Volltext Seite (XML)
Sächsische SlaalsMmg Staatsan^eiger für den Freistaat Sachsen Erscheint Werktags nachmittags mit dem Datum deS ErfchetnungStage». Bezugspreis: Monatlich 3 Mari. Einzelne Nummern 15 Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295 — Schriftleitung Nr. 14574« Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgirokonto Dresden Nr. 146. Ankündigungen: Die 32 mm breite Grundzeile oder deren Raum 35 Pf, di« 66 mm breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 70 Pf-, unter Ein gesandt 1RM. Ermäßigung aus GeschSst-anzelgen, Familiennachrichten und Stellen gesuche. — Schluß der Annahme vormittag» 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, Verlaufsliste von Holzpslanzen auf den Staatsforstrevieren, verantwortlich für die Redaktion: I. v.: vr. Fritz Klauber in Dresden. Nr. 449 Dresden, Donnerstag, 2S. Juni 492S Oie Krage der Rheinlan-räumung vor dem Ltnterhaufe. London. 28. Ium. Im Unterhause fragte gestern Buxton den Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten, ob er angesichts der kürzlich von dem polnischen Außen- Minister abgegebenen Erklärung die Versicherung abgeben wolle, daß die englische Regierung die Gewährung werterer Garantien an die polnische Regierung in Verbindung mit der Räumung des Rheinlandes nicht ins Auge fasse. Chamberlain antwortete: Die großbritannische Negierung hat wiederholt festgestellt daß England nicht in der Lage ist, weitere Garantien zu geben oder ihre Verpflichtungen aus dem Völkerbundspalt und dem Vertrage von Locarno zu erweitern. Ponsonby fragte hierauf: Kann man demnach der Auffassung sein, daß die englische Regierung hinsichtlich der Frage der Rheinlandräumung vollständig freie Hand hat? Chamberlain antwortete: Gewiß müssen wir uns mit anderen Mächten ins Benehmen setzen, aber wir haben keine weiteren Berpflich- jungen. Garro Iones fragte dann: Wenn der Staatssekretär des Auswärtigen in der Angelegenheit freie Hand hat, hält er dann nicht die Zeit für ge kommen, wo er unsere Truppen aus dem Rhein land zurückziehen müßte? Chamberlain empfahl dem Fragesteller, seinen Parteiführer Lloyd George darüber zu befragen, warum dieser die Frist von 15 Jahren in den Vertrag von Versailles labe aufnehmen lassen. Wenn er auch selbst zur Zett des Abschlusse» de» Vertrages dem Kabine'! an gehört habe, so kenne doch Lloyd George den Ber- trag und dessen Gedankengänge besser. Berenger über den letzten Bericht Parker Gilberts. Paris, 28. Juni. Im Senalsausschuß für auswärtige Angelegen heiten erstattete Senator Henry Berenger einen ausführlichen Bericht über die Frage der Re parationen und der interalliierten Schulden aus Grund des letzten Berichtes des Generalagenten für Reparationszahlungen. Verenger .hob hetvor, daß sich aus dem Bericht Parker Gilberts ergebe, daß Deutschland alle seine finanziellen Verpflichtungen gegen über seinen Gläubigern pünktlich und ordnungsmäßig erfüllt habe, und daß der Tawesplan auf allen Gebieten. Transfer, Sach leistungen usw. erfolgreich gearbeitet habe. Berenger verweilte dann insbesondere bei den Ausführungen des Generalagenten, wonach das zu lösende Grundproblem die endgültige Fest setzung der deutschen Reparationsverpflichtungen sei. Er erinnerte in diesem Zusammenhänge an die von Poincars in der Kammer am letzten Sonntag abgegebene Erklärung, daß die Repara tionskommission Parker Gilbert in dieser Frage schon geantwortet habe. Verenger wies darauf hin, daß Frankreich seit 1925 von Deutsch land mehr erhalte, als es selbst seinen Alliierten auf Grund der abgeschlossenen Ab kommen zahle. Frankreich habe also kein per sönliches Interesse an irgendeiner Änderung des Tawesplanes oder des die deutsche Schuld fest setzenden Abkommens von 192l. Im übrigen gab Berenger der Auffassung Ausdruck, daß in der Frage einer Revision des DaweSplanes nichts vor dem Ergebnis der amerikanischen PräsidentschaftSwahlen und der Einfüh rung des neuen Präsidenten untersommen werden könne. Tatsächlich sei nicht in Europa oder Amerika eine offizielle Aktion tm Gange oder wahrschein lich. Alles, waS in dieser Hinsicht veröffentlicht worden sei, gehöre in das Gebiet der Phantasie. DaS beste sei, sich an eine strikt ordnungsmäßige und gegenseitige Durchführung der geltenden inter nationalen Abkommen zu halten die Frankreich außer den für die jährliche Rückzahlung seiner Kriegsschulden notwendigen Summen einen be trächtlichen Überschuß für seine Reparationen und seinen RachkriegSwiederaufbau liefere. Rücktritt -es Kabinetts pilsu-ski. Warschau 28 Juni. Gestern nachmittag hat Ministerpräsident Mar schall Pilsudskt dem Präsidenten ber Republik das Rücktrittsgesuch de» gesamten Kabi- »ettß überreicht. Der Präsident der Republik Heute Bildung eines Llbergangs- kabinetts. fassungsändernde Gesetz erforderlichen Zweidrittel mehrheit beteiligten sich nur 74 Abgeordnete an der Schlußabstimmung, von denen 72 sich gegen die Vorlage aussprachen. Dagegen stimmten die Deutschnationalen und die Nationalliberalen. Das Haus vertagte sich nach der Abstimmung auf den 1. August. Kompromiß zwischen Zentrum und Sozialdemokraten. Berlin, 28. Juni. Die Verhandlungen über die Bildung des Ka binetts der Persönlichkeiten waren gestern abend aus dem toten Punkt angelangt. Tie Verhandlungen, die zwischen dem Abgeordneten Müller-Franken und dem Zentrum geführt wurden, verliefen er gebnislos, da sich das Zentrum zwar bereit erklärte, auf daS Amt des Vizekanzlers zu verzichten, aber ein politisches Mi nisterium, dH. das dem Abgeordneten Severing vorbehaltene Reich sinnen Ministerium un bedingt für sich verlangte. Alle Anstrengungen Müller-Frankens, das Zentrum zur Nachgiebigkeit zu stimmen, blieben erfolglos. Um 6 Uhr abends erstattete Müller-Franken dem Reichspräsidenten Bericht über die Situation. Er erklärte, daß die Fraktion des Zentrums ihm erklärt habe, daß Ab geordneter Wirth neben dem VerkehrSministerium oder dem Ministerium für die besetzten Gebiete die Stellung deS Vizekanzlers behalte oder daß das Zentrum an Stelle eines der "kleineren Ministerien ein politisches Ministerium, wie daS Reichsministe rium de» Innern bekomme. Da die sozial demokratische Fraktion auf die Be setzung des Reichs Ministeriums deS Innern nicht verzichten könne, sehe er die Wetterführung aussichtsreicher Verhandlungen nicht mehr als gegeben, denn ohne Hinzuziehung der Zentrumspartei könne er eine Regierung aus tragsähiger Grundlage nicht bilden. Müller-Franken verwies darauf, daß er schließlich bereit wäre, um da» Zentrum zu gewinnen, seine Bedenken gegen die Errichtung des Postens des Vizekanzlers fallen zu lassen, aber dadurch würden nur neue Schwierigkeiten entstehen, da die Deutsche Volks- Partei die schwersten Bedenken gegen die Ein richtung eines solchen Amtes hege. Der Reichs- Präsident erwiderte darauf daß er kein Bedürfnis für die Einrichtung des in der Verfassung und in der Geschäfts ordnung der Reichsregierung nicht als regelmäßig vorgesehenen Amtes eines Vizekanzlers anerkenne und eS auch ablehnen müsse, in der Ausübung seiner verfassungsmäßigen Rechte sich von einer Fraktion für die Zusammen setzung des Reichskabinetts bindende Vorschriften machen zu lassen. Nach seiner Rückkehr vom Reichspräsidenten teilte Müller-Franken den Vertretern des Zentrums den Inhalt seiner Unterredung mit dem Reichs präsidenten mit. Namens des Zentrums erwiderte Abgeordneter Steger walv, daß seine Fraktion sich nicht mehr auf die Schaffung des Amtes eines Vizekanzlers versteife, sondern verlange, daß das Zentrum das Reichsinnenministerium erhalte. Müller-Franken lehnte diese Forderung neuerdings ab, erklärte aber, dpr Abgeordnete Hilferding sei persönlich bereit, auf die Übernahme deS Reichsfinanzministeriums zu verzichten, um der Regierungsbildung keine Schwierigkeiten zu be reiten. Tas Zentrum ließ aber Müller-Franken wissen, daß ihm mit dem Finanzministerium nicht gedient sei. In einer am späten Abend abge haltenen Sitzung billigte die Zenlrnmtfrakiion aus drücklich die Haltung ihrer Unterhändler. Tie sozialdemokratische Reichstagsfraktion nahm ihrerseits einen Beschluß an, daß sie einmütig an Severing als Reichsinnen minister sesthalte. Berlin, 18. Juni. Wie die Telegraphen-Union zu dem heutigen Ergebnis der Besprechung Müller-Franken mit dem Reichspräsidenten erfährt, ist »wischen Zentrum und Sozialdemokraten eine Einigung auf der BafiS eine» provisorischen Kabinetts bis zum Herbst er- zielt worden. * Der Sompromißvorfchlag für dir Neubildung der Regierung sieht vor, dnß das Zentrum in dem provisorischen Kabinett nur durch de« Abg v. Gutrard vertreten sein soll, der daS BerkehrSministerinm und das Ministerium für die besetzten Gebiete übernehmen soll. v. Gerard wäre in diesem Kabinett sozusagen nur der BerbindungS- mann des Zentrums. DaS Arbeit-- ministrrinm soll durch den Abg. Wissel (So».) besetzt werde« während das Justiz ministerium durch den Abg. Sänger (Soz.) besetzt werde« soll. Dieser Kompromiß gilt ««r bis zum Herbst. Abg. v. Gutrard hat sich z«r Übernahme deS Vrrkehrsministeriums und de- «inistereums für die besetzten Gebiete bereit erklärt. Im Zusammenhang mit der Lös«« g der prenßische« Frage hofft man i« Herbst auch im Reich eine sichere Grundlage für die Große Koalitio« zu schaffe«. Oie SPD. billigt -as Kabinett Hermann Müller. Berlin, 28. Juni. Die sozialdemokratische Reichstagsfrak- tion hielt heute mittag eine etwa einstündige Sitzung ab. Die Fraktion nahm nach einem Be richt des Abg. Hermann Müller über die Neu bildung der Reichsregierung und im Anschluß,an eine Aussprache gegen wenige Stimmen folgenden Antrag deS Abg. vr. Brettscheid an: „Tie Fraktion ist mit dem Eintritt ihrer Mitglieder in das Kabinett Hermann Mütter ein verstanden." Einberufung -es Reichstages zum 3. Luli. Berlin, 28. Juni. Ter Ältestenrat deS Reichstages hielt heute vormittag eine Sitzung ab, in der beschlossen wurde, die nächste ReichktagSsitzung für TienStag, den 3. Juli 3 Uhr nachmittags emzuberusen mit der Tagesordnung: Entgegennahme einer Erklärung der Reichsregierung. Nach der vom Reichskanzler vorgetragenen Regierungserklärung wird die Sitzung auf Mittwoch vertagt werden. hat die Demission angenommen und den bisherigen stellvertretenden Ministerpräsidenten Prof. vr. Kasimir Bartel zum Ministerpräsidenten ernannt. Aus Vorschlag deS Ministerpräsidenten Bartel hat der Präsident der Republik al» Minister des neuen Kabinetts die Minister deS vorigen Kabinett» mit zwei Ausnahmen ernannt. An Stelle de» bisherigen UnterrichtSmimflerS Do- bruckt wurde zum Unterrichlsmtnister der bisherige Direktor deS politischen Departement» de» Innen ministerium», Kasimir Switalski, und an Stelle de- bisherigen Verkehr-Ministers Ramocki der Ingenieur Alfred Kühn zum Verkehrsminister er- nannt. Marschall Pilsudskt übernimmt im neuen Kabinett das Kriegsministerium. Ablehnung -er VerfaffungS- än-erung in Danzig. Danzig, 28. Juni. ImBolk»tagwurde gestern die Vorlage, die u. a. die Verringerung der Zahl der VollSragS- abgeordneten zum Ziel hat, in dritter Be- ratung abgelehnt. Statt der für da» der- Oie Neubildung des ägyptischen Kabinetts. Kairo, 28. Juni. Das neue Kabinett ist von Mohamed Mahmud Pascha gebildet worden, der sich die Mitarbeit von Khachaba Pascha, Adlyba Pascha, Maher und Gaafer Pascha Wali ge sichert hat. Oer amerikanische Arbeiterführer Murphy ermordet. London, 28. Juni. Ter amerikanische Arbeiterführer Murphy ist nach Meldungen aus Chikago von unbekannten Tätern erschossen worden. Die Verbrecher konnten im Automobil flüchten. Tumult auf dem demokratischen Parteikonvent in Houston. Houston, 28. Juni. Senator Robinson, der als der aussichts reichste Kandidat süe die demokratische Nomination für die Bizeprüsidentschast gilt, wurde gestern zum ständigen Vorsitzenden des Konvent- erwählt. Als Robinson in seiner Rede, die er während der kurzen Mittagssitzung hielt, darauf hinwieS, daß Jefferson sich besonders über jene Bestimmung der Bundesverfassung gefreut habe, wonach kein Anwärter auf ein öffentliches VertrauenSamt sich einer Prüfung seiner religiösen Überzeugung zu unterwerfe» brauche, wurde diese Erklärung von den Anhängern des katholischen Gouverneurs Smith mit demonstrativem Beifall ausgenommen. Unter den Delegaten der Südstaaten, namentlich denen von Nord-Carolina, Alabama und Georgia, entstand jedoch ein großer Tumult, der schließlich zu wüsten Schlägereien führte, die erst nach etwa zehn Minuten durch die herbeigeholte Polizei nach ausgiebigem Gebrauch ihrer Knüppel bei gelegt werden konnten. Gouverneur Gmith als Wahl- kandi-at vorgeschlagen. New Vork 28. Juni. Ter demokratische Parteikongreß in Houston nahm mit überwältigendem Beifall den Antrag Franklin D. Roosevelt auf, Gouverneur Alfred Smith als demokratischen Präsidentschafts kandidaten vorzuschlagen. Mit Fahnenschwenken und unter Hurrarufen zogen darauf die Smith- Anhänger durch die Kongreßhalle. Bei der Auf stellung des WahlprogrammS wird die Alkohol fr age noch erbitterte Kämpfe auslöscn, wenn sich die Parteiführer bemühen werden, die Anhänger deS Alkoholverbots zum Einlenken zu bewegen. Am Mittwoch gerieten zwei Senatoren wegen der Alkoholfrage so aneinander, daß es beinahe zu Tätlichkeiten kam. Ter eine von ihnen hatte den Anhänger des Alkoholverbots, den Bischof Cannon, einen Betrüger gescholten. Oie Kuomintang rüstet gegen -ie Man-fchurei. Peking, 28. Juni. Die Verhandlungen, die in Mulden zwischen Vertretern der Nanltngregierung und dem Sohne TschangtsolinS, Tschanghueliang, geführt werden, nahmen einen ungünstigen Verlauf. Obwohl die Verhandlungen noch fortdauern, bereitet sich die Südarmee zu einem Vormarsch gegen die Mandschurei vor. Tschangkaischek, der über Hankau nach Peking reist, wird sich von dort in da« neue Hauptquartier der Südtruppen weiter begeben, um eine Neuorganisierung seiner Armee durchzufahren. Der wesentlichste Streitpunkt zwilchen der Kuomintang und Tschanghueliang ist, daß letzterer sich der Einsetzung einer politischen Kuomintangkommission für die Mandschurei wider setzt. Die militärischen Vorbereitungen der Nanking regierung bedeuten zunächst nur eine Drohung, können jedoch zu neuen Kampfhandlungen führe«,