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WchMktt K M!slirW Tharandt, Aossen, Sieöenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für die Rgl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kausbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neu- tanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Noitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdors Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach b. Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro viergespaltene Corpuszeile. Druck und Verlaq von Martin Berqer in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berqer daselbst. No 1W. Sonnabend, den 8. September 1SVV. 58. Jahrg. j)slitische Rundschau. Boni Kaiserhofe. Der Kaiser, der Tags vorher einer Uebung des Gardekorps beimohnle, hörte am Donners tag Vormittag nach einem Spazierritt die Voriräge des Kriegsministers v. Goßler und des Chefs des Militär- kabinetS v. Hahnke. Zar Tafel war der in Berlin ein- getroffeue Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, Generalmajor v. Liebcrt, eingeladen. Abends empfing der Monarch die italienische außerordentliche Gesandtschaft zur Notifizirung der Thronbesteigung des Königs Victor Emanuel III. Gegen den,Staatssekretär Grasen Bülow macht sich in weiten Kreisen eine lebhafte Mißstimmung gellend, weil er zur Entschädigung der von den Engländern in Südafrika drangsalirten und von ihrem Besitze vertriebenen Deutschen rein garnichls unternimmt. Sogar in konser vativen Blättern wiro die Frage aufgeworfen, ob die Engländer in Südafrika nicht ärger gegen die Deutschen aewüihet hätten, als es die Boxer in China thun, und ob die englischcrseirs an deutschen R^ichsaugehörigeu verübten Brutalitäten denn straflos ansgchcn soNlea. Es sind nun schon Wochen darüber vergangen, daß die amtlichen Ber liner Stellen aus dem Munde der aus Transvaal aus- gewicseneu Deutschen authentisch über die von den Eng ländern verübten Verbrechen unlerr.chrel morden sind, bisher ist indessen noch nichts darüber bekannt geworden, daß Seitens des Auswärtigen Amies wegen dieser skandalösen Vorgänge Schritte in London geihan worden sind. Graf Bülow kann sich dieser Pflicht aber unmöglich entziehen, und der Schrei des Unwillens, der über die Saumseligkeit der deutschen Reichsregiernng laut wird, die den gemarterten Deutschen noch immer keine Genuglhunng verschafft hat, wird hoffentlich nicht wirkungslos Verhallen. ES mag der deutschen Reichsregicrung unangenehm sein, an England mit Forderungen heranzutreten, die unter Umständen ernst liche Meinungsverschiedenheiten Hervorrufen können; offenen Brutalitäten gegenüber ist aber zarte Rücksichtnahme nicht angebracht, und auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil, anders geht's nicht. Berlin, 6. Sept. Die „Nordv. Allg. Ztg." schreibt: Aus einer englischen Zeitung ist in die deutsche Presse die Nachricht übergegangen, einer der deutschen Fürsten habe bei dem Kaiser briefliche Vorstellungen gegen die Politik Deutschlands in China erhoben. Die „Nordd. Allg. Ztg." ist zu der Feststellung ermächtigt, daß die An gaben des englischen Blattes glatt erfunden sind. In Berlin traf am Mittwoch eine französische Militärcommission ein, die bestimmt ist, den Kaisermanövern in Pommern beizuwohncn. Die Commission besteht aus dem General Michal, dem Oberstleutnant Silvestre und dem Major de ChazelleS. Die Entsendung dieser Ab ordnung des französischen Heeres zu den diesjährigen großen Herbstmanövern in Deutschland stellt ein neues erfreuliches Zeugniß für die ungetrübten guten officielleu Beziehungen zwischen dem deutschen Reiche und Frankreich dar. Am gleichen Tage erfolgte auch die Ankunft des italienischen Generals Pelloux in der deutschen Reichs- Hauptstadt. Derselbe überbringt als außerordentlicher Abgesandter des Königs Victor Emanuel Ist- dem Kaster Wilhelm die übliche officielle Mitteilung von der erfolgten Thronbesteigung des neuen italienischen Herrschers. Nicht weniger als 8000 Hectoliter Bier in Fässern hat die Militär-Verwaltung den ostastatischen Truppen, einschließlich der in diesen Tagen abreisenden Expedition, mit aus die Fahrt gegeben. Dies Bier in Gebinden, das für die Tropenländer nicht eigens zubcreitet worden, ist lediglich dazu bestimmt, den Bedarf an Mannschaften bis zum Aegualor zu decken. Darüber hinaus wäre es nicht von Bestand, und für die fernere Seereffe kommt dann Flaschenbier zur Verwendung, das durch ein besonderes Verfahren für den Gebrauch in der heißen Zone zubereitet worden ist. Holland. Die Beschlüsse der vorjährigen Friedens- confercn; im Haag haben nunmehr das noch fehlende „Tipferl auf dem i" erhalten. Am Dienstag wurden im Auswärtigen Amte im Haag die Ratificattousurkunden der auf der Friedensconferenz unterzeichneten Verträge und Declarationen niedergelegt, womit nach einer Er klärung des niederländischen Ministers des Aeußeren, de Beaufort, die Conferenzarbeiten zum Abschluß gelangt sind. Auf seine« Vorschlag sandten die versammelten Diplomaten ein Telegramm an den Zaren, als den Ur heber der Haager Friedensconferenz, ab, in welchem der Wunsch ausgedrückt wurde, daß die Geschichtsschreiber sagen möchten, das Werk der Conferenz sei von Dauer und von wohlthätigem Einflüsse auf die Menschheit ge wesen. — Leiber nimmt sich dieser schöne Wunsch einst weilen nur noch allzusehr als — Zukunftsmusik aus! Italien. In Italien thut Niemand seine Pflicht, so erklärte mit tiefem Ernste der junge König Victor Emannel, von oben bis unten herrscht allgemeine Gleich gültigkeit und Indolenz. Man muß deshalb Alle ohne Ausnahme zur Erfüllung ihrer Pflicht anhalten, ich selbst macke den Anfang und erfülle die meinige mit Eifer und Liebe. Das soll den Anderen zum Ansporn dienen. Die Minister sollen dem Volke nickt mehr versprechen, als sie halten können unv vor Allem solle die Justiz ohne An sehung der Person ausgeüdt werden, woran es gegen wärtig vielfach fehle. Der Getreidemarkt. lBerichtswoche vom31. Ang. bis 6. September 1900.) In der letzten Woche habe* die Weizen- und Roggenpreise in Folge des geringeren Ange bots ^au Waare eine weitere Aufbesserung von Ibis 2 Mk. pro Tonne erfahren, wenn auch nach ermatteter Kauflust dieser erhöhte Preis nicht für alle Waarengattnngen auf recht erhalten werden konnte. In Berlin und Leipzig wurde bezahlt für Weizen je nach Güte pro Tonne 143 dis 177 Mark, Roggen 150 bis 162 Mk., Braugerste 160 bis 174 Mk., Mahl- und Futlergerste 136 bis 148 Mk., Hafer 137 bis 153 Mk., amerikanischer Mais 126 bis 129 Mk., runder Mais 126 bis 150 Mk. Der Arieg mit China. Sachkenner haben vom ersten Augenblick an erklärt, daß die Ausführung des russischen Vorschlags betreffs Räumung Pekings die Gefahr eines allgemeinen chinesischen Aufstandes heraufbeschwören würde. Den Gelbgesichtern ist nur mit Energie und Machtentfaltung beizukommen, jedes Zeichen, das Schwäche verrälh, macht sie dreist und ermuthigt sie zu Feindseligkeiten. Ein sehr instruktives Beispiel, das uns besonders intcressirt, da es die deutsche Niederlassung in Schantung angeht, hat in dieser Bezieh ung der Gouverneur von Kiangsu geliefert. Dieser Edle war vor Wochen mit 5000 Mann chinesischer Truppen nach der Grenze von Schantung aufgebrochen. Vor 5000 Chinesen hätten sich nun unsere Blaujacken in Kiautschou wohl nicht besonders gefürchtet, aber es hätte doch zweifellos auf beiden Seiten Todte und Verwundete gegeben, wenn der Einfall ausgeführt morden wäre. Da traf es sich denn günstig, daß die Meldung von der Einnahme Pekings die kriegslustige Horde gerade in dem Augenblick traf, als sie ihre Feindseligkeiten' beginnen wollten. Hoher Schrecken fuhr ihnen in vas schlotternde Gebein und die Mehrzahl der 5000 warf die Waffen weg und zerstieb in alle Winde. Der Rest begab sich nach Westen, um sich der Kaiserin- Regentin zur Verfügung zu stellen. Dies eine Beispiel für viele. Die Räumung Pekings würde das Signal zu einem allgemeinen chinesischen Aufstande sein, dessen'Uuterdrückung aufs Neue viel Blut erfordern würbe, den Friedensschluß aber auf ganz unabsehbare Zukunft hinausfchieben würde. Da man in Petersburg keinerlei persönliche Beweggründe, sondern nnr sachliche Erwägungen für den Räumungs vorschlag gelten lassen will, so wird man sich dort durch die Thatsachen schließlich doch zu dem Geständniß genöthlgt sehen, einen Jrrthum begangen zu haben und den Vor schlag kasstren. Berlin. Von dem zweiten Admiral des Kreuzer geschwaders ist vom heutigen Tage nachstehende Meldung emgelaufen: Kapitän Pohl berichtet aus Peking: Der russische General besuchte am 26. die deutschen Quartiere und sprach sich lobend über die Ordnung und Disziplin aus. Die Unterkunft der Leute ist aut. Der von den deutschen Mannschaften besetzte Theil der Chinesenstadt ist gereinigt worden. Beruhigende Proklamationen sind erlassen. Am 27. August sind zwei Hitzschläge vorgekommen, auch haben sich bei den Seebataillonen einige Dysenteriefälle gezeigt. Seesoldat Berger vom Seedetachement ist einer Kopfwunde erlegen. Am 28. August fand der Durchmarsch durch den Palast statt, Einmarsch im Süden, Abmarsch im Norden, Durchmarsch durch die Empfangshalle. Die Räume machten einen schmutzigen und verwahrlosten Eindruck, Kost barkeiten waren nicht vorhanden. Später wurde der Palast wieder geschlossen. Einem Gerücht zufolge soll die Kaiserin erst am 15. August früh geflohen sein. Vom 31. August meldet Pohl: Das 2. Seebataillon ist in. Peking einge- troffen. Ich trete nach Uebergabe der Geschäfte au General major v. Höpfner mit den sehr angestrengten Landungs truppen den Rückmarsch nach Tientsin an Ans den Etappen stationen und für die Wasserverbindung wird seemännisches Personal zurückgelassen. Am 25. August befanden sich an Land: Deutschland 91 Offiziere, 3150 Mann, 6 Geschütze, 344 Pferde, England 218 Offiziere, 6746 Mann, 25 Ge schütze, 1897 Pferde, Oesterreich 16 Offiziere, 272 Mann, 2 Geschütze, 80 Pferde, Amerika 181 Offiziere, 5427 Mann, 15 Geschütze, 1239 Pferde, Frankreich 192 Offiziere, 5186 Mann, 37 Geschütze, 570 Pferde, Italien 26 Offiziere, 552 Manu, 1 Geschütz, 10 Pferde. Ueber Rußland ist Näheres nicht bekannt. — Ueber die Fahrt der Truppen- lransportschiffe theilt das Kriegsministerium mit: „Aachen" am 6. September in Hongkong angekommen, Gesundheits zustand vorzüglich. — Aus Amoy wird dem „Lok.-Anz." telegraphirt: Die japanischen und englischen Truppen sind noch nicht wieder von hier zurückgezogen worden, aber der ganze Zwischenfall scheint vollständig beendet zu sein. Nichts destoweniger leiden die Geschäfte, da keine Kulis aufzu treiben sind. Die einheimischen Banken sind geschlossen. Die Handelskammer macht große Anstrengungen, um die Zurückziehung der Truppen zu veranlassen. Es ist interessant, daß die Chinesen die günstige Wendung der Dinge der Einwirkung der Deutschen zuschreiben, da der Umschlag gerade eintrat, als das deutsche Kanonenboot „Tiger" in Amoy einlief. Köln. Die „Köln. Ztg." meldet aus Berlin, daß eine deutsche Patrouille von 30 Mann an der Nordgrenze von Kiautschou von 1000 Boxern angegriffen wurde. Letztere wurden auseinander gesprengt und hatten ungefähr 40 Todte. Frankfurt a. M. Wie die „Franks. Ztg." aus Shanghai von gestern meldet, landeten die Engländer ohne vorherige Anmeldung 700 Sikhs, 350 Geniesoldatcn und 118 Mann indischer Kavallerie. Letztere gehen eiligst nach Taku weiter. Li-Hung-Tschang ist dringend aufgefordert worden, nach Peking zu kommen. Die chinesischen Beamten sagen, wenn er der Aufforderung nicht nachkämc, sei das Reich in Gefahr. Paris. Die Straf-Expedition der verbündeten Truppen gegen Paolingfu soll eventuell auch bis zum gegen wärtigen Zufluchtsorte der kaiserlichen Familie vormcken. London. Aus Shanghai wird gemeldet, ein kaiser liches Dekret vom 20. V.M. besage, der Hof sei aus Peking geflüchtet infolge der Ruhestörungen zwischen Boxern und Christen. Im Dekret ermahnt die Kaiserin die Viceköuige, sich zu vereinigen und die China zugemgteu Nachtheile zu rächcii^ auch Steuern zu erheben und Truppen zu werbeu. Der Ton des Dekrets ist sehr trotzig. Shanghai. Soeben landete der Stab und die 1. und 2. Kompagnie des l. Bataillons vom 1. ostasiatischen Infanterie-Regiment unter Major Graham. Beim Empfange des Landungskorps durch den deutschen Generalkonsul war eine französische Ehrenwache aufgestellt. Die Musik der