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Zweites Blatt. MMM!i, MlÄNiff Marandt, Mossen, Sieöentehn und die Amgegenden. Amtsblatt für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Bnrkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg. Huhndorf, Kausbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neu tanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Rshrsdon bei Wilsdrusi, Noitzsch, Rothschönbera mit Perne, Sachsdors, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach b. Moborn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 Mk. 55 Pf- Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Znsertionspreis 10 Pfg. pro viergespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berqer daselbst. No. 45. Sonnaben-, -en 14. April 1WV. 58. Jahrg. Juin Osterfeste. Kol. 1, 18: Er ist der Anfang und der Erstgeborne von den Todten, auf daß Er in allen Dingen den Vorgang habe. Er ist aufcrstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden! So grüßten sich einst die Jünger und Jüngerinnen des HErrn, als die Osterfreude ihr Herz erfüllte. Er ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden! Das tönt wieder im festlichen Geläute der Glocken durch Stadt und Land. Das tönt auch wieder in den Herzen Seiner Jünger, die sich freuen, einen lebendigen Heiland zu haben. Er ist erstanden Bon der Marter alle; Des sollen wir alle froh sein: Christ will unser Trost sein. Hallelujah! Wenn manchmal schwere, trübe Stunden über Martin Lutherkamen, dann schrieb er's mit Kreide vor sich hinauf den Tisch: „vivit", d. h. Er lebt. Und er richtete seine bekümmerte Seele wieder auf an dein Ostersieg des Heilands. Und er wußte, wenn Er lebt, dann brauchen auch wir nicht zu verzagen. Denn Er ist der Anfang und der Erstgeborene von den Todten. So wie der Sieg des Feldherrn auch zugleich der Sieg eines jeden Soldaten ist, so ist Jesu Sieg auch unser Sieg. Er ist nicht der Einzige, der von den Todten erstanden ist, Er ist der An fang, Er ist der Erste. Er sollte in allen Dingen den Vorgang haben; aber wir sollen in allen Dingen Ihm nachfolgen. Der Tod bat aufgehört, ein König der Schrecken zu sein. Er ist ein überwundener Feind. Christus hat ihn überwunden. Er hat dem Tode die Macht genommen. Wir brauchen uns nicht niehr vor dem Tode zu fürchten. Wir können sprechen: „Trotz Tod, komm her, ich fürcht' dich nit". Wie verklärt das Licht der Ostersonne unsere Gruft und die Gräber der Unsrigen, die in Ihm ent schlafen sind! Wir brauchen nicht an den Gräbern zu sieben wie solche, die keine Hoffnung haben. Er ist der Erstgeborene von den Todten. Auch wir werden mit Ihm auferstehen, wenn wir mit Ihm gelebt haben. So allgemein wie die Welt thut, dürfen wir ja nicht von der Auferstehung reden. Es giebt eine Auferstehung zum ewigen Leben und eine Auferstehung zu ewiger Schmach und Schande (Dan. 12, 2). Aber wenn dir das Blut Jesu die Versöhnung mit Gott erworben hat, daß du sagen kannst: Ich habe Vergebung der Sünden, dann kannst du dich auch des Ostertriumphes Jesu erfreuen und singen: „Jesus, Er, mein Heiland lebt! Ich werd auch das Leben schauen, Sein, wo mein Erlöser schwebt; Warum sollte mir denn grauen? Lasset auch ein Haupt sein Glied, Welches es nicht nach sich zieht?" Die Schwestern. Novelle von K. Sommer. .Sieb einmal, Käthe, ist das nicht reizend? Sieht es nicht ganz,'entzückend aus?" , Es war ein junges Mädchen von kaum zwanzig Jahren, dH in der Milte ihres Ankleidezimmers stand und ein reiches seidenes G-wand in ihren Händen hielt. Sie ging damit dec eantretenden Schwester entgegen und zeigte es ihr. / .Hast Du je so etwas Schönes gesehen? Wart', ich will gleich einmal anprobiren, der Anzug muß mir prächtig stehen, meuist Du nicht auch?" I D>e ältere Schwester, eine schlanke Blondine mit ernsten, blaiven Augen, nickte lächelnd. wirst alle bezaubern heute Abend, ganz entschieden," neckte sie -Mit leisem Spott; .wehe, dreimal wehe den jungen Männern, däe 'n Demen Bannkreis gerathen." Aber dab-st flog ein zärtlicher, bewundernder Blick zu der jungen, schönen Schwester hinüber. Sie durste lvn nur nicht sehen, denn sie war so schon eitel genug, ein eigenwilliges, ver- bätschelteS Mädchen, dem Alles seinen Willen that, die ältere Schwester vielleicht am meisten. Aber die anderen halfen auch dabei, der Baler und Günther, der Verlobte des schönen Mädchens. Sie alle verhätschelten Ellinor und — verdarben sie. .So hilf mir doch ein wenig. Käthe, was stehst Du denn so stumm und interesselos da?" klang es aufgeregt, in etwas schmollendem Tone. Die Schwester stand schon neben ihr und zog ihr den schweren seidenen Rock über die schwellenden Schultern. .Ich bewundene Dich, Ellinor," sagte sie begütigend. Aber nun half sie ihr, und ihre leichte, ruhige Hand wurde schneller fertig, als die vor Aufregung bebenden Finger der Kleinen. Man konnte diese Bezeichnung mit Recht gebrauchen, denn neben der großen, schlanken Schwester war sie nur ein winzig kleines Menschenkind, aber vom schönsten Ebenmaß der Form-n, und auf dem weißen Hols laß ein reizendes braunes Köpfchen. Ihr Antlitz hat'e nicht den zarrweißen Teint der Schwester, sondern einen weichen, bräunlichen Farbentvn, aber das blau- schwarze Haar paßte dazu und ebenfalls Vie großen sammet braunen Augen. Nun war die Toilette beendet und die phantastisch geschmückte Ellinor stand vor dem hohen Spiegel und betrachtete sich mit stolzem, befriedigtem Bl>ck. Käthe mar einen Schritt zurückgetreten, ihrÄuge hing eben falls mit Bewunderung an der lichten Erscheinung. .Du hast recht, Ellinor, ich Hobe nie etwas Hübscheres gesehen. Und der Anzug ist bei allem Farbenreichthum doch so geschmackvoll." .Ja, aber das Beste kommt noch," triumphirte die Schwester, und ihre Stimme klang ganz aufgeregt. .Bitte, löse mir das Haar einmal." Käthe zog ihr die Nadel aus dem dichten Knoten, der im Nacken das Haar zussmmenhielt, und nun senkte sich die Fluth in schwarzem, glänzendem Gelock bis über die Hüften herab. .Schau her, Käthe!" Sie zog behutsam mit den Fingerspitzen aus der neb-n ihr stehenden Pappschachtel einen Schleier hervor, ein zartes Gewebe in mattem Elfenbeinton. Mit unnachahmlicher Grazie schlang sie ihn ein paarmal um Kopf und Antlitz, sodaß sie wie in eine Wolke gehüllt stand, und nun war die Orientalin fertig. Ein bewunderndes ,Ah!" entschlüpfte Käthes Lippen. .Habe ich nicht wunderhübsch und geschmackvoll gewählt?" fragte Ellinor triumphirend. .Ja, in der That, selten schön, ich muß Dir mein Kom pliment machen." Es war ein Kostüm zu einem am Abend stattfindenden Maskenfeste. Der Rock bestand aus mattblauer, golddurch- wirkter Seide mit einer Bordüre, die ein Geranke von wildem Mohn und goldgelben Aehren bildete. Die Büste umschloß biö an den Hals ein seidenes, elfenbcinfarbigeS Hemd mit weiten Äermcln, darüber ein purpurfarbiges Sammetjäckchen. Um den HalS fiel ein Schmuck von einander gereihten Geldmünzen, eben solche Münzen legten sich als Reif über den dunklen Scheitel und blitzten in mattem Glanz aus dem Schleierge- webc hervor. Es war ein selten schönes Mädchenbild, eine Erscheinung wie ous .Tausend und eine Nacht". .WaS Günther wohl sagen wird, Käthe?" frohlockte es unter dem Schleier hervor. AIS hätten ihre Gedanken ihn gerufen, erscholl in diesem Augenblick die Klingel, Schritte erklangen, ein Besuch wurde in das Empfangszimmer gelaffen, und gleich darauf meldete das Mädchen: „Herr Doktor Wertheim." ,W>r kommen sofort." „Gehe Du nur erst, Käthe, ich will ihn überraschen," drängte Ellinor aufgeregt. .Die Armspangenfehlen noch und die Sandalen." Käthe ging vorauf. Im Wohnzimmer fand sie den Schwager, der ihr grüßend entgegenkam. .Wo ist Ellmor?" .Sie kommt sogleich. Bitte, setze Dich, Du siehst müde aus. Kommst Du aus der Praxis?" Er nickte und ließ sich in einem der angewiesenen Sessel nieder. Ec war eine stattliche, mittelgroße Erscheinung, mit breiten Schultern. Sein Gesicht mit dem blonden Haar und blondem Schnurrbart war nicht gerade schön, aber eS hatte kluge, stahlblaue Augen, und um den Mund, wenn die Lippen sich nicht in Strenge zusammenpreßten, einen weichen, herzge winnenden Zug. Ec war noch ein junger, aber tüchtiger und beliebter Arzt, d-r eL sehr ernst nahm mit seinem Beruf. Ec hatte vielleicht zu viel Grmüth dafür, aber sem Auftreten war trotzdem ener gisch und bestimmt, und man vertraute ihm. Seit einem halben Jahre war er mit Ellinor Sander ver lobt. Man hatte sie damals beide beneidet, ihn um das schöne reiche Mädchen, und sie um den tüchtigen, allgemein beliebten Mann. Käthe hatte Recht gehabt mit ihrer Bemerkung. Günther Wertheim sah müde uno abgespannt aus, es lag wie em dunkler Schatten auf seiner Stirn. Ec strich sich ein paarmal mit der Hand darüber hin, dann sah er seine Schwägerin an. „Wir können das Fest heute nicht besuchen, Käthe," sagte er gepreßt, „es wird mir schwer, Ellinor das zu sagen, aber ich bin nicht imstande dazu." „Weshalb nicht?" fragte sie erschreckt und sah ihn unruhig an. „Ellinor freut sich wie ein ausgelassenes Kind, sie Pro birt gerade ihren Anzug. Sie wird außer sich sein. Geht es wirklich nicht, Günther?" Er schüttelte den Kops. „Deine Mutter ist doch nicht —?" „Mutter ist gesund, sie läßt Euch grüßen," erwiderte er schnell, „es ist etwas Anderes, was mir den Ball unmöglich macht, ich " Er schnellte empor von seinem Sitz. Dort drüben unter der Portiere, die daS Wohnzimmer vom Empfangesalon trennte, stand plötzlich wie hmgezaubert, Ellinor« reizend phantastische Erscheinung. Der dunkelrothe Plüschvorhang war wieder hinter ihr zu- sammengcfallen und bot nun einen wirksamen Hintergrund für das lichte Mädchenbild. Eie stand einen Augenblick still und sah lächelnd auf den Monn, der regungslos, mit oorgeneigtem Haupte sie anstarrte wie eine Traumgestalt. Ein leises, melodisches Lachen klang unter der Schleierhülle heroor, aber da stand er schon vor ihr und hatte sie m't Ungestüm in seine Arme gezogen. „Ellinor — Liebste!" Sie mochte sich hastig los von ihm. .Vorsicht, Schatz, vorsichtig, Du rumirü mir mein Kostüm!' Er schob sie ein wenig von sich und sah sie mit trunkenen Blicken an. .Märchenprinzeß!" flüsterte er voll heißer Zärtlichkeit und wieder zog er sie an sich, ober leise, behutsam, als könnte die Traumgestalt m seinen Armen wie Nebel zerfließen. Er ver suchte es, mit einem Hauch den Schleier von ihrem Antlitz zu heben, um den Mund erreichen zu können, den süßen, rotyen Mund, aber es gelang ihm nicht. Sie lachte amüstrt auf. „Unerreichbar wie die Sterne," kicherte sie, aber mit einem reizend schelmischen Ausdruck hob sie dann selbst den Schleier empor, und hielt ihm die Lippen entgegen. Käihc war hinausgegangen, um für den Schwager -ine Erfrischung zu besorgen, als sie wieder eintrat, stand er noch immer vor seiner Braut, in ihrem Anschauen verloren. „Wie findest Du mich, Schatz?" fragte Ellinor, und stolze Freude klang aus ihrem Ton. Er antwortete nur mit Blicken. „Nicht wahr, ich werde Eff-kt machen," süzte sie trium phierend hinzu und hing sich an leinen Arm. Er zuckte leicht zuiommen, das Leuchten verschwand aus seinen Augen, d r Schatten von vorhin legte sich wieder auf seine Stirn. Ec schrill mit ihr zum Divan und zog sie an seine Seite nieder.