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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Das .Wilsdruffer Tageblatt" erjchein, an ollen Werlllagen nachmittags 4 Uhr. Bezugspreis monailich 2— BM krei Haus, bei Pottbestellung I.8U AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern lo Rpsg. Alle Postanstalten und Poft^ jederzeit Bestellungen ent- Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Age^^m^lle^^ Gewalt. Krieg ad. sonstiger ! ! 2-2 Betriebsftörunoen Kei» Anspruch aus Lieierung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises, «üchsendung eingesandter Echriltftüche erfolgt nur. wenn Rückporto beiliegt. 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August 1934 Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Das seltsam-tragische Geschick ha! es auch gewollt, daß der Generalfeldmarschall die Augen schloß, als ein Land von tiefsten Erschütterungen durchtobt war, dem er vor 20 Jahren schon einen großen Teil seiner Arbeit und seiner Sorgen hatte widmen müssen. Und das ihm, jetzt nicht als Deutschlands Reichspräsidenten mehr, sondern als deutschen Menschen Gegenstand des Miterlebens und Mitfühlens in seinen letzten Tagen geworden ist. Das war Österreich. Im Spätherbst 1914 hat der Hinden burg-Vormarsch bis zur Weichsel als Rettung gewirkt. Nun war des deutschen Reichspräsidenten letzte politische Verrichtung, dem österreichischen Bundespräsidenten die Teilnahme Deutschlands zur Ermordung des Bundes kanzlers Dr. Dollfnß zu übermitteln. Es ist nicht bloß eine äußerliche Ehrung gewesen, daß Hindenburg, als erster preußischer General, während des Krieges zum Chef eines österreichischen und eines ungarischen Honved- Negimentes gemacht worden ist. Denn'die Russen waren im Begriff, von den Höhen der Karpathen hinunterzu steigen in die ungarische Tiefebene, als der Stoß Hinden burgs sie traf. An einem seidenen Faden hing das Schick sal der- Monarchie; da kam Hindenburg. Nicht äußerlich nur, sondern er drang ein, er, der Russensiegcr, ins Herz und ins Hoffen unserer österreichisch-ungarischen Waffen brüder. Daran mag und soll man gerade jetzt denken; dessen muß man am Tage des Kriegsausbruchs, an dessen 20. Wiederkehr Hindenburg hinaufschritt zu seinen Ahnen, gerade darum gedenken, weil an dieses Mannes Jüng lingserleben bei Königgrätz eine österreichische Kugel einen Riß getan hat. Und Österreich soll an der Bahre des toten Generalfeldmarschalls sich dessen erinnern, wie er, vier Jahre hindurch, im Krieg alles tat, um dem Brudervolk zu helfen. Vielleicht hat cs darum nieman den tiefer als ihn 'geschmerzt, daß die Selbstbesinnung des von ihm geführten deutschen Volkes an den Grenzen Österreichs Halt machen sollte, — und daß an den süd lichen Grenzen dieses Landes die Italiener billige Truppenverstärkungen veranstalteten, die gefahrloser als damals im Oktober 1917, als die, jetzt von Truppen bewegungen erfüllten Straßen zwischen Udine und Ich hass einen Kameraden... Ker Abschied des Frontsoldaten — „Deutscher Kamerad' in Lsterreich — über dem Feld von Tannenberg. s Noch ist, was sterblich war an Hindenburg, über der Erde, über der ostprcußischen Erde, die er vor zwanzig Jahren befreit hat. An seine Bahre heran wogt eine Flut der Teilnahme des Auslandes, die uns Deutsche mit Stolz erfüllt. Denn sie ist nicht etwa konventionell wie sonst beim Hinscheiden des Staatsoberhauptes eines fremden Staates, erschöpft sich nicht etwa in den mehr oder weniger formellen Beileidstelegrammen, sondern in den langen Artikeln der Auslandspresse schwingt — auch dort, wo man im Weltkrieg die Schärfe des Schwertes gespürt hat, das Hindenburg führte — etwas von dem Gefühl mit, das uns Deutsche heute bis in die letzten Fasern unserer Herzen erfüllt: Es starb ein Mann, der selbstlos nie an das eigene Ich gedacht hat, sondern Immer nur an sein Volk! Ein Mann, der seme letzten Lebenskräfte eingesetzt hat, um seinem Volke zu dienen. Ein Mann, der „in den Sielen starb", wie ein Bismarck es sich ersehnt hatte und wie es jenem Kaiser beschieden war, den Hindenburg 1871 als des deutschen Volkes Einiger mit begrüßen konnte. Aber wenn sich die Flut der ausländischen Anteilnahme verlaufen hat, dann tritt an Hindenburgs Bahre eine andere Gestalt heran. Eine Kriegergestalt im einfachen grauen Waffenkleid. Hart sind die Züge seines Gesichts und schmal das Antlitz. Straff ist die Haltung, denn der Mann steht vor jenem, von dem er saft fünf Jahre hindurch geführt wurde: der Frontsoldat. Der hat seinen Hindenburg gekannt seit dem Tage von Tannen berg. Zu ihm wandten sich des deutschen Front soldaten Wünschen und festes Hoffen in den Zeiten, wenn die Not bergehoch anstieg. Bis dann aber alle Bangnis durch das zuversichtliche Wort gelöst wurde: „Er wird's schon schassen!" „Er", — das war eben Hindenburg für den Frontsoldaten. „Er", — das war nicht „der Feld herr", sondern das war der Vater des Front heeres, der Vater des einfachen Mannes im grauen Waffenkleid, der selbst genau gewußt und nicht bloß gefühlt hat, daß gerade unter der gewaltigen Last der Ver antwortung, die Hindenburg zu tragen hatte, doch immer „Er", äußerlich nicht sichtbar, aber innerlich mit felsenfester Gewißheit empfunden, für die Millionen deutscher Front soldaten war, ist und bleiben wird: der gute Kame rad. Und von diesem guten Kameraden hat an der Bahre in stiller Nacht der deutsche Frontsoldat feinen Ab schied genommen. Leise summten die Lippen das Lied, das so ost über dem Grabe oder im Gedenken an die Ge fallenen erklungen ist in schmerzvoller Trauer und ver haltenen Tränen, wenn dumpf grollend der Donner der Ge schütze herüberklang: „Ich halt' eine« Kame rad en. . Im Trauerhaus zu Neudeck. Lin Gang varch das Sterdehaos. Am Freitagnachmittag wurde den in Freystadt an wesenden Vertretern d e r deutschen und auslän dischen Presse Gelegenheit gegeben, Haus Neudeck und das Sterbezimmer Hindenburgs zu besich tigen. Das Gutshaus von Neudeck atmet in allen Räumen den Geist des großen Toten. In diesem Hause aber ist fast jeder Gegenstand ein lebendiges Zeugnis dieses gewaltigen Lebens. Da steht neben dem Schreibtisch des Feldmarschalls unter einer Glasglocke der Helm von Königgrätz mit den Spuren de r S chrap - nellkugeln, die den jungen Leutnant von Benecken- dorff und von Hindenburg während der Schlacht ver wundeten. Eine dieser Schrapnellkugeln liegt jetzt aus dem Totenbett des Feldmarschalls. In der Bibliothek sieht man unter anderen wertvollen und inhaltreichen An denken einen Ehrensäbel, den die japanische Regierung kurz nach Beendigung des Weltkrieges dem Feldmarschall zum Dank für seine ritterliche Kampfes- weise überreichen ließ. Im gleichen Raume liegt ein Teppich, der in anderer Weise Zeugnis ablegt für Hinden burgs tapfere soldatische Haltung: Im Jahre 1922 wurde dieser Teppich von den Kugeln eines Einbrechers ge troffen. Der damals schon 72jährige Feldmarschall war dem Einbrecher unerschrocken entgegengetreten und hatte ihm die Pistole aus der Hand geschlagen. Da neben sieht mau u. a. militärische Erinnerungsstücke und zahlreiche ko st bare Ehren hü raerbriefe. über all dem aber liegt nicht svon derToten- stimmung eines Museums. Nur die Eichenkränze auf den hohen Lehnstühlen, die der Feldmarschall im Arbeitszimmer und in der Halle regelmäßig benutzte, er innern daran, daß der greise Held nebenan auf der Bahre liegt — wenn auch seine Gestalt als. Mythos schon heute lebendig ward für alle Zeiten. Wir stehen im VorzimmcrdesSterbe- zimmors. Es ist ein ziemlich kleiner Raum, in dem wir einzeln an Hindenburgs Totenbett vorübergehen. Ein Bild von so monumentaler Größe erschüttert uns, daß der Eindruck dieser kurzen Sekunden bis ans Lebensende un verwischbar vor unserem geistigen Auge bleiben wird. Menschliche Trauer tritt an diesem Sterbebett hinter Größerem zurück: Der Feldmarschall liegt noch so auf seinem Bett, wie er entschlief. Der Oberkörper ist hoch gebettet. über dem weißen Laken erhebt sich das von un endlichem Frieden verklärte Antlitz. Keinen Verfall zeigen die Züge des fast 87jährigen Helden, sondern eine Größe, die im Tode noch monumentaler wirkt als im Leben.. Am Kopf- und Fußende des Totenbettes halten unbeweglich je zwei Offiziere des Reichsheeres die Totenwacht. Ein Gang durch den Park von Neudeck an den Lieblingsplätzen des hohen Gutsherrn vorbei führt zu dem kleinen Friedhof, der die Ahnen des großen Feld marschalls mit den verstorbenen Bewohnern des Dorfes Neudeck vereint. Hier schlafen auch Hindenburgs Eltern den ewigen Schlaf. Es ist Ostpreußens heilige Bauern erde, aus der sie alle ihre Kraft für Deutschland ge wannen, Vom Feldmarschall bis zum Knecht hinter« '4. Reichspräsident von Hindenburg aus dem Totenbett. Hauptleute des Reichsheeres halten die Totenwache. Kärnten bedeckt waren von den Massen der hemmungs los Flüchtenden, die unter Hindenburgs Schlägen gen «Westen flüchteten. Als die Österreicher jubelnd in die lombardische Tiefebene hinunterstiegcn! Und als, mit Hindenburgs Bild im Herzen, auch der letzte Soldat aus dem Völkergemisch der österreichischen Armee das kleine, einfache Wort stamm-eln konnte: „Deutscher Kamerad!" * Dort, wo des Generalfeldmarschalls erster Sieg die russische Woge zum Stehen brachte, und nun das gewaltige Tan^nnb ergd enkmal weit hinausschaut über das Schlachtfeld des August 1914, wird der Sieger von Tannenberg die letzte Ruhestätte finden. Der Leib des Toten kehrt dorthin zurück, wo der unvergängliche Ruhm des Lebenden seinen Flug zu den ewigen Sternen begann. Und wenn Hindenburg hineingescnkt wird in die Erde, wenn ihn nun diese ostprcußische Erde umfängt, die er gerettet bat, — dann klingt cs durch alle deutsche Lande, tönt es herauf aus den Gräbern der zwei Millionen Ge fallener als Trauermarsch: „Ich halt' einen Kameraden, Einen bessern findst du nicht