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Sächsisch e StaatsMung Staatsan^eiger für den Freistaat Sachsen Ankündigungen: Die 32 mm breite Grundzeile oder deren Raum 35 Pf, die 66 ww breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 70 Pf , unter Ein gesandt 1RM. Ermäßigung aus GeschäftSanzeigen, Familiennachrichten und Stellen gesuche. — Schluß der Annahme vormittags 10 Uhr. Erscheint Werktag- nachmittag- mit dem Datum de- ErscheinungStages. Bezugspreis: Monatlich 3 Mark. Einzelne Nummern 15 Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Sir. 21295 — Schriftleitung Nr. 14574« Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgirokonto Dresden Nr. 140. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, Verkaufslistc von Holzpflanzen auf den Staatsforstrevieren. Verantwortlich für die Redaktion: I. V.: vr. Fritz Klauber in Dresden. m. 139 Dresden, Sonnabend, 16. Juni - Die Schwierigkeiten der Regierungs bildung überwunden? Die Voll-Partei erklärt ihre Bereitschaft zu Verhandlungen. Oie Anleiheverfchuldung der deutschen Städte. Berlin 16. Ium Tie mit der Juninummer der Zeiischrist „Ter Clädtetag" zum erstenmal erscheinenden „Clalisii- schen Viertel ahrsberichte" bringen unter anderem die Ergebnisse einer vom Deutschen Städtelag ver- anstallelen Erhebung über die Anletheveischuldung der deutschen Städte. Nach vieler Zusammen stellung betrug die langfustige Anleiheschuld ohne Ablösung und Aufwertungsverpfllcktungen für die Gesamtheit der deutschen Städte mit über 25 000 Einwohnern (ohne Hansestädte) ein- schließlich ihrer Betriebe usw. am 31. März d. I. 2012,2 Mill M , wovon auf die Städte mit mehr als 200000 Einwohnern 52,4 Proz. entfallen. Die gesamte langfristige Anleiheschuld gliedert sich in 1397,5 Mill RM. Inlands anleihen und 6l4,7 Mill. RM. Aus ländsanleihen, d. h. 30,5 Proz der Gesamt summe. Der Anteilsatz der Ausländsanleihen ist bei den größten Städten am höchsten (Städte mit mehr als 200 000 Einwohnern 46,4 Proz.). Er liegt in den Städten geringerer Größe weit unter dem Durchschnitt, da in dielen auetandsanlethen- fähige Verwendungszwecke an Bedeutung zurück- treten. Ein umfassender Überblick wird über die Verwendung der langfristigen Anleihe schuld geboten Bei den Inlandsanleihen er geben sich als HauptverwendungSzwecke Wah- nungsbau und Sredlungswesen (28,2 Proz.), 93,9 Proz. der langfristigen Ausländs anleihen sind den bet rieben und Berkehrsunternehmungen zugesührt worden; auf die Elektrizitätswerke allein entfallen 61,4 Proz. Ein -betrag von 26,7 Mill. RN. geht auf die in der Kriegszeit oon einer Reihe von Siädten für Kriegswohlfahrtszwecke in der Schweiz aufgenommenen Anleihen zurück. Für die Verpflichtungen aus dem Anleihe- ablösungs- und Aufweitungs.wsetz (ohne Hypotheken- und Grundjrt ulden) hat sich ein Betrag von 691,7 Mill RM. oder 30,72 pro Kopf der Be völkerung ergeben. Durch die Erhebung sind schließlich kurzfristige Schulden in Höhe von 664,7 Mill. RN. ermittelt worden. Außerdem hallen die Städte als Ersatz für noch n'chl fällige ordent liche Einnahmen l46,6 Mill. RM. als Kassen kredite und vorübergehende Betriebkkredite herein genommen General Schönaich aus der Demo kratischen Partei ausgetreten. Berlin, 16. Juni. Wie d>e „Boisische Zeitung" meldet, ist General major a. D. Frei err Paul v Schönaich bereits im Februar aus der Demokratischen Par tei ausgetreten. Den äußeren Anlaß dazu habe der Protest der wültiembelgischen Demokraten gegen Schönaichs Propaganda für die Kriegsdienst. Verweigerung gegeben. Nur mit Rücksicht auf die Kandidatur Tantzens in seinem Kreiie Schleswig- Holstein habe er mit der Veröffentlichung seines Austritts bis nach der Wahl zurückgel alten. Koch-Weser wieder Vorsitzender der demokratischen Reichstags fraktion. .»erlin, 16 Juni. Die demokratische Reichslagsfraktion nahm in ihrer Freitagsitzung die Wahl des Fraltionsvor- standes vor. Dabei wurde der Abgeordnete Koch- We,er zum Vorsitzenden wiedergewählt. In den Fraltionsvorstand gewählt wurden ferner die Ab geordneten Erkelenz, Dittrich, Haas, Frau Or. Bäumer und vr. Ftscher-Köln sowie der zugleich als Beschästssührer nominierte Z leg!er. Zur Besetzung des Postens des Reichsarbeitsministers. Köln, 16. Juni Tas Bezirkskartell der Christlichen Gewerkschaften richtete an den Vorsitzenden des Teutschen Gewerkschafisbundes, Abgeordneten vr. Slegerwald, folgendes Telegramm: Nach dem von den Sozialdemokraten besonders gegen vr. Brauns geführten gehässigen Wahlkampf und den sonstigen Anglisten in der Vergangenheit gegen vr Braun- und die christlichen Gewerkschaften bitten Berlin, -6. Juni. , Die innerpolitiiche Lage hat gestern abend in sofern eine gewisse Entspannung erfahren, als die volksparteiliche Reichslagsfraktion fest- stellte sie sei nach wie vor zur Fortsetzung der Verhandlungen üver die Regie rungsbildung bereit und werde einer Ein ladung zur Erörterung der sachlichen Fragen jeder zeit Folge leisten. Demgegenüber tritt die weitere Feststellung, sie erwarte, daß die preußische Frage im Sinne der Fraktion weiter geklärt werden könne, an Bedeutung zurück. Tie Forderung der Deutschen Bolkspaitei auf gleichzeitige Beteiligung an der preußischen Regierung wird also zunächst aus den Verhandlungen der Reichslagsfraktionen ausgeschaltet und letzt neuerlich der Versuch unter nommen, die Lösung dieses Problems durch Ver handlungen unter den preußischen Landtagsparteien zu finden. Vorläufig finden bis zu Beginn der kommenden Woche keine Fraklionsberatungen im Reichstage statt. Wohl aber hat Müller-Franken für heute vormittag eine intersraltionelle Sitzung einberufen, in der die lacklichen Forderungen der Volkspartei von den Führern der an der Regierungsbildung beteiligten Parteien erörtert werden. Gleichzeitig weiten die preußischen Verhandlungen in Gang kommen. Tie Unterhändler der vollspartei- lichen Landtagsfraktion haben an die Weimarer Parteien in Preußen formell las Ersuchen um Eintritt in die Koalitionsverhandlungen gerichtet. Der Führer der preußischen Zentrums- sraklron, Abgeordneter vr. Heß, und ter gleich- die Kölner christlichen Gewerkschaften, das Reichs- arbeitsministenum den Sozialdemokraten zur vollen Verantwortung zu überlassen." Oer Stahlhelm an die Volks- parteil chen Kameraden. Berlin, 16 Juni. Tie 4 undesgeschästsstel^e des Stahlhelm hat an den volkspaiteilichen Reichstagsabgeordneten vr. Kulen tarn psf einen Brief gericltet, in dem es heißt: Tie Bundessührung des Stahlhelm denkt leldstverständlich nickt daran, dre Kameraden- abgeordneten in der freien Ausübung ihres Man dats ermprechend dem Art. 21 der Reichsversassung zu betindern Aber sie nimmt für sich das Rech- in Anspruch zu den polilisä en Vorgängen Stellung zu nehmen. In dem gegenwärtigen Zeitpunkt > ält sie es sür notwenig, vor einer Politik zu warnen, welche der Sozialdemokratie die Verant wortung abnimmt. Oie Llnfattziffern im deutschen und im russischen Bergbau. Berlin, 16. Juni. Tie „Rote Fahne" beschuldigt in ihrer Ausgabe vom 14. Juni den preußischen Handelsminister in grober Weise, bei einer früheren Landtagsreve sich auf falsche Zahlen über die Unfallzisfern im russischen Bergbau gestützt zu haben, und behauptet, der Minister Labe zugeben müssen, daß seine Zahlen falsch seien. Tiese Behauptung ist, wie der Amtliche Preußische Pressedienst seststellt, unwahr.. . Ter Minister bat ausdrücklich darauf hingewiesen, daß er vergleichbare Ziffern einander gegenübergestellt habe Zu diesem Zwecke mußten natürlich die weniger gefahrvollen russischen Tagebaubetriebe wegbleiben, wenn auf deutscher Seite nur die Steinlohlengruben an der Ruhr angeführt wurden, die in mehreren hundert Metern Tiese betrieben werden. Vor allem aber werden die Kommunisten nicht bestreiten können — und nur darauf kam eS ihnen in diesem Zusammenhänge überhaupt an —, daß eS auch im russischen Bergbau bisher nicht gelungen ist, die Ziffern schwerer Unfälle unter ein gewisses reichlich hohe» Maß herabzusetze». falls dem Zentrum angehörende Wohlsahrtsminifler Hirtsiefer wurden telegraphisch nach Berlin zurück- berufen, um an diesen Verhandlungen teiizunehmen. Es ist zu erwarten, daß es zwischen den preußischen LandtagSparteien zu einer Verständigung kommen wird in dem Sinne, daß der Termin für den Eintritt der Teutschen Vollspartei in die preußische Regierung genau umschrieben wird. Sollte sich die volksparteiliche Fraktion in Preußen mit diesem Kompromiß zufrieden geben, dann wird die Reichstagssraktion der Volkspartei ihre Forderung nach gleichzeitiger Herstellung der Großen Koalition im Reiche und in Preußen nicht mehr ausrcchterhalten. Tie neue Taktik der Volks- Partei, zunächst erst in Preusen eine Klärung her beizuführen, wird dem Eingreifen des Reichs- außenministers vr. Stresemann zugeschrieben, der lange Besprechungen mit dem volksparteilichen Fraktionsvorstand abhielt. An der Fraktionssitzung selbst beteiligte sich vr. Stresemann, was ausdrück, lich hervorzuheben ist, aus gesundheitlichen Grün den nicht. Tie Besserung der Lage wird heute auch aus beruhigenden Kommentaren der offiziellen Volts- parteilichen Presse ersichtlich. Cis erklärt, die Schwierigkeiten Ler kommenden Verhandlungen dürften nicht überschätzt werden Auch von der Möglichkeit eines Entgegenkommens der Volks partei in derTerminsrage wird bereits gesprochen. Jedenfalls kann die Bereitschaft der Vollspa lei zur Fortsetzung der programmatischen Verhandlungen im Reich als ein günstiges Zeichen gedeutet werden. Reichsbannerfarben sind Staats farben. Ter Schriftsteller und deutschnationale Wahl redner Walter Koro di-Berlin Halle sich gestern vor der Berusungskammer des Landgerichts Görlitz unter der Anklage der Beleidigung der Neichsfarben zu veranlwcrten. Ter Angellagle Korodi hatte in einer Versammlung m Görlitz einen beleidigenden Ausspruch gegen die Farben des Reichsbanners getan. In erster Instanz war Korodi vom Schöffengericht Görlitz sreigesprochen worden. Tas Landgericht ver urteilte den Angeklagten zu 210 M. Geldstrafe. Korodi erklärle, daß er dagegen Revision beim Reichsgericht einlcgen werde. In der Urteils- begründung wurde u. a. ausgesührt: Ta Vas Reichsbanner nur mit dem einzigen Ziele ge gründet worden sei, den Staat zu festigen und zu schützen, so seien somit die Farben des Reichs- banners mit den Farben des Staates zu identi- sizieren. Ein Brief Titulescus an den Ratspräsidenten. Genf, 16. Juni. In der Angelegenheit des ungarisch-rumänischen Optantenstreits hat der rumänische Außenminister einen Brief an den Ratspräsidenten gerichtet, in dem er im Gegensatz zum Grafen Apponyi der Meinung Ausdruck gibt, daß der Streitfall für den Völkerbunvsrat nach feinem letzten Beschluß abgeschlossen sei und die einseitigen Erklärungen des Grafen Apponyi daran nichts ändern können. Titulescu will seine Auffassung auf die von den Ratsmitgliedern unwidrrsprocken gebliebene Erklärung des Ralspräsiventen stützen, wonach die Angelegenheit für den Rat abgeschlossen sei. In seinem Bestätigungsschreiben beschränkt sich der Ratspräsident auf eine inhaltliche Wieder gabe des Briefes von Titulescu. Es sei icdoch bei diesem Anlaß daran erinnert, daß über den Kernpunkt der ungarischen Rechtsauf, fassung, die Schiedsgerichtsbarkeit und ihr Funktionieren auf Grund der Bestimmungen des Trianon-BertrageS bisher der Rat bei Behandkung des OptantenflreiteS noch niemals einen Be schluß gefaßt hat. Llm die Präsidentschaft der Union. Hoover der kommende Mann. Unter einem Frcudentumult wurde Herberk Clark Hoover auf dem republikanischen Konvent in Kansas City mit 837 von 1089 Stimmen zum Präsidentschaftskandidaten der Partei nominiert. Tie Berickte aus der Provinzstadt am Missouri sind voll von Eiiizelheiten über die Begeisterungs stürme, die dem Nominieiungsalt vorangingen und folgten. Etwas Fremdartiges liegt für uns Euro päer in diesem demonstrativen Fanatismus, den die Aussicht auf die Wahl eines Unions- Präsidenten auslöst, der im bürgerlichen Leben das trockene Amt eines Handelsministers verwaltet. Was erwartet der Amerikaner von dieser Präsident schaft? Was macht sein Herz höher schlagen bei dem Gedanken, daß am 4. November, aller Wahr scheinlichkeit nach, die Mehrheit des amerikanischen Volles sich sür Hoover entscheiden wird? Im mittelalterlichen Rom ries nach der Wahl des neuen Papstes im Konllave die freudetrunkene Menge ihr „vabewus pupaw!" durch die Straßen. Ter Jubel galt der durch Lie Wahl auss neue belräftigten Einheit der Kirche. Ter Enthusiasmus, den die Nominierung des Handelsministers Hoover unter den Republikanern der Union erzeugt, steht im Zeichen des magischen Wortes „Prosperität". „Prosperität" ist das Schlagwort des gegen wärtigen Wahljeldzugs in Amerika und Herbert Hoover seine individuelle Inkarnation Tie re- publikanffche Partei, die eigentliche Trägerin de» gewaftigen Wiltschaftsaufstiegs der Bereinigten Staaten seit dem Weltkrieg, hat in ihm den Herold und typischen Repräsentanten dieses Wirts laslS- mächtigen, wcllbeherrjchenven Amerika gesunden. Hoover ist für den Amerikaner ter Mann der Praxis, der Organisation. Ter geborene Ordner, der, ausgestattet mit einer seltenen Durchführungs energie, zwischen Geschäft und Humanität ziel bewußt die Mitte hält. Ein Mensch lle.ner Her kunft, wie das Land, das ihn geboren hat. Aus armer Familie stammend, muß er sich die Mitiel zu seinen technischen Studien mühsam er arbeiten. Ter unbekannte Ingenieur bahnt sich den Meg zum erfolgreichen Staatsmann. Als weltberühmter Vorsitzender der Ernährungs komitees, die den Notleidenden Europas hilf reich gegen die Hungersnot beistehen, festigt er das moralische Prestige der Union, versucht er sie, der Weltmeinung gegenüber, vor dem Vorwurf des Abgleitens m hemmungslosen Kommerzialis mus zu bewahren. Tabei ist er stets Kaufmann, stets ein wirt schaftlich denkender Mensch: selbst dort, wo er ausgesprochen Humanitären Zielen zuzustreben scheint. Seiner Überzeugung nach ist die ameri- kanische Geschäftswelt viel leistungsfähiger als die amerikanische Regierung. Man sollte, meint er, auf die sozialen und Poltischen Probleme die Methoden des Geschäftsmannes, des Ingenieurs, des Wissenschaftlers anwenden. So formuliert, so lebt er das Ideal des amerikanischen Menschen dieser Tage. Und so wirbt er in seinem amtlichen Wirkungskreis, als Handelssekretär und Handelsminister, und weit darüber hinaus Liebe, nicht so sehr sür seine Per son, als für seinen Typus Nirgends wird mit so viel Hingebung an die Sache gearbeitet, wie in seinem Ressort. Man glaubt an ihn und an seine völlig nntheoretische Methode. Man ist überzeugt, daß er den richtigen Weg geht: den Weg zur Wirtschaftsdemokratie, die einer stetig wachsenden Anzahl von amerikanischen Bürgern einen sicheren Anteil am allgemeinen Wohlstand gewährleistet. Hoover genießt bei weitem nicht die Popularität seines demokratischen Hauptgegners, des New Yorker Gouverneurs Alfred Emanuel Smith, mit dessen Nominierung auf dem bevorstehenden demo kratischen Parteikonvent zu Houston in Texas be stimmt zu rechnen ist. Er hat sogar ziemlich viele Feinde: namentlich unter den Farmern, die cs ihm nicht vergessen können, daß er als Handels- Minister den Präsidenten Coolidge in seinem Wider stand gegen da? landwirtschastliche Hilssprogramm der Mac Nary Haugen - Bill unterstützt hat. Aber waS ihnr an wirklicher Sympathie fehlt, ersetzt die A vorchtung dem Mann und seinem Werl, der orene eingebamerikanische Respekt vor dem Erfolg.