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Warandt, Wossen, Sieöenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und dell Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzosgwalde mit Landberg, Huhndorf, Kaufbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neu tanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Nshrsdorf bei Wilsdruff, Noitzsch, Nothschönberg mit Perne, Sachsdorl S-Hmiedewalde, Zora, Steinbach bei Kesselsdors, Steinbach b. Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Pog bezogen 1 Mk. 55 Pf. Inserate Werder« Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionsvreis 10 Pfg. pro viergespaltene Corpuszeile. Tnick und Verlag vvn Marlin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Bcrqer daselbii. No 151. Sonnabend, den 22. Dezember 190«. 58. Jahrg. Bekanntmachung. Sonnabend, den 22. Dezember d. I., Nachmittags 5 Uhr, außerordentliche öffentl.Stadtgemeinderathssi Tagesordnung: Haushaltplan. Wilsdruff, den 21. Dezember 1900. Der Bürgermeister. Kahlenberger. politische Rundschau. Vom Kais er Hofe. Unser Kaiser, der in der Nacht zum Donnerstag von der Jagd in Neugattersleben nach dem Neuen Palais bei Potsdam zurückkchrte, hörte im Laufe des Donnerstags die Vortrüge des Kriegsministers v. Goßler und des Generaladjutanten v. Hahnke. — An die Gemahlin des verstorbenen Laudraths Janssen in Aacken richtete der Kaiser ein Beileidstelegramm, in welchem er der verdienstvollen Thätigkcit des Verewigten als Präsident des deutschen Vereins vom heiligen Lande gedenkt. Die Weihnachtsstille in der inneren Politik ist nicht gerade übermäßig groß! Liegt auch kein sofort zu entscheidender Streit vor, so fehlen doch die Rufer zu neuem Streit nicht. Für den Kampf um den neuen Zoll tarif werden die Waffen unter Hellem Halloh geschliffen, die Vertreter der Landwirthschaft fordern unter Aufbietung aller ihnen innewohnenden Energie, daß ihnen gehalten wird, was ihnen versprochen ist. Denn man kann, auch wenn man einen sehr hohen Zollschutz für landwirthschaft- liche Produkte nicht als leicht möglich erachtet, doch nicht verhehlen, daß in den letzten Reichstagssessionen vom Bundes- rathstisch aus wiederholt betont worden ist: In den unter dem Grafen Caprivi abgeschlossenen Handelsverträgen ist die Industrie zu gut fortgekommen, in den neu zu ver einbarenden Verträgen muß die Landwirthschaft mehr be rücksichtigt werden. Das ist gesagt und wenn sich die Land wirthschaft daran hält, so thut sie nicht Unrecht! Auf der anderen Seite ist der Aufschwung in der Industrie bedeutend zurückgegangen, und es ist erklärlich, wenn die Vertreter der letzteren Alles aufbieten, damit das Prinzip der heute bestehenden Handelsverträge gewahrt wird. Es wird viel fach befürchtet, ein Einvernehmen werde schwer erzielt werden können! Nun, vielleicht wird der Reichsregierung eine sehr energische und selbstständige Wirthschaftspolitik durch die Haltung des Auslandes von selbst vorgeschricben! Mit England, unserem besten offiziellen Freunde (?), verhandeln wir nun schon vier Jahre wegen eines neuen Handelsvertrages, ohne daß Tatsächliches erzielt morden wäre! Wenn es beim hochgeschätzten Herrn Vetter passirt, was haben wir von den anderen, gar nicht verwandten Größen zu erwarten? Zum Untergang unseres Schulschiffes „Gueisenau" ist zu berichten, daß Kapitänleutnant Werner die Zahl der Todten endgiltig auf 41 festgestellt hat. Kapitän Kretschmann ist unter großen Ehren zu Grabe getragen worden. Im Saale des Konsulats war die Leiche aufgebahrt worden, auf prunkvollem Trauergerüst, umgeben von Fahnen vieler Nationen. Am Kopfende stand die Büste Kaiser Wilhelms II., deren Sockel die deutsche Flagge umhüllte. Ehe der Sarg auf den Wagen gehoben winde, stimmte Schiffsprediger Kramm den Todespsalm an, den die überlebenden Seeleute der „Gneisenau" nachbeteten. Dann pries der Pfarrer Kretschmanns Tapferkeit, seine Aufopferung und Vater landsliebe. Der Leichenzug war imposant, über 20000 Menschen nahmen an ihm Theil, darunter die Behörden von Malaga, die deutsche Kolonie, deutsche, spanische und englische Seeleute, sowie spanisches Militär mit Fabne und Musik. Eine ungeheure, schweigsame Menge sah der Beerdigung des tapferen deutschen Seemannes zu. Als die Erde dröhnend auf den Sarg fiel, weinten Viele. Dann erfolgten Ehrensalven. — Die Zahl der ihm Reichs marineamt zu Berlin eingegangenen Beileidskundgedungen ist eine enorme. Das Zentralkomitee der deutschen Vereine vom Rothen Kreuz trat auf Anregung der Kaiserin in Berlin zu einer Sitzung zusammen und beschloß die Be willigung eines Credits von zunächst 10000 M. für Zwecke der Pflege der verwundeten und kranken Matrose«« der „Gueisenau". Die Besserung im Befinden der Verletzten macht gute Fortschritte. Oesterreich-Ungarn. Jin Fortgange der Neu wahlen zum österreichische«« Reichsrathe sind am 17. Dez. die Wahlen in der Curie der Landgemeinden Galiziens vollzogen worden. Der Polenclub eroberte hierbei zu den elf Mandaten, die er in dieser Curie bereits besaß, noch vier weitett hinzu, und zwar hauptsächlich auf Kosten der radicalen Stojanowski-Gruppe. Im tiroler Landtage haben die nach zehn jähriger parlamentarischer Abstinenz wieder eingetretenen Abgeordneten von Welschtirol eine Abstructionstaktik in Scene gesetzt, um durch dieselbe die geforderte Selbstver waltung für Tirol zu erzwingen. In der Dienstagssitzung des Landtages gab Grabmeyer der Geneigtheit der deutschen Mehrheit, die Italiener bei ihre«« Autonomieforderungen im Rahmen der Reichs- und Landesinteressen zu unter stützen, Ausdruck, und forderte die Welschtiroler Abgeord neten auf, dafür auf ihre Obstruktion zu verzichten. Namens der italienischen Minderheit erklärte indessen Brugnara, daß üe durch das Verhalten der Regierung gezwungen sei, ihre Obstruction sortzusetzen. Frankreich. Die lebhaften Kämpfe in der fran zösischen Deputirtenkammer in Sachen der Amnestievorlage wegen der Dreyfusangelegenheil haben am Dienstag nach einer Reihe erregter Zwischenfälle — u. A. machte sich die Ab haltung von fünf besonderen Sitzungen infolge der von der Opposition getriebenen Obstruction nöthig — zur An nahme der Amnestie-Vorlage im Ganze«« mit 156 gegen 2 Stimmen geführt. Die französischen Kammern haben die von der Regierung vorgeschlagene Amnestie gebilligt! Ob dem Ministerium heißer Dank dafür wird, bleibt natürlich ab zuwarten, es sieht nicht recht darnach aus. Die französische Geschichte der letzten 25 Jahre beweist, daß nach jeder Amnestie die parteipolitische Katzbalgerei ärger geworden ist. Nun, uns kann es sehr recht sein, wir haben von Frankreich etwas besonderes nicht zu erwarten. Die Tonart der Pariser Journale nach der Abweisung Krügers von Berlin her beweist zur Genüge, baß eine wirkliche Sinnesänderung der Franzosen uns gegenüber nicht erfolgt ist und wohl auch nie erfolgen wird. Im fiebrigen liegt aus oem Auslande von besonderem Belang nichts vor. Allenthalben hat man sein Päckchen Sorgen zu tragen und wird es auch in das neue Jahr mit hineinnehmen müssen, da nirgendswo der Weihnachtsmann so viel Gut- müthigkeit zeigt, diese Last abzunehmen. Die wirthschaft- lichen Schwierigkeiten, die bei uns eine so lebhafte Erörterung heraussordern, machen sich in allen Staaten geltend, und es sind nur wenige, die am Ende ein so festes Rückgrat haben, wie das deutsche Reich! Leide«« mögen sie uns alle nicht, aber kommen müssen sie uns am Ende doch bei richtiger deutscher Politik. Der Rrieg mit China. Wieder einmal meldet der Telegraph aus Peking, die Gesandten seien bezüglich der China zu überreichenden Kollektivnote einig, und «vieder regen sich die Zweifel, ob diese Einigkeitsmeldung nun wirklich eine endgültige ist und ob nicht vielmehr morgen oder übermorgen einschränkende oder modifizirendeDrahtungen eintreffen. Ein kleines Hinder niß war der Besiegelung der Kollektivnote noch unmittel bar vor Absendung der jüngsten Einigkeitsmeldung in die Quere gekommen. Die amerikanische Regierung hatte in folge eines Mißverständnisses der auf Englands Anregungen erfolgten Berathungen angenommen, daß wesentliche Ab änderungen an der Note vorgenomme«« werden sollten. Die Regierung der Vereinigten Staaten konnte jedoch schnell aufgeklärt und beruhigt werden, und es ist ja möglich, daß die internationale Diplomatie in Peking die erwartungs volle Welr mit der Ueberreichung der vielbesprochenen Note an die chinesischen Bevollmächtigten als Weihnachtsgabe überrascht. Allzu sicher soll man auf Geschenke aber nie mals rechnen und auf das von den Pekinger Diplomaten erwartete am allerwenigsten. Der Oberbefehlshaber Graf Waldersee wird von tele graphischen und brieflichen Anfragen über seinen Gesund heitszustand förmlich überschwemmt. Er hat aus diesen theilnahmsvollen Erkundigungen erst erfahren, daß ihn Londoner Blätter an Dysenterie haben erkranken lassen und ist über diese leichtfertige oder vielleicht gar böswillige Falschmeldung mit Recht ungehalten. Glücklicherweise er freut sich der Geueralfeldmarschall der denkbar günstigsten Gesundheit. Er hat die Ueberwachung der Umgegend Pekings bezirksweise au die verschiedenen Truppenkontingente vergeben. Graf Waldersee hält äußerste Wachsamkeit für nothwendig, da im Innern Chinas starke chinesische Heere zu einein eventuellen Angriff auf die Verbündeten bereit gehaltei« werden. Das traurige Schicksal des deutschen Obersten Grafen Jork von Wartenberg hätten beinahe 7 deutsche Offiziere getheilt, die alle in Zimmern, welche durch Kohlenbecken erwärmt worden waren, die Nachtruhe hielten. Alle sieben waren schon betäubt und konnten zum Theil erst nach längeren Wiederbelebungsversuchen zum Bewußtsein ge bracht werden. Jetzt geht es allen wieder gut. Eine deutsche Expedition ist von Tientsin nach Peitang und Shanhoikwan abgegangen, wo sich chinesische Truppen befinden. Der Transvaalkrieg. Durch die unerwarteten und glänzenden Erfolge der Boeren hat die Kriegslage in Südafrika ganz plötzlich ein völlig verändertes Aussehen erhalten. Die Boeren sind nicht mehr die Gehetzte«« und Verfolgten, sondern die Ge fürchteten. Die britischen Truppen wage«« es vielfach gar nicht mehr, ihnen entgegenzutreten, da die Gewehre der Boeren gar zu furchtbare Verwüstungen in ihren Reihen anrichteu. Die Verfolgung Dewets, die Monate lang mit so ungeheurem Machtaufgebot und unermüdljchem Eifer betrieben wurde, ist völlig eingestellt worden. In« Kap- land, denn dort befindet sich Dewet allen anders lautenden Meldungen entgegen offenbar, hat der brillante Boeren- general bereits 3000 wohlbewaffnete Krieger um sich versam melt, deren Losung: Tod und Vernichtung den Engländern! lautet. So lange die Boeren hoffe«« konnten, auch ohne die äußersten Gewaltmaßregeln ihre Unabhängigkeit zu behaupten, habe«« sie das Blutvergießen soviel als möglich vermieden; jetzt, da sie wissen, daß ihr Schicksal ausschließ lich auf der Schärfe ihrer Waffe«« beruht, benutzen sie diese in erbarmungsloser Weise. Im ganze«« Oranjefrei- staat tobt der Kampf gleichfalls und überall zeigen sich die Boeren siegreich. Diese Wandlung der Dinge läßt sich nur durch die Annahme erklären, daß der längst erwartete Zusammenbruch des englischen Heeres nunmehr erfolgt ist. Unter dieser Voraussetzung werden auch die enormen Nach-