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Zweites Blatt. Marandt, Aossen, Sieöenkeßn und die Amgegenden. Amtsblatt für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alltanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkbardtswalde, (Groitzsch, Grumbach, Gruuo bei Mohorn, yelbigsdort, Herzogswalde mit Landberg, Huhndorf, Kaulbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klivpbauseu, Lampersdorf, Linibach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neu- tanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röbrsdorf bei Wilsdruff, Noitzsch, Nothschönbera mit Perne, Zachsdors, Zchmiedeivaloe, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach b. Molwrn, Seeliqstadt, Svecktshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Pou bezogen 1 Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. - Jnsenionsvreis 10 Pfg. vro viergespaltene Corpuszeile. --- Druck und Bericiq von Martin Berqer in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Marlin Berqer daselbst. No 53. Sonnabend, den 5. Mai 1WV. 58. Jahrg. Ium Sonntage Jubilate. 2. Kor. 6, 4 u. 10: In allen Dingen lasset uns beweisen als die Diener Gottes .... als die Traurigen, aber allezeit fröhlich. Jauchzet dem Herrn! ruft dieser Sonntag dem Christen volke zu. Laßt Herz und Mund aller Welt die großen Thaten Gottes verkündigen! Mischt euer Lob mit dem Frühliugsliede der Natur, die euch umgiebt, mit dem Preise, der millionenstimmig zum Throue des Schöpfers klingt. Jubilate! Aber wie viele, auch unter den bewußten Christen, trifft diese Aufforderung gerade in Thräueu an! Du weinst an einem frischen Grabe, in dem mit dem geliebten Todten auch die Träume, die Hoffnungen deines Lebens begraben liegen. Du härmst dich am Siechbetle dienes Theuerften, und das Herz krampft sich dir zusammen, weil Du das unaufhaltsam fliehende Leben nicht aufhalten kannst. Du keuchst unter der erdrückenden Last äußerer Sorgen: es ist noch gar nicht abzuschcn, wie du von der Last erlöst werden sollst. Du streitest bis aufs Blut gegen dich selbst, gegen deinen allen Menschen, und hast eben eine Niederlage er litten, die dich unglücklich und traurig macht. Und dann die Aufforderung Jubilate? Giebt'S auch ein Jubilate in Thränen? Jawohl, das giebt es. Paulus redet von ihm im oben gedruckten Verse. Obgleich er unserer Trauer, die unser Leben mit sich bringt, volle Gerechtigkeit widerfahren läßt, mahnt er uns doch, wie eS Dienern Gottes gezieme, auch der Freude ihr Recht zugeben. Als die Traurige n, aber allezeit fröhlich wünscht der Apostel Christi Jünger zu sehen. Und wir müssen ihm zustimmcn. Mag dein Leid noch so tief und dein Weh noch so groß sein — es ist doch nur ein irdisch Ding, etwas, das nicht besteht und vorübergeht. Das Grab, an dem du weinst öffnet sich einst. Das Sterbe bett, an dem du zagst, kann doch die Gewißheit des Wieder sehens und Wiedcrhabens nicht zerstören. Deine äußere Noth ist nicht größer als der Helfer und deine innere Noth erst recht nicht. Den Abend lang währet das Weinen, aber des Morgens die Freude. Ein Christ hat allezeit den Morgen vor sich; wir wandern dem Anbruch eines Tages entgegen, an dem alle Thränen abgewischl werden sollen. Da sollten wir nicht fröhlich sein trotz der Thrälieu? Gott verlangt nicht, daß wir allezeit die Schalmei blasen sollen, aber er darf erwarten und fordern, daß seine Kinder sich nicht der Verzweiflung hingeben. Seid den Blumen gleich: vom Tau beschwert neigen sie die Häupter, aber der erste Sonnenstrahl läßt sie wieder nach oben schauen. Uns Christen glänzt allezeit ein Sonnenstrahl. Die Aaiserznsammenkunft in Berlin. An diesem Freitag Vormittag trifft Kaiser Franz Josef in Berlin ein, um persönlich an der am Sonntag statt findenden Feier der Großjährigkeitserklärung des deutschen Kronprinzen, seines Pathenkindes, theilzunehmeu. Es ist in erster Linie ein Familienfest, welches jetzt mit derCere- monie der Großjührigkeitserklärung des Erben des deutschen Kaiser- und preußischen Königsthrones am Berliner Hofe begangen wird, und welcher Charakter der genannten Feier auch durch den Umstand, daß ihr eine überaus glänzende Versammlung hochfürstlicher Gäste beiwohnen wird, nicht genommen werden kann. So läßt denn auch der hervor stechende familiäre Zug in dieser Festlichkeit die politische Bedeutung des jüngsten Besuches des österreichischen Herrschers in der deutschen Reichshauptstadt in den Hinter grund treten, dafür macht sich für's Erste in dem jetzigen Erscheinen des greisen Monarchen in der Familie des deutschen Kaisers erneut die unveränderte Intimität in den persönlichen Beziehungen zwischen den Höfen von Berlin und Wien und namentlich zwischen den beiderseitigen Herrschern selbst gellend. Ader schon solche Beziehungen besitzen ihren Werth, obwohl in unserer heutigen Zeit die persönlichen Verbindungen von Fürstenhaus zu Fürsteu- haus in der Thal nicht mehr den Einfluß auf den Gang der politischen Ereignisse äußern mögen, wie dies früher der Fall gewesen ist. Und besonders, wenn sich das Band inniger gegenseitiger Freundschaft um zwei Monarchen von der Machlfülle schlingt, wie sie den Kaisern Wilhelm und Franz Josef beschieden ist, so darf hiervon sicherlich eine gewisse Einwirkung auf die von den beiden Souverainen vertretene Politik erwartet werden. Schließlich besitzt jedoch die jüngste Zusammenkunft der zwei kaiserlichen Freunde ungeachtet ihres äußerlichen Anlasses neben ihrem vorwiegend familiären Charakter dennoch auch ihren leicht erkennbaren wirklich politischen Hintergrund. Derselbe deutet sich hauptsächlich dadurch an, daß der österreichisch-ungarische Minister Graf Goluchowski seinen erhabenen Herrn ans dessen Berliner Reise begleitet und daß sich außerdem u. U. der Cabinetschef des Grafen Goluchowski, Botschaftsrat!.) o. Merey, dann der Cabinets- direktor Dr. v. schielst, ferner der Generalsstabschef Frei herr v. Beckh im kaiserlichen Gefolge befinden. Aus der dienstlichen Stellung der genannten Herren erhellt ohne Weiteres, daß bei der Kaiserbegegnung von Berlin die Möglichkeit eingehender politischer wie militärischer Erörter ungen in's Auge, gefaßt worden ist, zu denen ja der auf vier Tage bemessene Besuch des österreichisch-ungarischen Monarchen am Berliner Hofe auch hinreichend Gelegenheit gewähren würde. Sicherlich bietet der gegenwärtige Stand der Weltbegedenheiten den beiden Monarchen und ihren Ministern reichlich Stoff zu gegenseitiger Aussprache, wobei man nur an den sich noch immer ohne entscheidende Wendung hinziehenden Krieg in Südafrika zu denken braucht. Schwer lich ist indessen anzunehmen, daß es hierbei zu irgend welchen Abmachungen kommen wirb, schon deshalb nicht, weil solche doch eigentlich nicht in den Rahmen des deutsch österreichischen Bündnisses, seiner Voraussetzungen und Be dingungen hineinpassen würden. Es können daher auch die geheimnißvollen Andeutungen einzelner Blätter, es seien von der Berliner Monarchen- und Diplomatenzusammen kunft speziell im Hinblick auf die Lage auf der Balkan halbinsel bemerkenswerthe Entschließungen und Vereinbar ungen zu gewärtigen, nur als müßige Phantastereien, als 'grundlose Combinationen betrachtet werden, zu denen um so weniger Anlaß vorhanden ist, als offenbar der Stand der Balkanangelegenheiten gar kein so bedenklicher ist, wie dies von manr en Seiten hingestellt wird. Gewiß wird man sich im Laufe der Entrevue, falls dies so passen sollte, auch über die Dinge und Fragen im „europäischen Wetter winkel" unterhalten, ein Weiteres in dieser Beziehung darf aber sicherlich als ausgeschlossen gelten. Wenn aber somit von dem Besuche Kaiser Franz Josef's am Berliner Hofe gewiß nicht entscheidende politische Folgen nach dieser oder jener Richtung zu erwarten sind, so wird hierdurch die Bedeutung des Ereignisses doch keineswegs herabgemindert. Sie liegt eben darin, daß die jüngste An wesenheit des österreichischen Kaisers in der deutschen Reichs- Hauptstadt erneut vor aller Welt den unverbrüchlichen Fort bestand des bereits in das dritte Jahrzehnt hineindauernden Bündnisses Deutschlands mit dem habsburgischen Doppel reiche bekundet, welcher Bund noch immer die sicherste Grundlage für den europäischen Frieden bildet. Und da weiter der Berliner Festfcier auch Kronprinz Victor Emanuel von Italien in Vertretung seines königlichen Vaters und des römischen Hofes beiwohnt, so bildet die Gegenwart des italienischen Fürstensohnes bei der Berliner Kaiserzu- sammeukunft zugleich auch einen abermaligen Beweis für die unveränderte Aufrechterhaltung der mitteleuropäischen Tripelallianz. Jedenfalls erscheint jetzt Kaiser Franz Josef wiederum als Vertreter des Friedensgedankens am Hofe seines kaiserlichenFreundes und Bundesgenossen, undsreudig begrüßt daher das gesummte deutsche Volk im Geiste den erlauchten Gast seines Kaisers, in der festen Ueberzeugung, daß der Besuch des greisen Herrschers in der Capitale des deutschen Reiches schließlich die fernere Wahrung des kost baren Gutes der Völkerharmonie unseres Welttheils ver bürgen wird. Der Anglücksstern -er pariser Weltausstellung. Von Paul Lindenberg. (Nachdruck verboten.) Paris, 30. April. Kein glücklicher Stern hat bisher über der Weltaus stellung geleuchtet. Seit dem 14. April, dem Tage der Eröffnung, liegts hier in der Luft wie die Ahnung irgend eines großen Unglücks, und am gestrigen Sonntage hat sich leioer das unheimliche Gefühl bewahrheitet. Welch' herrlicher Sonntag! Nach einigen kühlen, stürmischen Tagen leuchtete die Sonne warm und heiter hernieder, ganz Paris war auf den Beinen, zahllose Tausende, meist jenen Kreisen angchörend die in der Woche angestrengt schaffen müssen, zog's nach der Ausstellung hin, sie wollten den Nachmittag ausfüllen, wollten schauen, wie weit die Arbeiten vorge schritten, wollten Zeuge sein der ersten großen Illumination, die für gestern Abend angesetzt war. Als ich um die vierte Stunde die Alexanderbrücke passirte, war das Menschen gewimmel an dieser Stelle geradezuunheimlich, die Massen stauten sich alle Augenblicke, ganz langsam nur, Schritt vor Schritt, kam man vorwärts, und unwillkürlich drängte sich der Gedanke auf: wenn hier einmal eine Panik aus bricht, welch' entsetzliche Folgen müßte sie haben! Ich war froh, als ich endlich den Ausgang zu dem Champs-Elysees erreicht hatte und mich dem Strom der Spaziergänger an schließen konnte, welche die wundervobe Avenue, die schönste der Welt, auf und niederflutheten und dem ungeheuren Wagen-Corso zusahen, der den breiten Fahrdamm in fünf-, sechsfacher Linie ausfüllte. Dann ein scharfes, ruckweises Klingeln, die Polizisten machten Platz, ein Sanitätswagen, auf welchem die weiße Fahne mit dem rothen Kreuz flatterte, kam angerollt, in kurzen Zwischeräumen folgte ein zweiter, ein dritter, aber das fällt nicht auf in diesem unaufhör lichen Trubel, in welchem sich so häufig Unfälle ereignen. Erst zur siebenten Abendstunde durchschwirrte die Stadt das Gerücht von jenem entsetzlichen Ereigniß auf dem Aus stellungsgebiet. Seit dem Boulanger-Rummel dürfen keine Extrablätter feilgeboten, dürfen selbst die wichtigsten Nach richten der Zeitungen nicht ausgerufen werden, aber einer fragte gestern Abend den andern, ob er schon von der „tsrnbls-carsslropke" gehört, und die noch druckfeuchten Journale waren im Umsehen vergriffen. Erst sprach man von drei, vier Todten, dann von zwanzig und dreißig, die traurige Wahrheit liegt in der Milte: zehn Tobte und neun erheblich Verwundete! Das Unglück fand auf einer der „passsrsllss" statt, leichter Brücken, welche die Ausstellung mit den außerhalb derselben liegenden Sehenswürdigkeiten und den angrenzen den Straßenzügen verbinden, die Brücke, um die es sich handelt, führte zu dem gewaltigen Himmelsglobus, der mit seiner blauen, mit goldenen Sternbildern übersäelen Riesen kuppel einen Glanzpunkt der Bauten des Marsfeldes bildet. 115 Meter lang und 5 Meter breit, lag diese Brücke 7 Meter über den Erdboden und war meist aus Cement ge baut, trotz ihrer Länge nur von wenigen schmächtigen Cement- pfeilern gestützt, während die verwendeten eisernen Träger durchaus unzureichend gewesen sein sollen; an der Brücke, welche die Behörden noch nicht abgenommen hatten, war noch am gestrigen Vormittag gearbeitet und waren die Ge- j rüste kurz vordem entfernt worden, der Cement war noch ganz frisch, nach einer Mittheilung war der Unterbau der