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ess» Früher Wochen- und Nachrichtsblatt Tageblatt sb -»jikrf Mit, «mÄnf, Mas, StWa, Semi-Äkt »nicm. Michl, SchmE MaStMes, St, Wtli, AnMns, Ifinr Mtmilsa, SitlchiMel ui DrWni Amtsblatt für das Kgl. Amtsgericht und den Stadttat zu Lichtenstein Älteste Zeitung im Königlichen Amtsgerichtsbezirt — - - -— K-A. Jahrgang. - - - — — Rr. 302, Donnerstag, den 29. Dezember 1904. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) nachmittags für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 2S Pfg., dmch die Post biogen 1 Mk. SO Pfg. Wytlne Nummern 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Zwickauerstraße 397, alle Kaiserlichen Postanstatten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. Inserate werden dir sünfgespallene Gruntyeil« mtt 10, für auswärtige Inserenten mtt t S Pfennigen berechnet. Im amüichen Teil kostet die zweispaltig« Zelle SO Psennige. — Inseraten-Annahme täglich bis spätestens vormittags 10 Uhr. Versteigerung. Freitag, den SO. Dezember d. I., nachmittags 2 Uhr wird in der Restauration des Herrn August Rudolph in Hohndorfein Kutschwagen gegen Barzahlung öffentlich versteigert. Lichtenstein, am 27. Dezember 1904. Der Gerichtsvollzieher des Königlichen Amtsgerichts Bekanntmachung. Am 4. Januar nächsten Jahres treffen Ihre Durchlauchten der Fürst und die Fürstin von Schönburg-Waldenburg in unserer Stadt ein, um hier Ihren Einzug zu halten. Die hohen Herrschaften fahren mit dem Wagen durch die Glauchauer Straße, über die Brücke durch die Hauptstraße und Chemnitzer Straße nach dem Schlosse, woselbst eine feierliche Begrüßung stattfinden wird. GS ergeht nun an die Bewohnerschaft unserer Stadt die herzliche Bitte, die Häuser an denjenigen Straßen und Plätzen, welche das hohe Paar auf Seiner Durchfahrt berühren wird, mit Fahnen, Guirlanden u. dergl. m. zu. schmücken, damit dem Einzüge ein möglichst festliches Gepräge gegeben wird. Lichtenstein, am 28 Dezember 1904. Der Etadtrat. Steckner, Bürgermeister. Ern Reformerlaß des Zaren. Der mit Spannung erwartete Erlaß des Zaren, der seinem Volke gewisse Reformen in freiheitlichem Sinne bringen sollte, ist soeben erschienen. Der Erlaß ist an den Senat gerichtet und hat folgenden Wortlaut: „Bei unabänderlicher Wahrung der Unerschütter lichkeit der Reichsgrundgesetze soll an Aenderungen, für welche das Bedürfnis gereift ist, zur Befriedigung der Bedürfnisse des Volkes herangetreten werden. Die erste Sorge des Kaisers bildet die Ordnung des Daseins deS Bauern st andes. Hierüber finden bereits eingehende Beratungen von ausqe- wählten höcksten Berwaltungspersonen statt. Der Kaiser befiehlt, daß diese Arbeiten und Gesetze für den Bauernstand mit der allgemeinen Reichsgesetz gebung in Einklang gbracht werden, zur dauernden Sicherheit dieses Standes als vollberechtigter freier Landbürger. Ferner sind unaufschiebbar: 1. Maß nahmen zum Schutze der vollen Kraft des Gesetzes und der Haftbarmachung der Behörden für willkürliche Handlungen; 2. weitere Teilnahme der örtlichen und städtischen Einrichtungen an der Lokalverwaltung unter Verleihung der erforderlichen Autonomie und Heranziehung von Vertretern aller Teile der interessierten Bevölkerung, sowie neben den Semstwos die Schaffung lokaler Verwaltungskörper für die Grundstücke kleineren Umfanges; 3. eine Gerichtsreform zur Wahrung der Gleichheit vor Gericht und Unab hängigkeit der Gerichtsverfügungen; 4. staatliche Arbeiterversicherung; 5. Durchsicht der während des Auftretens verbrecherischer Feinde der öffentlichen Ordnung erlassenen Ausnahmebe stimmungen ; 6. Durchsicht der Gesetze über d i e Rechte der Sektierer und Personen nichtchristlicher Bekenntnis zur Festigung der durch die Grundge setze des Reiches geheiligten Duldsamkeit in Glaubenssachen; 7. Durchsicht der bestehenden Verordnungen, welche die Rechte von Aus ländern und Eingeborenen in besonderen Reichsgebieten beschränken, indem nur die Rußlands Wohl fördernden Bestimmungen übrig bleiben; 8. die überflüssigen Einschränkungen in Verordnungen über die Presse zu beseitigen zum Nutzen Rußlands. Der Kaiser ordnet auf diesen Grund lagen baldigste Umgestaltung an und bestimmt die Prüsung aller Fragen durch das Mintsterkomitee, sowie die Einsendung der Berichte und Beschlüsse". Der Erlaß selbst enthält also, wie man sieht, noch nicht die Einzelheiten der geplanten Reformen. Er ist gleichsam nur eine Direktive an den Senat. Als seine bedeutsamsten Punkte kann man bezeichnen die Haftbarmachung der Behörden für willkürliche Handlungen, die Gerichtsresorm, die den Sektierern in Aussicht gestellte größere Duldsamkeit und end lich die Beseitigung der überflüssigen Beschränkungen der bisher geknechteten Presse. Was der Zar hier seinem Volke bietet, ist nicht gerade übermäßig viel, aber es ist ein vielversprechender Anfang. Von diesem bis zur Wahl von vom Volke gewählten Vertretern, also bis zum KonstitutionalismuS und Parlamentarismus, ist noch ein weiter Weg und wenn auch das bisherige autokratische System in Rußland beibehalten wird, so zeigen die Zugeständ nisse in dem Erlasse des Zaren dennoch, daß der Selbstherrscher aller Reußen sich der Notwendigkeit einer Lockerung dieses Systems nicht zu verschließen vermochte. Für eine Konstitution im westeuropäischen Sinne ist Rußland zur Zeit noch nicht reif — man darf daher jedes Zugeständnis an das entrechtete Volk mit aufrichtiger Genugtuung begrüßen. Politische Rundschau. _ _ Devtfchss Reich "Ober st Leutwein, der bisherige Gouverneur von Deutschsüdwestafrika, wird Ende dieses Monats in Berlin eintreffen. Seiner Ankunft eilt eine Flut von Anklagen und schweren Beschuldigungen voraus. Daß diese an zuständiger Stelle sämtlich sorglich geprüft werden, ist mit Sicherheit zu erwarten Dagegen ist es in hohem Grade zweifelhaft, ob daraus Material für die Erhebung der Anklage gegen Leutwem wegen Verletzung seiner Dienstpflichten geschöpft werden kann. Eher möglich wäre der eigene Wunsch Leutweins auf Einleitung einer Untersuchung gegen sich. * Der vielgenannte Oberhof meister der Kaiserin, Frh. v. Mirbach, macht jetzt wieder von sich reden. Bekanntlich hat Freiherr v. Mirbach nach den Enthüllungen im Pommernbankprozeß sein Amt als Leiter des Kabi netts und Verwalter der Schatulle der Kaiserin niedergelegt, und zu feinem Nachfolger wurde Kammerherr D r. v. Behr-Pinnow ernannt. Zwischen den beiden Herren herrscht eine erbitterte Rivalität. Freiherr v. Mirbach will sich nicht ganz „absägen" lasten und kämpft energisch um seine Stellung am Hofe, aus der Dr. v. Behr ihn angeblich zu verdrängen sucht. Es heißt, daß, wenn v. Mirbach zum Beispiel in der Kanzlei einen Befehl erteilt, Dr. v. Behr das Gegenteil anordnet, und seine Anordnungen auch ausgeführt werden. Die Sache soll soweit gediehen sein, daß das Oberhof marschallamt des Kaisers als Schiedsgericht ange rufen wurde, und dieses soll sich auf die Seite von Dr. v. Behr gestellt haben. Auf den endgültigen Ausgang dieser Fehde darf man gespannt sein. * Die Stadtverordneten in Köln a. Rh. bewilligten 3000 Mk. für zwei Arbeits losenzählungen die im Januar und Juni vorgenommen werden sollen. * E» ift bekannt, daß die sozialdemo kratischen Reichstags« bg «ordneten auS der Parteikasse Diäten erhalten. Nach dem letzten Kaffenbe richte haben im vorigen Jahre die Reichstagskosten für die Sozialdemokratie 45 847 Mk. betragen. Wie Bebel kürzlich im Reichstage mitteilte, würden die Parteidiäten „je nach dem sozialen Stand und nach den persönlichen Verhältnissen" der Empfänger bemessen, weshalb die Fraktion nach der sozialen Stellung ihrer Mitgl'eder in fünf verschiedene Klassen einyeteiltsei. An diese Klasseneinteilung der Fraktion-Mitglieder und die verschiedene Bemeffuna einer aus der Parteikasse gewäheten Entschädigung bei einer Partei, die angeblich die Unterschied« der Klaffen ausheben möchte, hat sich «ine lebhaft« Erörterung in oer bürgerlichen Presse angeknüpft. Die sozialdemokratischen Blätter schwiegen dagegen zunächst ganz. Dafür belehrt jetzt der „Borwär 1»" die Well dahin, daß die Diäten, di« den Reia.StagSaüg»ordneten gezahlt würden, überhaupt nicht- seien al- «ine bloße Entschädigung für unmittelbare Auslagen, die au- deir Anwesenheit im Reichstage erwachsen. Die von Bebel er wähnte Klaffeneinteilung beruhe daher „selbstverständlich" nur darin, daß die Diätensätze je nach dem Matze der Beruf-ent schädigung abgestuft seien, die die verschiedenen Abgeordnet n auf sich nehmen müßten. Wer von den Abgeordneten in Berlin wohne, erhalte sür die Sitzung 3 Mk., wer^ in Berlin wohne und durch seine Anwesenheit im Reichstage seinen Beruf versäume und wer auswärts im festen Einkommen steh«, erhalte 7 Mk. Die auswärts wohnenden, aber außerdem ihrem Berufe entrissenen Fraktionsmitglieber erhielten 10 Mk. Dazu kämen die Mietsentschädigungen für die auswärts Wohnenden. Mit dieser Feststellung läßt sich die Bebelsche Mitteilung nicht zusammenreimen, man weiß also nicht recht, ob der sozialdemokratische F ihrer die Wahrheit gesprochen hat, als er angab, die Fraktion sei nach der sozialen Stellung der Mitglieder in fünf verschiedene Klassen geteilt, oder ob die Angabe des Vorwärts richtig ist, wonach die Fraktionsmit glieder je nach dem Maße der durch ihre Mandatsausübung verursachten Ausfälle in der Berufseinnahme eine in nur drei Klaffen abgestufte Entschädigung erhalten. Man sieht aber auS der Angabe des Vorwärts, daß die Sozialdemokratie bei der Aufstellung der Kandidaten finanziell recht stark interessiert ist. Werden Berliner Parteibeamte, Re dakteure, Rentner usw. in den Reichstag entsandt, so kosten sie der Parteikasse täglich nur 3 Mk. Arbeiter aber, die außerhalb wohnen, würden, wenn die sozialdemokratische Partei überhaupt daran dächte, solche in den Reichstag zu entsenden, täglich 10 Mark und dazu noch Wohnungent schädigung kosten, das wäre eine Differenz der Reichstags unkosten sür jeden solchen Fall von jährlich mindestens <00 Mk. Mit den 45 347 Mk. würde also tie Sozialdemokratie kaum die Hälfte der Diätenzahlung leisten können, wenn sie unabhängige Arbeiter aus allen Teilen Deutschlands als Vertreter der angeblichen Arbeiterpaitei zu Abgeordneten wählen ließe. England * L o n d o n, 28. Dez. Die Sensation der Weihnachtsfeiertage bildete der Rücktritt des populärsten Seemanns in England, des Lords Charles Beresford, vom Ober befehl der Atlantischen Flotte, zu dem er vor acht Tagen zu allgemeiner Befriedigung ernannt worden war. Ein Admiralitätsbesehl kündet ohne jede An gabe von Gründen an, daß der Kontreadmiral William Henry May zu seinem Nachfolger er- nannt sei. Darüber, ob Lord Charles Beresford einen anderen Posten erhält, verlautet kein Wort. Vom Herero-Aufstande. Ueber einen Erfolg gegen die Witbois meldet General o. Trotha un- term 23. Dezember aus Windhuk: „Von der Ab teilung Kleist griff Oberleutnant Ritter mit der 2. Kompanie und einer halben Batterie am 21. Dezember aufständische Nordbethanier, Kamadams und Witbois überraschend an und zersprengte den 150 bis 200 Mann starken Feind, der in ver schanzter Stellung am Hudup südlich Aub hart näckigen Widerstand leistete, nach 10 Stunden langem Gefecht vollständig. 12 beladene Ochsenwagen, 50 Pferde, gegen 1000 Stück Großvieh, mehrere tausend Stück Kleinvieh, mehrere Gewehre, zahlreiche Muni tion wurden erbeutet, 10 tote Hottentotten gefunden. Nach Meldung Lengerkes sind die V e l d s ch o en drag e r , die am 15. Dezember bei Koes ge ». schlagen und nach allen Richtungen zersprengt waren, mit dem Hauptteil in südlicher Richtung nach den Karrasbergen panikartig entflohen. Die Verfolgung wurde am 18. Dezember abends abge brochen. Der Feind hat bei Gefecht und Verfolgung