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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Ttadtrath daselbst. Mcrteljäbrlicher PränumerationspreiS 10 Ngr. — Jnsertionsgebühren für den Raum einer gespaltenen Corpus eile 8 Pf.— Zlnnahme von Inseraten bis Montag resp. Donnerstag Mittag. — Etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, werden mit großem Danke angenommen, nach Befinden honorirt. 48. Dienstag, den 1l. August Tagesgeschichte. Wilsdruff, io. August. Bei dem heute Mittag kurz nach I Uhr auch unsere Stadt leicht berührten Gewitter, hat der Blitz in dem 2 Stunden entfernten Dorfe Neukirchen im Kleber'schen Gute gezündet und dasselbe in Asche gelegt. Wie dem „Leipziger Tagcbl." neuerdings mitgetheilt wird, ist am 2. August der Postbote Mieth in Zwenkau an der Cholera vcr- storbcu. Am 27. Juli war der Hausbesitzer Fischer in Döhlen bei Zwenkau an derselben Krankheit gestorben. Leipzig, 7. August. Einem hier weit verbreiteten Gerüchte zu folge haben am vergangenen Sonntage mehrere Reiter der in Pegau liegenden Cavallerie sich" so weit vergessen, zwischen Brösen und Wisch- üaiwm einen Bauerssohn in der rücksichtslosesten Weise zu schlagen und dann dem Tode Nahen in den Schnauderfluß zu werfen, hie rauf aber den zum Schutze seines Sohnes herbeigceilten Vater des Mißhandelten ebenfalls derart zu schlagen, daß derselbe in ärztliche Behandlung genommen werden mußte. Die gerichtliche Untersuchung diefes^Borganges ist jedenfalls bereits eingeleitet. (L. T.) . Seu dem 2. August ist einer Nachricht der „Leipziger Nachrichten" zusolge der bekannte Banquier Carl Cyrill Böhme aus Zwickau, ein Mann von 68 Jahren, welcher in seinen Geschäften nach Leipzig ge- kommcn war, an jenem Tage die telegraphische Nachricht von dem m Aussicht stehenden Tode seiner Frau erhalten und darauf das von ihm bewohnte Hotel verlassen hatte, um nach Zwickau zurückzureifen, fpurlos verschwunden, da er weder in seinem Wohnorte angekommen, noch in dem Hotel in Leipzig, wo er gewohnt hat, wieder zum Vor schein gekommen ist. In Connewitz bei Leipzig ist jüngst ein 6jähriges Mädchen, die Tochter eines dortigen Bäckermeisters, an der Tollwuth gestorben. Das Kind wurde ungefähr vor 8 — l4 Tagen in einer Connewitzer Sandgrube, wo es mit anderen Kindern spielte, von einem Hund ins Zeucht gebissen. Obgleich das Kind sogleich in ärztliche Behandlung genommen worden, so ist doch vor einigen Tagen die schreckliche Krankheit ausgebrochen und der Tod nach vielen Heiden erfolgt. Plauen i. V. Hier hat ein mit dem Einfangen der Hunde beauftragter Knecht die unerhörte Frechheit begangen, einem Knaben die schlinge über den Kopf zu Wersen und denselben so lange zu Kogeln, bis eine herzugekommene Frau das arme Kind befreite und ^'m^ohsu Menschen eine Ohrfeige applicirte. Der Freche wurde von ^Polizei sofort verhaftet und sieht seiner wohlverdienten Strafe ....^"^gefährlicher Dieb, Betrüger und Mörder, der Scharfrichter- geWe Friedrich August Morgenstern aus Wermsdorf, wurde nach gepflogener Hauptverhandlung des Bezirksgerichtes Zittau am 31. oust zu 26 Jahren Zuchthaus verurtheilt. Es hatte dieser elende, m der Gerichtsverhandlung höchst frech auftretende Strolch am 13. December v. I. dem Beifrohn Große in Ostritz ein großes Fleisch- !"eger in den Unterleib gejagt in demselben Augenblicke, als dieser w Ausübung seiner Pflicht den wegen Betrügereien verfolgten Mor- genstern in dein Hause eines gewissen Rothe abfasscn wollte. Nach Tagen war infolge des gefährlichen Stiches der Beifrohn Große ^ne Leiche. Schon früher einmal hatte derselbe Morgenstern einen Dransportcur unterwegs mit einem Bleistock (Todtschläger) vor den Kopf geschlagen und war dadurch seiner Einlieferung im Gefängniß entsprungen. . Die „A. A. Z." schreibt: „Das Treiben der Orthodoxen und confcssionellen Ultras wird auch in Sachsen immer ärger. So haben sich z. B etwa 90 dergleichen Geistliche bei dem jüngsten Lcip- Misstonsfest unter einander das Wort gegeben: evangelisch-lu- ycrische Christen unirtcr Landeskirche wegen ihrer Annäherung an >e rcformirte Kirche von den evangelisch-lutherischen Altären in Sach- stn fortzuwcisen, nachdem dieselben ungestört seit länger als 50 Jah ren an diesen communicirt haben. (!) Solchem Fanatismus und sol cher mehr als dreisten Eigenmächtigkeit gegenüber ist es recht erfreu lich, daß, soviel bis jetzt von den Kirchenvorstandswahlen verlautet, dieselben meist in liberalem Sinn ausgefallen sind. Es geht bei uns wie in Oesterreich: die „Schwarzen" graben sich durch ihr blindes Wüthen selbst ihr Grab." Die Seemacht Norddeutschlands. Der norddeutsche Bund verfügt zur Zeit über 7167 Seeschiffe mit einem Gehalt von 1,336,719 Tonnen. Großbrittanien und Irland zählen 28,632 Seeschiffe mit 5,326,073 Tonnengehalt. Fast gleich ist die Stärke der Nordameri kanischen Marine. Frankreich verfügt über 15,092 Seeschiffe mit 985,235 Tonnengehalt. Italien mit Venetien zählen 2231 Seeschiffe mit 510,152 Tonnen. Oesterreich hat 8132 Seeschiffe mit einem Ge halte von 510,152 Tonnen. Hieraus erhellt, daß jetzt schon unsere lunge Marine im Tonnengehalte nur den Marinen Englands und Nordamerikas nachsteht. Der preußische Kronprinz hat sich beim Jubiläum der Uni versität Bonn den Doctorhut der Jurisprudenz geholt. Er freute sich herzlich über den Hut und versicherte, er wolle dem Rechte immer Ehre machen. Das Jubelfest war sehr gelungen, die Corps hatten sich um die brillante Feier sehr verdient gemacht. Dem Prinzen wurde beini Gartenfest ein Herr vorgestellt. Haben Sie auch hier studirt? — Ja wohl, k. Hoheit! — Zu welchem Corps haben Sie gehört? — Königl. Hoheit, ich war Kameel! — Ja sehen Sie, sagte der Prinz lächelnd, das bin ich auch gewesen, ich habe nur nicht mit der Sprache Herausrücken wollen. — Sogar der Cultusminister v. Mühler war bei dem Jubiläum sehr fidel, beim letzten Glas erin nerte er sich dunkel, daß das schöne Studentcnlied: „Grad' aus dem Wirthshaus komm' ich heraus rc. von einein Bonner Studenten ge macht worden und noch dunkler, daß dieser Student er selber, Se. Excellenz der Herr Cultusminister in 8po gewesen sei. Eine Mittheilung aus Berlin vom 3. August beginnt mit der Bemerkung: Wenn bisher auch nichts Bestimmtes über eine weitere Annäherung zwischen Oesterreich und Preußen verlautet, so steht doch fest, daß die Vorgänge und Redeübungen auf dem Wiener Schützen feste nicht im Stande sein werden, das zwischen beiden Mächten be stehende gute Einvernehmen zu trüben. Als Beweis dafür dürfte u. a. auch die Thatsache dienen, daß während des Aufenthalts des Kö nigs von Preußen in Ems sehr viele österreichische Personen von ho hem Range auf ihrer Durchreise sich dem Könige haben vorstellcn lassen und von diesem mit größter Auszeichnung ausgenommen wor den sind. Wien. Folgende Ziffern über die Consumtion in der Fest halle dürften nicht uninteressant sein. Es werden täglich verzehrt 4000 vis 5000 Pfd. Rindfleisch, 2000 Pfd. Kalbfleisch, 2000 Pfd. Schwei nefleisch, 2400 bis 3200 Paar Lchützenwürstel 4000 Stück Geflügel, 10 — 15,000 Flaschen Wein und 400 bis 600 Eimer Bier. Das sind natürlich nur jene Lebensmittel, die für die Festhalle-Restaura tion geliefert und auf dem Festplatze auch consumirt werden. In der Nähe der Festhalle in Wien fand eine Patrouille der Schützenwache einen steirischen Schützen stöhnend liegen. Was ist Ihnen zugcstoßen? fragte sie. — Ach, der Plagen thut mi gar so stark drucken! — Wovon denn? (die Patrouille fürchtete, von den vielen Reden) — Weiß ich's? es kann doch nit von den 28 Paar Schützenwürstel mit Kraut sein? In Brüssel hat ein braver und kluger Richter den Jesuiten eine erschlichene Erbschaft wieder entrissen und den rechtmäßigen Er ben, bedürftigen Leuten, zugewendet. Paris, 5. Aug. Nach Berichten aus Dünkirchen sind gestern Abend daselbst die Staatsmagazine aus dem Marine-Ouai durch eine Feuersbrunst zerstört worden. Der Schaden wird auf 1,200,000 Fres, geschätzt. Verlust von Menschenleben ist nicht zu beklagen.