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Wochenblatt für Wrlsdruff, Tharandt, Rossen, Sievenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Diese- Blatt erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags und kostet vierteljährlich 10 Ngr. — Jnseratenannahme bis Montag resp. Donnerstag Mittag. ^7 26. Dienstag, den 31. März 1874. Auetion. Am 7. April 1874 Vormittags 1v Uhr sollen im hiesigen Gerichtsamtshause verschiedene Kleidungsstücke, 1 goldene Taschenuhr, goldue Ringe und andere Gegenstände gegen sofortige Baarzahlung versteigert werden, was hiermit veröffentlicht wird. Königliches Gcrichtsamt Wilsdruff, den 26. Mär; 1374. Leonhardi. Tagesgeschichte. Das Reichskanzleramt macht bekannt, daß vom 1. April 1874 ab alle anderen Goldmünzen als die Reichsgoldmünzen ferner nicht als gesetzliches Zahlungsmittel gelten und Niemand verpflichtet ist, sie in Zahlung anzunehmen. Doch findet im April, Mai und Juni eine Einlösung derselben statt. Der Preuß. Friedrichsd'or wird zu 5 Thlr. 20 Ngr. eingelöst. Im Anschluß hieran ordnet das sächs. Finanzministerium an, daß in diesen drei Monaten auch die sächsischen Landesgoldmünzen, nämlich doppelte, einfache und halbe August- und Antond'or, chursürstlich und königl. sächsische Ducatcn, Sophienduca- ten, Kronen und halbe Kronen kgl. sächs. Gepräges, bei der Finanz hauptkasse zu Dresden, der Lotterie-Darlehnskasse zu Leipzig und dem Hauptstcueramt zu Chemnitz einzulösen sind, und zwar wird das Pfd. Feingold mit 465 Thlr. vergütet Der Gesundheitszustand' des Fürsten Bismarck, welcher immer noch künstlicher Mittel bedarf, um die Schmerzen zu lindern und die nöthige Ruhe herbeiznführcn, hat von Neuem die Frage angeregt, ob es noch länger mit den Interessen des Reiches verträglich sei, statt emcm besonder» Reichsministerium den Schultern eines einzigen Man nes die Lasten sämmtlicher Reichsangelegenheiten auszubürden. Der Reichskanzler hat schon an den auswärtigen Angelegenheiten genug zu tragen, ist aber ebenso für Heer und Flotte^ Post- und Telegra- phenwescn, Finanzen und Neichsjustiz allein verantwortlich und außer dem als Minister für Lauenburg und Elsaß-Lothringen und als Vor sitzender des Preuß. StaatSministeriums in fortwährender Thäligkeit. Solchen riesigen Aufgaben vermag selbst eine mit den besten Kräften ausgcstattete Statur auf die Dauer nicht gerecht zu werden und die Ueberzeugung dringt immer mehr durch, daß es besser ist, bei Zeiten an eine gründliche Umgestaltung der jetzigen Einrichtung zu denken, als die Entscheidung zu vertagen, vielleicht bis zu einem Augenblick, wo eS der staatsmännischen Einsicht, welche die deutsche Einheit bis zu diesem Punkte gebracht hat, nicht mehr möglich ist, für eine glück liche Lösung der schwierigen Verhältnisse einzulreten. . Berlin, 27. März. Ein einziger vom Bundesrath beschlossener Artikel, betreffend den Gesetzentwurf über die Behandlung der öster reichischen Vcreinsthaler, bestimmt, daß die in Oesterreich bis Ende 1867 geprägten Vereiusthaler und Vereinsdoppclthaler unter der Be rechnung eines Thalers zu drei Mark an Stelle der Neichsmünzcn bis znr Außercourssetzung bei allen Zahlungen anzunehmen'sind. Der Bundes-Commissar von Brauchtisch macht dem Reichstage himmelangst, daß das Preß gesetz zu den Todten gelegt werden wird, wenn die Abgeordneten nicht in letzter Stunde noch nachgebcn. „Ich muß erklären, sagte er im Reichstag, daß Sie bereits durch so viele Abänderungen der Regierungsvorlage, wie beispielsweise durch die Ablehnung des Zeugnißzwanges, die urspringliche Vorlage so wesentlich umgestaltet haben, daß ich die Zustimmung der verbündeten Regierungen kaum in Aussicht stellen kann. Ich muß es Ihnen über- lasien, die Folgerungen daraus zu ziehen." (Die Sache scheint so zu stehen, daß das verbesserte Reichspreßgesctz von dem Bundesrathe an genommen werden wird, falls das Militärgcsetz vom Reichstage an genommen wird; wenn nicht, nicht.) Einer, der in Berlin an der Quelle sitzt, berichtet: Die Sozial demokraten im Reichstage haben sich bekanntlich nicht als „Frac- tion" constituirt. Sie halten demgemäß auch keine Fractionssitzungen ab, ihren bescheideneren Ansprüchen genügt es, sich in der oder jener Kneipe zusammenzufinden und da über das „Wohl des vierten Stan des, den sie vertreten," zu berathen. Sie scheinen dabei ein „Keller- Restaurant" in der Mohrenstraße besonders zu begünstigen, wobei die Herren sich durchaus nicht daran zn stoßen scheinen, daß der In- Huber desselben — das betreffende Local ist nach Art Niquets einge richtet — Hoflieferant ist. Die Herren setzen augenscheinlich ihren Vernichtungskampf mit bedeutenderem Erfolge als im Reichstage fort. Uebrizens ist es ein für den echten Sozialisten durchaus erfreuliches Zeichen, daß der Bruderzwist im Hause Lasalle beim „echten" durch aus geschlichtet erscheint. Die Vertreter der „Eisenacher" Sozialisten sitzen in brüderlicher Uebercinstimmung mit Hasselmann und Hasen clever zusammen und wer Geib und Hasselmann, Most und Hasen clever in traulichster „Fractionssitzung" beisammen sicht, sollte nicht glauben, daß jemals das Stuhlbein eines „Eisenachers" mit dem Kopfe eines „Allgemeinen Deutschen" oder umgekehrt in unsanfte Be rührung gekommen sei. Die im Reichstage verbliebenen elsaß-lothringischen Abgeordneten haben 'ich an ihre College», welche de» Reichstag verlassen haben, gewendet, um sie zur Rückkehr und namentlich zur Anwesenheit bei der Berathung des elsaß-lothringischen Verwaltungsberichts zu be stimmen. Die Mitglieder der Protestpartei haben indessen entschieden erklärt, daß sic den Reichstagsvcrhandlungcn fern bleiben würden. Inzwischen bereitet das Centrum für die Berathung des gedachten VewaltungsberichtS Anträge vor, um für Elsaß-Lothringcn eine eigene Landesverlretung zu erwirken. Für Preußen hat der Finanzabschluß des Jahres 1873 einen noch ungleich bedeutenderen Ueberschuß ergeben, nämlich 21,400,000 Thaler. Wegen Verwendung derselben werden dem Landtage nach seinem Wiederzusammentritt noch Vorschläge gemacht werden. Se. Maj. der König von Sachsen hat bei seiner letzten Anwesen heit in Berlin auch den General-Fcldmarschall Grafen v. Moltke besucht. Se. Maj. benutzte die erste freie Zeit nach der Ankunft in Berlin dazu, um den von ihm ganz besonders verehrten Fcldmarschall und Chef des großen Gcneralstabes aufzusuchen, und verweilte nahezu eine Stunde bei ihm. Der Socialdemokrat Hasenclever ist bekanntlich wegen einer in Zeitz gehaltenen Rede von dem Appellalionsgerichte in Naum burg zu 3 Monaten Gefängniß vcrurtheilt worden. Es handelt sich um jenen Passus der Rede, in welchem Hasenclever gegen die An klage seiner Gegner protestirie, welche (doch ganz richtig) behaupteten, daß die Socialisten Bummler seien, weil sie von den Pfennigen dec Arbeiter lebte». Hasenclever zog daraus die Conscquenz, daß der Reichskanzler ebenfalls von den Pfennigen dcr Steuerzahler lebe und deshalb auch jenen Titel verdienen würde. Der sucialdemokratische Agitator Grottkau ist in erster Instanz wegen eines Artikels in dem von ihm hcrausgegcbenen Flugblatt: „Die Laterne," zu 6 Manaten Grfängniß vcrurtheilt worden. In Trier und Coblenz befinden sich mehr als 50 katholische Geistliche im Gefängniß.