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WWMMÄrch HmM, Wi, Liedeckhil md die UMMdL AmLsbL^cetL I M öü Agl. AmLshauptmannschaft zu Meißen, das Kgl- Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Kaiser Kriedrich hat ausgetitten. Se. Maj. Kaiser Friedrich ist am Freitag, de« IS. Im«, Bormittags 11 Uhr 1S Minuten sanft entschlafen. Wer wollte es wagen, die herzergreifenden Scenen zu schildern, die sich in den ersten Momenten im Innern der geheiligten Stätte abspielten, an welcher Kaiser Friedrich seine edle Seele ausgehaucht hat. Es kann ein Zeder sich das Bild des sterbenden Monarchen, wie er, umgeben von seinen weinenden Familiengliedern und den Acrzten, die Augen schloß, ausmalen. Wir können den Lesern mittheilen, daß der Kaiser sanft und friedlich in's Jenseits hinüberschlummerte. In dem schlicht eingerichteten Sterbezimmer des Monarchen steht das Bett in der Mitte. Eine weiße Decke verhüllt den Kaiserlichen Leichnam bis hinauf zum Kinn. Die Hände sind über der Decke gefaltet und halten den Cavallerie-Korbsäbel des dahingeschiedenen Kaisers. Tiefer Friede ruht auf dem bleichen, sehr eingefallenen Antlitz. Auf der linkm Seite über den linken Arm hinreichend liegt ein großer Lorbeerkranz. Rührend, ja herzbewegend sind die Worte, die der schwerleidende Fürst seiner zweiten Tochter, der Prinzessin Sophie, welche Tags vorher ihren 18. Geburtstag beging, mit Bleistift auf einen Zettel schrieb: „Bleibe fromm und gut, wie Du es bisher gewesen. Dies ist..der letzte Wunsch Deines sterbenden Vaters." Wenngleich schon seit Monaten erwartet, ergreift die ernste Trauerkunde von dem frühzeitigen Hinscheiden des zweiten deutschen Kaisers einen jeden Deutschen auf's Tiefste! Ein schweres Leiden war es, dem der Körper des Kaisers unterlag, während sein Geist noch in den letzten Tagen mit ungebrochener .Kraft in die Höhe strebte. Was Kaiser Friedrich hätte leisten können, wer kann es sagen? Noch sind kaum die Umrisse von Dem klar hervorgetreten, was der Monarch erstrebte, der sich in jedem Worte, in jedem Federzuge als ein ungewöhnlicher, selbstständiger Mensch zeigte, und schon mußte das deutsche Volk den Herrscher verlieren, der den ernsten Willen und die Macht besaß, das Werk zu vollenden, welches sein hoher Vater begann, ja, dasselbe weiter auszubauen. Ein Jeder aber wird dem von einem herben Schicksal ergriffenen, einer schmerz vollen Krankheit erlegenen Monarchen, der vergeblich im wärmeren Süden Heilung seines Leidens suchte und dann, im Vaterlande, unter seinem treuen Volke, bei aufopfernder Pflichterfüllung anscheinend der Genesung entgegenging, von Herzen die Ruhe gönnen, die er nun gefunden. Können wir doch mit Vertrauen auf den Nachfolger des erhabenen Kaisers, seinen Sohn Wilhelm, sehen, welcher im Geiste seines Großvaters und Vaters das deutsche Volk leiten und durch seine Regierung, den bisherigen Ueberlieferungen folgend, an der bewährten Hand der langjährigen Berather der kaiserlichen Krone, die Würde des Deutschen Reiches bewahren und seine Machtstellung nach innen, wie nach außen befestigen und mehren wird. Dem neuen deutschen Kaiser war schon jetzt ein größerer Theil wichtiger Regierungsgeschäfte übertragen und Alle, die mit ihm in Berührung gekommen, rühmen seinen edlen, hohen Sinn und sein tiefes Verftändniß für Alles, was dem Reiche ftommt. So schmerzlich und tief berührt das nun zum zweiten Male in kurzer Zeit verwaiste deutsche Volk ist, es wird und darf doch nicht verzagen und kann getrosten Muthes in die Zukunft schauen. Kaiser Friedrich ist todt! Laut hallte dieser Schreckensruf durch die Kaiserstadt und pflanzte sich weit, weit fort in die Welt hinaus! Noch sind die Klagen über den Heimgang Wilhelms des Siegreichen kaum verstummt, lebendig steht noch vor unserem geistigen Auge das imponirende Bild einer Welttrauer, wie sie in der Geschichte ihres Gleichen sucht, noch empfinden wir den ganzen unnennbaren Jammer nach, welcher in den düsteren Märztagen dieses Jahres auf Deutschland lastete — da tönt schon wieder die Todtenglocke und singt einem Deutschen Kaiser das Sterbelied! Wer vermöchte wohl die Empfindungen, welche uns in diesen Tagen Alle bewegen, in Worte, würdig der Größe des Schmerzes, zu fassen. Der ritterlichen, markigen Heldengestalt Kaiser Friedrichs, die jetzt in's Grab sinkt, gehörten unsere tiefsten, wärmsten Sympathieen. Jener Zug von bürgerlicher Einfachheit, von gewinnender Liebenswürdigkeit, der durch sein ganzes Wesen ging, brachte ihn schon als Kronprinz un serem Herzen nahe, und als das göttliche Geschick ihm die Kaiserkrone auf das Haupt setzte, knüpften wir an eben diese edelsten Regungen seines großen Herzens glückselige Hoffnungen für die Zukunft. Die ritterliche Tapferkeit Kaiser Friedrichs, in Schlachtenstürmen besiegelt, in Deutsch lands glanzvollsten Tagen erprobt, sie war uns Gewähr dafür, daß selbst, wenn ein böses Geschick ihn weiterhin noch durch Krankheit theil- weise in Fesseln gehalten hätte, er doch im Geiste seines erlauchten, unvergeßlichen Vaters mit Hellem Auge und eiserner Faust über Deutsch lands schwer errungener Macht und Größe gewacht hätte. Er war ein Friedensfürst, warm schlug sein Herz allen idealen Bestrebungen des Menschenthums entgegen, aber — wir wollen es nicht vergessen — er war auch der Sieger von Königgrätz und von Sedan! Kaiser Friedrich hat in blutigen Schlachten und in den Zeiten sonnigen Friedens mitgearbeitet an dem majestätischen Bau der inneren und äußeren Größe un seres geliebten Vaterlandes. Die Genien der Dankbarkeit und der Liebe treten weinend an seine Bahre! „Unserm Fritz" folgten die Gebete eines treuen, liebmden Volkes, als er Heilung suchend nach dem Süden zog, für „unsern Fritz" zitterten monatelang Millionen Herzen zwischen Hoffen und Bangen, „unser Fritz" schwebte uns als Ideal eines heldenhaften Dulders im Kampfe mit der tückischen Krankeit vor, und nun er heimgegangen, wissen wir, daß wir niemals, niemals, vergessen können, was er uns gewesen — „unser Fritz!" Gott tröste das deutsche Volk in seinem tiefen, aufrichtigen Schmerz und schenke dem edlen Fürsten, dem Helden, dem Dulder die ewige Ruhe. AageHgesehichte» Berlin, 16. Juni. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Von der Bahre des Heimgegangenen Dulders auf dem Kaiserthron, der in der Blüthe der Mannesjahre einer tückischen Krankheit leider viel zu schnell erlegen, wendet sich der Blick dem Erben der Krone in Reich und Staat zu, der nunmehr dazu berufen, die schwere Bürde der Regierung zu übernehmen und den Thron seiner Väter zu besteigen. Von frühester Jugend an hat der nunmehrige Kaiser Wilhelm II. dem Volke nahe gestanden, das ihm als dem ersten Sprossen, mit welchem die Ehe des einstigen Prinzen Friedrich Wilhelm gesegnet, ein besonderes warmes Interesse zuwendete. War doch mit diesem Erstgeborenen dem Stamm des Hohenzollernhauses eine neue Blüthe gewonnen und damit ein neues Unterpfand stetigen Glückes für's Vaterland geboren. Von der Höhe der Schloßkuppel herab kündeten die Klänge des frommen Lieves das für Herrscherhaus und Nation bedeutsame Ereigniß und gaben die freudige Stimmung des Volkes wieder, das in dichten Reihen das Palais umschlossen hielt! Und diese Theilnahme und Zuneigung zu dem Ersilingssproß, sie nahmen zu und steigerten sich mit dem Wachsthume desselben und im Hinblick auf den Geist, in welchem die Erziehung und Heranbildung des dereinstigen Thronerbens geleitet und ge fördert wurde. Mit Sorgfalt und unablässiger Aufmerksamkeit wachte die treue Liebe der Eltern namentlich darüber, daß in dem Sohne Bewußtsein und Verftändniß der hohen Pflichten gegen das Vaterland geweckt werde. Und das edelste Besitzthum, das im Hause der Hohenzollern durch so viele Generationen vom Vater auf den Sohn sich vererbt, das ernste Gefühl der Pflicht und die Strenge im Dienste des Berufs, ist nicht allein ein leuchtendes Vorbild so vieler Glieder seines Hauses, sondern ist ihm in Allem, was ihn umgab, nahe getreten und hat ihm die Pfade durch das Leben gewiesen. Mitten unter die Söhne des Volkes hat Kaiser Wilhelm II. der Weg seiner Erziehung geführt. In strenger Arbeit hat er die Jahre der Jugendbildung verlebt und sich aufZdiezhohen und schweren Aufgaben des fürstlichen Berufes vorbereitet. Es ist mehr als eine glückliche Vor bedeutung, es ist eine Bürgschaft für den zukünftigen Lebensgang des ru solcher Höhe Berufenen, daß er bisher in angestrengtem Thun das Ziel erreicht, welches den Söhnen des Vaterlandes als Abschluß der Jizgend- bildung vorgesteckt wird. Und die so gestreute Saat ist in herrlichem Ge deihen aufgegangen und hat die köstlichste Frucht des Vertrauens gezeitigt. In dem Vertrauen, welches dem im Geist der Anschauungen des Groß vaters und Vaters erzogenen und groß gewordenen kaiserlichen Herrn heute von allen Seiten entgegengebracht wird, ist ein sicheres Unterpfand gegebm für die innige Verknüpfung des Bandes, das Dynastie und Nation vom Anbeginne ihrer Zusammengehörigkeit umschlingt, und das zu einem Palla dium unseres nationalen Lebens geworden ist. Und angesichts der Innig keit und Wärme, welche dieses Band beseelt, und das in guten und bösen Tagen der feste Hort gewesen, der die Geschicke unseres Vaterlandes ge deckt und geschützt und demselben zu Größe, Wohlfahrt und Ansehen ver- holfen, darf sich der Blick, wie schwer und düster auch die Gegenwart auf uns ruht, doch vertrauensvoll der Zukunft zuwenden und zu der Zuversicht ! erheben, daß, welch' schwere Zeiten auch über uns kommen könnten, welch ! ernste Prüfungen uns bevorstehen mögen, die Liebe und das Vertrauen, in welchem Fürst und Volk im Reiche und in Preußen einander, begegnen, Nr. 49. Dienstag, Ven 19. Juni 1888.