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WrM, Mr», Äckckh« Md die UMgküli. AmLsbLcrtt für die Kgl. Kmtshauxünannschaft zu Weißen, das Kgl. "Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Erscheint wöchentlich zweinial, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg.— Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nv. 61. Dienstag, den 31. Juli 1888. Bekanntmachung. Freitag, -en S. Atugust a. e. verkehrt ein LM" Extrazuq "MI Von Potschappel nach Wilsdruff im Anschluß zu dem Personcnzug 74, Abfahrt von Dresden-Altstadt 11 Uhr 10 Min. Abends. Abfahrt: Potschappel 11 Uhr 35 Min. . Ankunft: Wilsdruff 12 „ 25 „ Gewöhnliche Billets haben Giltigkeit. Wilsdruff, am 30. Juli 1888. Königl. Bahnverwaltung. Dagesgeschichte. Se. Maj. Kaiser Wilhelm ist in Stockholm durch die freudige Botschaft überrascht worden, daß ihm seine hohe Gemahlin, Kaiserin Vic toria, in den ersten Morgenstunden des Freitag einen Sohn geboren hat, den fünften zn den vier gegenwärtig auf dem coburgischen Schlosse Oberhof weilenden jungen kaiserlichen Prinzen. Berlin, 27. Juli. Es befestigt sich hier immer mehr die Ansicht, daß die Antrittsbesuche, die Kaiser Wilhelm den befreundeten Höfen ab stattet, durch eine gemeinsame Monarchenzusammenkunft auf deutschem Boden erwidert werden wird. Es sind wesentlich andere Verhältnisse und Zeichen, unter denen am Donnerstag zum ersten Male ein deutscher Kaiser den Boden Schwedens betreten hat, als diejenigen waren, die den unvergeßlichen Vater des jetzigen Kaisers vor fünfzehn Jahren als deutschen Kronprinzen an derselben Stelle empfingen. Wer sich jener Herbsttage von 1873 noch erinnert, weiß zwar, wie die unwiderstehliche Persönlichkeit des damaligen Kronprinzen als solche auch auf die kalten Nordlandsgemüther bestrickend wirkte wie überall, indeß man wird sich kaum eines Zeichens dafür erinnern, daß diese persönliche Empfindung sich zu einer nationalen erweitert hätte. Das schwedische Volk stand in seiner großen Mehrheit damals noch ganz im Banne der fran zösischen Sympathien, die den schwedischen Hof während der Regierungs zeit König Karl's XV. erfüllt hatten, welcher kaum ein Jahr zuvor erst hingeschieden war. So schnell, wie der Stimmungswechsel auf dem Throne mit dem Regierungsantritt des deutschgesinnten Königs Oskar erfolgte, konnte er sich im schwedischen Volke nicht vollziehen; die seitdem vergangenen fünfzehn Jahre haben ihn auch dort zu Stande gebracht, und zwar in einem Maße, daß heute kaum von einem schwedischen Blatte zu melden ist, welches die Ankunft des deutschen Monarchen nicht mit Versicherungen von aufrichtiger Zuneigung zu Deutschland und mit der Ueberzeugung begrüßte, daß in dem festen Anschluß an diese Fricdensmacht das Heil Schwedens begründet sei. Unter brausenden Hochrufen und den lebhaftesten Ovationen seitens des schwedischen Volkes ist unser Kaiser aus der Hauptstadt des nordischen Reiches geschieden. — Am Sonnabend Morgen um 6 Uhr hat Kaiser Wilhelm die schwedische Hauptstadt verlassen. Selbstverständlich wurden auch bei der Abreise unserem jugendlichen Herrscher die größten und herz lichsten Ovationen bereitet. Die Abreise fand bei prächtigem Wetter statt. In den Straßen wogte eine unendlicke Menschenmaffe, am Hafen stand eine Ehrenwache. Das Volk drängte bis dicht an die Abfahrtsstelle heran und brachte dem scheidenden deutschen Monarchen unausgesetzt Hochrufe aus, schwenkte die Hüte und winkte mit Tüchern. Es war ein großartiges, erhebendes Schauspiel, dessen Eindruck durch das wunderbare Feuerwerk, das man auf dem Kastellholmen abbrannte, noch bedeutend erhöht wurde. Kopenhagen, 28. Juli. Der König wird den deutschen Kaiser an Bord der Dacht „Hohenzollern" begrüßen. Ob sich der Kaiser auf dem Dampser „Dannebrog" oder auf „Hohenzollern" nach dem Landungs platz begiebt, ist noch unbestimmt. An der Zollbude werden zum Empfange anwesend sein: Sämmtliche Minister, die höchsten Hofchargen, die Höchst- kommandirenden des Heeres und der Marine, sowie die Spitzen der Staats- und Communalbehörden. Wegen des freudigen Ereignisses in seiner Familie bleibt Se. Maj. Kaiser Wilhelm nur wenige Stunden hier. Er kommt Montag Mittag an und reist Abends wieder ab. Der Besuch der Aus stellung ist aufgcgeben. Wie der ofsiciösen Wiener „Pol. Corr." aus St. Petersburg von wohlunterrichteter russischer Seite gemeldet wird, herrscht in den dortigen diplomatischen Kreisen die Ansicht vor, daß die Kaiser-Entrevue eine Annäherung zwischen Rußland undDeutschland zur Folge haben werde und das erfreuliche Resultat zu Tage gefördert habe, daß die eminent friedlichen Absichten beider Monarchen vor aller Welt zum Ausdruck ge bracht worden sind, wodurch die Besorgnisse vor einer internationalen Ver wickelung wenigstens für die nächste Zukunft verscheucht werden. In einem Rückblick auf die Petersburger Entrevue sagt der russische „Nord": „Was die Begegnung auszeicknet, ist der auf beiden Seiten un- widersprechlich hervorgetretene Wunsch, die zwischen beiden Ländern be stehenden freundschaftlichen Beziehungen zu befestigen. Wenn auch kein formeller Pakt abgeschlossen worden ist, den übrigens die Lage in nichts nothwendig machte, so ist es doch nicht weniger gewiß, daß die russisch- deutsche Freundschaft eine neue positive Weihe empfangen hat und das ist für den Augenblick das Wesentliche. Diese Weihe gewährte neue Garantieen für den Frieden des Kontinents und wird in der Zukunft, so darf man hoffen, Früchte hervorbringen, die allen Nationen zu Gute kommen." Von officieller türkischer Seite wird bestätigt, daß die Pforte wegen der Rußland schuldigen Kriegs-Entschädigung dem russischen Botschafter Nelidoff eine Note übergeben und in derselben zugesichert habe, an jedem Fälligkeitstermine 350 000 Pfund und außerdem 100000 Pfund zur Ab stoßung der rückständigen 700 000 Pfund bezahlen zu wollen. Die Reise, welche der Präsident der französischen Republik, Sadi Carnot, nach der Dauphins unternahm, hat in Frankreich selbst einen sehr guten Eindruck gemacht, und auch anderwärts gelangt die Anschauung zum Ausdruck, daß das Ansehen und die Autorität Carnot's durch die Reise gewonnen haben und man sich der Hoffnung hingeben dürfe, daß er der rechte Mann sei, um für die nächste Zeit wenigstens eine Versöhnung der republikanischen Parteien zu Stande zu bringen und so dem Vande die Ruhe zu sichern. In diesem Sinne spricht sich denn auch die bezüglich Frankreichs fast immer recht schwarz malende „Köln. Ztg." aus, wenn sie u. A. sagt: „Auch in Paris kommt man jetzt allmählig zu der freudigm Erkenntnis;, weich' glücklichen Griff Frankreich bei der letzten Präsidenten wahl gethan hat; bislang wußre man von Carnot nur, daß er ein über zeugungstreuer Republikaner, ein Charakter ohne Makel und der Enkel des „großen Carnot" war; man hatte ihn gewählt, weil man in der Noth keinen besseren finden konnte, und sich nickt sonderlich bemüht, ihm diese Gefühle zu verbergen. Schon bald nach seinem Einzug ins Elysse ließ Carnot aber erkennen, daß er sich seine Aufgabe ganz anders gestellt hatte als sein Vorgänger, daß er nicht gesonnen sei, gleich jenem das republi kanische Spießbürgerthum in dem höchsten Beamten typisch zur Anschauung zu bringen, sich vielmehr berufen fühlte, die ideale Seite seiner Stellung, das ihm von der Verfassung zugewiesene und an die monarchische Ver gangenheit anklingende Amt eines Oberhauptes des Staates in seiner Person zur Geltung zu bringen. Eine gründliche wissenschaftliche und ge sellschaftliche Vorbildung und eine glückliche Mischung von Bescheidenheit und Selbstbewußtsein in seiner natürlichen Anlage befähigten ihn zu dieser Rolle, und selbst seine politischen Gegner müssen gestehen, daß er dieselbe bis heute mit seltenem Takt und feinem Verständniß durchgeführt hat. Jetzt, nachdem Carnot seine Befähigung verschiedentlich bewährt hat, werthen ihn denn auch die Republikaner schon ganz anders als bei seiner Wahl. Boulanger machte am Freitag zum ersten Male seit seiner Genesung eine Spazierfahrt im offenen Wagen durch das Bologner Wäldchen. Ob gleich die Ausfahrt vorher angekündigt worden war, hatten sich nur 2—300 Neugierige und Boulangisten, die „Hoch Boulanger!" riefen, als der General in den Wagen stieg, vor dem Hause eingefunden. Dem Wagen Boulangers folgten sechzehn Wagen mit Journalisten, Neugierigen und Anhängern des Generals. Die letzteren schrieen während der ganzen Fahrt: Hoch Boulanger! Nieder mit Floquet! Nieder mit Ferry! und sangen boulangistische Lieder. Die Vorübergehenden lachten über die possenhafte Renommirfahrt des ehe maligen Generals. In England befindet man sich ob der verschiedenen Unfälle, von denen die gegenwärtige Mobilisirung der englischen Flotte begleitet ge wesen ist, in etwas unbehaglicher Stimmung. Die Mobilisirung sollte hauptsächlich darthun, daß die vielen Klagen über die Unfertigkeit der englische Marine unbegründet seien und England jederzeit einen feindlichen Angriff kräftig zurückschlagen könne. Der Verlauf der Mobilisirung hat indessen genügend gezeigt, daß diese stolze Zuversicht auf ziemlich schwachen Füßen steht, und wenn z. B. drei Panzerschiffe und etwa ein halb Dutzend Torpedoboote gleich von Anfang der Mobilisirung an sich als seeuntüchtig zeigen, so kann man das doch nicht Bereitschaft für den Kampf nennen. BaterlänLifcheS. — Nicht allein dem Besuch des deutschen Kaisers am Zarenhofe, sondern auch der Reise des sächsischen Königspaares nach Schweden und Dänemark wird, und sicher nicht mit Unrecht, eine große politische Bedeutung beigelegt. So leicht es war, die Reise des Kaisers Wilhelm nach Petersburg in Szene zu setzen, so schwer war, wie die „Sächsische Landeszeitung mittheilt, der Besuch des Kaisers in Kopenhagen einzuleiten. Eine spätere Zeit wird erst in vollem Umfange erfahren, daß König Albert von Sachsen dem deutschen Reiche und dem Hohenzollernschen Hause den unermeßlichen Dienst geleistet hat, den Kaiserbesuch in Kopenhagen vorzu bereiten und möglich zu machen. Wir brauchen, schreibt das genannte