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Staatsan^eiger für Erscheint Werktag« nachmittag« mit dem Datum de« ErschetnungStage». Bezug«prei«: Monatlich 3 Mart. Einzelne Nummern 15 Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295 — Schriftleitung Nr. 14574, Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgtrokonto Dresden Nr. 140. den Freistaat Sachsen Ankündigungen: Die 32 iam breite Grundzeile oder deren Raum 35 Pf, die 66 nun breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 70 Pf., unter Ein gesandt 1 NM. Ermäßigung aus GeschäftSanzeigen, Familiennachrichten und Stellen gesuche. — Schluß der Annahme vormittags 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, Berlaufsliste von Holzpslanzen auf den Staatsforstrevieren. verantwortlich für die Redaktion: I. B.: OberregierungSrat Hans Block in Dresden. Nr. 171 Dresden, Dienstag, 24. Juli 192S Nanking lehnt die japanische Protestnote ab. Peking, 24. Juli. Die Rankingregierung hat gestern die japanische Protestnote wegen der Kündi gung des Handelsvertrages erhalten. ES fand daraufhin eine Sitzung deS Nankingkabinettsstatt. Die Rankingregierung befchlotz, die japanischen Forderungen abzulehnen. Hente soll eine Antwortnote an die japanische Regierung verfaßt werden. Ltrlaub des Reichskanzlers. Berlin, 24. Juli. Der Kanzler verließ gestern abend Berlin, um sich zu einem 14 tägigen Erholungsurlaub nach dem Schwarzwald zu begeben. Er wird kurz vor der VerfassungSfeier wieder nach Berlin zurück, kehren. Zum Abschied hatten sich der Staals- sekretär in der Reichskanzlei, ttr. Pünder, sowie der Reichspressechef, Ministerialdirektor Or. Zechlin, auf dem Bahnsteig eingefunden. Seine Stell- Vertretung übernimmt der dienstälteste in Berlin an wesende Reichsminister Groener. Die nächste Sitzung des Reichskabinetts dürfte voraussichtlich in der Mitte deS kommenden Mo- nats stattfinden. Oer Streit um die Eisenbahntarifserhöhung. Berlin, 23. Jul- Tie Reichsregierung hat sich mit dem Antrag der RetchSbahngesevschoft auf Tariferhöhung erneut besaßt. Sie rst der Auffassung, daß die bisher gegebenen Unterlagen nicht hinreichen, um die Notwendigkeit einer Tariferhöhung dar- zutun. Sie würde es vorzielen, wenn vor end gültiger Entscheidung dieser Frage, die so ein schneidend für die gesamte Volkswirtschaft ist, di« weitere Entwicklung der Reichsbahneinnahmen ab gewartet würde. Ta jedoch die ReichSbahn-Aeselljchaft die Frage für geklärt und alsbaldige Entscheidung für geboten HM, erhebt die ReichSregierung keine Bedenken da gegen, daß die bestehende MeinungSoerschiedenh:it, ob und in welchem Ausmaße eine Tariferhöhung als notwendig zu erachten ist, schon jetzt dem im Reichsbahngesetz vorgesehenen Reichsbahn gericht unterbreitet wird. * Tas auf Grund des Reichsbahngesetzes vom 30. August 19,'4 § 44 eingesetzte besondere Gericht zur Entscheidung von Streitfällen zwischen der ReichSregierung und der Reichsbahngesellschaft wird beim Reichsgericht gebildet. ES besteht auS dem ständigen (auf fünf Jahre ernannten) Vorsitzenden und zwei Beisitzern, die für jeden Streitfall auf Vorschlag der Parteien vom Reichsgerichtspräsi denten bestellt werden. Einschränkung der Reichswehr« Übungen. Berlin, 23. Juli. Die für Mitte September angesetzten Reichs- Wehrübungen an der Küste der Ostsee sind abgesetzt worden, und zwar weil das Reichs- Wehrministerium bestrebt ist, in seinem Haushalt möglichst große Ersparnisse zu erzielen. Größere Reichswehrübungen werden daher ledig lich im Herbst in Schlesien stattfinden. Perfonaweränderungen im Reichs innenministerium. Berlin, 23. Juli. Wie der Demokratische ZeitungSdienst berichtet, wird in der nächsten Zeit der Leiter der Ver- fassungsabteilung im Reichsministerium deS Innern, Ministerialdirektor v. Kamele, seinen Urlaub an- treten, von dem er nicht wieder in fein Amt zurückkehren wird. Auch der Bruder keS früheren Innenministers, Ministerialrat Otto v. Keudell, ist aus Urlaub gegangen. Deutsche Vorträge vor Amerikanern. Berlin, 23. Juli. Die Deutsche Hochschule für Politik gab heute mittag der amerikanischen Sherwood-Eddy - Studien-Gesellschaft einen Tee in den Räumen der Deutschen Gesell- schäft, bei dem Reichsgerichtspräsident vr. Walter SimonS den Gästen und einer Anzahl geladener deutscher Professoren, Behördenvertretern und Presse angehörigen einen Vortrag über „Deutschland und die Schiedsgerichtsbarkeit" hielt, vr. Simons entwickelte die Geschichte der Schieds gerichtsbarkeit und legte den Gesinnungswandel der deutschen und der Weltöffentlichkeit gegenüber diesem Problem dar. Er unterstrich da- ameri kanische Bcktbild. nahm Bezug auf die vereinzelten Nachdem in China die Kämpfe zwischen der Nordgruppe Marschall Tschangtsolin und der Süd- gruppe Marschall Tschanglmschek dadurch zu einem gewissen Abschluß gekommen sind, daß Tschangtsolin gezwungen wurde, Peking zu räumen uns mit seiner gesamten Armee und seinem Stabe sich auf Mulden, zurück,iehen mußte, geht nunmehr die Nankingregierung, welche die Macht in der Hand hat, sehr entschlossen vor, um ganz China aus der Botmäßigkeit der fremden Mächte zu befieien Da Tschangtsolin in seinem Panzer zuge einem Attentat zum Opfer fiel, so schaltet er als Machthaber auf chinesischem Boden in Zu kunft aus Die Nankingregierung hat das Ab kommen mit mehreren Mächten, darunter auch Japan, gekündigt und sie will nunmehr die sämt lichen ausländischen Posteinrichtungen aufheben und die äußeist wichtigen See- und Flußzoll ämter, welche mit ihren Einnahmen der chinesischen Regierung nur teilweise zur Verfügung stehen, in ihre Hand bekommen Außerdem wird an gestrebt, die Konsvlargerichtsbarleit der fremden Mächte zu erschüttern, um auf diese Weise wieder völlig Herr im eigenen Lande zu weiden. Deutsch land, da» auf seine gesamten Vorrechte verzichtet hat, steht mit China in bestem Einvernehmen. Selbst in Schanghai, wo sich Ausländer kaum in die Chinesenstadt wagen dürfen, weil hier der Macht bereich der ausländischen Truppen aushört, dürfen Deutsche unangefochten passieren. Da in der Lei tung der Nankingregierung Chinesen sitzen, die ihre Ausbildung im Auslande genossen haben und die Schwäche der europäiichen Nationen während des Weltkrieges kennen lernten so haben eS die anderen Staaten, vornehmlich Japan und England, mit einem Fälle von historischer Bedeutung aus der Vor kriegszeit, auf Bismarcks Inanspruchnahme des Schiedsgerichtes im Carolinen-Falle, auf die Schiedsklausel des Stephanschen Weltpostvereins, auf die amerikanischen Klauseln, die Tast- und Bryan-Verträge; er streifte den gesamten Casablanca-Fall und eine Reihe Nachkriegssälle. wo die Schiedsgerichtsbarkeit gerade von Deutschland angerufen wurde, um schließlich an Hand der Locarnooerträge und des vor wenigen Wochen ab- geichlossenen deutsch-amerikanischen SchiedSvertrages auf die allgemeine Anerkennung und Geltung der Schiedsgerichtsbarkeit hinzuweisen. „Gerechtigkeit", so führte der Reichsgerichtspräsident aus, „ist aber mehr als Schiedsgerichtsbarkeit, denn sie steht über den Empfindlichkeiten des Souveränitätsbewußt- seins " Mit - einem Hinweis auf die Bedeutung des Kellopgpaktes schloß vr. SimonS seine sehr beifällig ausgenommenen in englischer Sprache vor- getragenen Ausführungen. Als zweiter Redner war Reichstagsabgeordneter vr Breitscheid gewonnen worden, der über „Kriegsfolgen und Wiederaufbau" sprach. Er gab Daien über die inneren Kriegslasten und zeigte, wie Deutschland allmählich trotz dieser Lasten zu einem gewissen sozialen Gleichgewicht gelangt sei. Tann sprach er über Regierungsform und Regierungsbildung, über die Einigkeit in der Frage der Außenpolitik, also der Verständigungs politik, um zum Schluß die Forderung nach internationaler Gleichberechtigung, also Räumung deS deutschen Bodens und Festsetzung der Repara tionsschuld, zu begründen. Auch ihm wurde reicher Beifall der zahlreichen amerikanischen und deutschen Gäste zuteil Ein Fememörder entwichen. Küstrin, 23. Juli. Der im Landsberger Fememordprozeß zu acht Jahren Zuchthaus verurteilte Oberleutnant Ra phael, der auf Grund de« Amnestiegesetze« von der Strafanstalt Sonnenburg nach Tegel trans portiert werden sollte, ist am Sonnabend vor mittag aus dem Hauptbahnhof Küstrin seinem Transporteur entwichen Trotz eifrigster Be- mühungen der Küstriner Polizei ist e« bi« heute nicht gelungen, den Flüchtling wieder zu ergreife«. Partner zu tun, der ihnen gewachsen ist und ihnen über kurz oder lang ihre bisher sorgsam gehüteten Vorrechte abgewinnen wird, wobei auf chinesischer Seite noch das gewaltige Mittel eines Warenboy kotts vorhanden ist, das Japan kürzlich schon zu spüren bekam. Wieder Kriegszustand zwischen Nord- und Güdchina? Peking, 24. Juli. Wie aus Mukdcn gemrldet wird, hat Tschang. sueliang seine Unterhändler auSPeking abberusen. Die Verhandlungen mit der Rankingregierung sind damit ab gebrochen. Tschangsueliang hat für seine Truppen Alarmbereitschaft befohlen, da er einen Angriff der Lüdtruppen erwartet. Er hat ferner die alte fünffarbige chinesische Flagg« wieder hissen lasse«. Damit befinden fich Nord- «nd Lüdchina wieder im Kriegszustand. Chinesisch-amerikanische Vertrags- kouferenz. London, 24. Juli Nach einer Agentnrmeldung aus Washington sollen die Bereinigten Staate» bereit sein, die Frage einer Bertragsrev tsion mit der füdchinesischen Regierung sobald wie möglich zu erörtern Es verlaute, daß bereits Vorkehrungen für eine chinesifch- ameritanische Konferenz getroffen wer den, an der vielleicht auch andere Mächte teil- nrhmen würden. Raphael sollte aus Veranlassung der Staatsanwalt schaft Landsberg aus Grund der Amnestieverord nung auS dem Strafgefängnis Tegel entlassen werden. Oie Affäre im Reichsbahn zentralamt. Berlin, 24. Juli. Wie die „Voss. Ztg." erfährt, hat der Präsident der ReichSbahndireklion Karlsruhe, Frhr. v. Eltz, der mit der Untersuchung der Vorgänge im Reichs bahnzentralamt Berlin beauftragt wurde, die zur Amtsenthebung des Neichsbahnd.rektors Neumann geführt hatten, sein umfangreiches Gutachten abgeschlossen und dem Generaldirektor der Reichsbahnhauptverwaltung überreicht. Eine Ab schrift dieses Gutachtens ist der Staatsanwalt schaft zugeleitet worden- Das Gutachten der Kommission, die unter Leitung des Reichsbahnpräsidenten v. Eltz die zwischen dem Reichsbahnzentralamt und den private» Lieferfirmen geschlossenen Verträge geprüft hat, kommt, wie die „Voss. Ztg." berichtet zu dem Ergebnis, daß die Verträge des Eisenbahnzentral- amtes zum Teil nicht günstig waren, und die Reichsbahn tatsächlich geschädigt haben; dies gehe, wie in dem Gutachten ausgeführt wird, be sonders auS den Verträgen zwischen dem Eisen- bahnzentralamt und der Firma Heinrich Warning hervor, die 100 Proz. aller zu bestellenden Tender- lagerschalen, etwa 93 Proz. aller Achsenlagergleit platten und einen erheblichen Teil aller Güter wagenlagerschalen lieferte. Die Firma Warning gab die Aufträge zum Teil an zwei andere Werke ab und erhielt jeweils sehr beträchtliche Provi sionen. Die Frage, weshalb die Firma Warning diese Monopolstellung erhalten habe, scheine trotz eingehendster Prüfung nicht geklärt zu sein. Die „Boss. Ztg" will ferner erfahren haben, daß die Eltz-Kommission zu der Überzeugung gekommen sei, daß für den gesamten Bedarf der Reichsbahn an Tenderlagerschalen Preise gezahlt worden seien, die bei genauer Prüfung hätten abge lehnt werden müssen. Ser Völkerbund „eine Methode", „eine Art, zu verhandeln"? Eine Erwiderung an Staatssekretär a. D. Frhr. v. Rheinbaben. Von Prof. vr. HanS Wehberg. Frhr. v. Rheinbaben hat in einem kürzlich er schienenen, interessanten Buche „Von Versailles zur Freiheit" eine Anzahl von Thesen vertreten, deren Diskussion mir von größter Wichtigkeit zu sein scheint. Die Aufsagung vom Wesen des Völker bundes, wie sie sich allmählich bei den führenden Geistern aller Nationen durchsetzt, ist für die Ent wicklung des Genfer Völkerbundes keineswegs gleichgültig. Frhr. v. Rheinbaben beginnt sein Werk mit der Feststellung: „Ter Völkerbund entspricht keineswegs dem Sinne und der Auslegung des Wortes „Bund". Die Franzosen nennen ihn eine „Gesellschaft der Nationen" Im Zusammenhang damit schließt er sich den Worten eines klugen Belgiers an, der einmal erklärt hat, der Völkerbund sei eine „Methode", „eine Art, zu verhandeln". Frhr. v. Rheinbaben hält diese Formulierung für „treffend und durchschlagend". Gewiß unterliegt es nun keinem Zweifel, daß diese Definition sehr wohl geeignet ist, die Be denken gewisser Staaten, die von jedein Beschlusse eines Völkerbundorgans eine Beeinträchtigung ihrer Souveränität befürchten, auszuräumen. Eine an dere Frage dagegen ist es, ob sie auch ein klares Bild von dem eigentlichen Wesen des Genjer Völkerbundes, insbesondere von den in der Satzung enthaltenen Rechten und Pflichten der Mitglieder gibt. War nicht jene Politik, die biS 1914 vor herrschend war und schließlich zur Katastrophe des Weltkrieges führte, gleichfalls eine bestimmte „Methode", „eine Art, zu verhandeln"? Nun läßt sich gewiß nicht leugnen, daß auch im Völkerbunde, namentlich bei der Vermittlung politischer Streitig keiten, verhandelt wird und verhandelt werden muß. Aber der große, entscheidende Unterschied zwischen früher und jetzt besteht doch darin, daß heute dem Handeln der Mächte ganz bestimmte internationale Rechte und Pflichten zugrunde liegen, daß man ferner im Völkerbunde nicht nur tätig ist, um die egoistischen Interessen der einzelnen Staaten, sondern ebensosehr, um das Gesamtwohl aller Nationen zu fördern. Nicht, daß in Genf verhandelt wird, ist das wahrhaft Entscheidende. Sicherlich ist eS von großer Wichtigkeit, daß die Tagungen von Rat und Bundesversammlung zahlreiche persönliche Aus sprachen führender Staatsmänner ermöglichen. Dazu aber wäre an sich keine Satzung des Völkerbundes, kein Völkerbundssekretariat usw. erforderlich. Auch ohne eine ständige Organisation, wie sie der Völker bund enthält, könnte man nach dem Vorbilde ver gangener Zeiten häufigere Zusammenkünfte der Staatsmänner zur Pflicht machen. Aber daß die Mitglieder des Völkerbundes sich in Genf nicht als ungebundene Verhandlungspartner gegenüberstehen, sondern als Staatsmänner, die aus die Satzung des Völkerbundes feierlich verpflichtet sind und deren Zusammenarbeit von einer hohen Gesinnung für das Gemeinwohl getragen sein soll, das ist das völlig Neuartige. Der Hinweis darauf, daß der Völkerbund eine „Art, zu verhandeln" darstellt, sagt nichts davon, daß die Schaffung des Völkerbundes in Wahrheit den Anbeginn eines neuen Zeitalters bedeutet, in dem man mit den politischen Methoden der Ver gangenheit aufräumt und ein organisatorischer Zu sammenschluß der Nationen zwecks Sicherung des Friedens und Schaffung einer Arbeitsgemeinschaft herbeigeführt werden soll. Wir leugnen nicht die heute noch vorhandene Unvollkommenheit des Völkerbundes. Wir vermögen z. B. weder sein Verhallen in der rumänisch ungarischen Optantenfrage, noch seine Zaghaftigkeit in der polnisch-litauischen Angelegenheit, noch sein bisheriges Versagen in der Abrüstungssrage zu ent- schuldigen. Aber die Schwäche des Völkerbünde» ist ein Übergangsstadium, das um so schneller überwunden werden wird, je früher man die Eigen art des Bundes und die Voraussetzungen seine» Wachstums richtig erkennt. Nur wenn man davon auSgeht, daß die Mit- glieder de« Bunde» an bestimmte Rechte und Pflichten gebunden sind, kann man auch de» richtigen Standpunkt zu dem Probleme der Fort-