit Preußen begönne; Rußland würde die Gelegenheit sofort benutzen, der Türkei ein Ende iu machen. Welchen Werth aber Frankreich auf Erhaltung derselben legt, beweist der Krieg von 1854, der Frankreich über 200 Mill, an Geld und Tausende von Menschenleben gekostet hat. Sind die Russen in Constantinopel, so sind sie die Her, 'm von Europa! Dies Wort des alten Napoleon d»t man in Paris nicht vergessen, und wird etwaige plärre auf Deutschland eher hinausschieben, als linen Krieg heraufbeschwören, der vom Ural bis Gibraltar wiederhallen müßte. Darum keine Furcht! Et giebt Leute, die sich ein Vergnügen daraus fachen, Andere in Angst zu setzen, und die leider "nmer noch Gläubige finden. — Im Reichstage, der zwei tüchtige neue Kräfte an Forkenbeck und Gneist gewonnen hat, wird der Streit mit jedem Tage heftiger. Es ist soweit ge« kommen, daß diejenigen Abgeordneten aus den kleineren Staaten, welche die Selbständigkeit der selben anstreben, ihren Hauptschutz bei Bismarck suchen müssen. Die Mehrheit des Reichstages würde sofort für Annexion stimmen. Die sächsischen Con- servativen gehen mit der preußischen Regierung, sprechen und stimmen für die unveränderte An nahme des Berfassungsentwurfs. Uebrigens haben sich die sächsischen Abgeordneten mit wenigen Aus nahmen einen sehr guten Ruf erworben; verhält- nißmäßig betheiligen sie sich viel eifriger an den Debatten, als die Abgeordneten aus andern Län dern. Die katholische Partei, obgleich äußerst schwach, rührt sich außerordentlich, damit nur ja ihre Kirche nicht zu Schaden komme. Einer ihrer Hauptredner, der Geistliche Michelis, welcher sich schon im Ab geordnetenhaus« durch seine langweiligen, mit Adam und dem Sündenfalle beginnenden Reden auSzeich- nete, ist ausgetreten, weil ihm der Präsident das Wort entzog. — (6.L) Aus dem Plauenschen Grunde, 25. März. Der NeichslagSabgeordnete des VI. sächsischen Wahlkreises, Herr I)r. Schaffrath, erschien gestern Nachmittag in einer zu diesem Behufe in Döhlen veranstalteten und äußerst zahlreich besuch ten Wählerversammlung. Obgleich derselbe in Folge einer Erkältung sehr unwohl war, gab er doch sei nen aufmerksam lauschenden Zuhörern in einem über eine Stunde dauernden interessanten Vortrag ein klares Bild des Reichstags selbst, dessen Ab- theilungen und Parteischattirungen. Der Redner beklagte, daß die eigentliche Linke im Reichstage numerisch schwach vertreten sei, und daß die übrigen Parteien, von den Conservattven an bis zu den