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Weliblatt fi» MMM Marandt, Wassen, Sieöenteßn und die Htmgegenden. Amtsblatt für die Rgl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrat zu MilsdruA sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, « Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkmrdrswalde, Groitzsch, Grumbach, Gruns bei Mohor«, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Höhndorf, Kaufoach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, OberhermSdorf, Bohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmtedewalde, Sora, Steinbach bei KefselSdorf, Steinbach bei Mohorn Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, WeiStropp, Wtldberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1M.54 Pf., Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens mittags 12 Uhr angenommen. — JnserttonspreiS 15 Pfg. pro viergespaltene KorpuSzeUe. Dnrck und Verlag von Martin Berger 8c Friedrich in Wilsdruff. — Verantwortlich für Oertliches und den Inseratenteil: Martin Berger, für Politik und die übrigen Rubriken: Hugo Friedrich. No. rs Dienstag, den 2 t. Juni 1004. «z. Jahr-. Bom r«Wch-japai»ischen Krieg. Die Japaner haben dank ihrer weit überlegenen Ar tillerie sie hatten 200 Geschütze, während die Russen, denen der Kanonen-Transport auf der viel zu schwach gebauten sibirischen Bahn viel Beschwerden macht, kaum Über die Hälfte verfügten — den sie bei der Belagerung Von Port Arthur im Rücken bedrohenden russischen General Von Stackelberg entscheidend zurückgeworfen. Der Verlust des Letzteren ist etwa 1800 Mann, die Angaben von 10000 Mann sind weit übertrieben, die siegreichen Japaner hatten selbst nickt viel weniger Tote und Verwundete. Was aber die Hauptsache ist, so haben sie nunmehr in der Belagerung von Port Arthur zu Lande freie Hand bekommen, denn es ist unwahrscheinlich, daß der russische Oberbefehlshaber weitere starke Streitkräfte an General Stackelberg abschicken wird, er würde sich damit selbst zu sehr schwächen. Die zweite japanische Armee, die Port Arthur belagert, ist drei Divisionen und drei Reserve-Brigaden stark. Es ist damit zu rechnen, daß sie in naher Zeit einen Sturm auf die starke Festung wagen wird, während die japanische Flotte die russischen Forts zu beschäftigen sucht. Die japanischen Truppen, welche den russischen General Stackelberg besiegten und ihn nach Norden verfolgen, wer- den wahrscheinlich eine Verbindung mit der ersten japanischen Armee herzustellen suchen. Damit find sie reichlich stark genug, einen Vormarsch der russischen Hauptarmee, wenn der wirklich während der Regenzeit erfolgen sollte, zu hindern. Für die Generale des Mikado handelt sich jetzt alles darum, Porl Arthur zu nehmen, bevor ihr Gegner Kuropaikin völlig schlagfertig ist. Denn die mobil gemachten russischen Truppen sind tatsächlich noch lange nicht auf dem Kriegsschauplatz alle angelangt. Das blitzartig auftauchende und sich ebenso schnell jeder Verfolgung durch feindliche Uebermacht entziehende russische Wladiwostokgeschwader, welches den japanischen Transportschiffen schon häufig recht unbequem geworden ist, ist abermals mehreren großen Truppen-Eskorten auf dem Nacken gewesen; nur mit äußerster Mühe ist es letz- teren zu entkommen gelungen. Der japanische Transport. Kämpfer „Izumi Maru" ist in den Grund gebohrt. Von Port Arthur wird wieder Kanonendonner ge meldet, ein allgemeiner Angriff scheint aber noch nicht eingeleitet zu sein. Es handelt sich um einen neuen Ver such, durch vier Sperrschiffe den Hafen von Port Arthur zu schließen. Zwei wurden in den Grund gebohrt, der Versuch mißlang. Die Stimmung ist in Port Arthur so gut, daß die Militärkonzerte im Freien noch andauern. (???) Lebensmittel sind auf 6 Monate da und sind noch billig. Sogar der echte französische Champagner kostet bloß 8 Rubel. Wenn es nur nicht bald anders kommt. Zwischen der zurückgehenden russischen Kolonne Stackel berg und den ihn verfolgenden Japanern dauern die Kämpfe fort. Dit Versuche der letzteren, den am meisten erschütterten linken russischen Flügel zu umzingeln und abzuschneiden, sind von den Russen noch in allerletzter Stunde vereitelt worden. . 3um jüngsten Vorstoß des Wladiwostok-Geschwaders wird russischerseits folgendes berichtigend gemeldet: Das Wladiwostok.Geschwader, aus drei Kreuzern bestehend, ist Et unter Admiral Skrydlow, sondern unter Admiral Besobrasow ausgelaufen und beabsichtigte nur die Ver- nichtung japanischer Transportschiffe. Eine Vereinigung s Port Arthur war garnicht geplant. Der Kreuzer »Bogatyr" ist wieder flott gemacht, was als ein Verdienst ^Admirals Skrydlow betrachtet wird. Dem ^L.reau wird aus Petersburg ge- meldet, daß 1100 bei Wafangkyu verwundete Russen, j darunter 55 Offiziere, Liaujang erreichten; der Gesamt-s i Verlust der Russen beträgt etwa 2000 Mann. Die Truppen > des Generals v. Stackelberg marschieren jetzt nordwärts, da die Bahn nur wenige tausend Mann befördern könne. Im ganzen hätten bei Wafangkou 42 russische gegen 44 japanische Bataillone gestanden, hingegen seien die Japaner den Russen an Artillerie sehr überlegen gewesen, da sie über 200 Geschütze verfügten. Politische Rundschau. Wilsdruff, 20. Juni 1904. Deutsches Reich. Der Reichstag hat sich, nachdem er drei Tage hindurch das ganz unge wöhnliche, um nicht zu sagen sensationelle, Bild eines be schlußfähigen Hauses geboten hatte, bis zum 29. November vertagt. Das große sportliche Ereignis, welches am Freitag in Gestalt des von der Saalburg bei Homburg aus veranstalteten internationalen Automobil wettfahrens in Szene ging, hat sich in Gegenwart des Kaiserpaares und einer Reihe anderer Fürstlichkeiten und unter Teilnahme eines gewaltigen Publikums in ungemein interessanter Weise vollzogen. Sieger wurde wider allge- meines Vermuten nicht Jenatzky-Deutschland, der erste Preisträger in dem m Jrrland abgehaltenen vorjährigen Gordon-Bennet.Rennen, sondern der Franzose Thary, besten Triumph von den anwesenden zahlreichen Franzosen mit stürmischem Jubel begrüßt wurde. Der Kaiser selbst beglückwünschte die in Homburg erschienenen Vertreter der französischen Automobilindustrie zum Siege ihres Lands mannes. Später empfing der Monarch im Vorstands zimmer des deutschen Automobilklubs den Präsidenten des französischen Automobilklubs und betonte demselben gegen über die Notwendigkeit der Automobilwettrennen. Das Rennen selbst ist ohne wirklich schwere Unglücksfälle ver laufen. Uebrigens ist noch ein recht häßlicher Nach klang zu diesem sportlichen Wettkampf zu verzeichnen. Beim Zurückwiegen der Wagen reizte der Sieger Thery seinen unterlegenen schärfsten Konkurrenten Jenatzky mit hämischen Bemerkungen, Jenatzky antwortete; dann stürzten beide Gegner auf einander los und bearbeiteten sich mit den Fäusten. Nur mit Mühe gelang es den Mitgliedern des deutschen Automobilklubs, die beiden zu trennen. Die Kaiserin nnd die Frauenfrage. Bei der Audienz, welche die Kaiserin einer Abordnung des Frauenkongresses gewährt hatte, wurde Frau Marianne Hainisch aus Wien durch eine längere Ansprache ausge zeichnet. Wir geben im Anschluß hieran nach der „N. Fr. Pr." den Inhalt des Gespräches wieder: Frau Marianne Hainisch wurde von der Kaiserin gefragt: „Was interessiert Sie von den Frauenfragen am meisten?" — „Die Unter richtsfragen," antwortete Frau Hainisch „mit denen ich mich seit 34 Jahren beschäftige." — „Da haben Sie die Sache am rechten Ende angepackt", bemerkte hierzu die Kaiserin, „mit der Bildung der Frau muß angefangen werden". Frau Hainisch lobte die österreichische Volks schule und sagte: „Wir vermissen nur Fortbildungs- und Haushaltungsschulen für Mädchen. Unsere Mädchen müssen fast ausschließlich für den Erwerb unterrichtet werden. Ja, wenn alle Frauen sich verheiraten könnten!" — hier rief die Kaiserin dazwischen: „Aber glücklich!" — „dann wäre ein Teil der Frauenfrage erledigt." — „Oh", sagte darauf die Kaiserin, „ich denke, daß man auch zum Heiraten sehr gebildet sein müsse. Denn um den Mann glücklich machen und unsere Kinder richtig erziehen zu können, braucht man sehr viel Bildung." — „Wer sorgt denn," fragte die Kaiserin weiter, „in Oesterreich für Ihre Haushaltungs- und Fort bildungsschulen, wenn nicht der Staat?" — „Das Bürger tum," antwortete Frau Hainisch, „die höheren Kreise be- schäftigen sich mehr auf dem Gebiete der Wohlfahrtspflege." — Die Kaiserin (erstaunt): „Nicht mit den Schulen?" — Frau Hainisch: „Man kann allerdings von Nonnen nicht verlangen, daß sie sich für Kinder und Familienan- gelegenheiten interessieren." Die Kaiserin reichte Frau Hainisch die Hand und sagte zu ihr: „Ich wünsche Ihnen, daß Sie Ihre Erzherzoginnen für Ihre Schule gewinnen." — Mit Fräulein Clifford aus England sprach die Kaiserin über englische Bildungs- und Universitätsverhältnisse. „Ich möchte gern einmal," sagte die Kaiserin, „mir ein englisches College ansehen. Wenn ich Gelegenheit haben werde, werde ich es gewiß tun." Begnadigter Unvorsichtiger. Der bayerische Prtnzregent begnadigte den Studenten Leques aus Köln, der wegen fahrlässiger Tötung seines Freundes, des Studenten Ausderaue, zu 14 Tagen Ge fängnis verurteilt worden war, zu 8 Tagen Festungshaft. Der Bilse-Roman hat, wie dem Fränk. Kur. aus Metz berichtet wird, für einen darin auftretenden „Helden" schlimme Folgen gehabt. Ein Oberleutnant — gemeint war der Oberleutnant Witte vom Forbacher Trainbataillon — wurde darin als Schulden macher hingestellt. Witte hat nun in dem Bilse-Prozeß unter Eid in entgegengesetzter Richtung ausgesagt. Er mittelungen, die daraufhin gegen den inzwischen zur Dis- Position gestellten Offizier angestellt wurden, führten zur Einleitung einer Untersuchung wegen Meineids. Witte sitzt in Frankfurt a. M. in Untersuchungshaft. Die Ent hüllungen „Aus einer kleinen Garnison" haben, nebenbei bemerkt, Herrn B:lse die Summe von 150000 Mark ein getragen, und der frühere Trainleutnant ist heute Villen- eigentümer in Zehlendorf bei Berlin. Die Volksichullehrer in Württemberg. Die württemdergtsche Kammer der Abgeordneten hat beschlossen, eine Eingabe der Volksschullehrer, ihnen den Besuch der Hochschulen zu ermöglichen und einen Lehrstuhl für Pädagogik zu errichten, der Regierung zur Erwägung zu überweisen. Ueber die Todesstrafe philosophiert Friedrich Theodor Vischer im „Tagebuch" seines „Auch Einer": „Die Todesstrafe ist rein juridisch nicht haltbar. Strafe ist doch Zufügung eines Uebels für Schuld; das ist nicht die ganze Definition, aber doch ein wesentlicher Teil derselben. Um ein Uebel zuzusügen, brauche ich ein Subjekt, dem ich es zufüge, das es em pfindet. Ein Subjekt aufheben heißt aber nicht einem Subjekt ein Uebel zufügen. Der Tod ist kein Uebel, das ein Subjekt empfindet, denn wenn der Tod da ist, ist das Subjekt nicht mehr da- Etwas anderes ist die Todesangst. Sie ist das entsetzlichste aller Uebel. Einem Menschen den Tod auf eine bestimmte Stunde, Minute, als unentrinnbar ansagen, das stürzt seine Phantasie in eine Hölle von Qualen, die kein Name nennt. Diese Qualenhölle will aber als solche das Recht nicht: es ver hängt den Tod, nicht die Todesangst. AUo was das Recht will, ist kein Uebel, und was es nicht will, das größte, äußerste von allen. Dem ist aber nicht abzuhelfen, denn sucht man auch auf einen Augenblick den Unsinn festzu halten, die Justiz dürfte die Ankündigung der Todesstrafe unterlassen, den Verbrecher im Gefängnis überfallen, wie er sein Opfer überfiel: das müßte ja eingeführt sein, dem Verbrecher wäre also diese Methode bekannt und das Bewußtsein der ungewissen Gewißheit, dies entsetzliche, grausige Warten, stürzte ihn in denselben Höllenabgrund der Angst, wie die Ankündigung." Ausland. Eine peinliche Angelegenheit, von welcher der Bezirkshauptmann in Mürzzuschlag und frühere Vorstand in der Ministerialkanzlei im österreichischen Unterrichtsministerium v. Hervay betroffen wurde, erregt in Wien Aufsehen. Hervay lernte vor einem Jahre eine Dame kennen, die sich als Baronin v. Lützow und Hofdame einer russischen Großfürstin ausgab. Er heiratete sie. Jüngst jedoch stellte eS sich heraus, daß alle ihre Doku-