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SächsischeStaalszeilung Staatsan-eiger für den Freistaat Sachfen Ankündigungen D»e S2 mw breite Grundzeit« oder deren Raum SO Pf., die 66 mm breite Gruudzeile oder deren Raum 'm amtlichen Teile 60 Ps.. unter Lin- gesandt SO Pi Ermäßigung aus SeschäftSanzeigen. Familiennachnchten n. Stellen gesuche. - Schluß der Annahme vormittag« 10 Uhr. beltweis« Nebenblätter: Landtags-Beilage, VerkausSliste von Holzpflanzen aus den EtaatSforstrevieren. verantwortlich kür die Redaktion: Hauvtschristleiter Bernhard Jolle« in Dresden Nr. 13 Dresden, Freitag, 16. Januar 1925 -«scheint Werktag« nachmittag« mit dem Datum de« Lrschetnung«tage«. Bezugspreis: Monatlich S Mark Einzelne Nummern 1b Ps. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. S12SS - Schristleitung Nr. 14574. Postscheckkonto Dresden Nr 2486. — Etadtgirokonto Dresden Nr 140. Das Kabinett Luther und die Oppositionsparteien. Heute um sechs Regierungserklärung vor dem Reichstag. Tic letzte» Verhandlungen. Berlin, 1s. Januar. Nachdem im verlause des gestrigen vor mittags die letzten parteipolitisch!» Schwierigkeitcn über die Vertrauensfrage behoben waren, handelte eS sich am Nachmittag nur noch um einige personelle Angelegenheiten. Für den Essener vlierlandesgerichtspräsidente« Schol len» der von der Ministerkandidatur für das Justizministerium zurückgetreten ist, hat vr. Luther nnnmehr den Oberlandesgcrichtsrat Schn, macher in Köln, eine dem Zentrum nahe stehende Persönlichkeit, in Aussicht genom men. Lie Bahertsche« vo lkspa rteiler haben sich mit Herrn Stingl als Poslminister »frieden gegeben. In der siebenten Abendstunde begab sich vr. Luther zum Reichspräsidenten, um sich nunmehr o f fi z i e l l mit der S a b i« e tt s- bildung beauftragen zu lassen. Bei dieser Auseinandersetzung dürfte auch die Sprache auf den als Reichswirtschaftsmintster designierten Ministerialdirektor a. D. Renhaus gekommen sei». Neuhaus scheint dnrch das Telegramm, da- die Liga für Menschenrechte an de» Reich-Präsidenten gerichtet und d«S Ihn «n Ver bindung mit de» Rathenau.Mördern gebracht hat. schwer kompromittiert zu sein. Indessen beabsichtigen die Teutsch- nationalen, wie wir aus parlamentarischen Kreisen hören, an seiner Kandidat«» fest- zuhalten, mit der Vegründung, daß R eich s- kanzler Marx bereits an ihn wegen der Übernahme eines Ministcrpostens herangetreten sei. Der Reichstag wird heute abend, s Nhr, die Regierungserklärung entzegennehmen. Die Deutschnationale Reichstagsfraktion beab sichtigt, die Interpellation Schiele über den Magdeburger Prozeß, das heißt über die gemeinsame vertrauenSkundgebung des Kabinetts Marx, dem Reichspräsidenten gegen über zurückznziehen. VS ist aber möglich, daß die Nationalsozialisten sie aufnehm,», und daß dann Herr Schiele als ».«er Reichsinne»- minister die ehemalige Protestinterpellat'on Schiele zu beantworten in die Lage käme. * Das Telegramm der Liga für Menschenrechte. Schwere Anklage gegen Minister Neuhaus. Berlin, 16. Januar. Die „Deutsche Liga für Menschen rechte* hat an den R .'ichSpräside nt en das folgende Telegramm gerichtet: „Sehr geehrter Herr Reichspräsident! Der mit der Kabinettsbildung betraute Reichsfinan;- Minister 0r. Luther hat, neben anderen Per- sönlichkeiten, auch den Ministerialdirektor a. D. NeuhauS als Mitglied seines Kabinetts in Aussicht genommen. Wir halten es für unsere Pflicht, den Herrn Reichspräsidenten darauf auf- merksam zu machen, daß Ministerialdirektor Neuhaus nicht nur seinerzeit den Eid auf die Verfassung verweigert hat, son- dern auch, als Ehrenvorsitzender des deutschnattonalen Jugendbundes, die Verbindung zwischen dem später wegen Teil nähme an d.r Ermordung Rathenaus verurteilten „Leutnant* Günther und dem General Ludendorsf veimittelt hat, sowie an dem berühmten Ne st ab end des Deutsch nationalen JugendbundeS an 24. Juni 1924 zugegen war, auf dem Günther al« Mörder Rathenau» gefeiert wurde. Ferneres Be- weikmaterial: amtliche« Stenogramm de« Rache- nau Prozrsse?. Die Kenntnis dieser Tatsache dürfte zur Bewertung d,S in Vorschlag ge brachten Minister« der Republik genügen. Deutsche Ltg« für Menschenrechte. Gezeichnet: v. Gerl ach.* Berlin, 15. Januar. Amtlich. Der Reichspräsident hat den bisherigen Reichs, sinanzminister vr. Luther znm Reichstanzler un , auf dessen Vor schlag, die nachstehenden Herren zu Reichsministern ernannt: Reichsminister des Auswärtigen: vr. Stresemann, Mitglied des Reichstags; Reichsminister des Innern: Martin Schiele, Mitglied des Reichs tags; Reichsminister der Finanzen: noch unbesetzt; Reichswirtschaftsminister: Neuhaus, Ministerialdirektor a. D.: ReichSarbeitSminister: vr. BraunS, Mitglied des Reichstags; ReichSwehrminister: vr. Getzler, Reichspostminister: Stingl, ReichSverkehrSminister: noch unbesetzt, Reichs mini st er für Ernährung und Landwirtschaft: Graf Kanitz. Das Reichsjustizministerium ist dem Lberlandesgerichtsrat Schumacher, Mitglied des ReichSratS, angeboten worden, der auch gleich zeitig mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Reichsministeriums für die besetzten Gebiete betraut werden soll. Die Verhandlungen sind jedoch noch nicht abgeschlossen worden. Der Kamps beginnt. Sozialdemokratische Erklärungen. Berlin, 16. Jamar. Unter der Übelschrist „Unsere Parole" ver- offen lickt ter „So ialoemokra ische Piessebienst" eine taileiojfiüöie Eillälung, in der dem Kabinett Luther schäriste Opposition angeiagt wird. Wört- lich heißt es dm» weiter: „Die Sorge des neuen Reichskanzlers um diese Opposition der Sozialdlmokratie ist ver ständlich, uns wir möchten hiuzufüge», auch berechtigt Vs hat gar keinen Zweck, wenn er um gut Wetter bitten läßt uns, zur Be ruhigung der Arbeiterschaft, di« Absicht hegt, gemeinsam mit dem Reichsarbeitsmint- ster schon in den nächsten Tagen eine Ver fügung über die Wiederherstell»»g,de- Achtstundeutages in der Hüttentävn- strie zu erlassen. Diese verfügnng hatten wir für eine Selbstverständlichkeit, und wir denken deshalb gar nicht daran, uns, ihr zuliebe, in der beabsichtigten Opposition auch nur im geringsten z« beschränken. Alte- Zu rede», die wimderbarsten Versprechungen und das schönste Pragramm kann «n» nicht reizen. Tie Teulschnationale Partei hat die Welt und unser Bolt z« oft belogen, als daß man ihr uns ihren Vertrauensleuten Glauben schen ke» könnte. Krst am 2». August 1V24 haben wir erfahre« müsse», was von alle« deutsch- nationale« Zusicherungen zu halten ist, >«d was erleben wir jetzt? Tie Verleumder de» ReichSpräfidenten schäme» sich nicht, sich von dem fortgesetzt verschmähten Republikaner und Sozialdemokraten vSett mit der Mi »ist er- würde betraue» zu lasse». Sogar de« „Vid* auf die republikanische Verfassung, die sie bis auf den heutigen Tag bekämpft haben und die sie auch weiter bekämpfen wer de«, ist ihnen die Futterkrippe wert Gegenüber kiesen Männer» soll-n wir ein« abwartende St lwng einnehmen? Kein Gedanke daran! Unsere Stellungnahme ist gegeben durch die Zusammensetzung der Regierung. Sie ist sür n»S Pro gramm genug, sodaß wir ans di, papiern, vrklärnng, die am Freitag abend um 4 Uhr im Reichstag steig,, soll, g,rn verzichte». Oder ist rin, Regierung, in der Söldlinge der „Organisation vonsnl" mW tn- tellektuelle Urheber de» «athrnan- Morde« sitze», nicht Programm genug? Unser Bedarf an Zumntnngen durch Herr» vr Luther ist jedeufalt» gedeckt, -r wir» uo» »er Suzialbemokrati, dal» eine Awwort. vielleicht auch einen Denkzettel erhalt,«. Ler »rste Ausdruck dieser Antwort dürfte ei« be gründetes Mißtrauensvotum seh», das die Fraktion am Sonnabend oder Montag rmbrmgen wird.- P Tie Stellungnahme der Demokraten. Berlin, 16. Januar. Die deutsche demokratische Reichstags- fr aktivn hat in ih-e: gestrigen Nachmiltagrsitzung einstimmig folgenden Beschluß gesagt: Die deutsche demokratische Fraktion billigt, daß der Vorsitzende die Entsendung eines VertraueuSmanns i« das Kabinett Luther ab- gelehnt hat Sie steht Lem Kabinett mit dem schwersten Bedenken gegenüber und behält sich ihr, Stellung zu der Regie rungserklärung vor. Eine Zeutrumüftimme. „Größtes berechtigtes Mißtrauen". Köln, 15. Januar. Die „Ryeiwsche Voltewackt", das offi relle Kölner Zentrumsorgan, kommentten das neue Kabnett vr. Luther wie folgt: Es genügt, festzustill:», da - meman) im Lande da>au glanben wird, daß da- ein „üb:r- paiteilicke«* Kabinett sei. El ist di: Rechts- blockregterung, gegen die sich das Zentrum gewandt hat. Run seh:» wir Zentrums- Minister im Kabinett. Wir beNagen kas und halten die Lösung für nicht glücklich. Es virdder Zenlrumfiakion des Reicht tags schwer werden, diese Entscheidung in der Wählerschaft als unumgänglich zu beweisen. Die Wähler weiden die Emschnsung nicht zu vereinbaren wissen mit dem, was unseiem Marx bei den Anstrengungen um die Regierungsbildung an- getan worden ist, nickt zu vereinbaren wissen mit dem jüngsten FrakucnSbrschlusse, nicht mit dem einmütig ausgesprochenen Willen des ReichSoatteilaze«, der jetzt al« mißachtet er scheint, denn nicht- Hai sich ereignet, wa« diesen Beschlüssen und Willenskundgebungen den Boden genommen hätte, im Gegenteil: viele?, wa« ihre fortdauernde Berechtigung bewieien hat. Die Zentrums Wählerschaft wird in ihrer Mehrheit mit uns diesem Kabinett mit de« größten berechtigten Mißtrauen g egenüberstehen." G Stimmen des Auslandes. Kopenhagen, 15. Januar. „Politiken" b.-schäfligt sich am Donnelsiaz in ihrem Leitartikel mit dem Kabinett Luther und schreibt: Die Lösung Luther har einen sehr bestimmten Charakter. Durch sie wud die Wahl vom 7. De zember, die ein Linkssieg war, zu einem Kabinett mir deutlicher Rechtsfärbung umgebozrn. Marr ist geschlagen, Strese mann ist der Bann des Dagrs, Lui Hers Kabinett wird sein Kabinett. Wir glauben nicht, daß Stresemanns Tieg eine glückliche Begebenheit für Europa ist. -eine ge geben: Wirkung wird sein, da^ er in außrrordrnt- lickem Maße Herriot erschweren wird, die Po litik sonzus-tzen, deren Ziel Verständigung und Zusammenarbeit mit Deutschland war. In der Frag: dec Räumung der Kölner Zone hat Ttresemanns Politik disier an einem unglaublichem Mangel an Verständnis für Herriots Schwierigkeiten gelitten, um nicht zu red-n von dem psychologischen Augenblick, der da war, als Rom und London, aus Furcht vor dem schnellen deutschen Wiederauistieg, sich zu einer kühlen Haltung hinüber,''. Wangen. Damals galt es für die deutsche Politik, zu begre fen, daß Herriot Deutschlands Mitarbeit braucht. E: bekam sie nickt, und was er unter der nensn Regierung bekommt, ist kaum eine Vorausschau- end: Politik, die eine deutsch-französische Verständigung ermöglichen wird." Amsterdam, 15. Januar. Die gesamte niederländische Presse bezeichnet die Lösung der Regierungskrise durch di« Bildung eines sogenannten .überparteilichen", in Wirklichkeit eines Rechtskabinetts, als überaus verhängnisvoll f ir die innen- und aussen.'» tusche Lage des Deutschen Reiches und darüb:r hinaus als ein neues Hindernis sür die roli tische Entspannung in Europa. Tas tra ische Ges t ick vr. Luthers sei, daß er der Geschobene der ihn an polnischer Erfahrung über flügelnden Führ.'r der nationalistischen Re aktion sri. Das deutschfreundliche .Algemeen Handeltblrd" schreibt: vr. Luthrrs perjöiilichr vige.ischafttn sind lange nicht hinreichend, um ihm im Ausl« ide die Zqmpaihirn für die Politik za sichern, in deren Dienst diese Oualitäiea gestellt werde» sollen Tie Bildung eines ReichslabmettS vr Luther ka«n in den Niederlanden keine »euugiunng über die Lösung der deut schen Krise Hervorrufe«. Gtradez« tra gisch ftimmt der Gedanke, daß, sech» Jahre nach der Revolution, Demsch- laud die deutsche Republik, durch Mäuuer regiert werde» soll, die mit Herz und Seele Feinde de» republikanische« Geda«kenS si«d. Vs N «gt fast wie eine Parodie, vuropa soll noch einmal mit einem vr. Stresemann als Außenminister beglückt werde«. T.utschuationale, übereugte Monarchisten, »erde« Mmisterposte« bekleide«. Die Steuer- «ud die große» Wirtschaf tS- fragen »erden zur Freude nur zum Sigötze« der Agrarier «ud Großi«:«striellin geregelt werden. Vvert»ird durch einen monarchistische« Reichspräsideute« adgelöst. Hiermit wird auch Vas geringe vertrank», da» sich Teutsch- laud i« der letzte« Zeit i« Ausland er»erbeu konnte, »ie Schnee vor der Saune dahi»- schmelzen. All da- bedeutet eine neue Spannung der internationale» Lage, die der europäische«» Wirtschaft bestimm« nicht förder lich sei» »ir». Alle, di, e- im In- und Aut- land mit Temschlaud g»t meine», möge« ei» Stoßgebet verrichte», damit Luther- Be- müunnge» um ,i» reaktionäres »abt nett schlier»." Der .Nieuwe Rolterdamsche Courant" schreibt: „Ttrtiemann hat Ma>x geschlagen. Er hat da« Spiel gewonnen. Welch »urchtbare» Schaden