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WM MÄff WuM, ULc«, Mcilchii M die UWezeMii. » AmLsbtcrLL die Kgl. KmtshaupLmannschaft zu Meißen, das Kgl. Amtsgericht und den Aadkath z» Milsdrust. ^Icheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonncmentpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Psg.— Inserate werden MontagS und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. ^—73. Dienstag, den 13. September 1887. Da^esgeschichte. Zwei Fliegen mit einem Schlage treffen, ist eine Kunst, die in der Politik hoch geschätzt wird. Die „Nordd. Allg. Ztg." übt diese Kunst in Hrem letzten den bulgarischen Angelegenheiten gewidmeten Artikel. Daß Berliner Regierungsblatt auf die Bulgaren schlecht zu sprechen ist, Are nichts Neues mehr. Die Gründe, welche die Politik der deutschen Gierung in der bulgarischen Frage bestimmen, sind bekannt. Man ist 'N Berlin anscheinend so böse auf die Bulgaren, weil man der panslawi- iüschen Partei in Rußland jeden Vorwand zu Klagen über die Haltung des Deutschen Reiches benehmen will. Deshalb unterstützt das Berliner Bobinet die Aktion Rußlands im Orient, natürlich blos diplomatisch, und ^her hält die „Nordd. Allg. Ztg." den Bulgaren eine Vorlesung über Hre Vertragspflichten, die sie so schnöde hintangesetzt hätten. Das ist für Zaren berechnet. In dem nämlichen Artikel holt aber das Berliner «latt auch zu einem Schlage gegen die Orleans aus. Prinz Ferdinand An Koburg, der^mütterlicherseits ein Enkel Louis Philippe's ist, sei zu M Zwecke nach Sofia von seiner Familie geschickt worden, weil die Orleans fff diese Weise einen Weltkrieg entfachen zu können glauben, durch den ff die Krone Frankreichs wieder zu gewinnen hoffen. Es ist schweres Ge- ZÜh, welches da gegen den Koburger aufgefahren wird. Wenn man be- Ut, wie sehr Fürst Bismarck seit dem Jahre 1871 bemüht war, die Wiederherstellung der Monarchie in Frankreich zu verhindern, in der rich ten Voraussicht, daß Frankreich als Republik keinen Verbündeten finden !»ird, und wie in den letzten Jahren die Organe des deutschen Kanzlers ^besondere das Prätendententhum der Orleans als eine Gefahr für den 'Nieden ausgaben, so wird man ermessen, was es bedeutet, wenn nunmehr Berliner öffizikse Blatt die bulgarische Fürstenwürde des Koburgers ^>l der französischen Revanchefrage in Verbindung bringt. Jetzt sollte es Ahl keinem Zweifel mehr unterliegen, daß Deutschland das „bulgarische Zenteuer" des Prinzen Ferdinand bekämpfen muß, weil es dadurch auch Men eigenen Interessen dient. Doch in Petersburg bleibt man ungerührt hinüber allen diesen Beweisen von Freundschaft und Wohlwollen des Pstliner Kabinets. Was nützt eS dem Zaren, daß die „Nordd. Allg. Ztg." M Bulgaren eine Strafpredigt hält über ihr schändliches Beginnen, ohne flücksicht auf den Berliner Vertrag ihr Land und ihre Regierung einzu- ^Hten? Dadurch dürfte man in Sofia doch nicht so zerknirscht werden, .Aman reuig an die Brust schlägt und den General Ernrot in die Arme fließt. Die sogenannten diplomatischen Erfolge Rußlands schrumpfen, Ann man sie auf ihren thatsächlichen Inhalt Prüft, gar sehr zusammen, ^chdcm es Tage lang hieß, die Pforte habe sich mit der Sendung des ^Merals Ernrot einverstanden erklärt und die Verpflichtung übernommen, A Mächte für diesen Plan zu gewinnen, wird jetzt aus Konstantinopel sichert, die Türkei wünsche gar nicht die Annahme der russischen Vor- Aläge. Des Weiteren wird aus Konstantinopel der Nachricht widersprochen, A die Pforte im Prinzip einer russischen Intervention in Bulgarien ihre Mimmung ertheilt oder sich anheischig gemacht hätte, den Prinzen Fer nand nöthigenfalls mit Waffengewalt aus dem Lande zu vertreiben. Dcm- Ach sind die Dinge wieder auf den Punkt zurückgekehrt, wo sie sich vor fZzehn Tagen befanden, bevor es der russischen Diplomatie am Goldenen Am gelungen war, ihre angeblich großen Erfolge davonzutragen. Frei- A soll die Stellung des Prinzen Ferdinand eine sehr schwankende sein, M es fehlt nicht an Stimmen, welche prophezeien, daß die Episode Ko- Akg in wenigen Wochen abgethan sein wird. Die Prophezeiung kann Atrefsen, sie kann aber auch nicht in Erfüllung gehen, trotz der Fehler Ah Mißgriffe, die sich der jugendliche Prinz zu Schulden kommen ließ. M nützt dann dem Petersburger Kabinet die Entrüstung aller Mächte M den seitens der Bulgaren begangenen Bruch des Berliner Vertrages, Adn sich keine Hand rührt, um den „Usurpator" Ferdinand aus Sofia vertreiben. Denn mit diplomatischen Noten allein lassen sich die Bul len, das haben sie durch zwei Jahre bewiesen, nicht ins Bockshorn jagen. oN Petersburg scheint man also den Fall ernstlich ins Auge zu fassen, daß nicht gelingt, den Fürsten Ferdinand von „innen heraus" zu stürzen »h daß eine Einigung der Mächte für ein bewaffnetes Einschreiten in Mgarien nicht zu erzielen sein wird. Für diesen Fall hat die russische Moinatie bereits die Waffe zur Hand. Wenn Europa ruhig zusieht, i der Berliner Vertrag beharrlich in Bulgarien mißachtet und mit Füßen ^ten^wird, so sagt sich auch Rußland von den Bestimmungen desselben lautet das Rezept, welches in der Petersburger diplomatischen ^.svidcr das bulgarische Uebel gebraut wird. Dasselbe soll allerdings d niustg nur gegen die Türkei zur Anwendung kommen, welcher von Peters- Aufgebot. , Auf Antrag des Vertreters im Nachlasse der in Röhrsdorf bei Wilsdruff geborenen, am 25. Juli d. Js. daselbst verstorbenen Johanne Christiane verw. Gottschalk geb. Schumann ist behufs Ermittlung der unbekannten Erben von dem unterzeichneten Amtsgerichte der 15. November 1887 Vormittags II Uhr Mm Aufgebotstermin bestimmt worden. Es werden daher die etwaigen Erben der pp. Gottschalk hiermit aufgefordert, spätestens im Aufgebotstermin zu erscheinen, über ihre Prr- Men sich auszuweisen bez. ihre Rechte und Ansprüche anzumelden, widrigenfalls der betreffende Nachlaß für erblos angesehen und den Gesetzen ge- "ffß über denselben verfügt werden wird. König!. Amtsgericht Wilsdruff, dm 7. September 1887. I. V. vr. Manche, Res. bürg aus in Erinnerung gebracht wird, daß sie die Grundlage ihrer eigenen Existenz untergräbt, wenn sie die Auflehnung der Bulgaren wider den Berliner Vertrag duldet. Doch liegt es auf der Hand, daß nicht blos die Türkei berührt wird, wenn der Berliner Vertrag hinfällig werden sollte. So hält beispielsweise Oesterreich auf Grund jenes Vertrages Bosnien und die Herzegowina besetzt und übt daselbst die Regierungsgewalt aus. Daraus erhellt die Tragweite, die in der Drohung Rußlands liegt, daß es sich vom Berliner Vertrage lossagen werde. Diese Drohung ist vorläufig nur leerer Schall, allein sie zeigt die Bahnen, welche Rußlands Politik in Zukunft wandeln wird, um die Verluste wett zu machen, die es jetzt im Orient er leidet, und um Vergeltung an seinen Widersachern zu üben. Der „Köln. Ztg." wird berichtet: „Fast alle französischen Blätter schwelgen heute in Begeisterung über den glänzenden Erfolg des Mobil machungsversuches. Er habe bewiesen, daß Frankreich heute vollständig schlagfertig sei, in zwölf Tagen 1,200,000 Mann an die bedrohte Grmze werfen und acht Tage später eine weitere Million Streiter hinter dieser Mauer aus Menschen aufstellen könnte. Die „Ropublique Fran^aise" meint, der Versuch habe gezeigt, daß, Falls im letzten Frühjahr bei dem Schnäbele- Fall die Mobilmachung nothwendig geworden, diese Niemanden überrascht haben würde, weder die Reservisten, noch die Dispositionsurlauber, noch das allgemeine Heer. Die Erregung, die patriotische Leidenschaft, den hei ligen Zorn ausgenommen, welche die französische Jugend entzünden würden, wenn sie zu den Waffen greifen müßte, um das Vaterland auf den Vo gesen nnd am Rhein zu vertheidigen und zu rächen, würden die Dinge gerade so verlaufen, wie in der 17. Region. Das sei in Zukunft sicher. „Paris" schließt seine Kundgebung mit den Worten: „Wenn man das Alles sieht, so kann man sich freuen und laut rufen: Rovivs la kranos!" Von der allgemeinen Begeisterung machen nur die Boulangistischen Blätter eine Ausnahme, die übrigen Berichterstatter machen wohl Ausstellungen im Einzelnen, stimmen aber alle darin überein, daß Frankreich vollständig kriegsbereit sei. So schreibt der Berichterstatter des „Gaulois", Kommandant Blanc, der sich anfangs sehr mißtrauisch zeigte, wie folgt: „Bezeichnend für die Gesammtheit der bis jetzt ausgeführten Bewegung ist die Ordnung, die Berechnung und die Mannszucht, auf die Niemand gerechnet hatte. Man sieht keine Spur von jener Erregung, jener fieberhaften Eile, deren traurige Zeugen wir bei ähnlichen Gelegenheiten waren. Der Generalstab ertheilte seine Befehle niit vollständiger Methode und als ob er sein tag tägliches Geschäft verrichte. Man sieht, daß die französischen Generale in der Schule des Unglücks viel gelernt haben. Da hört man keine Prahlerei keine Geschrei, und dieses würdige Auftreten erwirbt ihnen auch in den kleinsten Dingen großes Vertrauen. Der Soldat sieht sich wirklichen Führern gegenüber und gehorcht ohne Zaudern. Das ist ein treffliches Zeichen für die Zukunft und beweist, daß der Franzose das ist, was man aus ihm macht." Bei dem Theaterbrande in Exeter sind neuen Mittheilungen zu Folge nicht 119, wie der Minister des Innern im Unterhause erklärte, sondern mindestens 170 Personen, wahrscheinlich aber noch mehr umgekommen. Auf der Galerie befanden sich 191 Personen, und man vermuthet, daß kaum 20 dem Tode entronnen sind; 60—70 Theaterbesucher erlitten Glieder brüche und Brandwunden, wovon 6 gestorben sind. Das Parket und Parterre hatten 650 Plätze, der erste Rang 170, vier Privatlogen 24 und der obere Rang, sowie die Galerie 500. Am Unglücksabend waren unge fähr 800 Personen im Theater. Dasselbe war aus Ziegelsteinen gebaut und hat nur 8500 Lstrl. (170,000 Mk.) gekostet. Das Theater wurde am 13. Oktober vorigen Jahres eröffnet und der Major von Exeter, Mr. R. Dau, erklärte damals, daß er die Pläne geprüft und Alles vorzüglich gefunden habe; für bequeme Ausgänge nach allen Richtungen sei gesorgt. Das war nun allerdings in Betreff der Galerie eine kühne Behauptung, denn für diese gab es nur eine einzige Thür, welche auf eine Treppe mit 45 Stufen führte, in 4 Absätze mit scharfen Wendungen getheilt. Dieser Ausgang war sofort verstopft durch eine Menge erstickter oder erdrückter Menschen, und so ist der große Menschenverlust nur der Nachlässigkeit der Erbauer des Theaters zuzuschreiben. Vaterländisches. Wilsdruff. Ein schwerer, das Leben vieler Menschen auf's Höchste gefährdender Bahn frevel ist am Donnerstag Abend auf der Bahnlinie Wilsdruff - Potschappel verübt worden. Als der 7 Uhr 55 Min. von hier abgehende Zug hinter Kesselsdorf die über das Wiesenthal führende Brücke passirte, wurden die Passagiere durch einen furchtbaren Anprall erschreckt.