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WMMiik Tharandt, Massen, Siebenten und die Amgegendm. Amtsblatt für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Bnrkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzosgwalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neu» tanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Rshrsdork bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach b. Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 Mk. 55 Pf' Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertiouspreis 10 Pfg. pro viergespaltene Eorpuszeile. Truck und Verlag vuu Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berqer daielbü. No. 138. Mittwoch, den 21. November 1»»». S8. Javr«. Die Sch«lvsrftän-e des hiesigen Bezirkes werden veranlaßt, über die für den Fall einer Mobilmachung als «unabkömmlich zu bezeichnenden Lehrer bis 15. Dezember dieses Jahres unter Benutzung des Seite 166 des Geseo- und Verordnungsblattes vom Jahre 1876 ersichtlichen Musters Anzeige anher zu erstatten. Fehlanzeigen sind nicht er'0'.derlich Meißen, am 20. November 1900. Asnigliche Bezirks,Schulinspektion. O- B. von Schroeter. Isr. Gelbe. G. Politische Rundschau. Deutscher Reichstag. 3. Styling am 19. Nov. Ganz die Signatur eines großen Tages. Die Tribünen sind längst vor Beginn der Sitzung überfüllt, in der Wandel halle drängt sich das Publikum, um doch, wenn irgend möglich, ein Billet zu erhaschen: Graf Bülow hatte ja sein Debüt als Reichskanzler zu leisten und Rechenschaft abzulcgen über seine eigenen Thaten und über das, was noch auf das Conto des Vorgängers fällt. Pünktlich um 2'/i Uhr ertönt die Glocke, in dichten Schaaren drängen die Volksvertreter herein, und auch Graf Bülow erscheint pünktlich zur Sekunde, nach allen Seilen grüßend und die entgegengestreckten Hände schüttelnd. 'Neben ihm harrt Graf Posadowsky des Schicksals, baß ihm aus dem Bueckscheu Briefe erwächst, und die Flanken decken die Minister v. Goßler, v. Richihofen, Tirvitz. Studt, Brefeld, die Staats sekretäre Thielmann und Nieberding uno mit ihnen schier unzählige Kommissare: Große Mobilmachung! Und in der Lust liegt ziemlich merkbare Gewitterstimmung. Zwar die sozialistische Interpellation, die in Sachen des Herrn v. Woedke eingebracht wurde, gleitet ohne Wirkung vorüber: Graf Bülow will sie nicht vor Donnerstag beantworten. So gelangt man schnell genug in die Chinadebatte. Graf Bülow ist der erste Redner. Mit einer Verbeug, ung gegen den Reichstag erkennt er das Recht der Oeffent- lichkert im „vollsten 'Maße" an, Aufklärung über die Er eignisse des Sommers zu ergalten, um zunächst unter warmherziger Anerkennung der Leistungen des ermordeten Keiteler den Vorwurf zurückzuweisen, als ob die deutsche Diplomatie den Anfängen der Boxerbewegung nicht die Ehige Aufmerksamkeit und Sorgfalt gewidmet und als ob die Besetzung von Kiautschou die Chinesen zur Empör ung getrieben habe. Der Kernpunkt seiner Ausführungen lag natürlich nicht in den retrospektiven Betrachtungen des Kanzlers, sondern in der Beantwortung der Frage: Was wollen wir in China? Wird hier ein neues Moment hervor treten? Oder wird nur noch einmal mündlich das wieder holt werden, was schon sonst in Noten und Rundschreiben und in offiziösen Artikeln verkündet wurde? Nun, Neues hat des Kanzlers Rede nicht gebracht. Sie klang wohlwollend und verständlich, und selbst dem bösesten Willen läßt sie nicht die Möglichkeit eines künstlich zu schaffenden Mißverständnisses. Als besondere Ueberraschung bringt der Reichskanzler die Bedingungen zur Verlesung, die nun mehr von den Gesandten in Peking angenommen wurden. Sie weichen nur in Nebendingen von dem ab, was bisher als unwiderrufliche Grundlagen des Friedensschlusses fest- gestellt worden war. Ohne Unterbrechung konnte der Reichs kanzler in seinen Darlegungen forlschreiteu; erst als er auf das Verhältniß der Regierung zum Reichstage einging und sich gegen den Verdacht verwahrte, die Rechte der Volks vertretung kürzen zu wollen, als er dann unter athemloser Spannung sich bereit erklärte, um Indemnität nachzu- suchen und diese Anschauung, wenn darauf Werth gelegt werde, im Gesetz auszudrücken, da ging eine starke Beweg ung durch das Haus: Der Konfliktsstoff ist beseitigt, und selbst dem Prinzipienreiter von Beruf ist Genüge geschehen. Gar mancher Redner, der beut zu Worte kommen soll, muß schleunigst sein Konzept umredigiren. Inzwischen fährt Graf Bülow fort, die Beziehungen Deutschlands zu den Mächten darzustellen und vor Allem sympathische Worte nach Rußland zu richten. Es fällt uns nicht ein, die Rolle einer Vorsehung auf Erden zu spielen. Das hätte nur Einer versucht: Napoleon UI. Ihm sei dieser Versuch schlecht genug bekommen. Solche Politik treiben die Hohenzollern nicht! Wir wollen unsere Stellung als Weltmacht erhalten, aber unsere Stellung in Europa muß das Centrum unserer Politik bleiben. Mit einer weumen Anerkennung der Leist ungen unserer Heeres- und Flottenverwaltung und der Haltung unserer Truppen schloß Graf Bülow unter leb haftem Beifall seine Rede. Hoch von der Tribüne herab aber winkten ihm die Augen der Gemahlin, Gräfin Marie, die mit Mama Miughetti dort erschienen mar, süße Ver heißung. Als erster Redner aus dem Hause ergreift Herr Lieber das Wort. Seine Rede war im Allgemeinen ein uneingeschränktes Zustimmen zu dem Vorgehen der Regier ung. Andere Töne schlug er erst an, als er auf die ver fassungsrechtliche Seite der Vorlage einging und der Re gierung zurief„Sie glauben, wir werden hier ein paar hübsche Reden halten und es wird Alles gut sein; nein, eS bleiben noch eine Fülle staatsrechtlicher Fragen übrig, die genau geprüft werden müssen." Aber so eifrig sich Herr Lieber als Hort der Verfassung gerirte, Hörle man doch aus Allem schon jetzt ein schüchternes Ja. Welch andere Töne werden laut, als Genosse Bebel das Wort ergreift. Kaum hatte er begonnen, so traf ihn schon der Ordnungsruf, weil er das Verhalten der Negierung als Schmach be zeichnete. Aber Herr Bebel hatte seine Rede viel zu breit angelegt, als daß sie wirken konnte. Erst als er auf den Kreuzzug einging, fand Redner sein altes Pathos wieder, das sich bis zu dem biblischen Spruche steigerte: „Die Rache ist mein!" Immer mehr steigerte Redner seine Leidenschaft, schließlich im Namen des Rechts und der Menschlichkeit gegen die Chinapolitik zu protestiren. Die Antwort ertheille der Kriegsminister kurz, sachlich und schlagfertig. Berlin, 19. Nov Ter „Reichsanzeiger" meldet: Am 18. November übersandte der chinesische Gesandte dem Auswärtigen Amte ein telegraphisch hierher übersandtes, vom 14. d. 'M. datirles Schreiben des Kaisers von China, welches in der Uebersetzung folgendermaßen lautet: Der dritte Kaiser der Tatsing-Dynastie eittbietet S. M, dem Deutschen Kaiser Grüße. Ew. 'Majestät Erwiderung auf unser Telegramm haben wir erhalten. Mit Freude und Hochachtung ersehen wir daraus, daß Ew. Majestät von freundschaftlichen Gefühlen für uns beseelt sind und uns (für die Vorkommnisse) persönlich nicht verantwortlich machen wollen. In Folge der Mißgriffe, die wir in der Wahl unserer Beamten gemacht haben, ist Ew. Majestät Gesandter ohne ein Verschulde» das Opfer (der Wirren) geworden, was wir auch jetzt noch aufs Tiefste bedauern. Es ist gerecht, daß w,r die schuldigen Würdenträger mit besonderer Strenge und entsprechend bestrafen, um den Gesetzen und deiii allgemeinen Rechtsgefühl Genugthuung zu gewähren. Sodann erhielten wir von dem Gesandten Lü-Hai-Huang ein telegraphisches Memoriale, daß Eure Majestät bereits geruhten, Instruktionen behufs Eröffnung von Verhandlungen mit unseren Bevollmächtigten an den Generalfeldmarschall Grafen Waldersee und den Kaiser lichen Gesandten Mumm von Schwarzenstein zu erlassen. Es geziemt sich daher, daß wir auch unsererseits Befehle an alle unsere Bevollmächtigten ertheilen, damit die Ver handlungen den Bedürfnissen Rechnung tragen, zu einem befriedigenden Resultate führen und die friedlichen Be ziehungen baldigst wieder hergestellt werden. In Ew. Majestät Erwiderung (aut unser früheres Telegramm) wird uns gerathen, nach Peking znrückzukehren, was mir als Zeichen Ew. Majestät freundschaftlicher Gesinnung für uns auffasseu. Sobald die Friedeusverhandlungen die gewünschten Er ¬ gebnisse zeitigen, werden wir sofort die Zeit unserer Rück kehr bestimmen. Da die christliche Misftonsthätigkeit den Angehörigen verschiedener Staaten vertragsmäßig zuge- standcn ist, so ist es unsere Pflicht, in Zukunft die höchsten Provinzialbeamten strengstens anzuweisen, diesen Missionen besonderen Schutz angedeihen zu lassen, um alle Streitig keiten auf immer beizulegen. Indem wir Ew. Majestät hierdurch nochmals unsere Gesinnungen kundgeben, hoffen wir, hierfür Allerhöchstderselben Anerkennung zu finden. Je länger der Prozeß Sternberg dauert, um so nettere Erscheinungen treten in diesem Berliner Sensations- Drama zu Tage. Der Gerichtshof hatte vor wenigen Tagen beschlossen, zur Aufklärung allerlei Dunkelheiten die heute in Newyork befindliche Margarethe Fischer tele graphisch zu laden. Die Vorladung ist erfolgt, aber die Dame ist nicht blöde und stellt ihre Bedingungen. Und inan muß sagen: Mit Kleinigkeiten gicbt sie sich nicht ab. Sie verlangt freies Geleit, 5000 Mark bar, freie Fahrt zweiter Klasse und Verpflegung für sich und ihre Begleiterin Helene Fischer, aus dem Zeugcnverhör ergab sich, daß eine Verwandte Helene Fischer in Newyork gar nicht existirt, und der Gerichtshof wies diese kölnischen Bedingungen daher ab. Lediglich die gesetzlichen Vergütungen sollen gewährt werden. New-Aork, 19. Nov Einer Depesche aus Manila zufolge unternehmen die Amerikaner Angriffsbewegungen auf die Insel Samar, wo sie bisher nur drei Küstenstädte besetzt hatten. Sie vertrieben in der letzten Woche 200 Aufständische aus einem Bollwerk, 35 'Meilen von Manila, und erbeuteten außerordentlich große Mengen Reis und bedeutende Munitionsvorrälhe. 50 Philippiner wurden getödtet, viele verwundet. Die Amerikaner hatten 11 Ver wundete. Dev Avieg mit Lhina. Wie bereits berichtet, hab:" sich dtt M'ch.. 7 ".pflichtet, keinen Landbesitz in China zu erwerben, der Privatmann aber darf es, und bisher sind chinesische Grundstücke, Eisen bahnkouzesstonen und Bergwerksmuthungen auch nicht um ein Butterbrot feil gewesen. Die Komödie von der leeren chinesischen Cigarrenkiste kann also nur auf harmlose Ge- müther wirken. Und will China nicht, nun, so giebt es doch die schöne halbvergessene Institution der „Straf schweden". Man erkläre einfach, so lange China nicht zahlt, bleibt in bestimmten Städten eine bestimmte Zahl von europäischen Truppen als Zwangsgarnison, die auf Kosten der chinesischen Regierung zu ernähren ist, andern falls die nöthigen Lebensmittel sofort gewaltsam requirirt werden. Und es giebt noch einen Weg. Es ist bekannt, daß jeder chinesische Staatsbeamte vom Vizekönig bis zum Zollaufseher, da es Bcamtenpensionen in China nicht giebt, während der Dauer seines Amtes versucht, möglichst viel Geld durch Unterschlagung, Erpressung und andere Gau nereien zusammenzuraffen. Nur höchstens ein Viertel der Staatssteuern kommt jährlich wirklich nach Peking, der große Rest bleibt an den vielen Händen kleben, durch die er geht. Ein Vizekönig „erübrigt" während seiner drei- jährigen Amtsdauer durchschnittlich mindestens 1 bis 2 Millionen Mark nach unserem Gelde. Das Privatver- mögcn chinesischer Vizekönige und Mandarinen ist also ausnahmslos dem Staate gestohleues Geld. Daher haben die Mächte ein volles Recht, diese Gelder zu beschlagnahmen. Li-Hung-Tschangs Vermögen wird allein aus 30 Millionen Mark geschätzt. Man beschlagnahme also, soweit man wenigstens dieser Werthe — meistens sind es Grundstücke