Volltext Seite (XML)
MchM MMs khliiliüt, Wil, Ziedmich mil die WWck«. A m L s b 5 cr 1L für die cu;t. KintshauptmunnschaÜ zu Meißen, das Kgt. Kmisgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich I Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Inserate werden Montag« und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Rl 2» Dienstag, den 10. April 1888. Bekanntmachung. Stadtbezirk Wilsdruff betreffend. Alle in oben genanntem Gemeindebezirke aufhältlichen Reservisten der Jahrgänge 1880 bis 1887, Wehrmänner 1. Aufgebots ver Jahrgänge 1875 bis 1879, Ersatzreservisten (frühere Ersatzreserve I, übungspflickte und nicht übungspflichtige genannt) der Jahrgänge 1881 bis 1887, sowie die zur Disposition der Ersatzbehörden und die zur Disposition der Truppentheile, beurlaubten Mannschaften und die Halbinvaliden erhalten hiermit Befehl, zu der . den 18. Uprit 1888, Uachmittags ^2 Uhr, im Saale des weißen Udlers zu Wilsdruff stattfindenden Control-Versammlung zu erscheinen. ' Sämmtliche Militärpapiere siud mitzubringrn. Das Führen von Stöcken und Regenschirmen während der Control-Versammlung wird bestraft. Die Nichtbefolgung der öffentlichen Aufforderung wird disciplinarisch bestraft. Königliches Bezirks-Commando Meißen. Kommenden Donnerstag, den 12. dieses Monats, Nachmittags 6 Uhr, öffentliche Stadtgemeinderathssitznng. Wilsdruff, am 9. April 1888, Der Stadtgemeinderath. Ficker, Brgmstr. Des Kaisers Dank an sein Volk. Der Heimgang Meines geliebten Vaters, weiland Sr. Majestät des Kaisers und Königs Wilhelm, hat zu einer so überwältigenden Bewegung Anlaß gegeben, wie sic bisher kaum je erlebt worden ist. Um seinen ruhm vollen Kaiser trauert einmüthig bas ganze deutsche Volk, das mit Ihm den milden und gerechten Herrscher, den weisen und kraftvollen Lenker seiner Geschicke, den Wiederbegründer seiner Einigung verloren hat. Fast alle fremden Nationen auf dem weiten Erdenrund nehmen Antheil an diesem Verluste eines Fürsten, in dem sic den sickeren Hort des Friedens erkannten. So zahlreich, so mannigfaltig sind die Kundgebungen liebevoller Theilnahme, daß cs erst jetzt nach Wochen möglich gewesen ist, einen Ueberblick über die große Fülle der Spenden zu gewinnen. In allen Theilen Deutschlands, in ganz Europa, selbst in fernen Wclttheilen, wo nur deutsche Herzen schlagen, ist gewetteifert worden, dem theueren Entschlafenen die letzten Zeichen der Liebe und Verehrung, wie sie Mein Hochseliger Herr Vater im Leben so oft erfahren,-NUN auch im Tode darzubringen. Ein erhebendes Denk mal bildet die Sammlung von herrlichen Palmen, Blumen und Kränzen, welche in ihrer zum Theil kunstvollen Herstellung bei der feierlichen Auf bahrung der Leiche im Dom, wie an der Ruhestätte im Mausoleum zu einem beredten Schmuck wurden. In Adressen von geschmackvoller, ost künstlerischer Ausstattung haben Verbände, Gemeinden und Korporationen, wissenschaftliche und Kunst-Institute, Vereine und Innungen ihrem Schmerze über das erschütternde Ereigniß Ausdruck gegeben. Noch hat die Menge der Beileidsbezeugungen in Zuschriften, Gedichten und Telegrammen nicht ihren Abschluß gefunden. Rührend und ergreifend sind solche Beweise wahrer Trauer und inniger Theilnahme für das wunde Herz des Sohnes, dem sie in dieser Zeit des t'efen Leids lindernden Trost und erquickende Stärkung gewähren. Sie crmuthigen Mich aber auch, an die schweren Aufgaben Meines Fürstlichen Berufs als Erbe der Krone vertrauensvoll heranzutreten und als ein theueres Vermächtniß Meines unvergeßlichen Herm Vaters nach Seinem Dorbilde an der Wohlfahrt des deutschen Volkes mit allen Meinen Kräften fortzu arbeiten. In diesen Empfindungen drängt es Mich Allen, welche durch ihre hcrzerhebenden Kundgebungen das thcucre Andenken des dahingeschie- dcnen Kaisers geehrt haben, Meinen aufrichtigsten, herzlichsten Dank aus- zusprcchen. Ich beauftrage Sie, diesen Erlaß zur öffentlichen Kenntniß zu bringen. Charlottenburg, den 4. April 1888. Friedrich. An den Reichskanzler. DageSgeschicht«. Wenngleich das Osterfest an größeren Ereignissen von eigentlich po litischer Bedeutung auf innerem Gebiete nichts gebracht hat, so ist es doch nach einer speziellen Richtung hin nicht ohne eine Ueberraschung verlaufen. Dieselbe liegt in der Verleihung des Rothen Adlerordens I. Klasse an Herrn vonBennigsen, den anerkannten Chef der nationalliberalen Partei. Diese hohe Ordensauszeichnung wird sonst nur hochgestellten Beamten, Diplomaten und ähnlichen Persönlichkeiten zu Theil und da Herr v. Ben nigsen als Landesdirektor von Hannover kein Staats-, sondern ein Selbst verwaltungsamt bekleidet, so wird man kaum irren, wenn man annimmt, daß seine Dekorirung mit der ersten Klasse des Rothen Adlerordens seiner politischen Persönlichkeit und seiner hervorragenden parlamentarischen Stell ung gilt. Inwieweit die Herrn v. Bennigsen zu Theil gewordene Aus zeichnung eine besondere politische Bedeutung beansprucht, wird sich des Näheren vielleicht schon aus den Ereignissen der nächsten Zeit von selbst ergeben. Ein Gerücht von ungeheuerer Tragweite, das schon deshalb erwähnt werden muß, weil es in der „Kölnischen Zeitung", einem für gewöhnlich gut unterrichteten Blatt, zuerst aufgetaucht" ist, hat sich von Wien aus ver breitet. Dort ist, wie eben die „Kölnische Leitung" meldet, an der Börse am Dienstag Mittag erzählt worden, F ü rst Bismarck, der deutsche Reichs kanzler, sc: im Begriff, sein Entlassungsgcsuch einzureichen. Als Grund seien Gesundheitsrücksichten angegeben, doch gelte es für wahrschein lich, daß ein „geheimer Konflikt" vorliegc. Und auch über die Natur dieses Konflikts will man bereits Näheres wissen; es wird wieder der „Kölnischen Zeitung", diesmal aus Berlin, und zwar dem Ansckein nack aus gut unter richteten offiziösen Kreisen gemeldet: „Man spricht in ernster Weise von der Möglichkeit eines baldigen Rücktritts des Reichskanzlers und bringt dieselbe in Verbindung mit dem Plan einer ehelicken Verbindung des Prinzen Alexander von Battenberg und der Prinzessin Viktoria von Preußen; man will zuverlässig wissen, der Prinz komme demnächst zur Bewerbung nach Berlin; die Königin von England komme auf der Rückreise ebenfalls, um als Frciwerberin für den Schwager ihrer Lieblingstochter aufzutreten." Daß der Battenberger vor Jahren s-bon um die Prinzessin Viktoria, die zweite Tochter des Kaisers Friedrich, geb. am 12. April 1866, geworben habe, ist oft schon behauptet worden, die Möglickkeit, daß er jetzt seine Zeit für gekommen gehalten und seine Werbung wiederholt habe, ist also nicht aus geschlossen, und auch dafür, daß die Königin von England ihn und viel leicht auck seine Werbung begünstigt, liegen mancherlei Anzeichen vor. Wir haben dieser Gerüchte in vollem Umfang Erwähnung gethan, schließen daran aber den Ausdruck unserer innigen Hoffnung, daß es zu einem Rücktritt des Fürsten Bismarck, seien die Gründe nun welche sie wollen, nicht kommen möge, denn der Reichskanzler ist auf seinem Posten heute noch ebenso noth- wendig wie je. Wiener Telegramme besagen: Am 31. März erfuhr Fürst Bismarck vom Kaiser, daß demnächst die Verlobung der Prinzessin Viktoria mit dem Prinzen Alexander von Battenberg stattfinden solle. Der Fürst erhob sofort politische Bedenken, worauf der Kaiser ihm eröffnete, daß die Verlobung Herzenswunsch der Kaiserin sei. Fürst Bismarck bat hierauf, von der Kaiserin empfangen zu werden, was sofort geschah. Der Fürst entwickelte nun der Monarchin in Gegenwart des Kaisers die gegen die Verlobung sprechenden politischen Gründe. Die Kaiserin gewann indeß nicht die Ueber- zeugung der Unausführbarkeit ihres Projektes. Hierauf gab der Fürst die Erklärung ab, daß, wenn die Kaiserin auf der Verlobung bestünde, er zur Einreichung seiner Demission genöthigt sei. Am 4. April erfuhr Fürst Bismarck die bevorstehende Ankunft des Prinzen Alexander. Er eröffnete dem Kaiser, daß er an dem Tage, an welchem des Prinzen Reise beschlossen wäre, demissioniren müsse. Die Verhandlungen mit der Kaiserin dauern fort, doch scheint bisher auf keiner Seite Neigung zur Nachgiebigkeit vor handen zu sein. Der Kaiser seinerseits will dem Glücke der Prinzessin nicht entgegentreten, aber auch um keinen Preis die politischen Gesinnungen Bismarck's verletzen. Er überläßt die Verhandlungen der Kaiserin. — Londoner Meldungen besagen, die Reise der Königin Viktoria nach Berlin sei zweifelhaft geworden. Die dortigen Blätter bezeichnen die deutsche Kanzlerkrisis als eine europäische Kalamität. Die „Nat.-lib. Korresp." schreibt: „Die Reichskanzlerkrisis kann, wenn sie überhaupt einen ernstlichen Anhalt gehabt hat, nach unserer Kenntniß der Sachlage bereits als überwunden gelten. Weder die auswärtige, noch die innere Lage ist gegenwärtig dazu angethan, auf die fernere Wirksam keit des Fürsten Bismarck zu verzichten. Kaiser Friedrich hat alsbald nach seiner Thronbesteigung die unzweideutigsten Beweise gegeben, daß er sich in allen wesentlichen Fragen der inneren und äußeren Politik mit dem Reichskanzler einverstanden weiß; er wird in diesen schweren Zeiten nicht auf die Unterstützung des bewährten Rathgebers verzichten wollen, sowenig wie dieser dem Kaiser und Reich seine Dienste versagen wird, so lange Leben und Kraft ausreichen." Berlin, 6. April. Nach Prüfung durch das Kapitel und auf Vor schlag des durchlauchtigsten Herrenmeistcrs, Prinzen Albrecht von Preußen, königl. Hoheit, hat Se. Maj. der König wiederum 58 Ehrenritter des Johanniterordens ernannt; hiervon aus dem Königreich Sachsen zwei, und zwar den Major a. D. Rudolf Erdmann von Kottwitz zu Dresden und den Rittergutsbesitzer Donald von Schönberg auf Herzogswalde bei Wilsdruff. Berlin ist voran im Sammeln für die Ueberschwemmten. Die Sammel liste des Oberbürgermeisters verzeichnet mehr als 190 000 Mk., wozu die Börse 60 000 Mk. beitrug; einzelne Banken und Bankiers haben je 5000 - ' Mk. gezeichnet, in der Stadt sind zahlreiche Sammelstellen errichtet.