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Wochenblatt für für Inseratenannahme für die König!. Amtshauptmaunschaft zn Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Vierzigster Jahrgang. Erscheint wöchentlich 2 Mal DienSta- und Freitag) Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzeln« Nummer kostet 10 Pj. Erscheint wöchentlich - Mal (Dienstag und Freitag.) Abonnementspreis vierteljährlich I Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Iw Jnseratenannabwe Montag» u. Doimcrstagr N I 8 n 8 As H D « UM DM H M Aw D MontagS u. Donnerstag- bis Mittag 12 llhr. V II V I II II II V bi« Mittag 12 Uhr. Nossen, Srebenlehn und die Umgegenden. Nr. 57. Dienstag, de» IZ. Juli 188«. 2. Für die durch die Wolkenbrüche in der Oberlausitz schwer Heimgesuchten haben ferner hier abgegeben: Stadtgemeinde Wilsdruff 239 M. 93 Pf., Gemeinde Herzogswalde 61 M. 50 Pf., Gemeinde Kaufbach 48 M., einige Mitglieder der Gemeinde Alttanneberg 10 M., Gemeinde Steinbach bei Wilsdruff 27 M. 75 Pf., Gemeinde Munzig 7 M. 30 Pf., Gemeinde Birkenhain 16 M. 20 Pf., Gemeinde Grumbach 103 M. Jetzt zusammen: 1828 M. 88 Pf. worüber dankend quittirt wird. Meißen, den 10. Juli 1880. In Stellvertretung des Amtshauptmanns. ». Mayer. In der letzten Nummer des Wilsdruffer Wochenblattes ist die Notiz enthalten, daß der Raupenfraß in den Aepfelbäumen, hef»»-e»O au de« Chaussee«, in diesem Jahre zu einer wahren Landplage zu werden drohe. Hierzu gestattet sich ergcbenst unterzeichnete Stelle zu bemerken, daß es hauptsächlichst die an den Chausseen stehenden Privatbäume sind, welche den Anblick von Besenreisig gewähren. Seiten der Straßenbauverwaltung sind an deren Bäumen so viel wie möglich Vorkehrungen zur Beseitigung der Raupen getroffen und daß ihr da« ran liegt, daß auch an den Privatbäumen zur Beseitigung des Ungeziefers beigetragen werde, dafür spricht ein bei hiesiger Königlicher AmtS- hauptmannschaft unterm 27. vorigen Monats gestellter Antrag auf Erlaß einer Bekanntmachung, die „Aepfelbaumgespinnstmotte" betreffend. Meißen, am 8. Juli 18^0. » Die Königliche Chaussee-Inspektion. ZVSeae -leuhau». In Sachen der Trunksucht. Paragraph 361,5 d es deutschen Reichsstrafgesetzbuchs lautet: „Wer sich dem Spiel, Trunk oder Müßiggang dergestalt hingiebt, daß er in einen Zustand geräth, in welchem zu seinem Unterhalte oder zum Un terhalte Derjenigen, zu deren Ernährung er verpflichtet ist, fremde Hülfe in Anspruch genommen werden muß, wird mit Haft bestraft." Das ist Alles, was man hat, um auf gesetzlichem Wege gegen das Laster der Trunksucht einzuschrciten. — Es darf sich also einer noch so oft betrinken — so lange er dabei nicht so weit herunterkommt, daß er oder die Seinen von der Gemeinde unterstützt werden müssen, so lange kann er nicht bestraft werden. So müssen also, abgesehen von dein eigenen Verderben des Trunkenbolds und von dem verderblichen Beispiel, das er giebt, die Gemeinden ruhig zusehen, wie einer sein ganzes Vermögen durch die Gurgel jagt und können nicht eher gegen ihn einschreiten, als bis er soweit ist, daß er mit seiner Familie der Armenkasse zur Last gefallen ist; erst dann kann er bestraft werden. Natürlich ist's dann zu spät. — Auf diesen schreienden Uebelstand ist nun schon von den verschiedensten Seiten hingewiesen worden. So hat auch in diesem Frühjahr wieder der Ausschuß der westphälischen Gefängnißgesellschaft eine Petition an den Reichstag gerichtet, in wel chem zum vierten Male um ein Gesetz gebeten wird, welches die Be strafung der Betrunkenen, die an öffentlichen Orten angetroffen werden, ebenso die Bestrafung der Wirthe angeordnet, welche geistige Getränke an Betrunkene, resp. notorische Trunkenbolde verabfolgen Men. Wir sind begierig, wie oft noch eine so dringende Sache in ds.^Papierkorb des Reichstages geworfen wird, und wie lange unsere Reichsregierung noch in dieser Beziehung nach dem liberalen Grundsätze des Gehen- lassens verfährt. Tagesgeschichte. Die „Dr. Ztg." schreibt in ihrem neuesten Leitartikel: Die gegen wärtige politische Lage Deutschlands erregt vielfache Besorgnisse. Es scheint, als ob sowohl Frankreich als Rußland auf eine Reihe von Jahren mit sich selbst genügend beschäftigt sein würden, als ob Deutsch land, trotz seiner engen Beziehung zu Oesterreich, durch neue oricnta- lische Verwickelungen nicht sonderlich in Mitleidenschaft gezogen werden könnte, aber eine Bürgschaft dafür besitzen wir natürlich nicht. Die auswärtige Politik ist für das Volk ein Buch mit sieben Siegeln, und da es gcnöthigt wird, sich eigene politische Ansichten zu bilden, so findet die Opposition, je friedlicher die Lage Deutschlands sich gestaltet, um so mehr eine Handhabe, wider die neuen großen Militärlasten zu eifern. Die Einziehung der Ersatzreserven muß sich als eine große Störung im wirthschaftlichen Leben äußern, und wenn dem Volke von berufener Seite richt erklärt wird, warum diese und andere Opker nothwendig sind, so wird eine Rückwirkung auf die Wahlen zu Gunsten derjenigen Partei, welche diese Opfer für unnöthig erklärt und die Verminderung der Militärlast auf ihren Banner geschrieben hat, welche innersten Herzens vielleicht die Reichsregierung ebenso wünscht, wie alle Parteien, etwa die Alt-Conservativen ausgenommen, unausbleiblich sein. Das Vertrauen zur Reichsregierung hat ferner einen Stoß erlitten, weil die direkte Initiative des Reichskanzlers zur Herstellung des Kirchenfriedens, der durch die Kirchenvorlage zunächst allerdings nur für Preußen er strebt wurde, in ihrer ganzen Art und Weise nicht mehr jener Energie entsprach, mit welcher der Kanzler früher den Culturkampf ausgenom men und geführt hatte. Man mag über die Zweckmäßigkeit des Frie dens mit dem Vatikan denken wie man will, so wird man in ganz Deutschland auch nicht einen Manu — außer vielleicht Henn von Puttkamer — finden, der behaupten möchte, der neue Frieden schädige nicht jenen Geist selbstbewußter Kraft, jenes patriotische Gefühl, daß der Papst in Deutschland „nix to seggen" hat, jene Begeisterung, welche das Volk dazu trieb, dew Träger der Reichsgewalt Denkmale und Denksteine zu errichten, welche die Erinnerung an Canossa ächteten und den Mann feierten, der nach achthundert Jahren gegen die Er neuerung der Ansprüche Gregor VII. thatkräftig einschrut. Der Ge danke an eine Art Concordat vertrügt sich nicht mit dem Namen deS Kaisers Wilhelm, des Fürsten Bismarck und des Ministers Falk, deren Wirken die prophetischen Worte eines Heinrich Heine erfüllten, als er Heinrich IV. dem thatkräftigen Gregor und der Mathildis im Schloß hofe zu Canossa zurufen ließ: „Du, mein liebes, treues Deutschland, — du wirst auch den Mann gebären, der die Schlange meiner Qualen — niederschmettert mit der Streitaxt!" Und nun gesellt sich dazu eine aufrichtige Verst-.mmung über die langsame und — gestehen wir es offen — zweifelhafte Besserung der Finanzlage des Reiches. Die Er gebnisse des Reichshaushalts für 1879/80 zeigen Ausgabe-Ersparnisse von 4'/^ Millionen Mark, aber Mehrerträge bei den Einnahmen nur circa 18'/» Millionen Mark. Die Zölle und Verbrauchssteuern haben iiiAjesammt nur circa 23'/, Millionen Mark mehr eingebracht, als im Vorjahre. Diese Summen bleiben weit zurück hinter den Erwartungen und Anschlägen der Reichsregierung; es ist gar nicht darauf zu rechnen, daß die viel höheren Deficits der Einzelstaaten damit beseitigt werden können, und die Summe ist völlig unzureichend, um mit den versprochenen Steuernachlässen vorgehen zu können. Es ist vielleicht zu erwarten, daß der Etat von 1880/81 beträchtlichere Uederschüsse aufweisen wird, aber das Volk — oder auch jedes Volk — versteht nicht zu warten, wenn es sich um Erfüllung politischer oder wirthschaftlicher Verspre chungen handelt. So ist auch hier der extremen Opposition eine be queme Gelegenheit gegeben, den wirthschaftlichen Segen des System- Bismarcks zu bekritteln und herabzusetzen und wenn, wie dies schon jetzt geschieht, behauptet wird, das nächste Jahr werde noch ungünstigere Ergebnisse zeitigen, so wird in Geldsachen stets der Pessimismus die Menge gewinnen. Zu diesen Hauptpunkten gesellen sich noch eine ganze Reihe anderer Punkte, welche — möglichst schwarz geschildert — das Vertrauen erschüttern müssen, so z. B. der charakterisirte „Ruf nach Brod", die ungünstige Ernte, für die man doch eigentlich nur den lieben Gott verantwortlich machen kann, die Agitation gegen die Ge treidezölle, der Hinweis auf die noch immer schwierige Lage des Er werbslebens, auf die ungebrochene Macht der Sozialdemokratie, auf die Möglichkeit eines conservativ-clericalen ReichsministeriumS, auf die Mchrlaft von circa 200 Miüonen neuer Steuern, auf den Einfluß der staatlichen Concurrenz für das private Erwerbsleben, wie neuer- dings durch die Filialen der kaiserlichen Tabaksmanufaktur zu Straß burg, auf die monopolistischen Jndustriepläne des Reichs (Eisenbahnen, Tabaksmonopol, Versicherungswesen) und dergl. Auf allen diesen Ge bieten fehlen offizielle Beruhigungen, positive Ermuthigungen des Ver trauens auf die Zukunft; es fehlt die richtige Action der Regierung, wie auch der Parteien, welche das Vertrauen zur Reichsregierung bis her gefördert haben. Fliegt der Stoff zur Unzufriedenheit in so rei chem Maße, wie jetzt den extremen Parteien zu, liegt er gewissermaßen in der Luft, die man athmet, so mag man sich auch nicht wundern, wenn die Wahlen eine neue unerwartete Sprache reden! Geh. Regierungsrath Reuleanx hat Berlin bereits verlassen, um als Reichskommissar bei der Ausstellung in Melbourne die Interessen der deutschen Aussteller wahrzunehmen. Da die Ausstellung erst am 1. Oklbr. eröffnet wird, so beabsichtigt er vorher die Stätten der Aus grabungen von Schliemann und Humann in Griechenland zu besuchen, und wird wahrscheinlich gegen Ende August in Melbourne eintreffen. Rücksichtlich der Bctheiligung Deutschlands an der Ausstellung weist