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WMMMrgMM Früher Wochen- und Nachrichtsblatt Tageblatt Ur hgüns. Mit, HMns, Was, A.W», HtiiMkl, Mtm, Mirski, Mmsbrs, MsaSlWis, öt.3ia^ St. Meli, AmMorf, Tbm, Memilsei, AWwel ui BMm Amtsblatt für das Kgl. Amtsgericht und den Stadlrat zu Lichtenstein — Älteste Zeitung im Königlichen Amtsgerichtsbezirt - - — — T4. Jahrgang. , .... Nr. 129. Dienstag, den 7. Juni 1904. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) nachmittags für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pfg., durch di« Post bezogen 1 Mk. 50 Pfg. Einzelne Nummern 1V Pfennige. — Bestellungen nehmen autzer der Erpedition in Lichtenstein, Zwickauerstratze 397, alle Kaiserlichen Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. Inserate werden die fünfgespaitene Grundzeile mit 10, für auswärtige Inserenten mit 15 Pfennigen berechnet. Im amtlichen Teil kostet die zweispaltige Zeile SO Pfennige. — Inseraten-Annahme täglich bis spätestens vormittags 10 Uhr. Dienstag, den 7. Jnni, von s Uhr vormittags an bis vermutlich gegen Abend wird die Hochdrnck- wafferleitung wegen eines Veränderungsbaues in der Zwickauerstratze, Güterbahnhofstratze, Schützenstraße und dem Wege an der Kreuzlaithe außer Betrieb gesetzt sein. Lichtenstein, 4. Juni 1904. Die WasserwerkSverwaltnug. Götze. Das marokkanische Problem. Das Kaiserreich Marokko, das einzige noch selbst ständige Staatenwesen in Nordafrika, beginnt seit einiger Zeit mehr und mehr die Aufmerksamkeit der europäischen Diplomatie auf sich zu ziehen. Denn dieses große Land befindet sich offenbar in einem Stadium des inneren Verfalles, wie dies die fast chronisch gewordenen Aufstände gegen die Herrschaft des Sultans bekunden, und ein gewaltsamer Umsturz im Reiche seiner scherifischen Majestät ist daher viel leicht nur noch eine Frage der nächsten Zukunft. Für diesen Fall spekulieren bereits verschiedene eu ropäische Staaten, welche sich irgend wie berufen fühlen, als „Erben" in Marokko aufzutreten, auf die erwartete marokkanische Beute, oder doch auf einen Anteil an derselben, nämlich Frankreich, England, Spanien und Jlalien, und die Gefahr eines ernst lichen Konfliktes unter diesen Ländern liegt daher nahe genug, wenn wirklich einmal die Herrschaft des jetzigen Sultans zusammenbrechen sollte. Einstweilen allerdings erscheint diese Gefahr wieder in die Ferne gerückt, durch das Kolonialabkommen zwischen Eng land und Frankreich, in welchem die britische Politik aus kluger Berechnung Marokko der französischen Interessen- und Einflußsphäre überläßt; Spanien und Italien haben mit ihren wirtlichen oder ver meintlichen Ansprüchen auf Marokko einfach das Nachsehen gegenüber den beiden viel mächtigeren Konkurrenten. Eine andere Frage ist's freilich, ob sich die französisch-englischen Abmachungen bezüglich Marokkos im Ernstfälle auch bewähren werden, denn die Möglichkeit ist immerhin nicht ausgeschlossen, daß die tatsächliche Aufrollung der marokkanischen Frage doch noch zu Streitigkeiten und gar zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den beiden Westmächten führen können. Dann würde natürlich die marokka nische Affaire mit einem Male ein recht kritisches Gesicht gewinnen und es läßt sich vorerst gar nicht ausdenken, welche internationalen Verwickelungen hieraus nachher unter Umständen entstehen könnten. Beginnen doch sogar auch die Nankees Interesse an Marokko zu nehmen, und gewiß hat die Unions regierung nicht ohne bestimmte Nebengedanken ein so stattliches Geschwader anläßlich der Entführung des amerikanischen Staatsangehörigen Perdikaris durch den räuberischen Kabilenscheik Raisuli nach Tanger entsendet. "Aber selbst wenn das französisch-englische Ab kommen über Marokko von den Interessenten bei einer kritischen Wendung der Dinge in diesem Lande respektiert werden sollte, so müßte dann doch noch ein erheblicher Faktor bei einer eventuellen Besetzung Marokkos durch die Franzosen in Betracht gezogen werden, und das sind die Marokkaner selbst. Es ist möglich, daß der Sultan sich der französischen Vormundschaft beugen wird, aber schwerlich das marokkanische Volk. Die Marokkaner gehören mit zu den fanatischsten Bekennern des Islams, es ist deshalb höchst wahrscheinlich, daß sie sich einer Be sitznahme ihres Landes durch die „Ungläubigen" aufs äußerste widersetzen und zu diesem Zwecke ihre gegen seitigen inneren Streitigkeiten einstweilen zurück stellen würden. Ueberhaupt ließe sich Marokko nicht so mir nichts dir nichts von einer europäischen Macht einstecken, Waffen und Munition sind reichlich vor handen; es fehlt heute nur an einem geeigneten Führer, sonst wäre vielleicht der Aufstand gegen alle Europäer schon jetzt im Gange, Stimmung ist zur Genüge vorhanden. Buhamara hat dem Sultan ei nerzeit sehr viel zu schaffen gemacht, und es folgten ihm doch nur einige wenige Kabylen! Würde sich der Sultan eine Bevormundung von feiten Frank reichs energisch verbitten, so hätte er das ganze Land hinter sich, und die Franzosen könnten an dem Bissen schön würgen! Bleibt aber, wie man glaubt, dem Sultan das Schicksal seines Landes gleichgültig, so wird sich schon noch zur rechten Zeit ein angesehener Scheris finden, der die Leitung des heiligen Krieges übernehmen wird. Frankreich wird sich von seinem Vorhaben, sein afrikanisches Reich durch die Einver leibung Marokkos abzurunden, freilich nicht abhalten lassen; mag Frankreich das Land einstecksn, wenn es kann, schwer genug dürfte ihm dies Unternehmen werden I Wenn aber nachher die übrigen Interessenten in Marokko bemüht sein werden, ihre Rechte und Ansprüche geltend zu machen, so wird hierbei hoffent lich Deutschland nicht fehlen, seine handelspolitischen Interessen in Marokko sind ja bedeutende, deren Wahrung wird sich, wie erwartet werden darf, die Reichsregierung in jedem Falle angelegen sein lassen. Der rnssisch-japanifche Krieg. Die Stellung Kuropatkins ist, allen anders lautenden Meldungen zum Trotz, noch immer unerschüttert. Aus Peters burg wird hierzu berichtet: Die englische Meldung, Kuropatkin sei beim Zaren in Ungnade gefallen, ist ein vortreffliches Beispiel für die völlige Unkenntnis der Verhältnisse. Die Stellung des Statthalters Alexejew ist unverändert. Ihm bleibt bis zur Beendigung des Krieges dis Zioiloerwaltung. General Kuropatkin steht nicht nur beim Zaren, sondern auch beim ganzen Geueralstabe in hohem Ansehen. Im Generalstab wurde versichert, daß sich alles ungefähr so abgespielt hat, wie Kuropatkin vorausgesagt hatte. Ihm ist kein Vorwurf gemacht worden, da er der einzige war, der mit eiserner Energie die Truppen oom Vormarsch zurückhielt. Man erfährt aus erster Quelle, daß mit dein gestrigen Tage auch das 4. sibirische Armeekorps nunmehr fertig in Liaojang steht, und General Kuropattin nunmehr die Möglichkeit besitzt, selbst wenn er angegriffen wird, nicht mehr zurückgehen zu brauchen. Diese neuen 48 000 Mann lassen seine Streitkräfte auf fast 200000 an wachsen, sodaß nunmehr auch stärkere Vorschübe nach dem Süden stattfinden, nicht, wie fälschlich angenommen wird, zum Entsätze Port Arthurs, sondern zur Beunruhigung von General Lkus Armee im Rücken. Einige Kosakenabteilungen sind schon bis Port Adams vorgedrungen. lieber Port Arthur lauter das Urteil der Generalstabsosfiziere günstig. Eine derartige Festung könne ohne vorsichtiges Näherbringen schwerer Geschütze während der Nacht nur sehr langsam ge stürmt werden. Man rechnet mit Bestimmtheit darauf, daß Port Arthur einen monatelangen Widerstand leisten, und daß die Belagerungsarm.ee im Rücken stark beunruhigt werden wird. Am letzten Mai griffen die Kosaken den von Japanern besetzten Fenschuilinpaß an und zwangen dieselben zum Rückzüge. Ueber dieses Gefecht berichtet ein Telegramm des Generals Ssacharow aus dem Generalstab noch folgendes: Am 31. Mai hatten transbaikalische Koiaken im Fenschuiünpag auf Haldem Wege zwischen Kiantschan und Saidmaza ein Gefecht mit Japanern, die aus den Höhen eine starke Stellung besetzt hielten Die Kosaken griffen zu Fuß den Gegner unter lebhaftem Feuer au und zwangen ihn, die Stellung zu iäumen. Auf russischer Seite wurden 6 Kosaken getötet und der Lberstleutnant Cabotkin, -in Arzt und 22 Kosaken ver wundet. Inzwischen bedrohen die Russen fortgesetzt die rückwä-tigen Verbindungen der Japaner in Korea. Der japanische Zollkommtnar in Gensan (Lftkorea) telegraphierte, man halte eine Angriff der Russen !ür unmittelbar bevorstehend; es würden Veranstaltungen getroffen, Frauen und Kinder nach einem 20 Meilen von Genfan in den Bergen gelegenen Kloster zu bringen. Nach einer weiteren Depesche aus Söul fand vorgestern früh zwischen keinen Kojaken- abtetlungen und japanischen Patrouillen ei« heiliger Kamps statt. Lie Kosaken gerieten in einen Hinterhalt und zogen sich unter Zurücklassung von sechs Toten in derRichtung aus Hamheung zurück. Petersburg, k. Juni. Vom Kriegsschau plätze liegen spärliche Nachrichten vor. Trotzdem er hält sich das Gerücht, daß ein Teil der Flotte von Port Arthur sich mit dem Wladiwostockgeschwader vereinigt hat, auf hoher See operiert und mehrere japaniscke Transportschiffe in den Grund bohrte. Die ruffischen Schiffe sollen sich mit Port Arthur mittels drahtloser Telegraphie verständigen. London , 6. Juni. Aus Söul werden Schar- mützel nördlich von Gensan gemeldet. Bei Munchyon fand ein Gefecht statt, wobei die Japaner die Russen zurückdrängten. Aus Tokio werden japanische Er folge auf der Halbinsel Liautung gemeldet gegen 5 Schwadronen Kosaken in Telissu, nördlich von Taku- schan und gegen 6 Kompanien Infanterie bei Lung- wangmiao. 160000 Japaner halten die Linie Föngg- wangtschöng-Kaiping und wichtige strategische Punkte. Sie erwarten dis Offensive des Generals Kuropatkin und behaupten, daß dieser außer Stande sei, durchzu brechen und Port Arthur Hilfe zu leisten. General Oku rückt vor Dalny vor. Die dritte japanische Armee unter Marschall Nodzu ist bei Palantien und Pitzebo konzentriert. Der Feldmarschall Aamagata ist unterwegs, um die Leitung der Operationen gegen Port Arthur zu übernehmen. Aus Liaoyang wird Kanonendonner im Süden gemeldet. Man nimmt einen neuen Angriff auf Port Arthur an. Paris, 6. Juni. Der „Mann" hatte aus Peterburg gemeldet, mit großer Bestimmtheit ver laute, daß General Rennenkamp mit 4000 Kosaken den General Kuroki gefangen genommen habe. Diese Nachricht wird amtlich dementiert. Tokio, 6. Juni. Die Chinesen, welche in Uokohama wohnen, veranstalten Straßenumzüge, um die letzten Siege der Japaner zu feiern. Tokio, 6. Mai. Gerüchtweise verlautet, Rußland habe China angeboten, die chinesische Ostbahn anzukausen. Tokio, 6. Juni. Amtlich werden nunmehr Einzelheiten über eine Reihe Scharmützel veröffentlicht, welche am vorigen Montag nördlich von Pulantien stattgesunden haben. Japanische Kavallerie-Abteilungen, welche rekognoszierten, stießen auf Kosaken. Die Japaner holten Artillerie herbei, worauf nach heftigem Angriff die Kosaken in die Flucht geschlagen wurden. Politische Rundschau Deutsches Reich * Der Reichstag wie das preußische Abgeord netenhaus nehmen an diesem Dienstag ihre Arbeiten nach Ablauf der Pfingstferien wieder auf. In beiden Parlamenten harrt noch ein erhebliches gesetzgeberisches Beratungsmaterial seiner Erledigung, so daß sie tief in den Hochsommer hinein tätig bleiben müßten, um ihr Arbeitsprogramm durchzuführen. An eine solche Aus dehnung der Session in die heiße Jahreszeit hinein ist natürlich weder im Reichstage noch im Abgeordneten hause zu denken, in Berliner parlamentarischen Kreisen nimmt man daher neuerdings an, daß die beiden Parla mente schließlich bis zum Herbst vertagt werden würden. Die Kanalkommission des Abgeordnetenhauses ist bekannt lich noch vor Ablauf der Pfingstpause des Plenums wieder zusammengetreten. Sie beriet in ihren Sitzungen vi-m 31. Mai, 1. Juni und teilweise auch vom 3. Juni die auf die Oder bezügliche wasserwirtschaftliche Vorlage und trat dann noch in letzterer Sitzung in die Erörterung des Gesetzentwurfes ein, der die Freihaltung des Ueber- schwemmungsgebietes der Flußläufe betrifft. * Reichskanzler Graf Bülow sandte an den Dichter Dellev von Liliencron aus Anlaß dessen 60. Geburtstages ein Telegramm, in welchem es heißt: „Lassen Sie mich Ihnen danken für die vielen Gaben Ihrer schneidigen Muse, für manches tapfere Wort der Vaterlandsliebe, mit welchem Sie deutschen Jünglingen, Mädchen und Männern ans Herz ge griffen haben." * Die Berichter st attung über die Ereig nisse in Deutsch-Südwest-Afrika läßt so ziemlich alles zu wünschen übrig. Das „Wolffsche" Bureau wird durch daS Kolonialamt nicht selten erst zwölf Stunden, nachdem Mitteilungen über KriegSereigi nifse in Südwest-Afrika auf privatem Wege in de- Oeffentlichkeit gelangt sind, in den Stand gesetzt.