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WM, W», Äkdcilctz Md die WWcki. AmLsbLcctL für die Kgl. AmtshaupLmmmlchaft zu Weißen, das Kgl. Amtsgericht und den Sladtrath zu Wilsdruff. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementvreis viertelsährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg.— Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Äv. 56. Freitag, den 13. Juli 1888. Konkursverfahren. In dem Konkursverfahren über das Verwögen des Rittergutsbesitzers «Karl Heinrich Hugo «Kayser in Neukirchen ist zur Prüfung der nachträglich angemeldcten Forderung Termin auf den 21. In» 1888, Vormittags S Uhr, vor dem Königlichen Amtsgerichte hierselbst anberaumt. Wilsdruff, den 9. Zuli 1888. Busch, Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichts. Bekanntmachung. Die diesjährige Pflaumennutzung der hiesigen Stadtgemeinde soll nächsten Sonnabend, den 14. dieses Monats, Nachmittags 6 Uhr, meistbietend unter den vorher bekannt gemacht werdenden Bedingungen auf hiesigem Rathhause im Sessionszimmer verpachtet werden. Wilsdruff, am 9. Juli 1888. Der Stadtgemeinderath. Ficker, Brgmstr. DagcSgeschichte. Die Abänderung, welche die Alters- und Jnvalidenver- sicherungsvorlage in dem Bundesrathsausschusse erfahren hat und welche in der Hauptsache darin besteht, das; als Träger der Versicherung an Stelle der Berufsgenosscnschaften geographische Verbände treten sollen, darf als eine wesentliche Verbesserung derselben bezeichnet und als solche mit Genug- thuung begrüßt werden. Ohne Zweifel haben die Berufsgenossenschaften sich auf dem Gebiete der Unfallversicherung bewährt; sie haben sich der Auf gabe der Durchführung derselben und des damit verbundenen Systems der Unfallverhütungsmaßregeln mit opferfreudiger Hingebung unterzogen und ihre Verwaltung hat vielfach selbst die Anerkennung der grundsätzlichen Manchestermänner gefunden. Wenn trotzdem gerade aus der Mitte der in der Industrie praktisch thätigen Kreise, und zwar mit seltenen Aus nahmen gerade aus den meisten und wichtigsten Industrien, von vornherein die crnstlichsten Bedenken gegen die berufsgenossenschaftliche Organisation der Alters- und Invalidenversicherung erhoben sind, so ist der Grund dafür ein doppelter. Einmal ist bereits bei der Unfallversicherung die Grenze desjenigen Maßes von Geschäften erreicht, theilweise selbst überschritten, was ehrenamtlich von praktischen Geschäftsleuten wahrgenommen werden kann. Dieser für das Gedeihen berufsgenossenschaftlichen Wirkens wesent liche Moment würde durch den Anschluß der Alters- und Invalidenver sicherung nicht blos gefährdet, sondern ohne Frage unhaltbar gemachl werden. Dazu würde dieser Anschluß an die Berufsgenossenschaften die Errichtung einer ungemein großen Zahl von Versicherungsanstalten und dementsprechend die Einführung sehr vieler Arten von Marken zur Folge haben und so eine ungemein verwickelte, schwerfällige und schwierige Verwaltung und ein überaus umfangreiches Rechnungswesen erfordern. So würde nicht nur der gesammten Organisation die erforderliche Sicherheit fehlen, sondern auch ein überaus großer Anfwand an Zeit und Geld zu Lasten der Versicherten wie aller Derjenigen, welche zu den Kosten beitragen, eintreten. Nach allen diesen Richtungen bedeutet dieser Aufbau der Versicherung auf größere geo graphische Verbände einen wesentlichen Fortschritt. Die Zahl der Ver sicherungsanstalten wird eine erheblich geringere, das Markensystem ent sprechend vereinfacht. Die Verwaltung und das Rechnungswesen gewinnen an Sicherheit, Promptheit und vor Allem an Billigkeit. Die ganze Or ganisation wird auf der Basis geographischer Verbände besser fungiren und sicherer arbeiten und so den Interessen aller Betheiligten, der Versicherten, wie der an den Kosten Theilnehmenden, ungleich besser gedient, als bei be rufsgenossenschaftlicher Organisation. Es ist daher im Interesse der Sache erfreulich, daß die Stimme der praktischen Erfahrung bei dem Bundesrathe Gehör gefunden hat. Ueber die Kaiserzusammenkunft spricht sich das vom Wiener auswärtigen Amt inspirirte „Wiener Fremdenblatt" in folgender Weise aus: „Dem Kaiser Wilhelm ziehen jene feierlichen Worte voran, welche er in seiner Thronrede an alle Völker Europas gerichtet hat, und aus denen der beste Wille, Friede mit Jedermann zu halten, sprach. Als ein Fürst des Friedens erschien er, von den Bundesfürsten des deutschen Reiches umgeben, vor seinem Volke und vor Europa, und als solchen wird ihn auch die Ostseeflottille nach dem finnischen Hafen bringen. Schon diese feierlichen Kundgebungen wären geeignet, der ganzen gegen Deutschland und seine Bundesgenossen gerichteten Agitation jeden Boden zu entziehen, wenn die Minirarbeit nicht so lange angedauert hätte." Insoweit das aus der Ferne tönende Wort nicht ausgereicht hat, wird hoffentlich das persönliche Er scheinen des Monarchen seinen Eindruck nicht verfehlen. Dieser Ueberzeugung giebt sich auch das übrige Europa hin. Es erwartet ein Verscheuchen jener Wolke des Mißtrauens und des Unbehagens, die über dem russischen Volke gelagert ist. Es hofft, man werde in Rußland sodann weit befähigter sein, jene friedlichen und loyalen Ziele zu beurtheilen, welchen allein die Politik Deutschlands und jene seiner Alliirten gewidmet ist und welchen die Er haltung der Ruhe des Continents ausschließlich zu danken ist. Wenn dieses wirklich gelingen sollte, wenn in Rußland einmal dieses stete Mißtrauen gegen die Politik seiner Nachbarn schwindet, wenn man auch dort zur rich tigen Beurtheilung jener Grundlagen der europäischen Ordnung gelangen sollte, welcher allein eine legale Entwickelung und allmälige Lösung aller internationalen Fragen ermöglichen, dann wird die Reise Kaiser Wilhelms II. nach Rußland der Zuversicht in die Erhaltung des Friedens jene breitere Basis gewähren, welche von allen Völkern und auch jenen Oesterreich- Ungarns mit solcher Sehnsucht erwartet wird. Berlin. Feldmarschall Prinz Georg von Sachsen traf hier Mittags 12^4 Uhr ein und begab sich sofort nach Potsdam, um dem Kaiser für seine Ernennung zum Generalfeldmarschall seinen Dank abzustatten. Er kehrte kurz nach 4 Uhr nach Berlin zurück, um sofort die Heimreise nach Dresden anzutreten. Der Reichskanzler Fürst von Bismarck wird in diesen Tagen zu längerem Aufenthalte nach Friedrichsruh übersiedeln. I. Durchl. die Frau Fürstin verläßt ebenfalls Berlin, um, wie verlautet, einen mehrwöchent lichen Kuraufenthalt in Homburg v. d. Höhe zu nehmen. Sagan, 10. Juli. In der vergangenen Nacht wurden durch dm aus Berlin kommenden Courierzug bei Hansdorf 3 Postbediendeste über fahren; 2 derselben sind getödtet, der dritte ist schwer verletzt. DerPacket- karren wurde zertrümmert. Wie aus St. Petersburg gemeldet wird, ist der gegenwärtig zum Cur- gebrauche in Karlsbad weilende russische Botschafter am Berliner Hoft, Graf Schouwalofs, anläßlich des Besuches des Kaisers Wil helms II. nach St. Petersburg beschieden worden, woselbst auch der russische Minister des Auswärtigen, v. Giers, von seinem finnländischen Gute, wie es heißt, am Abend des 17. d. M. cintreffen wird. Inzwischen ist Graf Schouwalofs aus Anlaß des in Berlin stattfindenden Botschafter- Galadiners dort eingctroffen. Aus Anlaß der Monarchenbegegnung sind verschiedene militärische Festlichkeiten im Krasnoje-Selo in Aussicht genommen und zur Ver stärkung der gegenwärtig daselbst liegenden Truppen drei Garderegimenter dahin beordert worden. Stockholm, 10. Juli. Der König und die Königin von Sachsen sind heute Mittags 12 Uhr mittelst Extrazugcs von Malmö hier einge troffen, begleitet von dem deutschen Legations-Secretär Prinzen LichnowSky, welcher denselben bis Malmö entgegengefahren war. Der Kronprinz war den Herrschaften mit dem General-Lieutenant Grafen Lagerberg, der Staats dame Gräfin Gyldenstolpe und dem Ober-Kammerherrn Grafen Lerenhaupt bis Gnesta entgegengereist. Am Bahnhof waren der König, die Kron prinzessin, Prinz Eugen und die Herzogin-Wittwe Therese anwesend und begrüßten das sächsische Königspaar auf das Herzlichste. Vor dem Bahn hofe war eine Chrencompagnie mit der Fahne und Musik aufgestellt, welche bei der Einfahrt des Zuges die Nationalhymne „Heil Dir im Siegerkranz" intonirte. Die Majestäten fuhren sodann in zwei sechsspännigen Galawagen geführt und gefolgt von je einer Schwadron der Leibgarde, zum königlichen Schlosse, woselbst eine aus der Svea-Leibgarde und Dragonern gebildete Ehrencompagnie aufgestellt war. Bei der Ankunft am Bahnhofe und bei der Ankunft im Schlöffe wurden Salutschüsse abgegeben. Im Schlosse begrüßte die Königin die Gäste auf das Herzlichste. Auf dem ganzen Wege vom Bahnhof bis zum Schlöffe waren die Straßen prachtvoll ge schmückt; unter den Flaggen zeigten sehr viele die sächsischen Landesfarben. Eine zahlreiche Volksmenge begrüßte die hohen Gäste mit sympathischen Zurufen. In Frankreich fühlt man offenbar starke Beklemmungen über den bevorstehenden Besuch des Kaisers Wilh elm am russischen Hofe. Das russisch-französische Bündniß war seit Jahren in Paris so sehr zum Mittel punkt aller Berechnungen in der großen europäischen Politik, so sehr zum Hoffnungsanker aller auf baldige Revanche spekulirenden „Patrioten" ge worden, daß jetzt plötzlich eine vollkommene Rath- und Muthlosigkeit ein getreten ist. Mit den unwürdigsten und bedientenhaftesten Schmeicheleien hatten alle französischen Politiker seit Jahren Rußland umworben und gegen Deutschland aufzuhetzen gesucht, und nun vollzieht sich ein Ereigniß, welches man in Frankreich noch mehr als anderwärts als einen Zusammenbruch