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Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. vierteljährlicher Pränumcratwnspreis 10 Ngr. — Jnsertionsgebühren für den Naum einer gespaltenen Corpuszeile 8 Pf. — Annahme von Inseraten bis Montag resp. Donnerstag Mittag. — Etwaig« Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, werden mit großem Danke angenommen, nach Befinden honorirt. W. Dienstag, den 20. Hctoöer WW. T a q e s g c s ch i ch t e. Wilsdruff, den 20. Octobcr 1868. Wenn ein Mann in öffentlicher Stellung auf ein Vierteljahr- Hundert angestrengter Thätigkeit und segensreichsten Wirkenszurück- vlicken kann, so gestaltet sich ein solcher Tag zu einem Feste nicht blos für ihn, sondern auch für Alle, die ihm nahe stehen. ES war daher natürlich, daß der 16. Oclober, an welchem vor 25 Jahren unser Cantor Zedtler in sein Amt eingewiescn wurde, die ganze Stadt in freudige Stimmung versetzte. Mit anbrechendem Tage be grüßte den Jubilar ein Ständchen; im Laufe des Vormittags erschien eine Deputation der städtischen Collegien und überreichte eine Grati fikation von 50 Thlrn., die College» überraschten ihn mit einem Tact- mcsscr, seine zahlreichen Freunde sandten Glückwünsche, vielfach von mnügcn und werthvvllcn Geschenken begleitet. Ein Schreiben der kvnigl. Kircheninspcction wünschte dem Jubilar unter Anerkennung seiner Leistungen Glück zu seinem Ehrentage. Die Feier des Abends halte die Liedertafel, deren langjähriger verdienter Dirigent Herr Cantor Zedtler ist, in die Hand genommen und ein Souper im fest lich geschmückten Saale des gvldnen Löwen veranstaltet, an welchem auch Nichtmitgliedcr Theil nehmen konnten. Die Reihe der Toaste eröffnete Herr Baumeister Aurich, der zugleich eine kurze Biographie des Jubilars gab. Nach derselben ist Herr Cantor Zedler im Jahre 1819 im Dorfe Stauchitz geboren, besuchte die Schule daselbst und wurde, da man an ihm außergewöhnliche Anlagen bemerkte, zum Lchrcrberufe bestimmt. Nach damaliger Sitte kam er als sogen. Cchulbursche zu einem im Rufe eines tüchtigen Schulmannes stehen den Lehrer in Brausitz, wo er aber »ach stimm eigenen Geständnis; Zwar viel Prügel, aber wenig Anleitung zum Lernen erhielt; seine Hauptbeschäftigung bestand im Einpauken des ABC, sowie im Stiefelputzen und Pfeifenrärmcn. Von da wurde er Hilfslehrer in Zehren mit 40 Thlr. Gehalt; da er in dieser Stellung aber das Un zulängliche seiner Kenntnisse bald einsah, trat er in das Seminar zu Friedrichstadt-Dresden ein; das er »ach 4 Jahren mit Auszeichnung verließ. Nach kurzer Lehrerthätigkcit in Dresden wurde ihm im Alter von 24 Jahren das hiesige Canlorat übertragen. Herr U. Schmidt sprach dem Jubilar seine Anerkennung für seine Leistungen als Lehrer und Organist, Herr Referendar Börner im Namen der ehemaligen Schüler den herzlichste» Dank aus. Ein Abgesandter der Liedertafel Zu Oschatz überreichte das Diplom als Ehrenmitglied. Herr Cantor Zedtler dankte tiefgerührt für alle Beweise der Liebe. Zahlreiche Toaste ernsten und launigen Inhalts folgten noch und die Festge- uossen blieben noch in ungetrübter, durch keinen Mißlon gestörter Heiterkeit so manche Stunde um den Jubilar rind dessen Familie. Möge Herr Cantor Zedtler noch lange mit derselben Geistes- »ische in Kirche und Schule walten, möge es ihm beschieden sein, vaß seine Freunde und Schüler sich nach abermals 25 Jahren wic- ver um ihn versammeln, um sein goldncs Jubiläum zu feiern. — Bei dem Herrn Instrumentenbauer C. A. Jähnichen hier und wieder einige prachtvolle Instrumente aus der renommirtcn Fab rik von Holling L Zxangenbsrg in Zeitz angekommcn, ein tafel- wrniigcs englischer Construction und ein Pianino, worauf wirKunst- vnd Musikfreunde wiederholt aufmerksam zu machen nicht unterlassen wollen. — Ueber den vorige Woche mehrere Abende hintereinander sich wiederholten Dienstmännerkrawall inDresden haben die meisten wffercr geehrten Leser durch die Dresdner Tagesblätter jedenfalls so viel gelesen, daß ein ausführlicher Bericht darüber unsererseits Unnöthig scheint. Den Anlaß dazu hat eine polizeiliche Verordnung Weben, nach welcher nur Dienstmänner, welche einem autorisirten -Institute angehören, Abzeichen tragen dürfen. Jrrthümlich glaubten nun die Dienstmänner (viele andere müssige Bummler eingerechnet), daß Herr Director Geucke die Veranlassung zu dieser Verordnung sei, schlugen deshalb demselben in seiner Wohnung und Expedition die Fenster ein und zogen so tumultirend, Exccsse verübend, durch die Straßen, so daß Militär requirirt werden mußte, um die Plätze ohne Waffengewalt zu räumen. Ueber das ungerechtfertigte Jnsultircn des Herrn Dir. Geucke sagt das „Dr. I." sehr richtig: Ganz mit Unrecht hält man den Director des rothen Dienstmanninstitutes Ex preß für den Urheber der polizeilichen Aiiordnungcn über dasDicnst- mannwesen. Die Polizeidirection hat ihrerseits nichts gethan, als pflichtgemäß die Vorschriften des neuen Gesetzes vom 23. Juni d. I. über das Dienstmannwesen zur Ausführung gebracht und die Veran lassung zur Vorlegung dieses Gesetzes war weder von der Polizeidi- rectio» noch vom Dir. Geucke ausgegangen: dieselbe ist vielmehr theils in dem auS der Gestaltung und man darf wohl sagen Ausar tung des DienstmannwesenS entsprungenen und vielseitig anerkannten Bedürfnisse einer Regulirung, ferner in den deshalb von Seilender Kammern an die Regierung ergangenen Anregung und in den Gut achten mehrerer Handelskammern des Landes über die einschlagende Frage zu suchen. Wie verlautet, soll das sächsische Armeccorps vom 1. Jan. künf tigen Jahres an hinsichtlich der Bckleidnngswirthschaft der preußi schen Armee gleichgestellt und auch in Bezug der Organisation der Militärbehörden und Branchen »ach preußischem Muster umgeformt werde». Vo» den in dieser Hinsicht bevorstehenden Veränderungen haben die „Dr. N." bis jetzt folgendes in Erfahrung gebracht. Für die Funktion der bisherigen Wirlhschaftsoffiziere, denen am 1. April vorigen Jahres die früher» WirthschaftschefS weiche» mußte», werde» analog wie in Preußen Zahlmeister »»gestellt, die aus de» Subal- teriwfsiziercn ausgewählt werde» und Zulage» erhalte». Die Charge der sämmUiche» Fonriere wird cingezoge» u»d deren Dienst bei den Commandos durch Unteroffiziere, welche aus den Truppen comman- dirt werden, bei den Compagnien w. durch die Feldwebel versehen, welche eine Zulage erhalten sollen. Die Feuerwerker der Artillerie heißen künftig Sergeanten, die Oberfencrwerker sollen wie in Preu ßen über dem Feldwebel rangire» und zu einem bcsondern Corps formirt werden. Der Etat des Armeecorps wird infolge dieser Stel- lcneinziehnngm, sowie dnrch geringe Herabsetzungen in der Bataillons stärke um ca. 500 Man» vermindert, daher sovielmal 225 Thlr. er spart, die dein sächsischen Kriegsministerinm zur Verfügung bleiben. In der letzten Sitzung des Dresdner Gewerbcvereins macht ein Mitglied Mitthcilungcn über die Productionsvcrhältnissc Sachsens. Es geht daraus hervor, daß in Bezug auf Ertragsfähigkeit des Bo dens Sachsen den übrigen deutschen Staaten voransteht, welche pro Morgen höchstens 4 Ctr. Getreide erzeugen. Sachsens Production be trägt aber auf demselben Raume 5 Centncr. Annaberg, 17. Oct. In Jöhstadt sind gestern Abend 16Häu ser und einige Scheunen abgebrannt. Die Brandstätte befindet sich unterhalb der Kirche. Wegen Wassermangel waren die Löschvcrsuche sehr erschwert. In Lindenau bei Leipzig hat sich ein bcklagenswerther Unfall ereignet. Der dortige Flurschütz Buchmann, ein junger Mann von gutem Leumund, soll von dem dortigen, in dm 40er Jahren stehen den Handarbeiter Martin, als Beide mit einander in der Nähe der Gasanstalt sich befanden, jedenfalls im Scherze aufgefordert worden sein, ihn, Martin zu erschießen, und Buchmann, welcher der Meinung gewesen, daß er den einen Laus des Gewehres bereits abgcschossen, drückte unglücklicherweise den geladenen Lauf ab, worauf Martin so fort todt niederstürztc. Dies ist der Hergang, wie ihn Buchmann in einem Briefe geschildert hat; er selbst hat sich fast unmittelbar nach der That erhängt. In Döbeln sind vorige Woche fünf Scheunen, in der Niedcrstadt gelegen, abgebrannt. Es wird Brandstiftung vermuthet.