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SächstscheSlaalszeikmg Staatsanzeiger für den Zreiftaat Sachsen Dresden, Donnerstag, 20. August Nr. 1S3 1925 Crscheirit Werktags nachmittags mit dem Datum des ErscheinnngstageS. Bezugspreis: Monatlich 3 Mark Einzelne Nummern 15 Ps. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295 — Schriftleitung Nr. 14574 Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgirokonto Dresden Nr. 140. Ankündigungen: Die 32 mw breite Grundzeile oder deren Raum 30 Pf , die 66 mm breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 60 Pf., unter Ein gesandt 90 Pf. Ermäßigung aus Gejchästsanzeigen, Familiennachrichten u. Stellen gesuche. — Schluß der Annahme vormittags 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, Perkaussliste von Holzpflanzen ans den Staatssorstrevieren. Veraniworttich siir die Redaktion: I. B.: 1)r. Fritz Klauber in Dresden. Die Reichsrtgitrung und die Aufhebung der notwirtschaftlichen Gesetzgebung. Berlin, lb. August. I» der Abeudprejse vom 1». August wurde gemeldet daß dem Sleichsrat von drr ReichS- regierung eine Vorlage zugegangen sei, die die viillige Aushebung der letzten noch destehenden notwirtschaftlichen Ver ordnungen, darunter die Verordnungen über Preistreibereien und die Preisprüfiings- ftellen, vorsieht. Diese Nachrichten sind un richtig. Die Frage der Aushebung der not- wirtschaftliche» Gesetzgebung beschäftigt bereits seit Februar diese! Jahres die Lffrntiihkrit, die «mtsstellen und die gesetzgebrnden Körperschaften. !er Reichsrat, der vorläufige Reichs - wirtjchaftsrat und auch der Haushalts ausschuß des Reichstages habin sich in- jwischen für eine über die ursprünglichen Absichten der Reichsregiernng hinaus- gehende Aufhebung drr notwirtschaftlichen Gcsitzgebung ausgesprochen. De NeichS- regierung hat jedoch hierzu noch keine endgültige Stellung grnommcn. Aufruf der Demokratischen Partei an ihre Wähler. Berlin, 19. August. Die Deutsche Demokratische Partei und die demokratische Reichslagefraklion erlassen einen Aufruf, in dem sie ihre Opposition gegen die Steuer- und Zolloorlagen der Reichsregierung rechtfertigen. Iber die durch das sogenannte Zollkompromiß ausgelösten wirt schaftlichen Gefahren der nächsten Zeit heißt es in dem Ausruf: „Erstes Gebot ist heute die Stärkung der deutschen Wetlbewerbsfähiskeit und die Sicherung deutcher Ausfuhr. Die jetzt verabschiedeten Steuergefetze aber belasten die reutsche Wirtschaft mit einer Jahresleistung von IO bis 11 Milli- arden, erhöhen damit die Produktionskosten und die Kosten der Lebenshaltung und schwachen Deutschland im Kampf um die Weltmärkte, der für das deutsche Volk ein Existenzkampf schlechthin ist. Die Zollgejetze, deren Zweck die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit nttt dem AMlaud sein müßte, erschweren durch ihr geist. loses Durcheinander von Kampf-, Verhandlung?, und Mindestzüllen die handelspolitischen Ver- Handlungen und bedrohen uns mit der Geahr, daß weitere ruinöse Wirlschastekonfl kte den un glücklichen Verhandlungen d r letzten Monate folgen. Die jetzige von der Rechten beherrschte Regierung kann, en geengt durch die Forderungen von herrschbegierigen Interessenten, das deutsche Volk nicht aus der schweren wirtschaftlichen Krisenzeit, in die es hineingeraten ist, heraus führen. Die gleichmäßige Verteuerung aller Waren, der Lebens- wie der Produktionsmittel, der Rohstoffe wie der Fertigwaren, ist die Folge ihres Wirtschaft?- und sinanz;optischen Systems." Schließlich bezieht sich der Aufruf noch auf die Wahlpropaganda der Teulschnalionalen und der WirtschaftSsartei und schließt mit dem Appell an dir Mitglieder der Partei, angesichts des parlamentarischen Winterfeldzuges alle Kräfte zu mobilisieren zur Festigung der Republik und zur Wiedei Herstellung der wtrlschattlichen Vernunft in der kommenden Zeit. Tic Amnestie in Preußen. Annahme der Vorlage im ständigen «nEfchutz. Berlin, 19. August. Der ständige Ausschuß des preußi- schen Landtags setzte gestern seine Bera- tungen über die preußische Amnestie- Verordnung fort und nahm zunächst die ve- schlüfle der UnterauSschussrs zur Kennlnis. Da- nach weiden unter der Voraussetzung, daß die Tat vor dem I. Oktober 1923 begangen worden ist, di- bei Gerichten oder Staatsanwalt schäften an hängigen Strafverfahren, die u. a. betreffen: Zu- Widerhandlungen gegen eine Reihe von Bestimmungen derrepublikanischen Cchutzgesetze oder sonstige straftrechtliche Vor schriften, soweit sie durch oder bei öffentlichen Kundgebungen im politischen oder wirtschaftlichen Kampfe begangen sind, amnestier». Ferner Die Lohnverhandlungen der Reichsbahn mit den Eisenbahnarbeitern. Berlin, 19. August. Zwischen Vertretern der Hauptver waltung der Reichsbahn und den Ge werkschaftsvertretern der Eisenbahn, arbeiter begannen heule nachmittag Ver- Handlungen über die Frage der Ge währung einer Zulage für die Eisen- bahnarbeite r. Tie Eisenbahnarbeiter der- langen durch ihre bevollmächtigten Vertreter eine Stundenlohnaufbesjelung von 12 Pfennigen. Im Durchschnitt verdienen di- Eisenbahnarbeiier gegenwär ig 50 bis 70 Ps. in der Stunde, und die Organisationen weisen darauf hin, daß Prieat- betliebe, die an Eisenbahnbauten usw. beteiligt sind, ihren Arbeitern schon seit einiger Zeit Stundenlöhne von 80 Pf. bezahlen. Ferner wird darauf hingewiesen, daß in den vergleich baren Indus rien die Arbeiterlöhne noch höh:r seien, da durch die Akkordzuschläge das Real- einkommen des Arbeiters sich z. B. in der Metall- industrie bis zu 120 Prozent steigere. Tie Reul sbahnverwattung macht demgegen über gellend, daß bei Zl-stimmung der Forde rungen der Eisenbahnarbeiter der Etat der Reichs- bahn eine Belastung von 150 Millionen Mark erfahren würde. Hierzu kämen rann noch die Erhöhungen der Bezüge für ge wisse Beamte n katego rien, so daß die Mehrbelastung rund 200 Millionen Mark betragen würde. Wie wir erfahren, n achte in den heutigen Verhandlungen die Re chsbahnverwaliung den Gegenvorschlag, den Eisenbahnarbeitern eine Slundeuzulage von 3 Pf. zugestehen zu wollen, die für die Reichcbahn eine Belastung von rund 30 Mill. M. ausmachen würden. Diese Aufbesseiung würde jedoch nicht allgemein vor genommen we den, sondern nur in verschiedenen Städten und Bezi.ken des Reiches, in denen die Eisinbahnarbeiter schl ch er gestellt sind, als die Arbeiterschaft in der pleicharttgen öitlichen In dustrie. Es handelt sich hierbei um etwa 40 Pro zent der Eisenbahnarbeiier, die dann gegenüber ihren Kollegen in der Privatindustrie gleichgestellt sein würden. Die Aussprache führte zu keinem positiven Ergebnis. Beide Parteien wer den nach nochmaliger eigener Beratung am Freitag nachmittag u femeinsamer Verhandlung zusammen- treten. LohnschiedSsprnch sür den Ruhrbergbau. Essen, 19. August. Bei den Verhandlungen, die am Mittwoch unter Vorsitz des Reichs- und Slaatskcmmissars Mehlich zur Regelung der Lohnstreiligkeiten im Ruhrbergbau stattgefundrn haben, wurde eben- falls eine Einigung erzielt. Gegenüber den Forderungen der Beigaibeitergewerkschaften auf Erhöhung der Löhne stellte sich der Zechenverband auf den Standpunkt, daß er angesichts der überaus schlechten Wirtschaftslage im Ruhrbergbau eigent- lieh eine Herabsetzung der Löhne fordern müsse. Aus sozialen Erwägungen glaube er aber, zurzeit hiervon absehen zu sollen. Er fordere jedoch auf Grund des Leistungsprinzips die Festsetzung von S p a nnungs löhn e n derart, daß die jetzigen Schicht löhne nur als normale gellen sollten, daß sie aber im Einzelfalle bei Minderleistung und Minder- leistungssähigkeit bis zu 10 Proz. unterschritten werden dürfen. Tie Schlich tungska innrer fällte schließ- lich einen Schiedsspruch, nach dem die bisher geltende Lohnordnung am 1. Scp- tcmber wieder in Kraft gefetzt wird, erst mals kündbar zum 31. Lttober. Eine Stellung nahme der Partei.« zum Schiedsspruch liegt noch nicht vor. Tie Erklärung-frist läuft bis zum 2«. August. Lberschlefien vor einem uenen wirt schaftlichen Konflikt. Bres lau, 19. August. Wie die „Schlesiiche Zeitung" ans Kaito- Witz hört, st» hl Ostobnschlesien erneut vor einem schweren wirtschaftlichen Konflikt. Die Arbeitsgemeinschaft der Schwer- industrie hat den Gewerkschaften das folgende Kündigungsschreiben sür die bisher geltenden Löhne zugesandt. „Wir kündigen hiermit die gegenwärtig im Steinkohlen- und Erzbergbau gültigen Löhne zum 31. August. Nater dem schweren wirt- schaftl chen Truck infolge der Abjatznot und wegen Ler sich täglich verschärfenden Geld- jchwierigkerten der Werke sehen wir uns ge- zwungen, eine Herabsetzung Ler Löhne zu fordern- Tie Arbeisgemeinschaft der Gewerk schaften hat zu dieser Kündigung bereits Stel- inng genommen und beschlossen, nunmehr ihrer seits auch dir Nottaiise in der gesamten Hütten industrie zum 31. August zu kündigen mit dem Zwcck, eine Heraufsetzung Ler Löhne entsprechend den gestiegenen Lcbenshal ungskosten zu erreichen. Weitere Zechenstitlegung. Dortmund, 19. August. Tie zum Lothringer Konzern gehörige Zeche „Glückauf-Segen" in Wellinghofen (Kreis Hörde) wird, wie die „Rhein.-Westf. Zig." be richtet, wegen Unrentabiliät zunr 30. August geschlossen werden. Hierdurch werden 1300 Ai bester und Angestellte arbeitslos. Es ist dies die dritte Zeche des Lothringer Konzerns, dis im Landkreis Hörde stillgelegt wird. Bon den siebzehn Zechen des Landkreises Hörse sind heute nur fünf im Betrieb. — Auf dem Walz-Thomas-Werk d.r Phönix A.-G. wurden am 15. August 8 0 Arbeiter beurlaubt. Am 28. August wird bei dieser Gesellschaft eine Stein- fabrik mit 150 Mann Belegschaft stillgelegt. fallen unter die St>afsreiheit Straftaten, sofern dir Tat durch öffentliche Bekanntmachung begangen uns durch innerpolitische Delikte veranlaßt ist. Von d r Niederschlagung und dem Straferlaß ausgeschlossen sind unter aderem diejenigen Personen, welche aus Roheit, Ge winnsucht oder einem sonstigen mutwilligen Beweggrund gehandelt haben. Es wurde im wesentlichen an dem Wortlaut der RegierungS- vorlrge festgkhaltkn. Seilen? der Regierung wurde einr Eiklärung abgegeben, daß in die Amnestie insbesondere ge- lingfüg'ge Vergehen, die ihren Grard in den Nöten der Inflaiions eii habe«, wie z. V. Ver- stoße gegen die Prei-jchrlderverord- nung usw. einbezogen werden sollen. Es handelt sich hier um eine Art Jndividualamnestie, und zwar aui dem Wege der Begnadigung. Bei der Abstimmung wurde der deutsch, nationale Antrag, eise Ergänzung der Vo - laae dahin vor unebnen, daß die Jnflaiwns- und Zwongswirtschastidelikte unter die Amnestie fallen, wenn sie nicht aus Gewinnsucht oder unter Aus nutzung der wirtschaftlichen Notlage erfolgt sind, gegen die Stimmen d.r Antragsteller ab gelehnt und die Vorlage in der Fassung des Unterausschusses angenommen, der a rch der Jaflizminister zustimmte. Tie Reuwahlen zu den Proviuzial- landtage» in Preuße«. Berlin, 19. August. Ter Amtliche Preußische Pressedienst teilt mit: Es besteht keine sichere Aussicht, daß dr Ent wurf einer Provinziallandtags- und Kreistagsgesetzes noch so rech ze tig verab schiedet werden wild, daß die Neuwahlen zu den Provinziallandlagen und KreiSlagen, bei denen tie Wa lreit der Abgeordne en nach dem Gesetze vom 9. Juli 1925 am 1. November d. I. adläust, rechtzeitig vor diesem Tage auf Grund de« neuen Gesetzes würden stattfinden können. Unter dieser Umständen scheint es geboten, die Neuwahlen noch vor dem 1. November d. I., und zwar aus Gruns des Gesetzes dem 3. Tezember 1920, vornehmen zu lassen. Auf Gruns des § 1 eben dieses Gesetzes hat las Staaisministerium deshalb beschlossen, daß am Sonntag, oen 25. Oktober d. I., die Neu wahlen zu den Provinziallandtagen der Provin e« Ostpreußen, Biandenbuig, Pommern, Grenzmark Posen Westpieußen, Niederschlesien, Sachsen, Schleswig-Holstein, Hannover, Westfalen und der Rheinprovinz sowie zu den Komm«, «all and tagen der Bezirksoerbände Cassel und Wiesbaden statt «finden haben. In einem Rundeilaß des Minister? de? ^nnerr werden demnächst die Lanvräle lerjenigen Kreise, in denen Neuwahlen zum Kreistag; statt- zusinden haben, angewiesen werden, d:e Kreis- ansschüsse zu veranlassen, gemäß 8 14 des Gesetzes vom 3. Dezember 1920 die Neuwahlen zu len Kreistagen auf den gleichen Tag anb-raumen zu lassen, damit die Wahlen zu den Proointtal- landtagen und zu den Kreieiagen in Veibindung miteinander vollzogen werden können. HochverratSprozeß gegen wiirttem- bergische Kommunisten. Leipzig, 19. August. Heute begann vor dem Staatsgerichtshof zum Schutze der Republik (Süddeutscher Senat) ein großer Hochverratsprozeß gegen den Mechaniker Josef Schneider, den Metall- former Karl Meyer, den Reisenden Bernhard Stegmryer aus Gmünd und den Kesselschmied Wilhelm Leibarth aus Eßlingen. Die An geklagten haben sich wegen Beihilfe zum Hoch- verrat, Veigehens gegen das Republik-Schutz- gesetz und unbefugten Waffenbesitzes zu verant worten. Am 17. August 1924 wurden bei einer Haussuchung in der Wohnung des Angeklagten Schneider zwei Mauserpistolen, große Mengen Pistolenmunition sowie mehrere Broschü-en, dir die Zeisetznng der Reichswehr und der Schutzpolizei fördern sollten, gefunden. Auch bei den andren Angeklagten ist wichtiges Material beschlagnahm» worden. Schneider vertrat den inzwischen flüch. tigen württembergischen Kampfleiter Slaudinger nnd war auch gegen Bezahlung längere Zeit Kurier. Bei Stezmeyer fand d e Polizei einen Fernsprechapparat und große Mengen Leitungs- draht. All; diese Gegenstände wurden bei mili tärischen Übungen verwendet. Die Angeklagten leugnen,' sie wollen niemals mit Staudinger in Verbindung gestanden haben. Die Verhandlung wird zwei Tage dauern. Einigung iu der München-Gladbacher Tertilindnstrie. München-Gladbach, 20. August. Tie erneuten Verständigungsverhand- lungen zwischen den Vertretern der ver einigten Arbeitgeber der Dertilindustrte von Münchru-Gladbach, Rhehdt und Umgrbuug und den Vertretern der Gewerkjchaftr» dauerten gestern mit kurzer Unterbrechung Vs« l/,1» Uhr vormittags bis nach 10 Uhr abend» an. Es kam schließlich eine Einigung dahin zu» stände, daß dir Aussperrung der 4»»»« Textilarbeiter vermieden wird. Drr Arbeitgeberverband nahm die Kündigung zurück Dir für berbiudlich erlassene Schiedsspruch, brr eine «prozentige Lohnerhöhung boifieht wird beiderseitig inuegehalten werden. Kündigung des Hasenarbeitertarifs in Hamburg. Hamburg, 19. August Der bis zum 31. August laufende Tarts- vertrag der Hafenarbeiter ist von den im Hafenbetriebsverein organisirrien Arbeit- gebern gekündigt worden. Cchlichlungsoer- Handlungen sind bereits eingeleite». Ltreik in der Herrenkonfektion Berlin, 19. August. Die Berliner Herrenkonfektion-- sch ne »der sind in den Ausstand getreten. Und zwar werd.-n vorerst 14 der größten Betriebe bestreikt, lkber einen Gesamtstreik soll, wie bie ,Deutsche Konf-kiion" niitteil», eine Delegierte«-