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MnM m NlsiiW Tharandt, Nossen, Siebentehn und die Umgegenden. -^>00» Amtsblatt für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Aal. Lorstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardts Walde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Her^gs-valde mit Landberg, Hühndvrf, Kaufbach, Kesselsdorf, Kleiuschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Reu- tanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Rshrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdori Schmiedewalde, Lora. Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach b. Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim/ Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro viergespaltene Corpuszeile. Druck und Verlao, vvn Marlin Berqer in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berqer daselbst. No. 133. Sonnabend, den 1V. November 1000. 58. Aabra Es ist die Wahrnehmung zu machen gewesen, daß noch immer vielfach gegen die Bestimmungen des die Schlachtvieh- und Fleischbeschau betreffenden Gesetzes vom 1. Juni 1898 verstoßen und insbesondere der Vorschrift in ß 7 insofern zuwider gehandelt wird, als Vichbesitzer die Herbeiführung einer Besichtigung der zu schlachtenden Thiere in lebendem Zustande unterlassen, ohne daß ein Nothfall im Sinne von tz 7, Abs. 2 des Gesetzes und von 8 1l, Abs. 7 der Ausführungsverordnung vom 23. Juli 1899 vorliegt. Es wird deshalb noch einmal darauf hingewicsen, daß Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen des angezogenen Gesetzes, soweit sic nicht unter höhere Straf bestimmungen anderer Gesetze fallen, mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder Haft zu ahnden sind und in Zukunft unnachsichtlich zur Bestrafung werden gezogen werden. Sämmtliche Fleischbeschauer aber erhalten hiermit unter Bezugnahme auf die Straf bestimmungen in 8 18, Abs. 2 des ungezogenen Gesetzes Anweisung, jede Zuwider handlung sofort zur Anzeige zu bringen. Königliche Slmtshauptmannschaft Meißen, am 3 November 1900 . I. A. 1551E. vi. von Breseius, Bez.-Ass. Tr. Der j)rszesz Kternberg. Der vor dem Berliner Landgericht schon seit zwei Wocheu im Gange befindliche Prozeß Sternberg hat durch die eigenthümliche Rolle, welche höhere wie niedere Berliner Polizeibeamte in demselben spielen, eine hoch sensationelle Wendung erhalten. Mit welcher Aufmerk samkeit mau selbst an den leitenden Regierungsstellen dem Verlaufe dieses spannend gewordenen Prozesses folgt, dies beweist u. A. die Besprechung, welche der Reichs kanzler Graf Bülow in seiner Eigenschaft als preußischer Ministerpräsident letzthin mit dem Minister des Innern. Freisten n v. Rhcinbaben über den Fall Sternberg gehabt hat, während zugleich die ministerielle „Berliner Corre- spondenz" hochoffiziös ein unnachsichtiges, disziplinarisches Vorgehen gegen alle Beamten, deren Compromittirun; durch den Prozeß Sternberg sich als unzweifelhaft Heraus stellen sollte, ankündigte. In der That erscheinen auch die unerquicklichen Vorgänge, welche dieser Prozeß bereits enthüllt hat, durchaus geeignet, das ernste Interesse der Berliner maßgebenden Kreise hervormrnfen, zumal in Anbetracht des seltsamen Milieus, von welchem letzterer umgeben ist, da ist der Hauptfiguraut in diesem gericht lichen Drama, der reiche Bankier Sternberg, welcher schwerer sittlicher Vergehen angeklagt und wegen eines derselben auch bereits in einer früheren Verhandlung gegen ihn verurlheilt worden ist, und der auch sonst im Lichte eines zweifelhaften Ehrenmannes erscheint. Daneben er scheint ein frühverdorbenes dreizehnjähriges Mädchen auf der Bühne, das früher gegen den Hauptangeklagten ein schwer belastendes Zeuguiß abgab, dasselbe aber in der neuen Prozeßverhandlung plötzlich mit größter Hartnäckigkeit widerrufen hat, weiter reihen sich zweideutige Frauen an, und nun treten als fernere Figuren auf der Berliner Polizeidirektior v. Meerscheidt-Hüllessem, der jahrelang zu dem anrüchigen Sternberg die freundschaftlichsten Familienbeziehungen gepflogen und Von ihm auch wieder holt nicht unbedeutende Summen als Darlehen empfangen hat, dann der Criminalcommissar Thiel und der Criminal- schutzmann Stierstädter. Der Commissar Thiel wird von seinem direkten Untergebeueuen Stierstädter der schwersten Dienstvergehen und Bestechungsversuche beschuldigt, letzterer selbst aber hat nach seinem eigenen Geständnis; seine Amtsge walt zur Erlangung unerlaubter Gunstbczcugungen von Frauen, die er beobachten und überführen sollte, benutzt Stritt stehen sich dabei die Prozeßaussagen beider Beamten gegenüber, einer von beiden muß aber nothwendiger Weise kin Lügner sein! Dies ist in großen Umrissen das Überaus unerfreuliche Gemälde des Prozesses Sternberg, welches dann noch viele nicht minder häßliche Einzelzüge aufweist, und immer wieder sticht dabei die unerquickliche, befremdliche Rolle Berliner Crimmalpolizeibeamten hervor. Kein Wunder daher, wenn sich vor Allem die sozialdemokratische Presse dieses „dank- baren Stoffes bemächtigt hat und sich eifrigst bemüht, aus dein bisherigen Verlaufe des Prozesses Sternberg eine Art ^Ema für die Berliner Polizeiverwaltung zu konstruiren und hieraus erneut zu beweisen, wie wurmstichig und lammerlich doch die Verhältnisse im Deutschen Reiche seien, indessen ist es schon jetzt kaum zweifelhaft, daß es sich nur um Einzelfälle handelt, wenngleich dieselben tief be dauerlich sind, und daß es eine grenzenlose Uebertreibung ist, von einem angeblichen Riesensumpf der öffentlichen Unmoral, der Beamtenkorruption und Beamtenbestechlichkeit jm deutschen Reiche, zu reden. Auch hat es sich durch die Dienstagsverhandlung des Sternberg'schen Prozesses, in welcher Polizeidirektor v. Meerscheidt-Hüllessem als Zeuge vernommen wurde, bereits herausgestellt, daß seine Geld geschäfte mit Sternberg keineswegs sosehrkompromitlirender Natur für ihu sind, wie zuerst verlautete, besonders ist da hervorzuheben, daß Herr v. Meerscheidt-Hüllessem an Stern berg sofort die geliehenen Beträge zurückzahlte, als dessen gegenwärtige unsaubere Angelegenheit die Oeffeutlichkeit zu beschäftigen begann. Aber wenngleich der Sensationskern im Prozeß Stern berg noch so sehr zusammenschrumpfen sollte, so würde von ihin doch immerhin manches Bedenkliche für die in dieses Drama verwickelten Polizeibeamten übrig bleiben; man braucht nur auf die auffällige Erscheinung hinzuweisen, daß cin so hochgestellter Beamter, wie Herr v. Meerscheidt- Hüllesem, jahrelang überaus intime Beziehungen zu einem Manne unterhalten konnte, dessen Ruf bereits seit Jahren in den gesellschaftlichen wie polizeilichen Kreisen von Berlin ein sehr zweifelhafter war. Derartige eigenthümliche Vor kommnisse wurzeln offenbar in sozial-sittlichen Mißständen unserer Zeit, sie würden sich dennoch selbst durch die denk bar beste Verwaltungsorganisation nicht verhindern lassen. Freilich zeigt indessen doch der bisherige Gang des Prozesses Sternberg, daß im Berliner Polizeiwesen in der That mancherlei wunde Punkte vorhanden sind, was sich ja schon bei früheren bekannten Fällen gezeigt hat; es wäre als dann wirklich au der Zeil, daß der Minister v. Rheinbaben die von ihm bei seinem Amtsantritte angekündigten be züglichen Reformmaßnahmen endlich energisch durchführte. Lslitische Rundschau. Unser Kaiser, der Tags vorher der Vereidigung oer Rekruten in Berlin beiwohnte, war am Donnerstag auch bei der Rekrutenvereidigung in Potsdam zugegen. Beide Male hielt der Kaiser Ansprachen, die Rekruten zum Fest halten an ihrem Eid ermahnend, wie die Brüder in China. Der Kronprinz war bei seiner Kompagnie eingetreten. Nach der Vereidigung nahm Se. Majestät militärische Meldungen entgegen und frühstückte sodann im Regiments haus des ersten Garderegimcnts zu Fuß. Dem Bunde srath ist das Etat für das Schutzgebiet von Samoa zugcgangen, der mit 266000 Mark balancirt. Der Reichszuschuß beträgt 146000 Mark. Der Etat für die Carolinen-zc. Inseln balancirt mit 211000 Mark bei einem Reichszuschuß von 280500 Mark. Endlich ist dem Bundesrath auch der Etat für die Verwaltung der Eisen bahnen zugegaugen. Die Einnahmen betragen 93676000 Mark, die dauernden Ausgaben 65515400 die einmaligen 22486000 Mark. Der Jndemnitätsantrag der Regierung für die Chinaexpedition an den Reichstag erstreckt sich nach der „Münchner Allg. Ztg." auf 80 bis 100 Millionen Mark. Das ist weniger als man vielfach erwartet hätte, wenn natürlich 100 Millionen auch kein Butterbrot sind. Der Reichstag wird die nachträgliche Genehmigung für die Aufwendung der 100 Millionen zweifellos mit ziemlich großer Majorität ertheilen. Er wird das um so eher können, als China nicht nur unsere Auslagen zu ersetzen, sondern noch drüber hinaus eine Kriegsentschädigung zu zahlen haben wird. Bekommen wir das Geld auch nicht auf ein Brett aus gezahlt, so braucht man im Ernste doch keine Sorge da rum zu haben, daß schließlich Alles auf Heller und Pfennig beglichen werden wird. Denn China ist ein reiches Land, und zahlt es nicht willig, so wird es der Gewalt sich fügen. Zum Pestfall in-Bremen meldet die Nordd. Allg. Ztg.: Der aus Anlaß des Pestfalls vom Reichsgesundheits amt Bremen entsandte Regierungsrath Prof. Dr. Kossel ist nach Berlin zurückgekehrt. Die aufs Sorgfältigste an gestellten Ermittelungen hinsichtlich der mit dem Kranken vor der Feststellung des Charakters seiner Krankheit in Berührung gekommenen Personen berechtigen zu der Hoff nung, daß der Fall vereinzelt bleibt. Mit der Möglichkeit, daß derartige einzelne Fälle eingeschleppt werden, inuß bei unseren heutigen Verkehrsverhältnissen auch fernerhin ge- rechnet werden; es kommt Alles oarauf an, sofort die ersten Fälle rechtzeitig zu entdecken und auch bei bloßem Pcstverdacht die erprobten Schutzmaßregeln durchzuführen. — Gerüchte von einem Pestfall in Hamburg sind vollkommen unbegründet. Der „Verdächtige" leidet an einer ganz ungefährlichen Halsentzündung. Eine Gesellschaft für die Zucht von Wollschafen und Angoraziegen in Deutsch-Westafrika ist in der Bildung begriffen. Die Einführung dieser Zucht wird für unser Schutzgebiet von dem größten Werth sein. Es bieten sich dort günstige Bedingungen für die Zucht der Schafe und Angoraziegen. Unser Kanonenboot „Luchs" liegt seit der An kunft in China in der Sikiangmündung, wo die Chinesen arge Seeräuberei treiben. Die Piraten haben mehrere sehr verwegene und gewinnbringende Handstreiche ausge führt. Mitte Oktober wurde ein französisches Transport schiff angegriffen, zwei Mann der Besatzung erschossen und ein dritter über Bord geworfen. Die Räuber erbeuteten 32000 Dollars. Kurz darauf überfielen die Seeräuber einen chinesischen Lastdampfer und verfolgten ihn mit Ge- wchrfeuer. Ende Oktober plünderten die Seeräuber 16 Kilometer unterhalb Kanton ein mit ungefähr lOOPassagieren besetztes Boot und entkamen mit reicher Beute. Vor wenigen Tagen wurde das zwischen Hongkong und Kanton verkehrende Passagierboot „Perseverance" Nachts von Piraten angegriffen. Als Wachtschiff ist dem „Luchs" das Dampfboot „Schämten" beigegebeu, dessen Besatzung aus Leuten des „Luchs" besteht. Das kleine flachgehende Damps- boot ist im Staude, den Dschunken chinesischer Piraten in Gewässern zu folgen, bieder „Luchs" infolge seines größeren Tiefganges nicht befahren kann. Das Vorgehen unserer Seeleute dürfte die Seeräuberei der Chinesen endlich unterdrücken. In Paris haben jetzt, wo es zum Ausstellungs schluß geht, die Sitzungen der Deputirtenkammer von Neuem begonnen. Vor der Hand ist Alles noch leidlich ruhig, der offizielle Ansstellungsadschiev kann doch nicht gerade während einer Ministerkrisis erfolgen, aber dieser Zustand wird sich in einigen wenigen Wochen gründlich geändert haben. Die Heißsporne unter den Gegnern der Republik lechzen ordentlich nach einer parlamentarischen Rauferei, und auch die minder Hitzigen vermeinen, das Ministerium Waldeck-Rousseau sei nun eigentlich lange genug am Ruder gewesen. Für die Regierung am unbehaglichsten ist die Stimmung unter den militärischen Kreisen, in welchen man auch dem Präsidenten Loubet auf das Gehässigste gegen übersteht. Bei seinem Besuche in Lyon zur Theilnahme an der Einweihung desCarnot-Denkmals ist ja Herr Loubet mit dem offiziellen Enthusiasmus empfangen worden, aber diese Thatsacke schließt die andere nicht aus, daß noch kein Präsident der Republik so unpopulär war, wie Loubet. Während in England die Zusammensetzung des Ministeriums noch weitere Kreise zieht, dauert in Süd- Afrika der Kleinkrieg zwischen Bocren und Briten un-