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UHM iMMG WiM, Wi, Äedt«lkhil M die UWMdkL ° AmLsbLcrtt für die Kgl. AmtshaupLmannschaft zu Meißen, das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zn Wilsdruff. Erscheint wöchentlich zweinin!, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. 44 ^rcitaa, den 1. Juni 1888. Bekanntmachung. Im Laufe des Monats Juni ist die Landtagswahlliste einer Revision zu unterwerfen.' Indem wir vorschriftsgemäß auf diese Revision aufmerksam machen , bringen wir zugleich zur öffentlichen Kenntniß, daß die Liste für den hiesigen Ort zu der Bctheiligten' Einsicht in der hiesigen Rathsexpcdition ausliegt. Etwaige Einsprüche dagegen sind rechtzeitig und spätestens bis zum Ende des siebenten Tages nach dem Abdrucke eines Wahlausschreibens in der Leipziger Zeitung bei uns anzubringen. Nach Ablauf von weiteren 14 Tagen wird die Lifte geschlossen, werden alle bis dahin in dieselbe nicht eingetragenen Personen von der Wahl ausgeschlossen, sowie auch etwaige bis dahin nicht erledigte Reklamationen unberücksichtigt gelassen werden. Üebrigens hat Jeder, welcher seine Stimmberechtigung auf Steuerentrichtung außerhalb des Ortes zu gründen gemeint ist, solches zu Berück sichtigung unter Beibringung des nöthigen Nachweises hier anzuzeigen. Wilsdruff, am 30. Mai 1888. Der Stadtgemeinderath. Ficker, Brgmstr. Bekanntmachung Der hiesige RnthSkellcr soll anderweit auf sechs Jahre vom 1. Januar 1889 ab verpachtet werden. Pachtlustige haben sich hierzu Donnerstag, den 14. Juni ds. Js., Bormittags 11 Uhr, an Nathhausstelle hier einzusinden und nach Mittheilung der Verpachtungsbedingungen, welche auch schon vorher in der hiesigen Rathsexpedition eingcsehen werden können, ihre Gebote zu eröffnen und des Weiteren sich zu gewärtigen. Wilsdruff, ani 28. Mai 1888. Der Stadtgemeinderath. Ficker, Brgmstr. Nagcsgcschichte. Berlin. Am Dienstag Vormittag durste der Kronprinz dem Kaiser seine Brigade vorführen: Der erste militärische Akt, der sich seit der Thron besteigung vor den Augen des Kaisers vollzog. Neben dem kaiserlichen Wagen bei dem Vorbeimarsch standen die Kaiserin mit den Prinzessinnen Victoria, Sophie und Margarethe und die Kronprinzessin, sowie der Ge neraladjutant General von -Winterfeld und des Kaisers persönlicher Ad jutant Rittmeister von Vietinghoff, hinter dem Wagen des Kaisers, den selben in einem Halbkreis umstehend, hatte der Kronprinz mit seiner Suite Aufstellung genommen. Auch der Commandcur des Gardekorps, General von Pape, war zugegen. Als die Brigade, deren vorzügliche stramme Haltung nach einem überaus anstrengenden Manöver dem Kaiser sichtlich große Freude bereitete, den Park wieder verlassen hatte, wandte sich der Kaiser an den Kronprinzen und sprach ihm auf einem Blatt seines Block- buchcs seinen Dank für die Leistungen der Truppen aus. Nicht ohne innere Erregung hatte der Kaiser diesem militärischen Schauspiel beige wohnt, wie er selbst später zum Arzte äußerte. Aber diese Erregung hatte, weil sie eine freudige war, ihm wohlgethan. Der Kaiser fühlte sich in keiner Weise ermüdet oder angegriffen. Der Kaiser empfing den Geh. Rath Prof. Dr. Virchow. Er nahm überaus freundlich den Dank Virchows für die demselben verliehene Aus zeichnung entgegen und erkundigte sich mit lebhaftem Interesse nach der egyptischen Reise Virchows. Der Kaiser hatte von dessen Erlebnissen Mancherlei erfahren. Virchow überbrachte dem Kaiser eine Sammlung von Photographien, welcke er an Ort und Stelle von Landschaften, Denk mälern, Inschriften selbst ausgenommen hatte und die sich auf Gegenden bezogen, welche der Kaiser bei Eröffnung des Suezkanals seiner Zeit selbst besucht hatte. Der Kaiser ersuchte Virchow, den Hals zu besichtigen, so weit dies äußerlich möglich war. Auch wurde hierbei durch Mackenzie die innere Kanüle gewechselt. Virchow hatte den Kaiser seit Februar 1887 nicht gesehen und war überrascht von der Lebhaftigkeit, mit welcher der Kaiser während der Audienz auf alle Aeußerungen Virchows einging und sie durch Mienen und Bewegungen leicht verständlich zu machen wußte. Nach der Audienz Virchows beim Kaiser promenirte die Kaiserin in Be gleitung Virchows etwa eine halbe Stunde im Schloßgarten. Ueber das Ergebniß der Untersuchung des Kaisers durch Professor Dr. Virchow er fährt man, daß Virchow nach genauer und sorgfältigster Besichtigung des Halses feststellen konnte, daß die Drüsen des hohen Kranken vollständig gesund seien, ein Ergcbniß, welches für den ganzen Stand der Krankheit von hoher Wichtigkeit ist. Ueberhaupt sprach sich Professor Virchow sehr befriedigt über den von ihm gewonnenen Befund aus. Die Ueberführung der Kaiserlichen Majestäten von Charlottenburg nach Schloß FriedrichSkron bei Potsdam ist definitiv auf Freitag den 1. Juni Vormittags festgesetzt, und zwar erfolgt bie Ueberfahrt mittelst der kaiscrl. Dampf-Aacht „Alexandra". Im Verlauf der letzten Sitzung des preußischen Abgeordneten hauses am 26. Mai benutzten freisinnige Redner die Debatte über die Elbing-Marienburger Wahl, von dieser vollständig abschweifend, zu wahr haft skandalösen Reden; Eugen Richter insbesondere spielte sich als den berufenen Vertreter des Kaisers und der Kaiserin auf, indem er Ungehörig keiten einzelner Blätter und das geschäftlich-literarische Treiben zweideutiger Persönlichkeiten in der gehässigsten Weise ausnutzte und die gegnerischen Parteien dafür verantwortlich zu machen suchte. Die Jnszenirung einer auf die Wahlen berechneten Hetze wurde seitens der Nationalliberalen von demAbg. vr. Friedberg ebenso wirksam wie würdig zurückgewiesen und als Richter mit verdoppelter Dreistigkeit den Skandal erneuerte, ward ihm von verschiedenen Rednern in der Münze heimgezahlt, deren er sich bedient hatte. Vollkommen unbegreiflich war das Verhalten des Präsidenten von Köller und der Regierung bei diesen unerhörten Vorgängen, von Köller ließ es zu, daß der Kaiser und die Kaiserin in der preußischen Volksver tretung als schutzbedürftig und schutzlos dargestellt, in noch nicht dagewesener Art in die Debatte gezogen wurde. Und seitens der Regierung wurde auf die kaum noch verhüllten Beschuldigungen, daß sie eine gegen den Kaiser und die Kaiserin gerichtete Hetze duldete, kein Wort erwidert, obwohl wenig stens beim Beginn dieser Erörterungen Mitglieder des Staatsministeriums anwesend waren und zwischen dem Ministertisch und dem Ministerzimmer hin und her gingen. So endete die Session und Legislaturperiode in der bedauerlichsten Art. Im Kgl. Schauspielhaus zu Berlin, in welchem gegenwärtig bauliche Veränderungen vorgenommen werden, brach am Montag Vormittag ein über den Bühnenraum errichtetes Gerüst zusammen und verschüttete die darunter befindlichen Arbeiter, etwa 45, von denen jedoch 3 oder 4 mög licherweise gar nicht zur Arbeit gekommen waren. Zwei Arbeiter wurden getödtet, 15 verletzt, 5 davon schwer. Man vermuthet, daß sich ein ober halb des Gerüstes befindlicher Bindebalken gelöst hat. Die Kaiserin be suchte Nachmittags die Unglücksstätte und hierauf die in den Krankenhäusern befindlichen Verunglückten. Die Gründe des Unglücks km Schauspielhause zu Berlin sind nun festgestellt. Das Bühnenhaus des Schauspielhauses soll so umgebaut werden, daß die gesammten Holztheile in Eisenkonstruktion ersetzt werden. Die Arbeit ist sehr eilig, da sie bis zum Beginn der neuen Saison erledigt sein muß. Aus diesem Grunde haben auch am Sonntage eine größere Anzahl Zimmer leute beim Abbruch des inneren Gebälks gearbeitet, dock konnten die Hölzer, des Sonntags wegen, durch Wagen nicht fortgeschafft werden. In der Mitte der Bühne war bis zur Dachhöhe ein größes Gerüst aufgestellt, um die ringsum an den Wänden befindlichen Balken abbrechen zu können. Der Bretterbelag des Gerüstes ist nun bei der Svnntagsarbeit durch das nicht fortzuschaffende Holz überlastet worden, und als Montag Morgen die Transportwagen kamen, sollte in Beschleunigung der Arbeit dieses Holz heruntergcschafft werden. Dabei wurden Holzstücke von 7—8 Ctr. Gewicht gekantet und auf die Bretterbeläge geworfen; vermuthlich hat ein solcher, etwa ein Meter tief herabgeworfener Balken die Rüstung an einer Stelle durchschlagen, dabei in's Schwanken gebracht, und die vom Sonntag her anfgehäufte Last kam nun in's Rutschen und riß durch ihr kolossales Ge wicht das ganze Gerüst zusammen. Glücklicherweise waren diejenigen Leute, welche auf der Bühne zu thun gehabt haben würden, mit dem Polier nach der Straße gegangen, sonst wäre das Uaglück ein erheblich größeres geworden. Als der Zusammenbruch des Gerüstes sich durch ein starkes Krachen an kündigte, hatten eine Anzahl Zimmerleute die Geistesgegenwart, sich auf die Reste der Schnürgalerien, auf Vorsprünge rc. zu retten. 14 von den im Ganzen beschäftigten 48 Zimmerleuten wurden aber von den stürzen den Balten erfaßt, verletzt, gequetscht und in die Tiefe gerissen. Einer der Unglücklichen ist durch Schädelbruch getödtet, ein Anderer hat eine sehr schwere Kopfverletzung, ein Dritter schwere innere Verletzungen, die anderen Beinbrüche, Armbrüche, schwere Verrenkungen und Quetschungen erlitten. Der wenige Minuten nach der Katastrophe eintreffenden Feuerwehr gelang es, noch eine Anzahl Verunglückter zwischen den Balken hervorzuziehen und den Verletzten die erste Hilfe nach den Grundsätzen des Samariterdienstes zu gewähren. Inzwischen waren auch Aerzte benachrichtigt und bald deren mehrere zur Stelle. Hinzuzufügen haben wir noch, daß die Kaiserin Au gusta, trotz ihrer eigenen körperlichen Schwäche, Nachmittag um 2 Uhr vor der Klinik vorfuhr und sich von Professor v. Bergmann über das Befinden