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UMMckMiWU ' früher Wochen- und Rachrichtsblatt zugleich ÄßeM sir ßrj«-irs, kttlitz, 8mßi!srs, iiiß^rs, 8t. kBit«, ßcmillisort, Nrnem, Itittlftl. trtvlsrMsrf Nilst» 8t. Willis Zttst, Wjtk, Ettisküßrs, Asm. Mtmslst«, Atstsme! ni BMti». Amtsblatt siir dosKglAmtsgericht Md dt« Stadtrat 'Lichtenstein. älteste Zeitung im Königlichen Amtsgerichtsbezirk. — — S4 Jahrgang. - — - - - Nr. 59. s»nsp--ch-«nschlu^ Sonnabend, den 12. März ^7-^^ 1904. Dieses Slatt erscheint täglich mauser Sonn- und Festtags) nachmittags sür den folgenden Tag. vierteljährlicher SrMgsprris I Mark 25 pfg., durch die Poft bezogen I Mk. SO pfg. Uimelne Hummern 10 Pfennige. — Gestellungen nehmen außer der Lrpedition in Lichtenstein, Zwickauerstraste 397, aste Laiserlichen Poftanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. Inserate 'M« werden die füntgespoitene LorpuszeUe oder deren Naum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag« 10 Uhr. "WO Im „amtlichen Teil" wird die zweispaltige Seile oder deren Laum mit 30 Pfennigen berechnet. Für auswärtige Inserenten kostet die sünfgespaltene Zeile 15 Pfennige. AiumaM ««§ im MM. Von unserm Berliner parlamentarischen Berichterstatter, ick. Berlin, 10. März 1904. Die dritte Beratung der Vorlage über die Rechtsstellung des herzoglich-holsteinischen Fürsten- Hauses, die der Verhandlung über den Reichsmilitär etat vorausging, veranlaßte eine recht interessante Debatte. Der Abg. Stadthagen (So;.) trug hierzu den Hauptteil bei. Mit möglichster Breite behandelte er die Vorfälle privater und teilweise recht pikanter Natur, die wohl in der Hauptsache die Regierung zur Einbringung der Vorlage veranlaßt haben und die allerdings in den weitesten Kreisen der Abgeord neten die Empfindung wachriefen, daß für das Ge setz der unrichtigste Zeitpunkl gewählt worden ist. Bekanntlich ist der Herzog von Holstein-Augusten burg in die unangenehmsten Prozksse verwickelt und das Haus erteilte der Vorlage auch nur unter der Voraussetzung seine Zustimmung, daß sie den schwebenden Rechtsstreit unberührt läßt. Der Abg. Jessen (Däne), der seiner vorzüglichen Redeweise wegen zu den gern gehörten Mitgliedern des Hauses gehört, ließ bei dieser für ihn so günstigen Gelegen heit eine längere geschwollene Rede gegen die preußische Annexionspolitik von 1864 und 1866 vom Stapel und protestierte dagegen, dos; die holsteinischen Her zöge irgendwie von der Bevölkerung der meerum schlungenen Provinzen als angestammte Landesväter verehrt würden; Sympmhien hätte man dort höch stens sür dänische Art und Sitte und sür das dänische Königshaus. Abg. v. Normann, der neben dem Redner des Lentrums, Abg. Kirsch, für die Vorlage eintrat, gab dem Pastor Jessen den Rat, mit seinen Anschauungen dem deutschen Reichstag fern zu bleiben und diese in seinem geliebten Dänemark zu vertreten suchen solle. Alsdann trat das Haus in die Beratung des Reichsmilitäretats ein und als erster Redner kam der bayrische Militäcbevollmächtigte, General von Endres auf die Tribüne, um einzig und allein gegen den Abg. Dr. Müller-Meiningen zu polemisieren wegen dessen Aeußerung, die bayrischen Offiziere hätten eine größere Bildung wie die preußischen und darauf sei auch die niedrigere Zahl der Soldatenmiß handlungen zurückzusühren. Da General o. Endres die Rede des Abg. Müller-Meiningen nicht gehört hatte und seine Angriffe nur auf Zeitungsberichte auf baute, die anscheinend tendenziös gefärbt waren, so kam er natürlich zu falschen Schlußfolgerungen und zu einer persönlichen Gereiztheit, die ein recht peinliches Aufsehen erregte. Man begriff es nicht recht, wie der geistvolle und gerecht urteilende General in einen so unschönen Ton verfallen konnte und unwillkürlich stellte man Vergleiche an zwischen seiner Rede am Dienstag und der von heute. Es bedurfte nicht erst des geharnischten Protestes des Präsidenten der württembergischen Kammer, des Abg. Payer lsüdd. Vp), um zu der Ansicht zu gelangen, daß die Endres'schen Ausführungen eine ungerechte Provo kation enthielten, die besser unterblieben wäre. Aus dem Verhalten des mit dem eisernen Kreuze ge schmückten bayerischen Generals bei der Rede des Abg. Payer schien aber hervorzugehen, daß er seine Aeuße- rungen rektifizieren wird und in diesem Falle wird sein recht gutes Renommee sicher keinen Schaden erleiden. Ueber dieser Kontroverse sind nun noch dir heftigen Zusammenstöße der bürgerlichen Redner mit der Sozialdemokratie bemerkenswert. Heftiger als je zuvor waren die Ausdrücke und Angriffe, die sich beide Teile gegenseitig entgegenschleuderten. Zu einem vollendeten Sozialisten bekämpfer scheint es vor allem der Abg. Lehmann (nl ), der Nachfolger Basser. mannS, gebracht zu haben. In seiner Polemik war er recht geschickt und bei den Mehrheitsparteien ent fesselte er wahre Beifallsstürme. Zu seinen An griffen gab ihm vornehmliy die Rede des Abg. Meist (Soz.) Veranlassung, die natürlich auch wieder in hohem Maße an den üblichen Uebertreibungen litt. Kriegsminister v. Einem wiederholte seine De- zember-Aeußerungen über die Soldatenschinder und versprach energische Befolgung. Avg. Gröber (C.) sprachsehcgemäß gt forderte aber eine strenge Ahndung der Mißhandlungen. Abg.o. Stauoy (kons.) trat leb haft für die Vermehrung und Besserstellung des Unteroffizierkorps ein und sagte sehr richtig, daß man sich mit der äußersten Linken viel zu viel be schäftige. Erst in vorgerückter Stunde erreichte die Sitzung ihr Ende. Die Aufhebung des Paragraph 2 des Jefuitengesetzes. Der Bundesrat hat, nachdem er früher wiederholt den entsprechenden Antrag des Reichstages abgelehnt hatte, nun doch /der Aufhebung des tz 2 des sogenannten Jesuitengeietzes/ der den Mitgliedern des Jesuitenordens die dauernde Niederlassung im Deutschen Reich verbot, zugestimmt und die verbündeten deutschen Regierungen daben eine unrcr Umständen recht folgenschwere Ent scheidung getroffen. Zwar halten wir den Pessimismus, der in vielen Zeitungen und vielen aufgeregten Ge mütern schon einen Jesuitenkurs in der Regierung Deutschlands erblickt, für eine totale Uebertreibung, denn es ist nicht anzunehmen, daß die Regierungen der ein zelnen deutschen Bundesstaaten mit ihrer Zustimmung zur Aufhebung des Jesuitcngesetzes nun auch ihre Billigung etwaiger jesuitischer Umtriebe ausgesprochen haben, zu dem finden wir in den Verfassungen und Gesehen aller Deunchrn Bundesstaaten Bestimmungen gegenüber etwaigen Hebelgriffen kirchlicher Orden. Be kanntlich haben sogar Ltaaten mit überwiegender katholischer Bevölkerung zuweilen ihre Jesuiten. Paragraphen gehabt, und besitzen sie zum Teil noch. Es kann also nicht vhne weiteres zugegeben werden, daß die Aufhebung des K 2 des sogenannten Jesuiten- gesetzes große Gefahren für die kirchliche, politische und geistige Entwickelung in sich schließe. Das deutsche Volk mag auch die Tatsache recht würdigen, daß die Aufhebung des ß 2 des Jesuitengesetzes in durchaus verfassungsmäßiger und parlamentarischer Weife stattgefunden hat, indem bekanntlich schon lange Zeit vorher der deutsche Reichstag mit großer Mehrheit dem Anträge der Zentrumspartei auf Aus hebung dieses Gesetzcsparagraphen zugestimmt hat. Von einem großen Fehler könnte man bei dieser Aufhebung eines vorbeugenden Gesetzes doch wohl erst dann reden, wenn die Befürchtungen hinsichtlich der den kirchlichen Frieden gefährdenden Tätigkeit der Mitglieder des Ordens Jesu wirklich eintreten würden. Aber in dieser Hinsicht haben sich wohl die Anschauungen sehr geändert, und im übrigen gilt in Deutschland die Glaubens- und Gewissens freiheit und zwar nicht nur für die Ungläubigen, sondern auch sür die Gläubigen. Um nach allen Seiten hin gerecht zu sein, muß auch zugestanden werden, daß sich die parlamentarische Lage im deutschen Reichstage schon seit säst zwei Jahrzehnten gewaltig geändert hat, und daß aus der starken oppositionellen Zentrumspartei wenn auch keine dominierende Regierungspartei so doch eine jetzt un entbehrliche und einflußreiche Mitregierungspartei geworden ist. Die Mehrzahl der Regierungsvor lagen konnten ja nur mit Zustimmung der Zentrums- purtei zum Gesetz werden. Auch gilt es, die an maßende Sozialdemokratie in Schach zu halten, dies ist bei der Stärke der sozialdemokratischen Partei aber nur dann möglich, wenn die Aentrums- partei mit den Konservativen uno einem Teile der Liberalen zusammenhält. — Der Schlüssel zur Aushebung des Jesuitengesetzes ist also die regierungsfreundliche Haltung der Zentrums- Partei, ohne deren Mitwirkung gegenüber der radikalen Opposition im deutschen Reichstage nichts auszurichten ist. Zudem sind die alten Kampfesstellungen im deutschen Reichstage zwischen den alten Parteien durch die längst erfolgte Revision der Kirchengesetze und in folge des mächtigen Anschwellens der Sozialdemokratie doch schon lange ein überwundener Standpunkt, deshalb sollte man auch das Bangemachcn vor den Jesuiten nicht gelten lassen, auch wenn das Jesuitengesetz gefallen ist. Der russisch-japanische Krieg. „Immer hübsch langsam vor!" Das ist nun auch die Devise der Japaner, aber nicht weil sie wollen, sondern weil sie müssen. Eis, Schnee, Sturm sind eben Kräfte, die auch dem ja panischen Generalstabe einen Strich durch die Rech nung machen können. Japan hatte es gar zu eilig mit der Kriegserklärung, mit der Erhaschung eines ersten Erfolges und wer weiß, ob sich dies nicht noch bitter rächt. Das Bombardement Wladiwostocks war nur eine Pulververschwendung und wenn es vielleicht auch einerseits aus dem Grunde erfolgt ist, um zu erkunden, ob das Wladiwostockgeschwader wieder im Hafen sei resp. eine Landung japanischer Truppen auch an der Ostküste Koreas nicht behindern zu lassen, so scheint andererseits doch auch die Ab sicht bestanden zu haben, einen neuen Erfolg zu haben, um mit diesem das japanische Parlament mürbe zu machen, die Forderung der japanischen Regierung betr. die Verdoppelung der Reichsein kommensteuer durchzudrücken, um vielleicht auch die Verhandlungen mit den amerikanischen Finanzleuten zu rascherem Abschluß zu bringen. So ein Krieg, der nun schon die Annahme der japanischen Kriegs partei, wie einst die der sranzösischen vor 70, daß es sich nur um eine militärische Spazierfahrt handele, sehr widerlegt hat, kostet eben viel Geld und der Geldbeutel Japans befindet sich auch schon im letzten Stadium der Schwindsucht. Die Urheber des Krieges kratzen sich daher auch schon hinter den Ohren, zu mal die Aussicht besteht, daß es zu einer großen Landschlacht erst im April kommen dürfte und nun auch allmählich die Verluste der japanischen Flotte bekannt geworden sind, daß danach auch die Japaner die blauen Bohnen zu kosten bekommen haben, daß die Russen gar nicht so schlechte Schützen gewesen sind. Rußland scheint es gar nicht so eilig zu haben, denn der zum Kommandierenden ernannte Kriegsminister Kuropatkin soll erst am 12. März nach dem Kriegsschauplätze abdampfen. Ein regeres Interesse bekundet Rußland wegen seiner europäischen Geschwader. Die Verwendung des baltischen Ge schwaders im fernen Osten hängt von den Kohlen stationen ab und um es von diesen srei zu machen, soll Rußland bereits mit einer amerikanischen Firma in Verbindung getreten sein, die einen Apparat liesert, der es ermöglicht, daß Kriegsschiffe selbst auf hoher See von den begleitenden Kohlenschiffen Kohlen übernehmen können. Auch das Schwarze Meer-Geschwader soll zur Verwendung gelangen. Da es aber in einem Mauseloche sitzt, vor dem Ler Türke hockt und der Engländer herumgondelt, so ist ein plötzlicher Durchbruch durch die Dardanellen eine recht heikle Sache, vielleicht sicht einen solchen aber weder der Türke noch der Engländer, Vom Kriegsschauplatz liegen folgende Nach richten vor. London, 10. März. „Daily Expreß" mel det aus Washington, das Staatsdepartement habe von dem Kommandanten der „Helena", welche in Tschisu stationiert ist, die Nachricht erhalten, daß die Japaner in die Mandschurei eingedrungen seien. Petersburg, 11. März. Admiral Alexejew meldet vom 10. März morgens, daß 14 japanische Kriegsschiffe Port Arthur bombardieren.