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Sächsische Staatszeitmg Staatsan^eiger für Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, Ziehungslisten der StaatSschuldenverwaltunL Holzpflanzen - BerkauMste« der Staatsforstverwaltung. den Freistaat Sachsen Ankündigungen: Die 32 wm breite Gnrndzeil« oder deren Raum 3S Pf, die 6« nun breite Grundzetl« oder deren Raum im amtlichen Teilt 73 Pf, unter Eta« gesandt 1RM. Ermäßigung aus GeschäftSanzrtgrn, Familien Nachrichten und Stellen« gesucht. — Schluß der Annahme vormittag« 10 Uhr. Erscheint Werktag» nachmittag» mit dem Datum de» ErschetnungStageS. Bez»g»pr«i»; Monatlich 3 Mark. Einzeln« Nummern 1b Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Rr.212Sb — Schristleitung Nr. 14V74. Postscheckkonto Dresden Nr. 2486 — Etadtgirokonto Dresden Nr. 140. verantwortlich für die Redaktion: t. v. vr. Fritz Klauber in Dresden. Dresden, Donnerstag, 24. Juli Ar. 470 4930 Über 4700 Tote im italienischen Erdbebengebiete. 3488 Häuser eingestürzt. Rom, 24. Juli. Nach amtlichen Mitteilungen beträgt die Gesamtzahl der Toten im süditalieuischen Erd« bebengedtete 177«, die der verwundeten 424t. v-lltomme« etagrstürzt sind 3188 Häuser, 27S7 Häuser wurdeu beschädigt. Bisher 36 Leichen in Koblenz geborgen. Koblenz, 24. Jult Wie wir erfahren, sind bis gestern mittag 12 Uhr 36 Leichen geborgen. Man rechnet damit, daß noch vier bi- fünf Tote unter der Brücke zwischen den Trümmern und im Schlamm liegen. An ihrer Bergung wird weiter gearbeitet. Im Stadtverordnetensitzungssaal sand gestern die Trauer kundgebu ng für die Opfer des furchtbaren Unglücks statt. Der Saal war schwarz verhängt, die Fenstervorhänge zugezogen, und nur die umflorten Leuchter verbreiteten ein schwaches, gedämpftes Licht. Schwarzumflort war ein großes Kruzifix, das auf beiden Seiten von Kandelabern umgeben war, im Saal ausgehängt. Als der Reichspräsident am Stadthaus vorsuhr, vcrharrie die Menge in ernstem Schweigen. An der Trauerkundgebung nahmen auch die in Koblenz enwesenden Minister des Reichs und von Preußen und die übrigen Herren der Be gleitung des Reichspräsidenten leil. Zu Beginn der Trauerfeier berichtete Oberbürgermeister Ruflell über daS Unglück. Mit tiefernster Miene nahm Reichspräsident v. Hindenburg als Ehren bürger der Stadt Koblenz dann felbst daS Wort. Ür führte aus: Tiefbewegt stehe ich als ehemaliger Bürger von Koblenz und Ehrenbürger m Ihrer Mitte, um Ihnen mein innigstes Mitgefühl auszusprechen über daS große Unglück, das in so jäher Weise die gestrige Festesfreude abgeschlossen hat. Ich gedenke mit Wehmut der Verstorbenen und warmer Teil nahme ihrer Hinterbliebenen. Wo eS möglich ist, werde ich in der Not helfe«. Ich habe gestern Freude mit Ihnen geteilt, heute empfinde ich mit Ihnen den liefen Schmerz, der Sie und das Land betroffen hat. Gott segne die armen trauernden Hinterbliebenen in ihrem Leide und segne die teuren Entschlafenen. Oberbürgermeister vr. Russell dankte dem Reichspräsidenten für diese ans ganzem Herzen kommenden Worte. Sie sollen uns, fügte er hinzu, Trost sein Tiefen Trost werde ich den Hinter bliebenen übermitteln Stuf die Bitte teS Ober- bürgern, elftere erhob sich die Trauerversammiung zum Andenken der Verstorbenen und weihte ihnen ein stilles Gedenken. Wie wir hören, hat der Reichspräsident für die Hinterbliebenen zunächst eine Summe von 10600 M. zur Verfügung gestellt. Tie in einigen Tageszeitungen verbreitete Meldung, daß von einer Dresdner Reise- gesell schäft zwei Teilnehmer bei dem Brücken einsturz in Koblenz ums Leben gekommen seien, trifft, wie uns die Reichsbahndirektton Dresden rnilteilt, in dieser Form nicht zu. Von den Teil- nehmein am Sonverzug der Rcichsbahndireltion Diesden nach Koblenz ist eine Dame, und zwar eine Frau Püschel aus Buchholz im Erzgeb, bei dem Brückeneinsturz tödlich verunglückt. Die übrigen Teilnehmer sind unversehrt. Rückkehr des Reichspräsidenten nach Berlin. Berlin, 24. Jult. Der Reichspräsident ist gestern abend mit dem fahrplanmäßigen Schnellzug um 10.36 Uhr auf dem Bahnhof Friedrichstraße eivgetrofsen, wo er von dem Reichskanzler vr. Brüning und dem Reichsminister für die besetzten Gebiete Trevtranus emptangen wurde. Der Reichspräsident, der von einer großen Menschenmenge achtungsvoll begrüßt wurde, be gab sich vom Bahnhof unmittelbar in sein PalaiS. Die Einnahmen des Reichs im Juni. Berlin, 24. Jult. Im Juni d. I. betrugen die Einnahmen deS Reiches bei den Besitz- und BerkehrSsteuern 291,9 Mill. RM., bet den Zöllen und Ler- brauchSabgaben 214,0 Mill. RM , insgesamt 608,9Mill. RN. Gegenüber dem Mat ist im Juni das Auskommen aus der veranlagten Ein kommensteuer um 36 0 MM. RM., der KörperschastS- steuer um 8,1 Mill. RM. und au» der Umsatzsteuer um 2l,6Mill.RM geringer. Tie Einnahmen au« der Bermögen-steuer sind tm Juni eben- sali» geringer al« tm Mat, nämlich um 66,7 Mill RM. Die Einnahmen au» den übrigen Be sitz- und Berkehr»steuern weichen nur un erheblich von denen tm Mai ab«. An Zälle« und Verb rauch »ab gaben sindtm Juni HS Mill AM. mehr aufgekommen al» tm Mat. Von den Bergungsarbeiten im Erdbebengebiet werden tragische Szenen berichte». Ganze Familien sind nmS Leden gekommen. Eine Frau war mühsam lebend aus den Trümmer- massen befreit worden. Bevor sie jedoch weg gelragen werden konnte, trat plötzlich ein Nach beben ein ein Ouaverblock kam ins Rollen unv zerschlug der Frau den Schädel. Auch unter dem Rettungspersonal, das unter Einsetzung deS eigenen Lebens sich um die Verunglückten bemüht, sind bereit- Opfer zu verzeichnen. Die im Hauptbebengebiet fast völlig zerstörten Gemeinden bieten einen trostlosen, erschütternden Anblick. Abgesehen von den sehr wenigen erd bebensicher gebauten Häusern sind eine ganze An zahl von Gebäuden nunmehr Stein und Schutt haufen aus denen gespensterhaft die dicken hohen Mauern jahrhundertealter Paläste herauSragen. Auch der Schaden an den Kirchen ist sehr groß. Eine beträchtliche Anzahl von Kirchen ist in sich zusammengebrochen und in Stein» und Schutt haufen verwandelt. I« dem Dorfe San Bartolomeo, in dem fast kein Stria aus dem andere« geblieben ist, wurde seltsamerweise ein mOtclalteiliches Schloß aon dem Erdbeben verschon». Tie Wirkung, des Erdbebens in dem Hauptgebiet war überall so stark, daß fast alle Häuser, selbst wenn sie den heftigen Stößen standhielien, bedenklich« Mauer',sse zeigen. In einzelnen Gemeinden, wie Aquilonia und Billanova, in denen kein Haus mehr be wohnbar »st, gibt eS keine einzige Familie, die nicht mindestens eines ihrer Mitglieder unter den Toten zu beklagen ha». Gemessen an den gioßen Verlusten an Menschen leben und an der verheerenden Wirkung der Erd bebens in den Hauptgebielen ist der Schaden und die Zahl der Todesopser in den entsernteren ProvinzflSdten Süditaliens verhäl'niSmäßig gering zu nennen. Immerhin liegen auch hier Meldungen über ganz beirächtliche Gebäocesck Seen vor. Im Gebiet von Neapel zeigt eine Reihe von Kirchen, darunter die Kathedrale von Neapel, Riffe in den Mauern. Biele Paläste Neapels, so auch der Prioatsitz deS Kardinals und Erzbischöfe? AScalesi sind beschädigt. AuS Capri und den dem Golf von Neapel vorgelagerten Inseln wird kein Schaden gemeldet. Tie Beoötlerung Neapel-, die auch in Ler ver gangenen Nacht zum Teil tm Freren blieb, begab sich gestern den ganzen Taz hindurch in dichten Scharen in die Kathedrale, um den Neapeler Stadtheilizen Gennaro zu verehren. Zwischen 4 und 7 Uhr wurde aus drivgendes Verlangen der Bevölkerung seine in feierliche Gewänder gehüllte Statue aus dem Tomplatz ausgestellt, dir die Mafien weinend und betend umgaben. und durch Ersparnisse wieder herzustellen versucht und sich im wesentlichen tm Parlament insoweit durchgesetz», als die Notwendigkeit neuer Ein nahmen und Srsparmsse anerkannt wurde. Durch die Vielheit der deutschen Parteien ist es aber er fahrungsgemäß immer sehr schwer, eine völlige Übereinstimmung über die Einzelheiten zu er zielen, da säst jede Partei ihre Zustimmung abhängig macht von Zugeständnissen der Regierung gegenüber ihren besonderen Wünschen, die von an- deren Parteien aber um so schärfer abgelehnt wer den. So war es auch diesmal. TeShalb war die Reichsregierung gezwungen, alle Mög lichkeiten der Verfassung auszunützen, um das Gleichgewicht des Reichshaus halts unter allen Umständen zu sichern. Sie hat dabei zu dem Artikel 48 der ReichS- verfasjung gegriffen, über den vielfach im Auslande keine Klarheit besteht. Jeder Staat kennt ein Notflandsrecht. Ter Artikel 48 der Reichsoerfaflung gibt ihm für da- Reich seine Form. Mit den Theorien der Diktaturanhänger hat er nicht das geringste zu tun. Ter Artikel 48 ist häufig vom Präsidenten Ebert auch in weniger wichtigen Fällen und in Gegenwart des Reichs tags angewandt worden. Tie ReichSreglerunz hat — genau im Geiste der Verfassung — ihre Not verordnungen unverzüglich dem Teutschen Reichs tag oorgelegt und sie aufgehoben, nachdem eine Mehrheit des Parlaments dies verlangt halte. Sie hat nun, entsprechend den großen Prin ipien eines demokralischen SiaaN», an das Volk appelliert, um sein Urteil einzuholen. Sie wird in der Zwischenzeit zur Sicherung der Finan zen unverzüglich dem Reichspräsidenten Vorschläge zu einer neuen Notoerordnung unterbreiten, die dem nach den Bestimmungen der Verfassung zu wählenden und zusammenzurusenden Reichstag zur Entscheidung vorgelegt werden. Verpflichtungen bei Aufträgen auf Grun des Arbeitsbeschaffungsprogramms. Berlin, 24 Juli. Tas Reichslabinett hat beschlossen, den Firmen, die durch das Arbeits besch a s sungSp ro gr a^r m der Rkichsregierung zusätzliche Aufträge erhalten, folgende Verpflichtungen aufzuerlegen: 1. die Firmen müfien sich verpflichten, die fraglichen Aufträge ohne Überstunden au?« zusühren. SS soll Sorge dafür getragen werden, daß ausreichende Lieferfristen gestellt werden. 2. Vie Firmen müssen sich ferner verpflichten, sich die Arbeitskräfte, die sie zur Erledigung der zusätzlichen Aufiräge einflellen, von den Arbeitsämtern nachweisen zu lassen. 3 die Firmen müssen sich schließlich ver pflichten, für di« zusätzlichen Austräge nur in ländisches Material zn verwenden. sallS dieser Verwendung nicht aus tecknischen Gründen oder au» Gründen der Preisgestaliung unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen. Reichsbahn und Reichspost haben sich bereit erklär», ihren Lieferfirmen die vorstehenden Ber- pstichtungen auszuerlegen. Auch für das zusätzliche Wohnungsbauprogramm sind entsprechende Anord- nungen an die Länderreg'erungen ergangen. Steuerfreiheit für Verfaffungsseiern. Berlin, 24. Juli. Nach einer Berordnunz vom 2. Juli 1929 sind Veranstaltungen, die am 11. August aus An laß und zuShren deS BerfassungStage» unternommen werden, von der Vergnü gungssteuer befreit. Die Befreiung hängt also davon ab, daß eS sich um eine Veranstaltung am Verfafiung-lage selbst handelt, daß sie durch ihn veranlaßt ist und ihm zu Ehren statchnvet. Nur wenn alle drei Voraussetzungen Zusammen treffen, besteht da- Recht aus Steuerfreiheit. Keine Koalitionskrise in Thüringen. Aetmar, 24. Juli. Unter der Überfchrift .Bevorstehend« Re- gierungSluse in Thüringen?" bringt ein Teil der thüringischen Presse eine Nachricht, daß zwischen der Volk-partei und dem Landbund verhandlung'en mit dem Ziele stattgesun den hätten, da- KoalitionSverhältnt» mit de» Nationalsozialiste« zu lösen. Wie hierzu au« Kreisen der htnier der Regierung flehenden Parteien mitzetetlt wird, entspricht dtese Meldung «icht den Tatsachen. Gründung einer Konservativen Volkspartei. Einigung zwischen Westarp und Treviranus. Berlin, 24. Jul». Die Verhandlungen der au« der Deutschnationalen Volkspartei ausge tretenen Abgeordneten und der BolkS- ko nservativen Bereinigung für Sammlung aller konservaiiv eingestellten Kräfte in einer neuen gemeinsamen Organisation, die vom Reichsminister T«o,ranus, dem Abgeordneten v Lindeiner-Wildau einerseits und Graf Westarp, vr. v. Tryander anderseiiS geführt wurden, haben gestern zu einer vötligen Einigung und zur Gründung der Konservativen Bollspartei geführt. Die neue Partei tritt mit einem Gründung-- aufluf an die Qffeutlichleit. Tie Leitung hat ein Ausschuß übernommen, der aus den Herre« Habermann, v. Kamecke, v. Lettow-Bor- beck, v. Lindeiner-Wildau, vr. Rade- macher und TreviranuS besteht. Daneben besteht ein Beira», zu dem vr. v. Dryander, Frl. v. Gierke, Vr. Hoetzsch, Lambach, vr. Lejeune-Jung, Graf Schulenburg- Tressow und Graf Westarp gehören. Tie Geschäftsstelle der Konservativen BolUpartet be findet sich in den Räumen der bisherigen Ge schäftsstelle der Volk-konservativen Vereinigung. In dem Gründungsaufruf der neuen Kon servativen Bolkspartei heißt es u. a.: Die Deutschnationale Bollspartei hat den wirk samen Einsatz konservativ«,: Kräfte verhindert und droht, di« Herrschaft der Linien zu einer dauernden zu machen. Wir lassen deutsche Bollskraft nicht ver kümmern nnd damit die Voraussetzung innerer und äußerer Befreiung. Im Bewußtsein der Gefährdung von Staat nnd Wirtschaft sind wir entschlossen, in staat-politischer Gemeinschaftsarbeit und Aufgaben« teilung mit wesen-verwandten Parteien und Grup pen in Stadt und Land zusammenzuwirken. Wir sind überzeugt, daß sich Parteien nicht nur zu be kämpft», sondern im Blick aus da- Ganze zu er gänzen haben. Di« Lösung der großen uns ge stellten Ausgaben setzt innere Erneuerung vorau-. An- den lebendigen Quellen de- EhnstentumeS »vollen wir sie in friedlichem Wettstreit der Be kenntnisse gewinnen Sozial« Klaflenfouberung von ob«» und «»te» »voll«» wir übenvinden Da» notwendige Streben de» einzelne» nach wirtschaftlichem Erfolg darf Nation und Staal nicht schwächen. Selbstverwaltung durch die Nächstberusenen soll den Staat von täg licher Einmischung in Rechte und Pflichten des Slaalsbürger» sernhalten. So wollen wir die Autorität de- Staates und der StaatSdiener wieder Herstellen Unser Slaat soll wieder ein wehrhafter Staat werden, Hierzu müfien in der Staattführung konservative Kräfte so zur Geltung kommen, daß der Staat fähig wird, im Kampfe um die deutsche Freiheit in der ganzen Well den gesammelten Freiheitswillcn einer geeinten Natton einzusetzen Deshalb rufen wir auf zur Gründung der Kon servativen Bolkspartei. Treviranus Führer -er Konservativen Voltspartei. Berl«». 24. Jult. Wie Graf Westarp den Buttern zufolge erklärt, gehört er dem engeren Vorstand der Konservativen Vollspartei auf seinen eigenen Wunsch nicht an, sondern nur dem weiteren Vorstand der neuen Partei. Diese Ttstanzierunz ist, wie er ausdrücklich betont, auf seinen eigenen Wunsch erfolgt, um sich der Ausgabe der Sammlung der kon servativen Elemente und insbesondere der enge» Zusammenarbeit zwischen Land volkpartei und Konservativer Volk»- Partei widmen zu lönnen. Zum Führer der Partei wird, wie die .Germania" mitteil», vor aussichtlich Treviranus gewählt werden. Der Reichskanzler über die Rot maßnahmen des Reiches. Verl in, 24. F«tt. Reichtlaozler vr. Brüning hat dem Berliner verirrter der.New Hork Times" Ausführungen sür sein Bla!« zur veijügung gestellt, in denen e» «. a. heißt: Die angespannt« Finanzlage de» Reiche», die die parlamentarische» Kämpse der letzten Monate veranlaßt», ist in erster Linie durch die Aus wirkungen der Weltwirtschaftskrise bedingt. Die RetchSrrgterung hat sofort da» bedroh!e Gleich gewicht tw» Reich«hau»halt» dmch neue Etnnatzmen