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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Sievenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Madtrath daselbst. 1V3 Freitag, dm 31. Aecemöer 18«S Die Ntlychrsmcht. Horch! da tönt des Jahres letzte Stunde, Dumpf verhallt der Ton ins neue Jahr, Und mit dieses letzten Schlag's Sekunde, Flieht das alte fort auf immerdar. Ach! mit ihm auch manche meiner Freuden, Manch' geträumtes Glück und manche Leiden. Ernst und hehr stimmt dieses Wechsels Feier Jedes edlen Menschen Geist und Herz. Immer bleibet ihm die Stunde Lheuer, Im Gefühl von Schauer, Lust und Schmerz. Denn die Flüchtigkeit der Erdenjahre Mahnen nur zu sehr an Grab und Bahre. Ach! wo sind sie hin des Lebens Blüthen? Fragt sich mancher tief gebeugte Greis. Wo die Zeit, da ich für alles glühte, Was ich jetzt noch kaum zu nennen weiß. Alles fiel mit meinen Jahren nieder, Land der Heimath nimm auch du mich wieder! Tag esgeschichte. Wilsdruff, am 30. December 1869. In Meran ist der Prinz Heinrich XV. Reuß j. Linie am 23. d. M. nach längeren Leiden gestorben. Der Verewigte, welcher am 5. Juli 1834 geboren war und welcher feinen Wohnsitz auf Klipp hausen hatte, ist in weiteren Kreisen durch feine Thätigkeit als Com- wendator des Johanniter-Ordens im Königreich Sachsen, besonders im Jahre 1866, bekannt geworden. Eine wahre Landescalamität für das kaffeetrinkende Sachsen steht bevor. Im Zusammenhänge mit der durchgreifenden Reform, welche für die nächste Session des Zollparlaments in Aussicht gestellt wird, soll auch eine Erhöhung des Kaffeezvlls in Vorschlag gebracht werden. Aus einer Mittheilung der Regierung an den Landtag ergiebt sich, daß der Landtag Anfang Februar geschlossen werden soll. Nach einer bei ^der Berathung des Justizetats an die zweite Kammer gelangten Mittheilung beträgt gegenwärtig die Summe der bei sämmtlichen Gerichtsbehörden des Landes hinterlegten Depositen 53,163,526 Thlr. In erster Reihe steht Leipzig mit 16,664,018 Thlr., dann folgen Dresden mit 13,692,590 Thlr., Zwickau mit 2,299,913 Thlr., Chemnitz mit 1,920,751 Thlr. u. s. w. Die von dem Dircctor Lansky in Dresden mit angeregte und bereits geschlossene Pfennigsammlung für den Wiederaufbau der ab gebrannten Schule in Johanngeorgenstadt erfreut sich noch immer vereinzelter Liebesgaben und hat bis jetzt als Gesammtsumme erge ben 5417 Thlr. 6 Ngr. 5 Pf. In gleicher Weise ist gegenwärtig eine Pfennigsammlung für den Wiederaufbau der abgebrannten Schu len in Frauenstein ins Leben gerufen worden, die bereits eine j Summe von ziemlich 800 Thalern ergeben hat. In Dresden ist man bei den Ausgrabungsarbeiten der am Mi- litärfouragehof verschütteten Brunnenarbeiter auf die beiden Leichen der Brunnengräber gestoßen. Nach der Situation, in der man sie gefunden, läßt sich annchmen, daß die beiden Unglücklichen ihren Lod sofort beim Einsturz des Brunnens gefunden haben. Freiberg. Die Aussicht auf das baldige Zustandekommen der o dringend gewünschten Eisenbahnverbindung von hier nach Nossen sat sich leider in der allerneuestcn Zeit wieder etwas getrübt. Das Finanzministerium ist nämlich dem Vernehmen nach nicht geneigt, der Leipzig-Dresdner Eisenbahncompagnie Concession zum Bau der ge machten Bahn zu ertheilen, wenigstens nicht auf der von jener ins kluge gefaßten Linie durch den Zellacr Wald und über Großvoigts- bcrg, indem von Seiten des Ministeriums die Führung der Bahn über Halsbrücke und durch das Muldenthal gewünscht wird. Auf stcse Bedingung, falls das Ministerium diese bestimmt stellen und da rauf bestehen sollte, dürfte aber die gedachte Gesellschaft wegen der keit größeren Terrainsschwierigkeiten und des dann erforderlichen Ungleich größeren Kostenaufwandes schwerlich einzugehen geneigt sein, höchstens würde sie sich zum Bau einer Zweigbahn nach den Hals- stückener Hüttenwerken verstehen, wiewohl diese sicher nicht eben, ren tabel sein würde. Man kann sich denken, daß man sich hier dieser Lage der Sache nicht eben freut, und der Enscheidung (auf welche vielleicht die Ansicht der Stände einigen Einfluß übt) mit Spanung entgeqensieht. In beiden Kammern ist man, und Wohl mit Recht, der Ansicht, daß man einer Bahn, zu welcher sich geeignete.Privatun- ternehmer finden, die staatliche Concession nicht zu verweigern ist. DaS „Meißner Tageblatt" meldet: In Anerkennung der außer ordentlichen Leistungen und besonders rücksichtlich des, das angenom mene Maß in diesem Jahre um das Vierfache übersteigenden Rein ertrags der kgl. Porzellan-Manufactur in Meißen, ist dem Verneh men nach hohen Orts eine namhafte Summe zur Vertheilung als Gratificationen an die unteren Beamten, in festem Lohn stehender Arbeiter und einen Theil der Stückarbeiter bewilligt und gewährt worden. Am zweiten Weihnachtsfeiertage Abends brach in Thum Feuer aus, welches in kurzer Zeit drei Wohnhäuser in Asche legte. Der dortigen Feuerwehr ist es hauptsächlich zu danken, daß der Feuer- heerd auf diesen Raum beschränkt blieb. Das Scharlachfieber tritt in der Gegend von Löbau mit bedeu tender Heftigkeit auf. So sind seit Kurzem in Neundorf wenigstens der dritte Theil der Kinder daran erkrankt und sind daselbst leider auch schon 7 Todesfälle zu beklagen. Auch in Kiesdorf ist diese Krankheit unter den Schulkindern aufgetreten, daß die Schule hat geschlossen werden müssen. Berlin. Am Sonntag Mittag gegen 2 Uhr erschienen im Krollschen Etablissement Polizeibeamte und entfernten ans dem ersten Saale die vier Bilder, welche Louis Napoleon, seine Gatlin Eugenie, Isabella, die verflossene spanische Königin, m.d den Khedive dar stellen. Die französische Gesandtschaft hat sich über diese Bilder so geärgert, das sie die Entfernung verlangt und durchgefetzt Hat. (Wa ren wir im Weigerungsfälle vielleicht mit einer Kriegserklärung be droht?) Director Engel hat übrigens bereits neue Bilder bestellt; vorläufig aber wundert sich und lacht das massenhaft im Kroll'schcn Local verkehrende Publikum über die Lücken, welche Frankreich ver anlaßt hat. Die Schweizer in ihren Bergen lachen übör die Wetterpropheten In diesem Jahre, sagen sie, haben wir am längsten Tage des Jah res Schnee gehabt und am kürzesten das schönste Sommerwetter, und das hat uns Niemand prophezeit. Frau Times in London, die Wcltzeitung, brachte neulich die Nachricht, Napoleon habe Entwaffnung bei den Großmächten ange regt und sei damit abgefahren. Frau Times ist mit der Nachricht angeführt worden und darob große Schadenfreude bei allen Zeitun gen und Menschen, die so klug sind, niemals angeführt zu werden; denn wir Alle auf dem Continent sind vielmehr angeführt, als Frau Times auf ihrer Insel, wenn nicht entwaffnet wird. Man sagt zwar, die Anregung zur Entwaffnung führe viel sichrer zum Krieg als zum Frieden; etwas Wahres mag daran sein, aber ohne Anreg ung wird sicher keine Großmacht entwaffnen, eine stille Verschwörung