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SächsischeSlaalszeüung den Freistaat Sachsen Staatsan^eiger sür Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, Ziehungslisten der Verwaltung der Staatsschulden und der Land/skulturrentenbank, Jahresbericht und Rechnungsabschluß " der Landes-BrandversicherungSanstalt, BerkaufSliste von Holzpflanzen auf den Staatsforstrevieren. Ankündigungen: Die 32 mm breite Grundzeile oder deren Raum 30 Pf., die 66 mm breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 60 Pf., unter Ein gesandt 90 Pf. — Ermäßigung auf Familien- und Geschästsanzeigen. — Schluß der Annahme vormittags 10 Uhr. LrkcheintWserktag- nachmittag- mit dem Datum des ErscheinungStageS. Bezugspreis: Monatlich b Mark. Einzelne Nummern 20 Pfennig. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295 - Schriftleitung Nr. 14 574. Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgirokonto Dresden Nr. 140. Verantwortlich für die Redaktion: i. B. Oskar Edel in Dresden. Nr. 6 Dresden, Dienstag, 8. Januar 1924 B«sch>«-t,um Artcitsloscn- problem. Ein Gesamtplan des UfabuudeS. Berlin, 7. Januar. Im Anschluß an ein Referat des Staatssekre- tärs z. D. Prof. vr. Hirsch hat die letzte Bundes- ausschußsitzung des AfabundeS einen Gesamt- plan zur Bekämpfung der Arbeits- sosi gleit ausgestellt. Der Plan betont vor allem die Notwendigkeit, ein System der frei- willigen Sachleistungen für Reparationen zu ver- einbaren, das eine zweckmäßige taktische und räum- liche Verteilung der Leistungen vorsieht, damit der Grundgedanke der Beschäftigung freier Arbeits- käste für Zwecke der Reparationen wieder- hergestellt wird. Den stattgefundenen und vor sich gehenden Verschiebungen der Industrie soll unter Mitwirkung der Selbstverwaltungs, körper, des Arbeitsnachweises durch Um gruppierung und Umschulung der Arbeitslosen Rechnung getragen werden, wobei in Übereinstimmung mit denbekannten Grundsätzen des Allgemeinen Deut- schenGewerkschaftsbundes Jugendliche und Unverheiratete zum Berufs- und Orts- wechsel zu veranlassen sind. Die Neuschaffung von Arbeitsgelegenheiten soll durch Kredit- beschaffung für produktive Zwecke — verwiesen wird hierbei auf den von der Rentenbank an Private zu gewährenden Kredit von1200Millionen Rentenmark — und durch Arbeitsgelegenheit er- folgen, für die das Reich, Länder und andere öffentliche Körperschaften Sorge tragen sollen. Ge- fordert wird u. a. erhöhter Holzeinschlag im Wald besitz der deutschen Länder wie im privaten Waldbesitz, durch den, auch bei ermäßigtem Absatzpreis, dem öffentlichen Waldbesitz neue Mittel und den Arbeitslosen Arbeitsgelegenheit geschaffen wird. Außerdem verlangt der Vor- schlag Ausbau neuer Kohlenschächte im preußischen Staat, Ausbau des staatlichen Berg- baus im Sinne eiues seit Jahresfrist in der Denk schrift eines Ministeriums vorliegenden Vorschlags, Wiederaufnahme der eingestellten wichtigen Bauten für öffentliche Zwecke mit Hilfe privaten und Rentenmarkkredits, Kopiialzuschüsse der beteiligten Staaten, Provinzen und Gemeinden und des privaten Kapitals für den Mittellandkanal, Be lebung des Baumarktes durch Heranziehung der Leistungskraft wirtschaftlich starker Mieter gruppen bis zur vollen Goldhöhe der Friedens miete unter Vermeidung des Versuchs, die Mieten lediglich zu steuerlichen Zwecken und zum Skutzcn privater Besitzer auf volle Goldhöhe zu bringen, Linderung der Wohnungsnot durch Er schließung ausreichender gemeinwirtschaftlicher Kapitalsquellen aus der Wohnungswirtschaft selbst und Inangriffnahme großzügiger Moorkultivierungen durch Heranziehung Zehntausender brachliegender Arbeitskräfte auf Jahre hinaus, wie sie bereits das Ministerium Wirth in Aussicht gestellt hat. Eine eingehende Erörterung findet der Ge danke von Arbeitsbeschaffung durch Preisdruck, da trotz der festen Währung der versprochene Preisabbau infolge der Übermacht der Kartelle und der Trusts, zum Schaden der Export- Möglichkeit und der Kaufkraft im Lande selbst, nicht eingetreten ist. Deshalbt ist es unbedingt not wendig, daß eine gesetzliche Neuregelung dem Reiche oder einer von ihm zu bestimmenden Stelle das Recht der unmittelbaren Nachprüfung jeder Preis forderung von Unternehmen, die eine bestimmte Größe überschreiten, gibt. Gegebenenfalls muß die sofortige Preisherabsetzung durch ein- fache Anordnung ermöglicht und der verteuernde Zwischenhandel durch unmittelbare Verbindung zwischen Produzenten und Konsumenten ausgeschaltet werden. Gegen die Auswüchse der Genuß sucht. Beschlüsse der ReichSregierrmg. . Berlin, 7. Januar. Angesichts der schwierigen Finanzlage des Reickes hat da- Kabinett in seiner heutigen Sitzung die Zahlung weiterer Vorschüsse auf die Waldabgabe an den Verein deutscher Zeitungsverleger ablehnen müssen. Das Kabinett hat weiter die Beschluß. fassung über die Entwürfe eine- ReichsberufS- schulgesetzes und eines Gesetze- über die Lehrerbildung vorläufig ausgesetzt, bis da« Finanzverhältnis zwischen Reich und Ländern neu geregelt ist. Einmütig war das Kabinett der Meinung, daß mit größter Energie und Rück- sichtSlosiqkeit gegen die Auswüchse der Vergnügungs- und Genußsucht, wie sie ins- besondere im schamlosen Treiben gewißer, die große Not des deutschen Volkes mißachtender Deutscher in internationalen Kurorten in Er- scheinung treten, eingeschritten werden müsse. Reichspräsident Ebert sür die Volkseinheit. Antwort auf ein Schreiben. München, 7. Januar. Eine größere Anzahl hervorragender Persönlich keiten verschiedener Parteirichtungen und Berufe Bayerns, damnter der Professor an der Münchner Universität Lujo Brentano, Universilätsprofessor vr. Lerch, Oberstudienrat Kerschensteiner, Rechtsanwalt Graf Pestalozza, Thomas Mann, Erster Bürgermeister von München Eduard Schmid, haben vor einigen Wochen an den Reichspräsidenten ein Schreiben ge- richtet, in dem sie die Notwendigkeit innerer Eini gung und Geschlossenheit betonten. Darauf ist jetzt vom Reichspräsidenten eine Antwort ein- gegangen, in der es heißt: „Nach dem vrrlorenen Krieg lebe« wir in einer Zett de- Niedergangs, den abznwenden nicht ganz in nnserer Macht liegt. Aber gerade deshalb haben wir uns und unseren Kindern gegenüber die Pflicht, alle Kräfte im Volk z« wecke», sie insammentnsassen und vereint den Weg znr Freiheit zn suche». Mit Ihne» bin ich der festen Überzeugung, daß wir zu einer Ge- snndnag and Wirdererstarkung nur kommen, wenn die einigenden Faktoren über die an-, etnanderstrebende« siegen, wenn wir, unbeschadet der Weltanschauung und der politischen Grnnd- idee, mehr al» bisher «n» in alle« Lebens fragen der Nation znsammenfinden, den» wir sind in erster Linie auf uns selbst gestellt und müsse» daher auf uns selbst und aufeinander vertrauen. Die Forderung, da» Gemeinsame über da» rrenneude zu setze», mag von de» Parteien wie von de« einzelne» ein gewisse» Maß derSelbft- verleng»»»g verlange»; aber die Zeiten sind ernst, und e» müssen Lpfer gebracht werde«. Die sächsische Finanzlage. Erklärungen des Muauzminifters vr. Reinhold. Der neue Finanzminister, l)r. Reinhold , nahm gestern in einer Pressebesprechung Gelegenheit, über die Finanzlage, wie er -sie vorgefunden, Aufschlüsse zu geben. Seine Hauptaufgabe erblicke er — so führte der Minister aus — darin, alles zu tun, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Tie Notverordnung, soweit sie die Gewerbesteuer betreffe, sei undurchführ bar, denn sie bedeute eine Blutentziehung an Kapital, die unbedingt katastrophal wirken müße. Zwar könnten die Beamten, Angestellten und Arbeiter nicht weiter die Hauptträger der Steuern sein, und er wisse ganz genau, daß Industrie und Handel bis jetzt sehr wenig Steuern gezahlt hätten. Aber er werde sich auch nicht dazu verstehen, daß die Henne geschlachtet werde, die die goldenen Eier lege. Deshalb habe er durch eine erste Ver ordnung bestimmt, daß die Stundungsgesuche be- treffs der Gewerbesteuer in weitestem Umfange berücksichtigt werden sollen, daß Zwangsbeitrelbungen unterbleiben, vorausgesetzt, daß ein Fünftel der ersten Rate beglichen wird. Tann kam der Minister auf die eigentliche Finanzlage Sachsens zu sprechen. Er führte dabei aus: Der Staats- bedarf beträgt zurzeit an Besoldungsbedarf inkl. der Pensionen und des Bedarfs der Volksschul lehrer 112, Goldmillionen im Jahr. Der jährliche Reichszuschuß hierzu stellt sich auf etwa 48 Goldmillionen, sodaß das Land noch den Rest von ungefähr 6 0 Millionen decken muß. Hierbei ist aber der Beamtenabbau noch nicht berücksichtigt, durch den etwalOProz Ersparnisse möglich gemacht werden. Der Etat von 1914 zeigte, abzüglich der Eisenbahn, einen Gesamtaufwand für die Beamten- usw. Besoldung von 90 Millionen Mark. Dabei fehlte aber die Lehrerbesoldung und der Bedarf der Landespolizei. Aus diesem Grunde entsteht heute ein Mehr von etwa 60 Pro z. Zu dem vorstehend ge nannten Personalaufwand kommt nun noch der sächliche Aufwand, der auf 50 Gold- Millionen zu schätzen ist. DaS den Etat aber am schwersten Belastende sind die Unter- stützungszahlungen für die Erwerb-- zosen, Sozial- und Kleinrentner, die wöchentlich etwa 1 Million, im Jahre 60 Mil- llionen ausmachen. 112 Rtllionen Vesoldnngsaufwand, L« Mil- lto«e« sächlicher A«su«»d u»d 4» Millionrn UnterstütznngSgrlder ergebe« ei«e« jährliche« Gesamtaufwand von 22» «oidmillion,», während der reine Staat-bedarf im Frieden 130 Goldmillionen betrug. Die Höhe de- jetzigen Bedarf« ist eine Folge der Au-gaben für die Volk-sä ule, die Landespolizei nnd die gekennzeich neten Unterstützungen. Die Krage, ob cs möglich sei, diesen TtaatSbedarf zu decken, ohne die Steuern zu überspannen, beantwortete der Minister in bejahendem Sinne, voraus gesetzt, daß das Reich dem sächsischen Staate seinen Anteil an den Reichssteuern regelmäßig rukommen lasse und einen auskömmlichen Beitrag zu den Unterstützungen gebe. Tann bliebe nur noch ein Minus von etwa 50 Millionen durch Landessteuern zu decken, was möglich sei und erreicht werden müsse durch eine erträgliche, aber auch ertragreiche Gestaltung der Grund- und Ge werbesteuer. Im Augenblicke seien die Staatskassen leer, deshalb müßten vom Landtage die sosort fließen den Stenern verlangt werden. Tie Arbeitgebcravgabe berge viele Härten in sich, sie sei unsozial — aber sie f lie ße w öch e n l l i ch, sei sehr leicht einzuziehen, sodaß er vorläufig provisorisch auf die Steuer zukommen müße. Tagegen sei die Ge werbesteuer, wie die Notverordnung sie vorsehe, einfach untragbar. Als seine erste Ausgabe bezeichnete der Minister die Umstellung dcS Etats auf die GoldbafiS. Tann müßten die Steuern so festgesetzt werden, daß sie sofort Ertrag bringen, ohne aber die Wirt- schäft zu stören. Weiter müßten die werdenden betriebe des LtaateS in Aktiengesellschaften umgewandelt werden, damit sie sich selbst tragen können und vor allem auch den erforderlichen Kredit finden. In der Form der Aktiengesellschaften werde es ihnen leichter sein, auf dem Wege über die An- leihe die großen Summen auszubringen, die zu ihrem weiteren Ausbau notwendig sind. Bon Sachsen, das betonte der Finanzminister besonders, werde alles unterbleiben, was eine neue Inflation im Gefolge haben könne. Denn wir alle seien verloren, wenn wir noch einmal in eine solche Lage kämen. Er werde es sich aber auch angelegen sein laßen, dafür zu sorgen, daß alle Länder gleich behandelt würden und daß das Reich Aufschluß über die Höh: der Summe gebe, die die Länder zu erwarten haben. Die Wiederherstellung derAinauz» Hoheit ver Länder sei, so erklärte der Minister auf eine Frage, in diesem Moment sehr schwierig, der Rückübertragung der Steuerverwaltung auf die Länder stehe er nicht allein al« Unitarier, sondern auch aus tech nischen Gründen sehr skeptisch gegenüber. Die Frage der Hypothekenaufwertung sei Reich-sache. Wir alle erstrebe« ja dasselbe Ziel, die Wieder- aufrichtung de» vaterlande». Darum begrüße ich Ihr Schreibe« u«d verbinde mich mit Ihne« gern zu dem «ns an alle, die ans diesem Vode« stehe«, kräftig für de« Geda«ke« der Schicksals- gemeinschast und der Volkseinheit einzntreten - Tie bayerische Teutschrist. Kritik der Demokraten. München, 7. Januar. Im Verfassungsausschuß des Landtag« gab Abg. Or. T irr tTkm.) im Auftrage seiner Fraktion folgende Erklärung ab: „Die bayerisch« Negierung hat i« einer ausführliche« De«kschrift di« Korder»«g a«f. gestellt, daß die Reich-Verfassung und damit die Landesverfassung grundlegend geändert werden solle«. Die De«kschrift ist ver- äffeutlicht, oh«e daß der Landtag von ihr Kenntnis bekomme« hatte, nnd gleichzeitig auch dem Neichskabinett übergebe», also zum Gegenstand ei»,s amtliche» diplo- matischen Schrittes bei der Neichsregierung gemacht worde». Wie verlautet, wird diese bald mit den Forderungen und Vorschlägen der bayerischen Negierung sich befassen. Es erschrtnt bedanerltch, daß die schwer wiegende politische Aktion, welche di« Grundlagen d«» bayerische» und deutschen Ltaatslebens nach innen uud außen aus» stärkste berührt, unternommen wurde, ohne daß der Laudtag davon rechtzeitig in Kenntui» gesetzt wurd«. Wir müssen verlange«, daß die Staatsregieru»g schnellsten» mit der Volksvertretung iu eine Aus sprache über diese« Schritt uud den Inhalt der Denkschrift ei »tritt.- Ein deutschvölkischer Wahlblock in Bayern. München, 7. Januar. Tie Vertreter aller rh e inv öl lisch e n Verbände und Gruppen Baverns schlossen sich, wie die „München-Augsb. Abendztg." meldet, auf einer Tagung in Bamberg zu einem völkischen Blocke zusammen, der demnächst bei den Wahlen hervortreten wird. An General Luden- dorff wurde ein Begrüßungstelegramm gerichtet. Wahlsreiheit innerhalb des Ausnahmezustandes. Angenommene Anträge im bayrischen Parlament. München, 7. Januar. Tie am Freitag im Ausschuß des Landtags begonnene Aussprache über die Schaffung von Garantien sür die kommenden Neuwahlen wurden am Montag zu Ende geführt. In der Abstimmung fand der Antrag der Sozialdemokratie auf sofortige Aufhebung des Ausnahmezustandes nur die Unterstützung der Demokraten und wurde abgelebnt; abgelehnt wurde auch der Antrag der Demokraten auf Aufhebung des Ausnahmezustandes während der Wahlzeit. Turch Annahme einer Reihe von Anträgen wurde die Sicherung der Pahlfreihcit in Bayern im Nahmen dcS Ausnahmezustandes in folgender Weise festgelegt: 1 Do» Gtsamt««»ifteri»m übernimmt die Sicherung der Wahlfreiheit nnd der verfass»«»»- mäßigrn Rechte sowie di« Ansrrchterhaltnng von Nnhe und Lrdnnng «tt all«n ftaatlichrn Mittel«; dir Areihrit ver Wahl ist in volle« Umfange zn sicher». 2. Vom Dage der A»»fchrribu»g der N«»wahl znm Landtag bi» z«r «rfolgte» Wahl dürfen Drnckschrifte», ins- besondere Zritnngrn »v Fi«gblä«ter, «ar ver boten werden, wen« ihr Anhalt a«f den gewaltsame« Umsturz der Ver fass»«- ««d ans die gewaltsam, Stärmig ver -sfentlichen Ruhe nnd crbnnng abzielt. ü. Ver bote vo»Zeitn»ge« and Druckschriften kä««e« während dieser Zeit unr n»ter Angabe der Gründe de» Verbote» »erhängt werden. 4. Die Presse», «edr- und Versamm>««gtz- sreiheit ist t« glrichen Zritranme l« Rahme«