Volltext Seite (XML)
Sächsisch e Slaalszeüung Staatsan^eiger für den Freistaat Sachsen Erscheint Werktag- nachmittag- mit dem Datum des Erscheinung-tage-. Bezugspreis: Monatlich 3 Mark. Einzelne Nummern 15 Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21235 — Schristleitung Nr. 14574. Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Etadtgirokonto Dresden Nr. 140, Ankündigungen: Die 32 mm breite Grundzeil« oder deren Raum 35 Pf, die 66 mm breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 70 Pf , unter Tin» gesandt 1RM. Ermäßigung aus Beschäft-anzeigen, Familiennachrichten und Stellen« gesuche. — Schluß der Annahme vormittag- 10 Uhr. Leitweise Nebenblätter: Landtag-«Beilage, Berkauf-liste von Holzpslanzen auf den Staat-forstrevieren. verantwortlich für die Redaktion: HauptschrisHeiter Karl Bethke in Rähnitz-Hellerau. Dresden, Sonnabend, 6. Oktober Nr. 2SS 1S2S Das enthüllte Klottengeheimnis. Amerika — -er wirtschaftliche Hintergrund. Nachdem die Hearstpresse in Amerika zuerst mit dem Briefe Briands die Öffentlichkeit überraschte, erfolgt jetzt eine nicht minder weittragende Ver öffentlichung in der französijchen Presse ES ist der bekannte Pertinax. der seine Ungeduld im „Echo de Paris" nicht länger zügeln kann Kurzer hand gibt er hier im Wortlaut die drei Noten bekannt, die zwischen der englischen und sranzösi- schen Negierung ausgelauscht wurden und das Floitenkompromiß begründeten. Jntereüanterweise kniipst dieser Notenwechsel an die Thesen eines sranzösijchen Sozialisten, nämlich an die des französische» völterbund-delegierte« Paul-Bon- cour an. Des en Anregung ging dahin alle Schisse mit einer Bestückung über 2« em der vr- absichttgltN BrschrSntung zu «ntrrwrrsen. In Genf hat der englische Admiral Kelly mit seinem französischen Kollegen in der vorbereilenden Kom mission für die Abrüstungskonferenz das Thema besprochen Man sieht, wozu diese Abrüstungs- Mission nützlich ist. Den Engländern kchn es bei diesen Besprechungen wohl in der Hauptsache auf die Unterseebootfrage an. Frankreich möchte im Unterseebootbau möglichst nicht beschränkt jein, am liebsten hätte ^s auch srese Haud bezüglich der Heineren Kriegsschiffe. Deshalb bedauert Briand in der zweiten letzt veröffentlichten Note, daß England Frankreichs Vorschlag nicht angenommen hätte, wonach sich alle Rüstungsbeschränkungen bloß auf die Gesamttonnage beziehen sollten England hätte dann die ihm freigelassene Gesamt tonnage naturgemäß durch den Bau der für es unentbehrlichen großen Dreadnought- und Kreuzer erschöpft. Frankreich dagegen, das bei der Lage seiner Kolonien mit weniger Schlachtschiffen aus kommen kann, würde dafür innerhalb einer ent sprechenden Tonnagegesamtziffer eine unheimliche Zahl von kleinen und allerkleinsten Kampffahr- zeugen, insbesondere Unterseeboote unter 600 t bauen können. Diese Unterseeboote spielen im Verhältnis von Frankreich und England eine ent scheidende Rolle und eigentlich auch nur zwischen diesen beiden Ländern. Der Aktionsradius dieser Unterseeboote ist so gering, daß sie im allgemeinen ohne Zweifel sind, wofür Frankreich sie erklärt, nämlich eine maritime Verteidigungswaffe. Nur gerade im Kampf mit England könnten sie auch zur Angriffswaffe werden, weil sie selbstverständlich die geringe Breite des Kanals durchaus be herrschen könnten. Wenn sich also England mit der Freigabe dieses Unterseebootbaus einverstanden erklärt, so kann es das nur, wenn durch ander weitige feste Abmachungen jeder kriegerische Kon flikt zwischen ihm und Frankreich ausgeschloffen wird. Diese Annahme der französischen These, diese Unterscheidung zwischen offensiven und defensiven Unterseebooten wird aber nun tatsäch lich in der dritten von England stammenden Note angenommen. Deshalb hat der sozialistische Partei führer Leon Blum ohne Zweifel rech», wenn er in seinen Artikeln im „Populaire" festflellt, die englisch-französischen - Marineabmachungen hätten nur im Rahmen eine- Präzisen Militärbündnisses Sinn und Zweck. Den Schlüffe! zu diesem Abkommen wird man in Ler wirtschaftlichen und machtpolitifchen Rolle Amerikas zu suchen haben. Die „Germania" dürste den Kern deS Problems treffen, wenn sie schreibt: „Wir vergessen zu leicht, daß der Weltschwer- Punkt nicht mehr in Europa liegt, daß wir viel mehr an der Peripherie des amerikanischen Kraft» Ser Reichspräsident dankt den Geburtstagsgratulanten. Berlin, 5. Oktober. Da- Bureau de» Reichspräsidenten gibt fol» geudru : Erlaß de» Herrn Reich-Präsidenten bekannt: ' . - „Anch in diesem Jahre sind mir z« «einem «ednrt-tage an» allen Teilen de» Reiche- und do» diele» De«,sch«» »», de« «u»ta»de Glück, wänschr t» großer Zahl z»g«ga»ge». Ihre zentrumS wohnen. Ter genialste aller Kriegs gewinnler, Amerika, hat von seinen Kriegschancen alS einziger Weltlieferant klugen Gebrauch gemacht, daß auch die Reaktion der großen Nachkriegslrise und die Anstrengungen der Kriegführenden, wirt schaftlich wieder hochzukommen, dieses amerikanische Übergewicht nicht wieder ausgleichen können. Ein gigantischer Wirtschastskampf zwischen Amerika und England setzte ein, in welchem England die Waffen des Dumping, der Vorzugszölle, der Lohnver- kürzung und Arbeitsoerlängerung vergeblich der amerikanischen Rationalisierung und genialen Welt- rellame entgegensetzte. Im Südamerikageschäft vermochte England den amerikanischen Vorsprung nicht wieder einzuholen. In Ostasien mußte es, durch Streits und Boykotts geschwächt, vor dem mit Nachgiebigkeit und Noblesse arbeitenden Amerika die Flagge streichen. ES gelang Eng land nicht, die amerikanischen Waren durch Pro hibitivzölle von den Dominien sernzuhalten, und Kanada geriet völlig in die Hand des amerikani schen Importeurs. Der englische Versuch, mit Holland zusammen das Gummimonopvl mit unge heuren Opfern aufrechtzueihalten, schlug fehl, alS die Amerikaner am Golf von M-xiks riesige Kautschukpflanzungen anlegten. Der Kampf um das Ol, dessen Besitz in einem künftigen Seekrieg entscheidend sein wird, setzte in voller Schärfe ein, trotz der verschiedenen Versuche, zwischen der Standard-Oil und der Shell-Gruppe eine Eini gung herbeizuführen. England leidet heute unter stärkster wirtschaftlicher Depression, deren Ursache nur scheinbar der große Kohlenarbeiteistreik und die zunehmende mitteleuropäische Konkurrenz ist: In Wahrheit ist es Amerika, welches der eng lischen Industrie seine allen Absatzgebiete weg genommen hat. Diese wirtschaftliche Krise wird von einer machtpolitischen begleitet. Auch wenn man nicht der Ansicht ist, daß die Beschlüsse der letzten eng lischen Reichskonferenz einen AuSeinanderbruch deS Imperiums bedeuten, so läßt es sich doch nicht leugnen, daß dieses Ereignis England machtpoli- tisch und kontinentalpolitisch endgültig auf sich selbst gestellt hat. Tie schwankenden Tominien werden naturnoiwendig von dem stärkeren Kraft- zentrum angezogen. Und die Tatsache, daß die englische Flotte heute' nicht mehr die un bestrittene erste und einzige der Welt ist, vermindert das Interesse der Tochterstaaten am Mutterland. Kanada ist bereits heute militärisch der Früdensliebe der Vereinigten Staaten auSgeliefert, die Chancen in Südafrika und Australien sind für England und Amerika ziemlich gleich,, es sei denn, daß Japan da- Gewicht seiner Flotte in die Waagschale werfen würde. Die „All gegenwart" der englischen Flotte wird durch die Befestigung der amerikanischen Flotlenposition im Stillen Ozean und im Karibischen Meer stark be droht und nur vermittels einer sehr starken Flotte von kleineren Kreuzern und Hilfskreuzern vermag England im Ernstfälle eine Verbindung zwischen den weitentsernten Kolonien herzustellen. DaS amerikanische Verlangen nach Beschränkung dieser Kreuzerzahl greift daher an die Wurzel de- Emptre, wiewohl man nicht leugnen kann, daß die riesige Ausdehnung der amerikanischen Küsten von Boston bis Manila ebenfalls eine zahlreiche Kreuzer- floUe nölig machen könnte. , - - WaS lag näher, als daß sich England unter diesen Umständen die Unterstützung des einzigen r Tinzelbeantwortung ist mir leider nicht «-glich. Allen, die freundlich meiner gedacht habe», spreche ich daher auf diesem «ege met»e» herz lichsten Dank aus und bitte Sie zugleich, die mir bezeigte Zuneigung und Ter»e dadurch zu bestätige«, daß Sie, rin jeder au setuer Stelle, mtthrlfe«, unserem Volke innere» Friedr« uud St»igkrit zu grbrn. ? " . d. tztudruburg, «rich»präftde»t.* festländischen Staates versicherte, der ihm macht- politisch von Nutzen sein und im Ernstfälle gefähr- lich werden konnte. Tie englisch-französische Zu. jammenarbrit hat seit dem Weltkriege niemals völlig aujgehört und in der Zeit dcS Ruhrabenleurrs nur eine vorübergehende Störung erfahren. Auch der versuch von Locarno, Deutschland alS Dritten in diese« Bund auszunrhmrn, schlug fehl, als die amerikanische Übermacht immer bedrohlicher nnd das Bedürfnis nach einem engen militärischen Zusammengehen immer dringlicher wurde, was naturgemäß bei einer deutschen Teilhaberschaft ausgeschlossen war. Systematisch wurde eine Bereinigung der englisch-jranzöstschen Gegensätze ans allen Fronten herbeigejührt, eine Maßnahme, welche an die russisch-englische Flurbereinigung von 1S07 erinnert. Ma» legte die Fehde im Orient bet, in der England insgeheim die Ein geborenen gegen Frankreich unterstützt hatte, und einigte sich über gemeinschaftliches Vorgehen in Südafrika und dem nahen Oste». Man schuf in Ostasien eine Etnheit-frout gegen Ehina und daS mjt sei««« UnabhängigkeitSwünschen shmpatht- Pere««r Nordamerika. England veranlaß'« dir fra»zösisch« Politik und Wirtschaft zu völliger Reserve gegenüber Rußland uud zur Verstärkung der Antisowjelfront vom Baltischen btS zum Schwarze« Meer, «an eini-te sich über daS Borgrhen in Litauen, Belgrad, Sofia und Athen und veranlaßte Italien durch gemeinschaftliche Schritte zu weitgehender Zurückhaltung. Man stellte schließlich bezüglich Deutschlands gemein- schasttiche Richtlinien auf, die tm wesentlichen den französischen Standpunkt innehieltrn. Auf diese Weife sicherte sich England tinen wert- vollen Bundesgcnojsen gegen ei« wirtschaftlich und machtpotitisch rivalisierendes Nordamerika." „Englische und amerikanische Staatsmänner von höchstem Rang hören nicht auf, in die Welt hinauszuposaunen, daß ein Krieg zwischen Eng land und Amerika eine Unmöglichkeit sei und den Todesstoß für unsere Zivilisation bedeuten würde Sie haben vollkommen recht, was die Wirkungen eines solchen Krieges anbetrifft. Aber eS wäre nicht weise, die Behauptung als unbedingt richtig hinzunehmen, daß ein solcher Krieg zwischen den beiden angelsächsischen Demokratien völlig aus- geschlossen sei." So beurteilt das Mitglied der englischen Labourparly, der ehemalige Marine offizier Kennworthy („Bor kommenden Kriegen") die Möglichkeit einer bewaffneten englisch-amerika- üischen Auseinandersetzung. Vor dem Gespenst eines solchen Bruderkrieges bekreuzigt sich die eng lische nnd die amerikanische Öffentlichkeit, seitdem die Einzelheiten des französisch-englischen Flotten kompromisses bekannigeworden sind. Während man in Deutschland den Schatten Eduards VH. und seiner Lntents ooräial« auftauchen sah, er innerte man sich in Amerika des Schicksals der jenigen Seemächte, die im Verlauf der letzten 300 Jahre an England gescheitert waren. Zwar hat Amerika längst jene- Stadium der Bedroh lichkeit überschritten, daS man vor dem Kriege der deutschen Flotte irrigerweise beimaß, aber verstärkt um die französischen Floiteneinheiten, kann Eng land heute «och behaupte», z«r See derE rfle zu feiu. Darum war der Kauf der französischen Unter stützung der traditionsgemäße Schachzug Englands gegenüber der amerikanischen FlottenaufrüflungS- drohung nach dem Scheitern der Genfer Flotten- konferenz von 1927. Konkurs einer „VollSrechtSbank". Die von der VolkSrechtkpartei der Auf- Wertungsgruppe deS Grafen Posadowsky gegründete Genossenschaftsbank „Sparer-Welthilfe G. m. b. H. deS SchutzverbandeS der Hypothekengläubiger und Sparer für da- Teutsche Reich, Landesverband Schlesien" hat laut „Bofsischer Zeitung" Konkurs anmelden müssen. Zu den Gläubigern der Bank gehören vorwiegend kleine Sparer. KoMjonsverhandlungen und Konkordat in Preußen. Berlin, 5. Oktober. Tie anscheinend aus dem Rheinland stammende Nachricht, daß zwischen dem preußischen Kultus ministerium und dem Vatikan ein Konkordat be reits abgeschlossen und eine entsprechende Vorlage von der preußischen Regierung fertiggestelll worden sei, hat in der politisct en Öffentlichkeit großes Auf sehen hervorgerusen, da in diesem Falle nicht nur die eben begonnenen Verhandlungen der preußi schen Regierungsparteien mit der Deutschen Volks- Partei über deren Eintritt in die Regierung bedroh», sondern auch die bisherige preußische Koalition selbst in eine kritische Lage gekommen wäre, da Sozialdemokraten und Demokraten ein Konkordat, das auf die Schulfrage Bezug hätte, entschieden ablehnen. Die von der preußischen Regierung ab« gegebene Erklärung ist offensichtlich von dem Be streben diktiert, die Beunruhigung bei den liberalen Parteien zu zerstreuen, ohne sich aber in nähere Mitteilungen über den Siand der Konkorvaisver- Handlungen und den Inhalt der Vorschläge, die von beiden Seiten gemacht wurden, einzulaffen. Tie amtliche Erklärung beschränkt sich auf die Feststellung von zwei Tatsachen: Sie bestätigt zunächst, daß ohne Mitwirkung des preußischen GesamtlabinettS zwischen dem preußischen Kulms- Ministerium und dem Vatikan KonkordatSoerhanv- lunger» schweben, dte bisher nur unverbindlich ge führt und noch nicht abgeschlossen worden sind. Sie kündigt weiter an, daß eine Vereinbarung zwischen Staat und Kirche, die die Staatshoheit auf schulpolilischem Gebiet irgendwie beeinträchtige»» könnte, nicht in Frage komme. Zwilchen den Zeilen kann man auS der amt lichen Erklärung herauelesen, daß der preußische Kultusminister die Konkorvatsoerhandlungen mit dem Vatikan erst zum Abschluß bringen will, wenn die Frage der Erweiterung der preußischen Regie rung zur Großen Koalition endgültig geklärt ist. Da die Schule aus dem Konkordat ausgeschaltet werden soll, ist ein ernsthafter Widerstand weder von sozialdemokratischer, noch von demokratischer Seite zu erwarten, da auch diese Parteien die Auffassung vr. Beckers teilen, daß dte veränderten staatsrechtlicl en Verhältnisse eine Revision des Ber- tragsoerhältnisses zwijchen Staat und katholischer Kirche erfordern. Die Regierung hätte ja auch keine Aussichten, sür ein Konkordat, das die Schulfrage behandel», die Zustimmung des Land tages zu erhalten. Auch das Zentrum ist damit einverstanden, daß im Interesse der gegenwärtig stattfindenven Koalilionsverhandlungen der Ab schluß des Konkordats vorläufig hinausgeschoben wird. Von zuständiger Zentrumsseite wird er klärt, daß die Konkorvatsoerhandlungen noch nicht soweit gediehen sind, daß sie in der nächsten Zeit dem preußischen Staatsmimsterium vorgelegt werden könnten. ES sei durchaus un angebracht, die schwebenden Verhandlungen zum Gegenstand koalitionspolitischer Auseinandersatzungen zu machen. Von der ZenirumSfraltion des Preu ßischen Landtags wird die Vermutung ausgesprochen, daß die bisherigen Mitteilungen in der Presse lediglich den Zweck haben sollten, die Verhand lungen mit der Deutschen Volkspartei zu er schweren. DaS Zentrum werde die Konkordats- frage zurückstellen, bis daS Koalitionsproblem gelöst sei. Dieses Problem wurde in den letzten Tagen lebhaft erörtert. Im Landtage fanden am Freitag mehrere für die preußische Koalition-umbildung wichtige Besprechungen statt. So erschien gegen Mittag der preußische Ministerpräsident Braun im Land- tag und hielt mit den Regierungsparteien Kon ferenzen über die Erweiterung der gegenwärtigen Koalition ab. Ministerpräsident Braun bat die Führer sämtlicher Regierungsparteien nacheinander zu sich. Wie wir von unkerrichteter Seite hören, sind prinzipielle Widerstände gegen die Ein beziehung der Deutschen BolkSpartei in die Koali tion nicht gellend gemacht worden, wenn sich auch nach unseren Informationen keiner der Parlamen tarier sür ein überstürztes Tempo der Koalitions- Verhandlungen ausgesprochen hat. Darüber hinaus haben am Freitag bereits interfraktionelle Besprechungen über die Koalitions frage stattgesunden, die wahrscheinlich dasselbe Er gebnis haben werde«, wie die Verhandlung de»