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WgchcZMsR Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Sievenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Freitag, den 22. Mai Dieses Blatt erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags und kostet vierteljährlich 10 Ngr. — Jnseratenannahme bis Montag resp. Donnerstag Mittag. 40. Freitag, den 22. MÄ 1874. Vk»N Pfingsten ist da! Auf, grüßet den Morgen, Weihet mit Liedern den rosigen Tag, Neckende Lüfte laßt tragen die Sorgen, Streut sie dem Winde am blühenden Hag; Fröhlich bergauf dann der Sonne entgegen, Festlich umläutet von ferne und nah; Klingen und Singen und Gruß allerwegen: Pfingsten, das herrliche Pfingsten ist da! F 8 t H N« » Leuchtende Voten mit fliegender Eile, Purpurne Rosen im flatternden Haar, Jagen die Schatten nach nächtlicher Weile, Küssen dem Waldbach die Augen dann klar; Da von den Gipfeln der Buchen und Eichen Schmettert und schwirret's — die Sonne erwacht Schön aus den Wolken mit siegenden Zeichen Hebt sie das Antlitz in Klarheit und Pracht. Träumend Gewölk« zieht flammende Grenzen, Nölhet dcS Himmels krystallenen Dom, Draus noch ein Sternlcin mit bleichendem Glänzen Schüchtern sich spiegelt im brausenden Strom. Blitzende Funken die Wolken entzünden, Glühend auflodert der luftige Bau — Jubelnde Frühlingsapostel verkünden Pfingstliche Botschaft aus schimmerndem Blau. Pfingstlich bekränzt und in lieblichem Prangen, Unter den Sternen der schönste im Kranz, Hold, wie ein Bräutchen vom Liebsten umfangen, Lächelt die Erde in seligem Glanz: Ströme des Lichtes entquellen der Sonne, Fluchen goldsckäumend durchs wogende Feld, Seen und Flüsse in festlicher Wonne Spiegeln hellglitzernd das wolkige Zelt. Frei wird das Herz und das Auge blickt Helle, Schwelgt bald im Grün, bald im himmlischen Dust, Wollüstig badet die Brust in der Welle. Göttlich berauschender Frühlingsluft. Pfingstliche Andacht hebt mächtig, die Schwingen, Trägt frohe Sehnsucht zu sonnigen Höh'n' Troben dem Urquell des Lichtes zu singen Voll aus der Seele: „Die Welt ist so schön!" Tagesgeschichte. Als wichtigstes Tagescreigniß ist der Sturz des französischen Ministeriums zu bezeichnen. Das Cabinet Broglie hat, nachdem es am letzten Sonnabend in der Nationalversammlung gelegentlich der Abstimmung über die Priorität der Bcrathung des allgemeinen Wahlgesetzes vor dem Municipalgcsetze eine cclatante Niederlage er litten,'seine Entlassung cingereicht, welche vom Marschall Mac Mahon angenommen worden ist. Das „Kampfministcrium" tritt nach bei nahe einjährigem Bestände, von Niemandem in Frankreich bedauert, vom Politischen Schauplatz zurück und wird aller Wahrscheinlichkeit nach von einem Eabinet ersetzt werden, dessen Elemente zum Theil dem rechten, zmn Theil dem linken Ccntrum entnommen sind, so daß -die seit langem ang»kündigte Fusion der Mittclpartcien endlich zur Wahrheit werden dürste. Als Führer des neu zu bildenden Conseils wird Herr von Goulard genannt, der bereits unter Thiers Minister des Innern war, und dessen am 17. Mai v. I. erfolgter Rücktritt dem Sturze des Herrn Thiers unmittetbar vorhcrging. Wie jedoch "^urnat des Debats" mittheilt, sollen die Versuche des Herrn Goulard, ein neues Cabinet zu Stande zu bringen, gescheitert sein. Aus charrs, io. Mai, schreibt die „A. A. Z": Die Nachricht von der Niederlage des Ministeriums kam ganz unerwartet. Es war dies eine Ueberraschung ^wie im vorigen Jahr um diese Zeit bei dem Sturze des Helin ^hiers. Alan versicherte diesen Abend, daß der Präsident der Nepubuk dieses Ercignjß nicht erwartet hatte. Die Abendbörse legte übrigens dein Ereigniß keine sehr große Bedeutung bei. Nichtsdestoweniger sanden viele Gewinnstnahmcn statt. Alan versicherte, daß, welches auch die Combination in Bezug auf dieMi- nisterkrists sei, Finanzminister Magne auf seinem Posten verbleibe. Mehr verlangt die Börse nicht. Eine Entscheidung steht übrigens vor Dirzistag nichl zu erwarten. Die Legitimisten wünschen, daß Hein rich V. nach Frankreich komme. Die Bonopanisten hoffen aus der Krisis den größten Nutzen zu ziehen, zumal sie einen großen Theil des Klerus für sich haben. In Frankreich spielt das „Jmprovu" die Hauptrolle. Es gehört jetzt zur Mode, das Scptmnat lächerlich zu machen und Mac Mahon, trotz seines lohalen Characlers, als „in- caxacits" hinzustellen. Der bisherige deutsche Botschafter in Paris, Graf Arnim, ist, wie die „N. A. Z." hört, durch allerhöchste Ordre vom IS. Mai in einstweiligen Ruhestand versetzt worden. Wie man aus Berlin meldet, ist daselbst von der siebenten De putation des Criminalgerichts das Urtheil in dem Prvcesse gegen den Sozialdemokraten Most gefällt worden. Most ward wegen der ver schiedenen Reden, welche er während der Session in Arbeiterversamm- lungen gehalten hat, auf Grund § 130 des Strafgesetzbuches zu ein und ein halb Jahr Gcfängniß verurtheilt. Ein Zeichen der Zeit und ein nicht mißzuverstchendeS ist cs, daß die Direktion einer Berliner Ballgesellschaft durch Inserate erklärt, daß sie beabsichtige ihre Terrains als — Viehweide zu verpachten. Sie ersucht Nefleclantcn sich bei ihr zu melden. Die „Spen. Ztg.", der diese Mittheilung entnommen, knüpft an dieselbe die malitiöse Aufforderung: „Actionäre, wie wärs?" Der Kaiser von Nußlund ist in London angekommen und hat sich beeilt, beim Empfange der Botschafter zu erklären, daß die Politik Rußlands einzig darauf gerichtet sei, den Frieden auf dem Continente aufrecht zu halten. Dabei drückte er die Hoffnung aus, daß die Hauptmächte Europas ihre Anstrengungen mit den scinigen vereinigen würden, damit der Friede thalsächlich erhalten würde'. Mochten sich namentlich die Franzosen diese Worte zu Herzen nehmen, welche sich in der letzten Zeit darauf gelegt hahcn, überall Brandge ruch und Kriegsgetümmel zu wittern. Freilich, was das Herz wünscht, glaubt der Verstand. Das Nickelmetall spielt jetzt eine große Nolle, nicht nur wegen der Ausmünzung von Nickelmünze!', in Deutschland, sondern unendlich mehr wegen seiner Verwendung zu industriellen Zivecken; man sucht daher eifrig nach Nickel und soll in Italien dergleichen gefunden