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Wochenblatt für Wilsörnf, Tharaud und das Glbthal. Zweiter Jahrgang. Freitag, den 22. April 1842. Iß, Mit König!« Sachs. Concession, Verantwortlicher Rcdactcur und Verleger: Albert Reinhold. dieser Wecherrschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den Bierteljahrgang betragt 10 Ngr. Bekannt- machungen aller Art werden ausgenommen; die gespaltene Zeile oder deren Raum wird mit 6 Pf. in Anrechnung gebracht. Aufsätze, die im nächsten Stück erscheinen sollen, werden in Lharand biS MvNtag Nachmittagö 2 Uhr und in Wilsdruf bis Montag Abends 7 Uhr angenommen. Auch können bis Mittwoch Mittag eingehend« Zusendungen auf Verlangen durch die Post an den Druckort befördert werden und in der nächsten Nummer erscheinen. Wir erbitten uns dieselben unter den Adressen: ,,NN die Redaktion des äÜilsdruf-Äiarander Wochenblattes zu Wllsdruf (Dresdner Gasse im Hause des Herrn Stadtrichter Damme, 1 Treppe,) oder: ,,an die Agentur des Wilsdruf-Tharander Wochenblattes zu Tharand," die Herr Buchbinder Tauscher übernommen hat. In Meißen nimmt Herr Klinkicht jun. Auftrage und Bestellungen an. Etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, sollen stets mit großem Danke angenommen werden. In Kötzschenbroda nimmt Herr Kaufmann Jasstng Bekanntmachungen aller Art an. Bis Mittwoche Mittags bei demselben eingehende Zusendungen erscheinen bereits den nächstfolgenden Freitag im Blatte abgedruckt. Die Redaktion. R e i s e s k i z z e n. (Fortsetzung.) Wenn, wie bekannt, im sächsischen Erzgebirge der Aberglaube so zu sagen zu Hause ist, so bildet wiederum Freiberg den Centralpunkt dieses Glaubens an das Wunderbare, Ucbernatürliche, von dem sogar hin und wieder die höhcrn Stande nicht ganz frei sind. Diese Betrachtung drängte sich mir beim Anblick der riesigen Domkirche auf, vor Ler ich mich, nachdem ich den Marktplatz ver lassen, eben befand. Im Munde des Volks ha ben sich von Geschlecht zu Geschlecht bis auf die heutige Generation die schauerlichsten Spuk- und Gcistergcschichten fortgepflanzt, bei denen der Frei berger Dom eine Hauptrolle spielt. Diesen aben- the'uerlichen Sagen zufolge ist dieses ehrwürdige »Gotteshaus von der tiefuntersten Gruft an bis zum Dachstuhl hinauf von einer Legion Geister vollgepropft, die da bei nächtlicher Weile ihr We sen treiben. Und mit den Traditionen ihrer Vor altern nicht zufrieden, schafft die Phantasie der Freiberger, die, wenn es gilt Geister zu citi- ren, unerschöpflich ist, immer neue, bisher noch nicht gesehene Gestalten, die der übersinnlichen Welt angehören. Dabei kommt es ihm auf ein halbes Dutzend Geister mehr oder weniger nicht im geringsten an, so daß der große weite Dom, begnügte sich das luftige Heer nicht uut dem rllcr- kleinsten Räume, sicher nicht für den winzigsten Zwergkobold mehr Naum darböte. Ich wage keck zu behaupten, daß es unter zehn der älteren Bür ger Freibergs neun gibt, die alles Ernstes behaup ten, daß es ihnen im Leben wenigstens einmal aufgehockt. Während meines fast dreijährigen Aufenthalts in der Bergstadt verging wohl selten eine Woche, wo nicht hier eine weiße Gestalt sich gezeigt, dort ein schwarzer Hund mit feurigen Au gen gesehen worden, Diesen des Nachts beim Na men gerufen, Jenen in der Luft eine ungewöhn liche Erscheinung wahrgenommen, Manche sogar eine ganze Gcisterprocession um die Domkirche herum unter haarsträubenden Grausen erblickt ha ben wollten. Im goldnen Zeitalter Freibergs besonders (leider ist diese Glanzperiode, die nur noch in den Annalen der Stadt und im großen Strafbuche des Gymnasiums fortlebt, wie so manches andere Große und Schöne, im Strome der Zeiten unter- ' gegangen) wo der brauberechtigte Bürger goldkla res Äoppelbier brauen und ausschänken durfte, in diesem goldnen Zeitalter hatte der Geisterglaube seinen Culminationspunkt erreicht und war so recht eigentlich auf dem Strumpfe. Wenn der fleißige Handwcrksmann des Tages Last und Hitze ge tragen, der Berg- und Hüttenofsiziant seine Schicht verfahren, der Beamte die Feder ausgespritzt und der Primaner das Spcccmcn oder die lateimscch