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für die Königliche Amishaupimannschast Meißen sowie für -as Königliche Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6. Nr. 188. j Mittwoch den 14. August 1918 Der amtliche Teil befindet sich auf der 4. Seite und Amgegend. Erscheint seit dem Sahre 4544. ANe Postanstallen, Postboten sowle unsere Austräger und Geschäftsstelle nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. / Im Falle höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgendwelcher Störungen der Betriebe der Zeitungen, der Lieferanten oder der Beförderungseinrichiungen — hat der Bezieher leinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung des Bezugspreises. 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Nicht mit unseren dort verbliebenen Brigaden und Divisionen, nach dem Beispiel auf den blutgetränkten Schlachtfeldern Frankreichs, wo unsere Heeresleitung die Freiheit des Bewegungskrieges auch zu sofortiger Aufgabe von Kampfgelände ausnützt, sobald es ihr geraten oder geboten erscheint. Wir haben in dem Schachspiel mit den jetzigen Beherrschern Rußlands die am weitesten vor geschobene Figur, unsere diplomatische Vertretung in Moskau, ein paar Felder zurückgenommen. Sie soll nicht länger mörderischen Überfällen ausgesetzt sein, vor denen sie unter den gegebenen Verhältnissen weder von uns noch von Lenin und seinen Getreuen hinreichend geschützt werden kann. Deshalb ist das alte Pleskau an der Bahnlinie von Petersburg nach Dünaburg, für das die Russen den Rufnamen Pskow er funden haben, ihr als neuer Aufenthaltsort angewiesen worden. Es liegt hinter der in Brest-Litowsk vereinbarten Demarkationslinie, also unter dem unmittelbaren Schutz Ler deutschen Bajonette. Von hier aus soll die weitere Entwicklung der russischen Gegenrevolution erst einmal in Ruhe abgewartet werden. Wenn sie zu einer Entscheidung in diesem oder in jenem Sinne geführt hat, wird für uns der Zeitpunkt für endgültige Maßnahmen gekommen sein. Daß der Abzug von Moskau seine zwei Seiten hat, ist allerdings unbestreitbar. Wir weichen vor dem Terror der linken Sozialrevolutionäre zurück und erleichtern es dadurch unsern Gegnern, zum mindesten von einer halben diplomatischen Niederlage zu sprechen. Indessen, auch die Vertreter der Westmächte sind von Petersburg fort- gezogen, als ihnen der Boden dort zu heiß wurde, und die Übersiedelung der damals noch mit ihnen verbündeten Regierung nach Moskau haben sie überhaupt nicht mitgemacht — man darf annnehmen, weil ihnen ihr Leben zu lieb war. Sie haben es vorgezogen, von Wologda aus, also in ziemlich sicherer Entfernung vom Schauplatz der Haupt ereignisse, den interessierten Beobachter zu spielen, und in demselben Augenblick, als die britisch-amerikanisch-japamsche Expedition sich in Bewegung setzte, um Rußland vor der Ländergier der — Deutschen zu „schützen", sind sie nach Archangelsk ausgerückt, wo sie bereits von eigenen Truppen- abteilungen liebevoll empfangen wurden. Wenn unser Dr. Helfferich jetzt in Pleskau seine Zelte aufschlägt, so geschieht es nicht, um von diesem verhältnis mäßig sicheren Port aus den Fortgang einer deutschen Waffentat abzuwarten. Wir könnten freilich vielen — und nicht den schlechtesten — .Ruffen keinen gröberen Gefallen tun, als wenn wir uns zum Beschützer des Landes auf würfen und Ordnung und Ruhe herzustellen versuchten, wo bald kein Mensch mehr weiß, welches Schicksal ihn von heute auf morgen ereilen mag. Aber statt mit ge- vanzerter Faust in Moskau einzuziehen, sind wir mit voller Überlegung hinter die Demarkationslinie zurück- i gegangen, selbst auf die Gefahr hin, damit der i Bolschewiki-Negierung die letzte Hoffnung auf Hilfe ! tn ihren Auseinandersetzungen mit inneren und äußeren Gegnern zu nehmen. Wir sind eben nicht die Jmperia- listen, als die auch Lenin und Genoffen uns geflissentlich anschwärzen; wir denken nicht daran, uns in fremde Parteikämpfe oder in die unausbleiblichen Liguidations- fchwierigkeiten ehemaliger Bundesgenossen einzumischen. Was wir wollen, beschränkt sich auf den Inhalt unseres Friedensvertrages von Brest-Litowsk, und wir sind und bleiben stark genug, ihn uns nicht wieder aus der Hand winden zu lassen, auch wenn wir eine Zeit lang in Moskau keine unmittelbare Vertretung be sitzen. Im Gegenteil, unsere 'Position wird um so unangreifbarer, je ängstlicher wir uns den kom menden Entscheidungen um die oberste Gewalt in Rußland fernhalten. Den Anschein der Schwäche^ dem wir uns mit dem Ausweichen nach Pleskau aussetzcn, brauchen wir nicht im geringsten zu scheuen; er ist immer noch besser zu ertragen als der Vorwurf, den Hansdampf in allen Gassen zu spielen, und selbstverständlich hätte man im feindlichen Lager, was immer wir der sozialrevolntio- nären Schreckensherrschaft gegenüber für ein Verhallen einschlugen, stets gegen uns die bekannten Vorwürfe daraus herzuleiten gewußt. Nein, die Zeit ist gekommen, um der russischen Regierung alle Handlungsfreiheit für ihre Ent schließungen zu lassen; sie muß jetzt zeigen, ob sie sich be haupten kann oder nicht. In ihrer Hand hätte es gelegen, zu verhindern, daß die Gegenrevolution sich mit den aus wärtigen Gegnern Ler Bolschewisten verband, um das Land wieder unter die Botmäßigkeit des westmächtlichen Kapitalismus zuruckzuführen. Aber damals konnte man sich in Moskau zu keinen klaren Beschlüssen aufraffen. Die Gunst der Stunde ist mittlerweile zerronnen. Sie wird auch nickt mehr wiederkebren. Jedenfalls wird das deulfche Volk die Zurückverleguny unserer Gesandtschaft von Moskau nach Pleskau einmütig gutbeißen. Sie erleichtert unsere Lage im Osten uw ein bedeutendes. Wir können nun ruhig abwarten, was Lie nächsten Tage und Wochen uns bringen werden. Die neue Front im Westen. Die Bsw.gungsschlacht an der flandrisch-französischen Front bringt nach dem letzten Bericht der Obersten Heeresleitung noch immer heftige, aber vergebliche Anstürme des Feindes gegen die deutschen Linien. Ausgebrannte Tanks und unzähl bare Leichen vor der deutschen Front bezeugen die Wider standskraft der Unseren. Das Schicksal der Zarin. Verweisung vor ein Revolutionsgericht? Stockholm, 12. August. Die Zeitung der Roten Armee schreibt, daß die Ge mahlin Nikolaj Romanows vor das Revolutionstribuual gehörte. Die Regierung dürfe sie nicht einer fremden Macht ausliefer», sondern sic müsse innerhalb Rußlands in Sicher heit gebracht werden. Die „fremde Macht" ist Spanien, dessen König sich eifrig um die Auslieferung der Zarenfamilie bemüht hat. Die Zeitung der Roten Armee behauptet, die Sowjets hätten bereits beschlossen, Alexandra wegen ihrer Be ziehungen zu dem Wundermönch Rasputin in Anklage- zustaud zu versetzen. Bemühungen des Papstes. Der vatikanische „Osservatore Romano" teilt mit, der Papst intereffiere sich lebhaft für das traurige Los der Ex zarin von Rußland. Er habe dringliche Schritte unter nommen, um die Exzarin und ihre vier Töchter zu be- sreieu. Der Papst habe fick sogar erboten, für Über siedlung aus Rußland und für einen standesgemäßen Unterhalt zu sorgen. Man erhoffe ein Ergebnis dieser edlen Bemühungen des Papstes. Wachsende Schwierigkeiten des Bcrbandrö. Zu dem noch immer in Deutschland andauernden Streit um den U-Boot-Krieg schreibt das Berner Tag- blott: Das deutsche Volk sollte endlich von: Zank um die Lbeorie lasten, hier kommts wahrlick nickt ans AnsiNten ustd Theorien cm, sondern aus die unleugbare Tatlacke, daß der U-Boot!r:cg dem Gegner scit anderthalb Jayren etwa 12 Millionen Tonnen Schiffsraum gelostet hat, und heute etwas niedrigeren Ziffern immerhin ^deuten, daß Amerika und England die äußersten ^istringungen machen müssen, um ihre Länder mit ^eoeusmitteln und Kriegsgerät zu versorgen, je mehr ..mernLuer aber nach Frankreich kommen, desto größer wird oie Beanspruchung des Schiffsraums für deren Ver- vnegung wm, und desto stärker wird der U-Boot-Krieg ste treffen, selbst wenn er die anfänglichen Erfolge nicht mehr haben sollte. Kampfflieger LsswenharöL gefallen. Nach dem 63. Luftsieg. Breslau, 12. Aug. Obcrleutnan, Loewenhardt, der jetzt erfolgreichste Kampfflieger, hat in de» Kämpfen, an der Westfront den Heldentod gefunden. W'eder st-ht das deutsche Volk an der Bahre eines seiner Helden. Seit Manfred v. Nichthofens Tod stand Flieger-Oberleutnant Loewenhardt an der Spitze unserer siegreichen Luftkämpfer. Noch am 10. d. Mts. konnte der ,amtliche Heeresbericht seinen 52. und 58. Sieg melden. Und nun hat den Helden inmitten der siegreichen Mwehr- kämpfe das Schicksal ereilt, während er mit dem kühnen Mut, her unser Fliegerkorps aus» zeichnet, bestrebt war, seinem unvergeßlichen Lehrer und Meister nack zueifern. In der ge waltigen Schlacht au der Westfront, die der Feind mit allen Mitteln mo derner Kriegstechnik be strebt ist, unsere Front zu erschüttern, spielen sich täglich größere Fliegerkämpfe ab. So auch am vierten Kampf tage, wo tief herab gehende Flieger die feindlichen Kavallerie-, Munitions- und Infanteriekolonnen beschossen. In diesen Kämpfen fiel Erich Loewenhardt, ein Breslauer Kind. Kaum 17jährig war er 1914 als Fähnrich in das Infanterie-Regiment 141 eingetreten. Er nahm im Osten an den Feldzügen teil, war bald Führer eines Schnee- ichuhzuges in den Karp'athen. Dann wandte er sich der Flugwaffe zu, wo er in der Staffel Richthofen bald groß« Erfolge errang. Er ward ein großer Schüler des große» Meisters und sein Geist wird fortleden im Fliegerkorps wie der Boelles und Richthosens. Oberleutnant Loewenhardt. Die ochiacht der Tanks. Der englisch-französische Angriffsplan zwischen Nucre und Aore basierte auf der Überrenmmg des in dieser Front nur schwach ausgebauten deutschen Vcrteidigungs- systems. Die Kürze der Zeit, die Inanspruchnahme aller Kräfte, vor allem der Transportmittel für die großen Offensiven, batte es nickt ermöglicht, an der neuen Front mehr als ein vorläufiges Verteidigungssystem zu schaffen. Unter dem Sckutze eines ganz kurzen, aber überaus starken Feuerschlages, sollten die bereitgestcllten Tank- gesckwader der Infanterie den Weg durch die deutschen Artillerie- und Infanterie-Linien öffnen. Daraus sollte Kavallerie durch die Infanterie hindnrchgezogen werden, um unter der Begleitung und mit der Unter stützung der Tanks bereits am ersten Angriffstage die große Landstraße Pöronne—Roye zu erreichen. Daß dieser Plan scheiterte, ist in erster Linie dem Heldenmut« der über- rannten Grabenbesatzungen zu danken, die nicht an Über gabe backten und sich teilweise schlugen, his sie von allen Seiten umfaßt waren. Noch stundenlang knatterten nn Rücken der englischen und französischen Sturmwellen die Maschinengewehre einzelner Widerstandsnester. Bregen jedes einzelne mußten Tanks oorgeschicki werden. Nicht weniger ruhmvoll schlug sich die Mannschaft der Bartenen. Der einzige Weg zum Frieden. Die sozialdemokratische „Internationale Korrespondenz" lagt am Schluß einer Betrachtung über die Frage, ob der Friede näherkomme: Über eines müssen wir uns klar sein: Der Weg zmn Frieden geht Heuke wie vor vier Jahren nur über deuncne Siege. Ein Narr, wer glaubt, daß wir durch Ententesieg, jemals dem Verständigungsfrieden näherkommen.