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Sächsisch e Slaalszeilung Staatsan^eiger für M Dresden, Kreitag, I. Dezember )lr. 2SS 11S2S den Sreiftaat Sachsen Erscheint Werktag» nachmittag» mit dem Datum de» Ersch«tnu«g»tage». Bezugspreis: Monatlich 3 Mark. Einzeln« Nummern 15 Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295 — Schristleitung Nr. 14574, Postscheckkonto Dresden Rr. 2486. — Etadtgtrokvato Dresden Nr. 140. Ankündigungen: Die 32 mm breite Gruudzeile oder deren Raum 35 Pf, die 66 mm breite Gruudzeile oder bereu Raum im amtlichen Teile 70 Pf, unter Ein gesandt 1RM. Ermäßigung aus GeschästSanzeige«, Familiennachrichten und Stellen» gesuche. — Schluß der Annahme vormittag» 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, Verkausslißc von Holzpstanzen auf den Staatssorstrevieren. verantwortlich für die Redaktion: Hauptschriftleiter Karl Bethke in Rähnitz.Hellerau. Ser Reichspräsident an Vunde-- präfident Millas. erlrn 7. Dezember. Reichspräsident v. Hindenburg hat an den neu- gewählten österreichischen Bundespräsidenten MiklaS daS nachstedende Telegramm gerichtet: „Dem BundeSprSstdenten der Repudltk Öster reich, Herrn Wilhelm MtklaS, Wien! Zu der Mruahnre Ihres hohen Amtes alS Bundetzpräst- »wt der Republik Österreich bitte ich Sie, «eine nd deS deutsche« Volkes herzlichste Wünsche e«t- zegenjunehmen. Möge Ihre AmtSsührung dem Ssterreichischen Brudervolte, au dessen Gedeihen keutschland den inuigste« Anteil nimmt, zum »ISck und Legen gereichen. Reichspräsident v. Hindenburg." Doch Fortsetzung der deutsch, polnischen Verhandlungen. Warschau, 7. Dezember. Wider Erwarten hat Reichsminister a. D. HermeS, der Führer der deutschen Hanvelsvertragsdelegatton, seine Rückreise nach Berlin zunächst verschoben. Tie Verhandlungen gehen also vorläufig weiter. Tas Verbleiben vr. Hermes' in Warschau ist daraus zurückzusühren, daß bereit» vorgestern das polnische Sabinett zu den neuen Vorschlägen von vr. Hermes Stellung genommen hat und die an den HandesS- oeltragSoerhandlungen beteiligten polnischen Ressorts damushin die Besprechungen mit dem deutschen DelegationSsührer fortgesetzt haben. In einem Teil der Presse wird behauptet, daß Herme» die Erneuerung des deutsch.polnischen -olzvertrage» abgelehnt hab«, was von Pclen mit neuen Beschränkungen für die brutsche Einfuhr beantwortet werden soll liese Differenzen werden voraussichtlich jedoch nicht zu einem neuen Abbruch der Verhandlungen Men, da, wie au» gut unterrichteter Quelle verlautet, die deutschen Vorschläge, die vr Hermes aus Berlin mitgebracht dat, für Polen durchaus annehmbar sind Das bezieht sich vor allem auf die Frage der kontingentierten freien Ausfuhr polnischer Schweine nach Deutschland Tie deutschen Vorschläge sollen den polnischen Wünschen weiter entgegenkommen, als eS seinerzeit in dem belannten Genfer Abkommen zwischen Stresemann und dem polnischen Beauftragten Jokowski verein bart worden war. Sie gehen in der Hauptsache auf Verhandlungen zwischen den Vertretern des polnischen Viehaussuhrsyndikates und einer deut schen Abnahmeorganisation, der alle deutschen Interessenten angehören, zurück. Danach ver pflichtet sich Deutschland, lebende Schweine in einer Menge abzunehmen, die nach dem bisherigen LerlMdlungsverlauf von Polen als ausreichend angesehen werden müßte und die die Kapazität de- polnischen Schweinehandels bi» zur äußersten Srenze auSnüst. Wieweit Deutschland den Polen damit entgegengekonrmen ist, gehl allein aus der Tatsache hewor, daß schon die bisher von Deutsch land übernommenen Abnahmeverpslichtungen einen Wert von mehr als 150 Mill. M. jährlich laben. Sie Verhandlungen des rumSni- s-en Arbeit-Ministers in Berlin. Berlin, 7. Dezember. Ter rumänische Arbeitsminister Raducanu, der sich seit einigen Tagen in Berlin ausgehalten hat, ist gestern abend nach Bukarest zurückgereist. Bei den hiesigen Verhandlungen de- rumänischen ÄrbeilSmtnister« mit der deutschen Reich-regierung ist zunächst Einigkeit darüber sestgestellt worden, daß das am 10. November 1928 unterzeichnete bekannte Abkommen zwischen Deutschland und Rumänien zur Beilegung der finanziellen Meinungsverschiedenheiten von beiden Teilen sobald als möglich ratifiziert »erden soll. Bei dieser Gelegenheit sind in dem Text diese» Abkommen- einige Klarstellungen und Ergänzungen vorgenommen worden. Minister Raducanu hat während seiner An wesenheit auch mit einer deutschen Bankengruppe Verhandlungen geführt mit dem Ziele, die Ru mänien in dem Abkommen vom 10. November zugesagt«, Zahlungen schon vor den in dem Ab kommen vorgesehenen Fälligkeitsterminen flüssig zu mache«. Ruch bet diesen Verhandlungen ist eine Verständigung erzielt worden. poincare und Brian- zur Mparationsfrage. Paris, 7. Dezember. Vor dem Auswärtigen Ausschuß der Kammer ind gestern nachmittag Ministerpräsident Poincarä und Minister des Äußern Briand erschienen, die, wie das nach der Sitzung verbreitete Kommunique besagt, den Willen der Regierung be teuert haben, sich für eine vollständige definitive Liquidierung deS Repa ration sproblems einzusetzen. Sie haben unterstrichen, daß die gegenwärtige Phase der Ver handlungen, deren allgemeiner 4ang durch das in Genf im September ausgesetzte Protokoll geregelt bleibt, rein sachverständigen Charakter trägt, Bei den Unterredungen, die bisher zwischen Frankreich und den ehemals alliierten Ländern bzw. zwischen Frankreich und Deutschland statt gefunden haben, ist besonders auf den Wunsch Deutschlands hin verabredet worden, daß die un abhängigen Sachverständigen keine die Regierungen binden den Entscheidungen treffen könnten Es werde also Sache der Regierungen sein wenn die voraufgehende Sachoerständigenarbeit abgeschloffen sein wird, darüber zu urteilen, ob die Schlusfolgerungen der Sachverständigen es erlauben, daß die politischen Verhandlungen in eine neue Phase treten. Ter Ministerpräsident und der Außenminister hoben ihre aus Präzisen Dokumenten begründete Überzeugung zum Aus druck gebracht, daß die Verhandlungen in einem Geiste der Verständigung und des guten Willens «ingeleitet werden würden, die die beste Hoffnung auf einen guten Ab schluß erlaubten. In einer Meldung der Agentur Havas über diese Sitzung deS Auswärtigen Ausschusses wird noch berichtet, daß der Vortrag der beiden Minister etwa zwei Stunden dauerte. Ministerpräsident PoincarL habe genau die Lösungen auseinander- gesetzt, die ins Auge gefaßt werden könnten, und die seitens der Regierung als geeignet erachtet würden, zu dem gesuchten Ergebnis zu führen. Er habe gezeigt, wie die Regelung deS Neparationsproblems eng verbunden sei mit der Prosperität des Landes und somit mit dem seit 1926 begonnenen Sanierung-Werk, dessen Krönung die Regelung deS Reparationsproblems sein würde. Tie An gaben PomrareS, die durch den Minister de- Au<- wärtigen Briand, der mehrmals da- Wort er griff, unterstützt bzw. vervollständigt worden seien, hätten die vollkommene Übereinstimmung der Ansichten der beiden Minister gezeigt Lediglich ein Mitglied des Ausschusses, der frühere französische Delegierte in der ReparationSkommtssion, Du bot», soll einige Vorbehalte gemacht haben, aber alle anderen Anwesenden dagegen, von den Sozialisten bis zu den Konservativen, sollen der von Poincarü und Briand vorgetragenen Auffassung vollkommen zugestimmt haben Nebenher und in Beantwortung von Anfragen sei auch das Pro blem der Kriegsschulden berührt worden, dessen Lösung von dem der Nepara- tionen vollkommen unabhängig sei, und dessen außenpolitische, innenpolitische und parla mentarische Schwierigkeiten die Regierung keines wegs verkenne. ES scheine nach dem Meinungs austausch innerhalb des Ausschüsse-, daß da- Pro blem der interalliierten Schulden nicht vor Rege lung des Reparationsproblems in Angriff genom men werden könne, und daß keiner lei Verbindung a priori zwischen diesen beiden auf verschiedenen Gebieten ausgewoifenen Fragen bestehe. * Annahme des französischen Marinebudgets. Pari-, 7. Dezember. Tie Kammer hat in einer Nacht, ctzung da» Budget deS MarinemtnisteriumS, das gestern nachmittag in Angriff genommen worden war, verabschiedet. AuS den Ausführungen des Berichterstatters für das Marinebudget ergibt sich, daß 1914 die Summe von 641 Mtllionen Fvaaken k da» Budget eingestellt war, 1929 da gegen 2529 Millionen. Bon der Zahl für 1914 seien 128 Millionen für Neubauten bestimmt ge wesen, 1929 dagegen rund 1 Milliarde, so daß, wie der Berichterstatter erklärte, unter Berück- sichtigung der Geldentwertung die Kredite für die Kriegsmarine gegen 1924 um 23 Prozent zu r ückg eg an gen seien. Ter sozialistische Abgeordnete Goude be stritt daS, und forderte anstatt deS Baues von 10 000-Tonnen-Kreuzern, die 175 Millionen kosteten, den Bau von 10 Unterseebooten zu je 600 Tonnen, da diese außerdem nur 360 Mann Besatzung statt 600 erforderlich machten Weiter sprach sich der Abgeordnete gegendie Kreuzersahrten, die für die Nationalverteidigung wertlos seien und un nötiges Geld verschlängen, aus. Auf diese und andere ähnliche Angriffe von kommunistischer Seite erklärte Marineminister Leygues, daß die Kredite für die Kriegsmarine um 26 Prozent gegenüber 1914 zurückgegangen seien und der Flottenbestand gegen- über 1914 um 40 000 Tonnen geringer sei Dieser Bestand müsse jedoch aufrechterhalten werden, weil er unerläßlich sei, u. a auch für die Siche rung der Verbindungswege Frankreichs mit seinen Kolonien. LeygueS behauptete genau wie Poincars beim Heere-budget, daß kein Widerspruch bestehe zwischen den Ausgaben für die Kriegsmarine und der von Frankreich in Genf betriebenen Friedenspolitik. Sine Entschließung über den Ve- stand de- Staate- Sayern. München, 7. Dezember. Die Koalition-Parteien und di« Na tionalsozialisten haben im Bayrischen Land tag eine Entschließung eingebracht, worin der Bayrische Landtag seinen Entschluß kundgibt, am Bestand de» Staate» Bayern fest zuhalten und alle» zu tun, um die dem Staate Bayern nach Verfassung und Verträgen zustehenden Rechte zu wahren, weil damit am besten dem inneren Zusammenhalt de« Reiche» und der Zukunft de- deutschen Volke» gedient werde. Abgeordneter Ackermann erklärte, die sozialdemokratische Fraktion lehne Versuche ab, durch Ausnutzung bestehender Machtverhältniffe und Gesetze einen Teil Deutsch land» au-zuhungern und auch die Methoden, mit denen man letzthin im Landtag versucht habe, die Belange Bayern» gegenüber dem übrigen Deutsch land zu wahren. Sie lehne eS deshalb ab, der Entschließung betzutreien. Auch die kommu nistische Fraktion ließ erklären, daß sie die Entschließung ablehne. Für die Deutsche Bolk»- partet führte Abgeordneter Burger a«»r Wir werden die bayrische Regierung unterstützen, wenn sie die Selbständigkeit Bayern- wahrt, aber jeder Versuch, den Staat gegen da- Reich auSzuspiele«, schädigt den inneren Flieden de» Reiche» und seine Entwicklung. Die Entschließung wurde mit 68 gegen 4 Stimmen bet 32 Stimmenthaltungen angenommen. Ter Stimme enthielten sich die Sozialdemokraten und die Deutsche Volk-Partei, dagegen stimmten nur die Kommunisten. Sie Sonderzahlmiaen an die Ssterreichischen Sundes- ««gestellten. Wien, 7. Dezember. In der mit Spannung erwarteten Sitzung de» Budgetau-schuffe» de» Nationalrate» wurde heute nach längerer, teilweise stürmischer Debatte, die Regierungsvorlage betreffend die Sonder- zahlungen an die Bundesangestellten unver ändert angenommen. Ter Ftnanzminister erklärte, daß angesichts der wirtschaftlichen Verhält nisse vieler Bundesangestellten die jetzigen Zuge ständnisse eine volle Befriedigung der Beamten schaft allerdings nicht Hervorrufen würden. Die endgültige Entscheidung über die Regierungsvorlage bleibt dem Plenum de- NationalrateS Vorbehalten. Der neue Vundespräsidenl von Oesterreich. Krise in der Hegierungsloaliiion. Wien, 5. Dezember. Das Intrigenspiel, das dieser Wahl voranging, war bei Gott nichts weniger als erfreulich Et entsprach aber vor allem auch nicht jenem Minimum an Würde, das man doch selbst in diesem von Parteikämpfen zermürbten und zerissenen Österreich wenigstens bei solchem Anlaß hätte voraussetzen können. Denn darüber kommt man doch wohl auch beim besten Willen und bei aller Nachsicht nicht hinweg: Der Ausgang dieser Wahl schafft keine Freude und er trägt nichts dazu bei, den Mann populär zu machen, der jetzt vier Jahre lang das Oberhaupt der Republik sein soll. Schon deshalb nicht, weil ihn doch nur eine Minderheit dazu erkoren hat. Man hat drei Wahlgänge gebraucht, um diese» Resultat zu erzielen, und zum Schlüsse stellte sich dann heraus, daß es eigentlich niemand gewollt hatte. Denn der Gedankengang, der in der Bundesversammlung die einzelnen Parteien je nach ihrer politischen Einstellung beherrschte, war ja doch überall ein ganz anderer gewesen. Die Christlich-Sozialen wünschten sich zuerst eine Ver fassungsänderung. um dem Präsidenten der Republik auch eine gewisse politische Machtstellung einzu- räumen und sie fanden dabet die willige Unter stützung der zwei kleinen Koalitionsgenossen, der Großdeutschen und der Landdündler. Sie wollten diese Erweiterung der Machtbefugnisse auch mit irgendwelchen demokratischen Äußerlichkeiten ver brämen Die Wahl sollte in Zukunft durch da» Volt selbst erfolgen, und bi» zur Durchführung einer solchen VerfaffungSkorreltur hätte man schließ lich die Funltionsdauer des vr. Hamisch noch um ein Jahr verlängert, Darüber aber konnte doch nie mand im Zweifel sein, daß der kommende Bundes- ptäsident immer nur vr. Ignaz Seipel geheißen hätte und so war es eigentlich von vornherein vorauszusehen, daß die Sozialdemokraten eine Ver fassungsänderung ablehnen mußten, die zunächst nur ihrem schärfsten Gegner zugute kommen sollte. Die sofortige Wahl eine» christlichsozialen Partei politikers aber glaubten wieder die Großdeutschen und die Landbündler aus — wie sagt man nur schnell? — Prestigegründen ablehnen zu müssen, und so ergab sich die große Must innerhalb der Regierungskoalition, die sich später fast von Stunde zu Stunde sichtlich erweiterte. Daß die Land- bündler am Tage vor der Wahl auf den Einfall kamen, sich für ihre Auffassung bei der Opposition einen Bundesgenossen zu suchen, war dann schon fast der völlige Bruch innerhalb der MehrheilS- parteien. Rettungslos verfahren schien die Situation aber erst durch die ausfällige Bereitwilligkeit der Sozialdemokraten, die Funktionsdauer vr. Hamisch' — ohne sonstige Erweiterung seiner verfassungsmäßigen Rechte — auf weitere vier Jahre zu verlängern und dem gegenwärtigen Bundespräsidenten zu liebe diese einfache Verfassungsänderung zu koir- zedieren. Nur um, wie eS in der Begrüßung hieß, „die Wahl eine» klerikalen Parteimannes zum Bundespräsidenten zu verhindern". Da» empfanden nun wieder die Christlichsozialen als die schwerste Beleidigung, und so standen heut« sünf Mmuten vor der Wahl alle vier Parteien der Bundesversammlung einander al» verbittert« und unversöhnliche Gegner gegenüber In der unmöglichsten Lage waren allerdings die Großdeutschen. Sie wollten zuerst, wie die anderen drei Parteien, auch ihren eigenen Kandi daten nominieren, um so ein bißchen Demonstra tionspolitik zu machen. Aber da erfuhren sie noch rechtzeitig, daß die Sozialdemokraten eventuell bereit gewesen wären, für einen großdeutschen Kandidaten zu stimmen, der dann auch die Mehr heit erhalten hätte. So blieb ihnen nichts andere» übrig, al» ihre Stimmen dem Kandidaten deS Landbundes, dem Wiener Polizeipräsidenten Johann Schober zu geben, den sie einmal, vor sieben Jahren, als Bundeskanzler gestürzt hatten, weil er in dieser Zeit mit dem Abschluß des be rühmten Vertrage- von Lana mit der Tschecho slowakei angeblich die Interessen de- deutsche« Volke- in Österreich verraten und verkauft hatte. Daß die Sozialdemokraten nicht für einen Schober stimmen konnten, war ia klar.