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Wochenblatt für für Wilsdruff, Thimmdt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden für die Königl. Amtshauptmannschast zu Meißen, das Königl. Amtsgericht nnd den Stadtrath zn Wilsdruff, vierzigster Jahrgang. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag). AbonncmentSprei» vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannabme Montags u. Donnerstag- bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag). Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannabme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Nr. 44., Freitag, dm 28. Mai - 188«. Bekanntmachung. In neuerer Zeit sind wiederholt Situationszeichnungen über auszusührende Neubaue unvollständig und ohne Angabe der Entfernungen von öffentlichen Wegen und Eisenbahnen, hier eingereicht worden. Die Herren Gemeindevorstände werden daher unter Hinweis auf HF 114 und 115 des Leitfadens 4. Auflage hiermit veranlaßt, künftig alle Situationszeichnungen, insbesondere in den Fällen, in welchen die Bauplätze in der Nähe von öffentlichen Wegen nnd Eisenbahnen ge legen sind, hauptsächlich in Bezug auf die Entfernung von letztern, genau und sorgfältig zu prüfen und daferne die Zeichnung mangelhaft be funden wird, solche enweder dem Bauunternehmer zur Vervollständigung wieder zurückzugeben oder dieselbe bezüglich der vorgefundenen Mängel oder etwaigen Unrichtigkeiten niit entsprechender Bemerkung zu versehen. Meißen, am 24. Mai 1880. Die Königliche Amtshauptmannschnst. von Bosse. Von dem unterzeichneten Königlichen Amtsgericht soll den 1. September 1880 das dem Hausbesitzer Karl Gottlob Petermann in Sachsdorf zugehörige Haus- und Feldgruvdstück Nr. 29 U. des Katasters und Nr. 42 und 78 des Grund- und Hypothekenbuches für Sachsdorf, welche Grundstücke am 23. April 1880 ohne Berücksichtigung der Oblasten auf 3965 Mark -- gcwürdert worden sind, nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle aushängenden Anschlag hierdurch bekannt gemacht wird. Wilsdruff, am 20. Mai 1880. Königliches Amtsgericht daselbst. IU. Gangloff. Or. Ulbricht. Nachdem auf die Zeit vom 23. Mai bis niit 1. Juli dss. Js. mit der interimistischen Besorgung der friedensrichterlichen Geschäfte in dem Orte Sora der Referendar bei dem unterzeichneten Königl. Amtsgerichte Ur. gar. Ulbricht betraut worden ist, wird solches hier durch znr öffentlichen Kenntniß gebracht. Wilsdruff, am 25. Mai 1880 Das Königliche Amtsgericht. I)r. Gongloff. Tagesgeschichte. Bismarck will einen Versuch machen, vielleicht den letzten, dem Kulturkampf d. h. dem Kampf zwischen dem Papstthum und dem Staate in Preußen ein Ende zu machen. Dazu verlangt er von dem Preuß. Landtage Vollmacht für das Staatsministerium zur theilweisen Aenderung der bekannten Maigcsetze d. h. der Kampsgesetze gegen Rom. Er will freie Hand haben für die Regierung, größere oder kleinere, immer aber wichtige Zugeständnisse zu machen, je nachdem der Papst ihm mehr oder weniger cntgcgenkommt. Es wäre ein Glück für das junge deutsche Reich, wenn ein Frieden nntcr billigen und dauerhaften Bedingungen zu Stande käme, ein Glück, das des Schweißes der Edlen werih wäre, großes Vertrauen zum Gelingen aber kann man noch nicht haben, auch wenn der Landtag die von ihm erbetene Vollmacht ertheilt. Viel wird daraus ankommen, ob Bismarck, als er sich die Vollmacht erbat, ini vertraulichen Einver ständnis; mit Rom oder ob er ohne Rücksicht auf die Absichten Roms gehandelt hat. Ist das Letztere der Fall, so liegt die Sorge nahe, daß das neue Gesetz so wenig zum Ziele führt wie die alten Gesetze. Die „Germania", die leitende Zeitung des „Centrums", giebt vorläu fig wenig Hoffnung. Sie sagt von dem neuen Gesetze: „Eine an dere Nummer, aber derselbe Faden, eine andere Form, aber dieselben Mittel und dieselben Ziele". Wie der Fall eines Funkens in das Pulverfaß, so hat in den parlamentarischen Kreisen Berlins ein Telegramm der „Kölnischen Zeitung" aus Rom vom 22. Mai gewirkt, welches lautet: „Der Weg, welchen die preußische Regierung mit dem Staatsministerial beschluß vom 17. März und der Vorlage über die Maigesetze be treten hat, findet nicht den Beifall der päpstlichen Kurie. Kardinal Jacobini hat den Auftrag erhalten, der preußischen Regierung zu er öffnen, daß der Papst das fakultative System, für welches sie sich entschieden hat, mißbilligt und infolge dessen die in dem Breve an den Erzbischof Melchers bezüglich der Anzeige der Priester Ernennung gemachte Konzession zurücknimmt und für ungeschehen erklärt." Der Buudesrath hat de» Antrag, die Stadt Altona i» das Zollgebiet aufzunehmen, angenommen. Die Formirung der neuen Regimenter findet der gesetzlichen Bestimmung zufolge am 1. April nächsten Jahres statt. Die erfor derliche Maunschaftszahl wird dadurch gewonnen, daß im Herbste hei stdem Infanterieregiment 48 Rekruten mehr zur Einstellung gelangen (im entsprechenden Verhältniß auch bei der Artillerie und den Pionireu). Um diese Mehreinstellung mit dem Etat in Einklang zu bringen, wird zum 1. Oktober die gleiche Zahl von älteren Mannschaften bis zum März k. I. zur Disposition der Truppentheile beurlaubt. Von den neuen Regimentern werden viele an die französische und russische Grenze verlegt. Als nicht uninteressanten Beitrag zu der im sociäldemokratischen Lager herrschenden süßen Eintracht darf eine Erklärung des in Zürich erscheinenden internationalen Organs der deuischen Socialdemokraten betrachtet werden, wonach der Abg. Hasselmann, Vertreter von Barmen- Elberfeld, aus der socialdemokratischen Partei ausgeschlossen worden § ist. Der Parteibeschluß wird damit begründet, daß Hasselmann durch seine kürzliche Rede im Reichstage gelegentlich der dritten Lesung des Socialistengesetzes, welche er damit beschloß, „daß er bedauere, daß die deutschen Socialdcmokraten sich nicht mit den Nihilisten und Commu nisten identificiren", die Partei-Interessen schwer geschädigt habe. Herr Hasselmann fühlt sich übrigens auch schwer gekränkt durch eine Äeu- ßcrung Liebknechts, der die Frage aufgeworfen haben soll, was. wohl Hasselmann für jene famose Brandrede von Fürst Bismarck gekom men habe, und so wird denn dieser kleinen Episode aus dem Reichs tag noch ein Nachspiel vor Gericht folgen auf welches man immer hin gespannt sein kann. Den Berliner Technikern, die mit ihren Lehrern eine Pfingstfahrt nach Prag machten, wurden zwar von czechischen Studenten die Fenster im Gasthofe eingeworfen, sie schüttelten aber nicht den Staub von den Füßen, sondern frischten Kehlen und Gcmüther in Gemein schaft mit den deutschen Studenten und Professoren in einem Fest commers an. Helle Freude machte ein Telegramm der Wiener Ma schinenbauer: „Gottlob, die deutsche Cultur ist stärker als Fenster scheiben." Diese Depesche ist in Prag geflügeltes Wort geworden. In Darmstadt ist am 22. Mai Abends Freiherr Heinrich v. Gagcrn, der einst hochgefeicrte Präsident des ersten deutschen Parla ments, gestorben. Er war 1799 in Bayreuth geboren und wurde nahezu 81 Jahre alt. Stuttgart, 22. Mai. In der vorvergangenen Nacht wurde auf eine bisher noch unaufgeklärte Weise im Geheimkabinet des Königs ein Einbruch verübt. Die Verbrecher sind bis jetzt noch nicht ermittelt, auch läßt es sich noch nicht genau konstatiren, was fortgeschlcppt wurde; der Wichtigkeit der Sache wegen wurde zur Ausnahme des Thatbestands eine besondere Kommission eingesetzt. Merkwürdig ist es, daß der Einbruch geschehen konnte, ohne daß die Patrouille der in der Nähe des Kabincts befindlichen Hauptwache ir gend etwas davon bemerkte. (Nach dem „B. B.-C." wurden zahl reiche und werthvolle Orden gestohlen.) Im „Journal des Dobats" begegnet man einer beachtcnswerthen Besprechung der Arbeitseinstellungen im französischen Nord departement. Dasselbe! hebt dabei die Thorheit der Arbeiter hervor, die sich immer wieder van politischen und kirchlichen Anstiftern miß brauchen lassen. In Roubaix ist es ein Mitglied des Marseiller Ar beiterkongresses, der als Haupturheber der Ardeitseinstessungen fungirte. „Strikes sollten", führt das „Journal des Döbats" aus, „gleichzeitig yuf verschiedenen Punkten des französischen Gebiets ausbreche»; es war abgemacht worden, daß sie sich auf eine geringe Anzahl von Fabriken beschränken sollten, und hierfür hatte man diejenigen ausgesucht, welche die besten Geschäfte machen. Die englischen Arbeiter erwählen gewöhn lich den Augenblick, wo die Geschäfte im vollen Gange sind, um Sinke zu machen und dem Fabrikherren unvermeidliche Zugeständnisse aus zupressen, ein Vortyeil, welchen diese die Arbeiter theuer bezahlen lassen, sobald die Geschäfte abnehmen. Bei uns begnügt sich im Durchschnitt der Arbeiter mit einem festen Lohn, der folglich dauert, unter der Be dingung, daß dieser Lohn ihm das Leben friste; in England strebt er nach einer Art von Theilnahme an dem wandelbaren Gewinn des