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Sächsisch eStaalszeÜmg den Zreiftaat Sachsen Staatsan^eiger für Dresden, Montag, 7. September Nr. 208 Erscheint Werktag- nachmittag- mit dem Datum de- ErfcheinungStageS. Bezug-prei-: Monatlich 3 Mark. Einzelne Nummern 15 Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295 — Schriftleitung Nr. 14574. Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgirokonto Dresden Nr. 140. Ankündigungen: Die 32 mm breite Grundzeile oder deren Raum 30 Pf., die 66 van» breite Srundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 60 Pf, unter Ein gesandt 90 Pf. Ermäßigung auf GeschästSanzeigen, Familiennachrichten u. Stellen- gesuche. — Schluß der Annahme vormittag» 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, Vertaussliste von Holzpflanzen auf den Staatsfochrevieren. Verantwortlich für die Redaktton: I. «.: vr. Fritz Klauber in Dresden. 1925 Keine Häufung von Typhus in Sachsen. Im Anschluß an die Typhusepidemie in Anklam und Hanau sind in einer Reihe von sächsischen Zritunge« Mitteilungen erschienen, die sich mit dem Auftreten von TyphuSerkrankuugcu in Sachsen beschäftigen und die auf den Laien leicht den Eindruck machen können, als wenn auch im Fceistaat Sachsen der Typhus zurzeit gehäuft austrete. Rach den regelmäßigen wöchentlichen Meldungen, die seitens sämtlicher sächsischer Bezirksärzte dem Laudesgesundheits- amt zugehen, bat sich die Erkrankung s- ziffer au Typhus im Freistaat Sachsen während des ersten Halbjahres1925 ganz erheblich unter dem Durch schnitt der letzten drei Jahre de- wegt; nur im Juli ist eine müßige Steigerung gegenüber früheren Jahren ein- gctreten, die aber im Augnst den nor malen Durchschnitt wieder erreicht hatte. Ebenso enthalten die letzten bezirksärztlichen Meldungen über Erkrankungen im September keine zu Besorgnis Anlaß gebende Ziffern. Welche Bedeutung seitens der be amteten Arzte dem Typhus beigelegt wird, ist daraus zu ersehen, daß über jeden einzeluen Fall von Typhuserkraukung ein eingehender auf persönlicher Erörterung und Untersuchung beruhen- dervericht an die Sreishauptmaunschaft,Ministerium deS Innern und Landesgesundheitsamt vom BezirkSarzt erstattet werden muß. In den vor züglich eingerichteten UntersuchungSstellen steht außerdem ein hervorragendes Mittel zur raschen Erkennung der Krankheit zur Verfügung. Dank dieser Einrichtungen sowie der recht;eitigen Ab sonderung der Erkrankten möglichst im Kranken- Hanse und der Desiufektionsmaßnahmen ist es bisher stets gelungen, die jedes Jahr vereinzelt oder in kleinere« Gruppen wie jetzt in Canitz bei Wurzen vorkommenden Typhusfälle aus ihren «nsgangsherd zu beschränken. Kein deutsch-englisches Kohlcn- abkommen. Köln, 7. September. Zwischen dem englische« Kohlenbergbau und dem Ruhrkohlenbergbau waren n«verbind- liche Besprechungen eingeleitet worden mit dem Zweck, zu versuchen, durch ordentliche Verhandlungen zu einer Abmachung über die bliserseitige Sohlenausfuhr zu kommen. Wie die „Köln. Ztg." mitteilt, kann von weiteren Verhandlungen keine Rede mehr sein, sondern der Versuch darf als gescheitert gelten. Dazu trugen sicher nicht so sehr die materiellen Schwitiigkritrn bei, wie bei einem solchen Abkommen bei dem Fehlen eines eng lischen Kohlensyndikats als Vertragspartei zu überwinden gewesen wären, als vielmehr die tendenziöse Behandlung, die die für de« eng lischen wie te« deutschen Bergbau gleichwichtige Angelegenheit in eine« Teile der in- und aus ländischen Presse erfuhr. De«tsch-t«rkische HandelSvertragS- verhaudlnnges. Beilin, 6. September. Wie wir erfahren, werden Mitte Sep tember HandelSvertragSverhandlungen zwischen Deutschland und der Türkei beginnen. Wie eS heißt, soll e- sich hierbei um den Abschluß eine- Meistbegünstigt, ngkabkommenS handeln. Die Auschlußsrage. Berlin, 6. September. TieFrage de- Anschlusses Österreichs an Deutschland ist gegenwärtig wieder Gegenstand lebhafter Erörterungen der beteiligten Keile. Der gegenwärtige Stand der An- schlußfrage muß jedoch als wenig günstig be- zeichnet werden, zumal bei den letzten großen Kundgebungen in Wien eS lediglich zu spontanen Anschluhkundgebunpen der Bevölkerung gekommen ist, während die österreichische Regierung selbst in der Anschlußbewegung not, in keiner Weise aktiv he^ioigetteien ist. Mit Rücksicht auf die Wirt- Mts zur dmsteteckn NchechMksmilz. Gesicherte Teilnahme Deutschlands Zusammentritt im Oktober. Pari-, 6. September. Ter Hanawerlreler in Genf beichtet in einer Depesche, daß drei Tatsachen seit vorgestern abend feststehen. Abgesehen von immer möglichen Überraschun gen werde in naher Zukunft eine Son- derkonserenz über den Sirherheits- paktentwur-f zusammentrcten, zu der Deutsch lands Beteilignng schon gesichert s i, ka der Reichsaußenminister Stresemann in seiner Empfangsbestätigung aus die letzte sranzösistie Mitteilung den Gedanken direkter Verhandlungen angenommen habe. Weiter flehe fest, das; diese Konferenz nicht während der völkerbnndstagung statt finden werde, da der Völkerbund mit den auf seiner Tagesordnung stehenden Fragen genügend beschäftigt sei und bis Ende des Monats ständig tagen werde. Endlich scheine auch sestzustehrn, daß Jta, lien an der geplanten Kouferenz teilzunehmen wünsche. Was alle übrigen Fragen anzehe, so müsse man sich mit Vermutungen begnügen, also bezüg- llch de; Zeitpunkies der Konferenz und des OrteS der Konferenz. Tie Konferenz der Minister zur Beratung der Sicherheitsfrage weide wahrstem- lich nicht mehr im September zusammen treten können, denn die Arbeiten des Völker bundes würden sich bis zum 27. oder 29. September hinausziehen. Außeidem würden alsdann die Außen minister wahrscheinlich mit ihren Ministerien Fühlung nehmen wollen, bevor sie sich zu der Zusammenkunft mit den Ver retern Deutschlands begäben. Sie werde also erst am 10. oder 15. Oktober stattfinden können. Auch über den Verhandlungsort sei man noch vollständig auf Vermutungen angewiesen. Ta Italien den Munsch habe, daß die Zusammenkunft auf italie- nislem Boden staUsindc, werde wahrsäeinlich ein in der Nähe der Schweizer Grenze ge legener italienischer Ort bestimmt weiden. Jede genauere Auslastung wäre verfrüht. Im Zusammenhang mit der obigen Meldung des Havasvertreters wird darauf verwiesen, daß die deutsche Regierung in ihrer Antwort note sich im Prinzip mit der Methode mündlicher Verhandlungen einver standen erklärt hat, ta eine Fortsetzung des Notenwechsels kaum geeignet sei, zu einer wei teren Klärung der mit dem Abschluß deS Sicher- heitspaktes znsamm,»hängenden Fragen zu führen. Eine Einladung zu einer Sonder ton ferenz über einen Sicherheitspaktentwurf liegt in Berlin noch nicht vor. Zudem werden sich vor weitcre« Entjcheidunge« die zu- stäudigen deutschlN Stelle» mit dem Berichte des Ministerialdirektors »au» über die Londoner Juristenkonferrnz zu beschäftigen habe«. Nach der Londoner Junsten- konsercnz. Pari-, 6. September. Havas vkrbrritet folgende Mitteilung: Der Bericht der juristischen Sachverstän- di gen über die Londoner Besprechungen in der Frage des Sicherheitspaktes wird von den Außen ministern der alliierten Siaalrn nicht vorMon- tag oder Dienstag eiwartet. Zu der Nach- richt, daß die Rechtssachverständigen den Außen ministern mündlich Bericht erstatten wüiden, wird in Genf darauf hingewiesen, daß der englische Vertreter bei den Londoner Jurist.-nbespre- chungen, Sir Cecil Hurst, Mitglied der eng lischen Delegation bei der Völkerbunds. Versammlung ist, und sein baldiges Eintreffen daher m t Recht erwartet wird. Da der fran zösisch; Ministerpräsident und der französisite Außen minister sich beide in Gens befinden, ist es mög- lich, daß auch der französische Sachverständige Fromageot nach Gens kommt un) sich mit ihnen über die Londoner Ergebnisse aussp icht. Anderseits hatten die Außenminister Chamber- lain» Briand und Vandervelde, denen sich bei diesem Anlaß auch der italienische Ver treter im Völkerbundsrat Scioloja angeschlosfen hatte, am Freitag abend eine Aussprache über das nunmehr nach Abschluß der Londoner Juristen- konferenz einzuschlagende Verfahren. Man hielt es für zweckmäßig, zur Prüfung des Lon doner Entwurfes eine besondere Kon- ferenz stattfinden zu lassen, zu der auch der deutsche Außenminister eingeladen wer den soll. Die vier alliierten Vertreter waren übereinstimmend der Auffassung, daß diese Kon- ferenz nach den Londoner Vorbereitungen zu den nächsten praktischen Aufgaben gehört. Immerhin war man der Ansicht, daß ein genauer Zeitpunkt noch nicht bestimmt werden könne und daß die Stad! Genf als Ort der Zusammenkunft nicht in Betracht komme. * Lie Abreise der juristischen Sach verständigen aus Loudou. London, 7. September. Die juristischen Sachverständigen haben London verlassen. Wie gemeldet wird, sind Sir Cecil Hurst. Fromageol und Voll in nach Genf zur Völteröundsversammlung abgeceist. De> deutsche Vertreter vr. Gaus ist nach Berlin und der italienische Vertreter Pilotti nach Rom gefahren. * Präsident Coolidge wünscht erst eine neue Abrüstungskonferenz. Paris» 6. September. Der „Temps" veröffentlicht eine Meldung aus Washington, derchfolge Präsident Coolidge die Ansicht vertrete, man werde bezüglich des Sicher- heil-pakts erst zu einer Verständigung kom men, wenn eine neue Abrüstung-- konferenz stattgefunden habe. mehrere hundert Personen bereits aus den Strafanstalten entlassen worden sind. Ter badische Zentrumsparteitag. Offenburg, 6. September. Der Parteitag der badischen Zen trum Spartet nahm heute vormittag seinen Anfang. Tie beiden ehemaligen Reichskan ler Marx und vr. Wnth wurden beim Erscheinen mit großem Jubel begrüß». Zum Präsidenten der Versammlung wurde Rechtsanwalt Kopp- Freiburg gewählt. Außerhalb der Tagesordnung gab Reichskanzler a. D. vr. Wirth eine Er klärung über seinen Austritt aus der Reichstagsfraktion ab. Ec habe nie mals den Gedanken gehabt, eine neue Partei zu gründen. Der Sinn seines Schrittes sei gewesen, den christlichen Geist im Zentrum wieder zu wecken. Ein deutlicher po litischer Charakter der Partei sei notwendig. Ihm stehe die Sorge um die politische Rettung höher als die um die eigene Partei. Wenn er wieder gesund geworden fei, werde er handeln. Nach Re- feisten des Reichstag-abgeordneten Brüning und des Landtagsabgeordnkten Fö hr-Freiburg über Steuersragen äußerte sich Neichskan-ler a. D. Marx zunächst über die Außen politik und erklärte dann, durch dir Wahl Hindenburgs habe die Verfassung eruen neuen Halt bekommen. Das Zen trum müsse mit rechts und links Po litik treiben. Einen Mann wie vr. Wirth möge man im Zentrum behalten. Man müsse sich wieder zufammensinden. Prälat vr. Schöfer erNärte, auf die badischen Landtagswahlen habe der Schritt vr. Wirths keinen Einfluß. Zum Schluffe des Parteitages wurden die gesamten Resolutionen einstimmig angenommen. Ten Fall Wirth betreffend wünschte der Parteitag, daß Wiith der Zentrumsfraktion wieder beitritt. Nach weiteren Ansprachen wurde der Parteitag geschlossen. Preisprüfnngsstelle ««d Fleischer. Berlin, 6. September. Gegenüber der Mitteilung, daß mit einer Abändnung der Entscheidung der PreisprüfungS- stelle über den 15pro;entigen Zuschlag der Laden- fleijcher zu rechnen sei, können wir feststellen, baß dies nicht zutreffend ist. Es ist lediglich richtig, daß die Fleischerorganisation beab sichtigt, durch Vorlegen neuer Kalku- lationen die angebliche Unhaltbarkeit dieser 15 Prozent nachzuweisen Un zweifelhaft ist aber, daß die Nachprüfung dieser Kalkulationen einen Erfolg in der Errichtung einer Erhöhung über 15 Prozent Zuschlag jeden falls nichtt haben wird, übrigens sei darauf hingewiesen, raß in der Vorkriegszeit die Spanne nur 9 Prozent betragen habe. Die Zubilligung einer mehr als 16prozemigen Er höhung der Bruttoeinnahmen übersteigt daher noch um ein Erhebliches den Grad der all gemeinen Teuerung. Eröffnung der 4. Völkerbunds- Versammlung. »e»f, 7. Srptember. Die vierte «ölk,rb»nb»versamml»»g w»rde heute vormittag 11 Uhr von de« französische« Minister» Präsidenten Painlev» in seiner Eigenschaft als derzeitiger Vorsitzender de» völkerbunbSrate» mit einer feierliche« Begrüßungsansprache eröffnet. Der NeformattonSsaal, in dem die «ölrrrb»»dSberfam»l»»ß zus-mm«»» tritt, war ans allen Tribünen überfüllt. Die außerordentlich zahlreiche Zuhörerschaft folgte de« Ausführnnge» Painlevt» mit großer Spa», «ung u»d spendete seine» la»ge» Darlegung«» wieder lebhaft,» Beifall, der zum Schluß in eine gewaltige vvatto» für Frankreich au,klang. Die EröffauugSansprache gab dcm französischen Ministrrpcästdenten Anlaß, dr« Deletionen der völterbuabSverfammluag seine Grüße zu entbiete» und vor allem dafür >» danke», daß Frankreich mit der heutige« Er- öffnunz der Völkerbnndsversammlung betraut woide« sei. Er wandte sch gegen de« Pessimismus i« der «el«, dessen blinde» M ßtr «en noch schlimmer sei. a>S blinde- ver- scha'tcpolitische Lage Österreichs dürfte auch die öäeneichische Regierung, wie wir zuveilässig hören, ihre Abmachungen mit dem Völker bünde neuerdings verlängern, sodaß dadurch auch der Gedanke des Zusammenschlusses Deutschlands mit Österreich von neuem in die Ferne gerückt werden würde. Die axgebliche« polnische« Gre«z- verletz»nge«. Berlin, 6. September. Zu der Meldung, daß an mehreren Stellen größere polnische Truppenabteilungen die deutsche Grenze überschritten und dadurch die deutschen HoheitSrechte verletzt haben sollten, erfahren wir von zuständiger amtlicher Stelle, daß es sich hierbei um eine starke Übertreibung handeln dürfte. Die deutsche Grenzpolizei hat die gemeldeten Vorgänge nicht bemerkt; lediglich ein Bauern knecht will die Verletzung der deuischen Grenze durch polnisches Militär beobachtet haben. Nach den vorläufigen Feststellungen der zuständigen Stellen handelt es sich vermutlich darum, daß einer polnischen Kavallerieabteilung mehrere Pferde weggelaufen waren, die dann von pol nischen Infanteristen auf deutschem Gebiet ein- gefangen wurden. Tie Auswirkungen der Amnestien. Berlin» 6. September. Das ReichSjustizministerium sowie da- preußische Justizministerium sind gegen- wärttg damit beschäftigt, eine genaue Aufstellung über die Auswirkungen der Amnestien herzustell.n. Es läßt sich noch nicht sagen, wieviel Personen im ganzen amnestiert worden sind, da sich die Akten über das gan e Deutsche Reich verteilen und die Meldungen der Gefängnisse sowie der verschiedenen Staatsanwaltschaften nur sehr schlep pend eingehen. Während über die Auswirkungen ver preußischen Amnestie noch gar keine Anhalte- punkte zu erlange» wa en, dürste bezüglich der Reichsamnesite immerhin gesagt weiden, daß