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dWLMckff WM, Wn, Liebkülkh» M die WWMu. AmLsbLcltL lür die «Kgl. Kmtshauptmannschaft zu Weißen, das Kgl. Amtsgericht und deu Stadtrath zv Wilsdruff. , Erschein! wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonncmcntprcis vi eiteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Psg.— Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. H7. Dienstag, den 23. Anguss 1887. Bekanntmachung. Der Rittergutspachter Herr Carl Richard Zumpe zu Munzig ist als stellvertretender Gutsvorsteher für den Bezirk des Rittergutes Munzig heute in Pflicht genommen worden. Meißen, am 18. August 1887. Königliche Amtshauptmannschaft. J^V. Gilbert, Reg.-Ass. Bekanntmachung. Die für den Monat Juni d. I. festgestellten Durchschnittspreise für Marschfourage im Hauptmarktorte Meißen sind folgende: 5 Mark 76 Pfg. für 50 Kilo Hafer, 3 - 58 - - 50 Kilo Heu, 2 - 13 - - 50 Kilo Stroh. Meißen, den 19. August 1887. Königliche Kreishauptmannschaft. I. V. Gilbert, Reg.-Ass. — Bekanntmachung. Nächsten Sonnabend, den 27. dieses Monats, Nachmittags 5 Uhr, sollen auf hiesigem Ratbhause im SesfionSzimmer 1 ., der zweite Grasschnitt auf den Parzellen am Schießhause u. s. w., 2 ., die diesjährige städtische MslaumennnHnng in den Staotgräben und an der Hofemühle, und 3 ., die sogenannten Stadtschreiber- und BiehwegSslecke sowie die Parzellen am GickelSberge unter den im Termine bekannt gemacht werdenden Bedingungen öffentlich verpachtet werden, wozu Pachtlustige hiermit eingeladen werden. Wilsdruff, am 22. August 1887. Der Stadtgemeinderath. Ficker, Brgmstr. TageSgeschichte. Wie aus Berlin verlautet, gehen im Allgemeinen auch dort die An sichten dahin, daß Rußland trotz der schweren Herausforderung durch den Fürsten von Bulgarien auch jetzt nicht aus seiner Zurückhaltung heraustreten werde, zumal der Zar inzwischen in der Ueberzeugung bestärkt Korden sein muß, daß namentlich Deutschland in dieser ganzen Angelegen heit durchaus auf dem russischen Standpunkt steht. Trotzdem wird es bei den akademischen Protesten gegen den Koburger vielleicht nicht bleiben. Dian hält in Berlin an ernsthaften Stellen die Möglichkeit für nicht aus geschlossen, daß Rußland, nachdem es den gordischen Knoten nicht durch- hanen konnte, jetzt den noch nie betretenen umgekehrten Weg einschlägt und den Knoten behutsam zu lösen versucht. Mit anderen Worten: es kann geschehen, daß das Petersburger Kabinet die Signatarmächte des Berliner Antrags zu gemeinsamen Schritten aufruft, um den verletzten Ber liner Vertrag wieder in seine Rechte einzusetzen. Ein Vorgehen dieser Art kürde bei Deutschland vielleicht nicht auf einen unbesieglichen Widerstand siohen. Die neue Wendung der bulgarischen Frage scheint überhaupt ihren hervorstechenden Charakter von dem Bestreben der deutschen Politik zu em- dfangen, sich mit Rußland in thunlichstcr Uebereinstimmung zu halten. Me wenig ähnliche Bemühungen im vorigen Jahre die zunehmende Span nung zwischen beiden Kabineten zu hindern vermochten, ist bekannt genug, ; und der hervorragendste Beschwerdepunkt Rußlands, daß nämlich Fürst Bismarck die gleichzeitige Berücksichtigung der Interessen und Wünsche der ' Donaumonarchien nicht außer Acht läßt, wird wohl auch jetzt durch die ^rutsche Taktik nicht gegenstandslos gemacht werden können. Aus diesem! fortdauernden Verhältnis; der Vermittelung zwischen entgegengesetzten möch ten Strömungen mag der Koburger ein gut Theil seiner Hoffnungen Kopsen. In der That ist mit einiger Sicherheit anzunehmen, daß Ruß- > fand sich nicht zu Schritten Hinreißen lassen wird, welche die Staatsmänner ! >uWien und Pest, so sehr sie auch in die Verurtheilung der rechtswidrigen Eigenmächtigkeit des Koburgers cinstimmen mögen, doch als eine Verletzung > fer Lebensinteressen Oesterreich-Ungarns bezeichnen müßten. Von Gewalt- ! famkeiten also scheint Bulgarien nichts zu fürchten zu haben; die Zustände j'nd und bleiben aber trotzdem unhaltbar. Daß der neue Fürst sich ein- ! fallen lassen wird, die in der Proklamation verheißene Unabhängigkeit des Andes nun wirklich zur That zu machen, befürchtet man im Uebrigen nicht, i Ein solches Wagniß wäre der Anfang vom Ende, und der Sympathien Vulgaren ist der Fürst schon durch das bloße AuSmalen jener glän zenden Zukunft gewiß geworden; die für ihn nächstliegenden Zwecke hat also erreicht. Der Begriff „Reptilienblatt" unterlag in Berlin der Erläuterung durch den Berufungsrichter. Der Redakteur der „Freisinnigen Ztg.", Herr Emil Barth, war in erster Instanz wegen Beleidigung des Verlegers und Redakteurs der „Tilsiter Zeitung" vom Schöffengericht zu 150 Mk. Geld- ! duße event. 10 Tagen Gefängnis verurtheilt worden. Die „Tilsiter Htg." ! HEe s. Z. unter der Ucberschrift: „Dem Vaterlande droht Gefahr" ein »Eingesandt" zum Abdruck gebracht, welches der freisinnigen Partei wegen Mr Haltung in der Septenatsfrage scharf zu Leibe ging. Darauf hin Mchte die „Freisinnige Zeitung" in der Nr. 26 vom 1. Februar eine Meskastennotiz, in welcher es hieß, daß die „Tilsiter Zeitung" sich immer mehr zu einem echten und richtigen Reptilienblatt entwickele. Das Schöffen gericht erblickte darin eine schwere Beleidigung der Leiter der Tilsiter Ztg." indem es annahm, daß die Bezeichnung als Reptilienblatt den Vorwurf der Charakterlosigkeit, Gesinnungslosigkeit und Käuflichkeit der betr. Preß organe in ihrer politischen Haltung gegenüber den Plänen der Regierung enthalte. Diese Definition griff R.-A. Wreschner in der Berufungsinstanz als unzutreffend an, behauptete, daß man als Reptilien solche Blätter zu bezeichnen pflege, welche Artikel des offiziösen Preßbureaus in einer Form abdruckm, die den Glauben erweckt, daß es sich um den eigenen Meinungs ausdruck der betr. Zeitungen handelt. Die VI. Ferienstrafkammer schloß sich jedoch der Ansicht des Schöffengerichts an und erkannte auf Verwer fung der Berufung, d. h. auf Bestrafung dieser Beleidigung. Der deutsche Konsul soll den Auftrag erhalten haben, den diploma tischen Verkehr mit der bulgarischen Regierung wegen des Regierungsan trittes des Prinzen von Koburg abzubrechen. Als die russische Regierung den diplomatischen Verkehr mit der bulgarischen Regierung abbrach, rief sie ihre Agenten und Konsuln aus Bulgarien ab. Zu diesem Schritt hat sich die deutsche Regierung noch nicht entschlossen, doch bereitet sich das vor. Man meldet nämlich aus Sofia: „An dem Geburtstage des öster reichischen Kaisers flaggten alle Konsulate in Sofia, nur das deutsche nicht; der deutsche Generalkonsul entschuldigte sich bei dem österreichischen mit der Angabe, daß er als Generalkonsul aufgehört habe, offiziell in Sofia zu existircn. Vor der Hand wird also der deutsche Generalkonsul, da er Bul garien nicht verlassen hat, inoffiziell existiren. Petersburg, 19. August. Die gestrige „MoskauerZeitung" bringt einen längeren Artikel, in welchem ausgeführt wird, daß die Behauptung gewisser Zeitungen, Katkoff habe Deutschland fanatisch gehaßt, dagegen Frankreich geliebt, durchaus auf Jrrthum beruhe. Weiter heißt es: „Kat koff liebte eigentlich nur Rußland fanatisch, und ließ sich in der interna tionalen Politik von der Ueberzeugung leiten, daß das Wohl des eigenen Landes über das von allen anderen stehen müsse, daß man dessen Interessen nicht fremden Interessen opfern dürfe und daß man in der Politik, da die politischen Verhältnisse stetig wechselten und unser heutiger Feind morgen unser Freund sein könne, sich auch aller blinden fanatischen Feindseligkeit enthalten müsse. Katkoff sei diesen Grundsätzen niemals untreu geworden, schon damit werde das alberne Märchen hinfällig, daß Katkoff die Deutschen gehaßt und die Franzosen geliebt habe. Katkoff habe bis an sein Lebens ende die deutsche Wissenschaft und Kunst hoch verehrt und als Vorbilder für Rußland hingestellt. Er habe weder Deutschland, noch die Deutschen gehaßt, letztere im Gegentheil wegen ihres Fleißes, ihrer Ausdauer und ihrer Herzensgüte hochgeschätzt. Seit den Ereignissen, die Preußen an die Spitze Deutschlands gestellt hatten, habe indeß nur Deutschland Nutzen aus der russisch-deutschen Freundschaft gezogen, Rußland habe sich in der Fähigkeit seiner Diplomatie, ohne Nachtheil für die Würde und die Interessen Ruß lands Freundschaft mit Deutschland unterhalten, bitter getäuscht. Unter diesen Umständen sei es nothwendig geworden, daß Rußland die Freiheit der Aktion sich wiedergenommen habe. Katkoff habe immer nur das Eine gefordert: Rußland müsse in allen internationalen Fragen volle Selbstän digkeit und unbedingte Freiheit haben. Ein Bündniß mit Frankreich sei vorerst unmöglich, weil man dasselbe unter den gegenwärtigen Verhält-