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SächsischeSlaalszeitung den Freistaat Sachfen Staatsan^eiger für Dresden, Montag, 26. November 1923 M. 273 Aus dem Wege zur Bildung eines Kabinetts Albert Al BtmhWti M ÄW dkl Ms Tie schnell erledigte ANndid-tnr Kardsrff uns und uuttsuale« Uemttn». Ruch um Krettau abenb »ah« »le v,N»p«tteittche Aratti»» z» Lta»bl«»kt ber Dentichuatiunale« SteNnng tzefthwß, sich »» ei»,« »«ch recht» Melierte» Kuweit »»r »»«er Fähr«»« der Zu. versehen. Die Abwürgung der republikanisierten fischen Verwaltung ist nicht allein eine grlegenheit Sachsens, sondern der gesamten wärt« drängenden jungen deutschen Republik. w«h vollzogen unter der MilitäHiktatur anderes als eine Komödie gewesen, und Reichspräsident konnte ihr deshalb seine stimmung nicht geben. Mit dem Scheitern der Mission Kardorffs >^ch4I»»tler«0r.rtr,se««»»t»»eteUißt». A« ««»nabend bannitta, besaht, sich auch bi, Z,»tr»»»srakti», «tt brr »rtsr. Et« de- a»str»,te be» ^e«ali,,» >,ich»ta»Ker Kehr««- hach, be« R,ich»präsi»n>t,» «itjutrilen, bah u»t,r kein«, »«ßchibnt b,r »»»,««r a»» bm, Nutzen br« A,»tr»«s gestellt »erben »»an,. Bleser «iandpnntt »urbe »,sauber« da» be» ehemalig«!-e»trn«»«iutster «trterMalb ver- trete». Erst l« Laufe bV« «a»»abe»d »achmtnag, »achbe« ber »eich«britsibe« »»bar »ach ,tn«»l fach. An- vor- infolge der Haltung der bürgerlichen Mittelparteien, die den ernsten Willen zur Lösung der Krise in Wirklichkeit überhaupt nicht hatten, auch eine Auf- lösung de« Reichstags nicht wünschen, sondern dem lieben Gott am liebsten alle« überließen, sind die letzten parlamentarischen Möglichkeiten zur Reu- bildung einer Regierung vorläufig erschöpft. In dieser Situation blieb, als einzige Hoffnung, die Initiative de« Reichspräsidenten. Er hatte zweifel los eine sehr schwere Aufgabe zu lösen, die vielleicht dadurch etwa- erleichtert würde, daß er nur noch die Auswahl uuter zwei Möglichkeiten hatte. Er konnte entwederden Reichstag sofort auf- Vf«» und da« gestürzte Kabinett mit der Kart Di« Anzeigen werden nach Goldmark berechnet. Grundpreise: die 32 mm breite Grundzeile oder deren Raum 30 Pf., die KS mm breit« Grundzeile oder deren Raum i« amtlichen Teile 60 Pf-, unter Eingesandt 90 Pf. — Ermäßigung auf Famtlien- und GeschäftSanzeige». — Schluß der Annahme vormittags 10 Uhr. führung der Geschäfte bi- zur Erledigung der Neuwahlen betrauen, oder aber die Bildung einer Regierung, ohne vorläufige Zustimmung der Parteien, vornehmen lassen, die vor den Reichstag tritt, ihr Programni abgibt und dann die Vertrauensfrage stellt. (Diesen Weg hat er gewählt. D. Red.) Wird die Vertrauensfrage verneint, dann bleibt dem neuernamUen Reichskanzler nichts anderes übrig, als, unter Zustimmung des Reichspräsidenten, Neuwahlen auszuschreiben und bis zum Wieder zusammentritt des neugewählten Reichstags die Geschäfte zu führen. Es ist selbstverständlich nicht ausgeschloffen, daß die bürgerlichen Parteien, unter dem Drucke der verlt», 2«. N»b««b<r über bi, bi- i« bi, V»r»itta,»ß«»b«! b<» «»»»tag fsttg,fetzt««, vergebliche» ve«lih»»ge», bi« Regier»»,strtsi» «»er Lös»», z»z»flhrr«, er- fährt Ahr vertchtererstatter f»lge»bes: Ber -«ihrer ber D,»tfch»ati»»»le» Kratt«»», Hergt, ber »»ch am Kreit«, ab«b b»« «eich»tzr»stbe»le» e«tzfa»ge« »»rb^ »er langte tu dieser vestzrech»»g »tcht bt» «t»b»»g »es »abtaett» b»rch et»e» be»tsch»»1i»»«le» Abge»rd»et«l, f»»ber» er »achte be» Varschlag, eine» Vertreter ber V»lt»tzartet, »»ter Vetettig»»g ber De»tsch»atio»aln«, »tt ber Vegier»»g4bitb«»g z» betraue», »etch»präsi»e«t Ebert gab Vr. Erscheint Werktag« nachmittag« mit dem Datum de« Erfcheiuung«tage«. Pezug«prei«. 26. Nov.—2. Dez. 1 BillionM. Einzelne Nummern 180MilliardenM. FernsMcher. Geschäftsstelle Nr. 21292 - Schriftleitung Nr. 14S74 Postscheckkonto Dresden Nr. 2486 - Stadtgirotonto Dresden Nr. 140 Die Haltu«g der Sozialdemokratie z« drr neue« Regiernng Ulbert hangt nicht nur do« deren Programn», sondern auch von ihrer Zu- sammeusetzung ab. mit be» Führer» ber Mittelpatteie» Fühl»»« gesucht hatte, tauchte die Kaubibatur K»r- dorff auf. Dieser Vorschlag kam aus be» Reihe» be- Zentrums und wurde van den De mo k r a t e n lebhaft »»lerstützt. Gleichzeitig besta»b die Neig»»-, einen bayerische« Volkö- tzartriler « da» Kabinett a»sz»»eh»r», der als Verbindung»«»»« zu de» De«tsch»att»»ale« gelten sollte. Es war geplant, da» neue Kabi nett mit wechsel» de» Mehrheit e» regiere» zu lasse». Als vr. v. Kardorss vom ReichSprüsideate» befragt wurde, ob er bereit sei, die Kabinetts bildung zu übernehme», bat er sich eine kurze Bedeutzeit au». Er verhandelte zunächst mit be» deutschnationale« «bg. Hergt im veisein seine» Fraktionslollege« Vr. Heinze. Später führte Sardorff Besprechnnge» mit dem Zentrnms- führer Marx und dem Vorsitzenden ber demo kratischen Fraktion, vr. Petersen. Vor veginn der Fmttwnssitzmig der volt-partei Vergewisserle sich der Kanzlerkandidat dir Mitarbeit de» bis herigen Poft-, Ernährung»- und ArbeitS- mintfterS. Die übrigen Ämter sollte« mit Nichtparlamentarier» besetzt werden, wobei sür das Finanz- und «irtschastsministerin» an Herr« Mi«»«; gedacht worbe« war. Die Plä«e Kardorffs wurde« jedoch hmstiltg i«folg« der ablehnende« Haltn«g berre»tfch««tto«»le« n«d der Stell««,«ah«e seineretgenenFrakna«. Die Dentschnationa le« lehnte» Kardorff als Kanzler ab, während die Vott»- partei sich gegenüber seinen Bestrebungen, daranfhin eine Regiernng mit Uuterstütznng der Sozialdemokratie zu bilde», ebrnsall- ablehnend verhielt Kardorff mnßle des halb gegen » Uhr abends den Wunsch deS Reichs Präsidenten, gezwungen durch seine eigene Frak tion, ab lehne». Nachdem die Kandidatur Sardorff »«»öglich gemacht worden war, ließ Herr Hergt in den Wandelgäuge« be» Reichstags erkläre«, daß er, ebe«so wie jeder andere Deutschnationale, ei«e ih» übertragene Kabinettsbildung unteralle» Umstände« anznnehmen beabsichtige, Bevor sie jedoch zur Regierungsbildung schreite« «ürdeu. wollte« sie zunächst de« Versuch mache«, vom Reichspräsi denten die Order zur Auflösung des Reichstags zu erhalte», nm, im Falle ei»er Verneinung der Vertrauensfrage durch das Parlament, sofort Neuwahlen au»schreibe« zu können. Zeitweise Nebenblätter: Landtag--Beilage, Ziehungslisten der Verwaltung oer StaatSichulde« und der Laude-lulturrentenbank, Jahresbericht und Rechnungsabschluß der Landes- Brand Versicherungsanstalt, verkaufsliste von Holzpflanzen auf den StaatSsorstrevieren. Verantwortlich für di« Redaktion: Hauptschrtstletter Bernhard Jolle« in Dresden. Partei und Republik. Bon Polizeioberst vr.Hermann Schützinger. Während in der Reichshauplstadt der Kampf um die politische Mackt über das Reich in voller Öffentlichkeit vor sich geht, spielt sich in Sachsen in aller Stille ein erbitterter Kampf um die Ent- republikanisierunz einer der Länder-Berwaltungeu ab Tie erste große Lüge über Sachsen: die an geblichen Plünderungen und Ausschreitungen der proletarischen Hundertschaften, hat dazu hcchalten müssen, die militäriscke Exekutive gegen den Frei staat auszulösen,- die zweite große Lüge: die an gebliche „überpolitisierung" der Verwaltung, soll dazu dienen, da» Republikanisierungswcrk in Sacksen zu diskreditieren und, nach der militärischen Ver gewaltigung, eine Zerschlagung der republikanischen Verwaltung, zunächst der Polizei mit Hilfe de« Ausnahmezustandes, dann der übrigen Ressorte durch irgendwelcke staatsrechtliche Experiments folgen zu lassen. Bedauerlicherweise hat sich nun auch die Ortsgruppe Dresden des Deutschen Repu blikanischen Reichsbundes dazu benützen lassen, diese Aktion durch eine große, im reaktionären Blätterwald mit Begeisterung aufgenommenc Re solution moralisch zu unterstützen und hat damit, zur Freud« unserer Gegner, die junge hoffnungs reiche Bewegung de« D.R.R. in den Kreisen der sächsischen Arbeiterschaft mit einem tödlichen Streich von ihnen selbst herausbeschworenen Lage, Plötz, lich ihre Auffassung wieder ändern und sich für Kombinationen begeistern, die sie noch gestern mit Entrüstung von sich gewiesen haben. Jedenfalls ist der Sozialdemokratie die Fähigkeit, sich, nach dem Muster des Henn Hergt, anzubiedern, nicht gegeben. Anderseits würde sie aber auch, nach wie vor, den Ruf zur positiven Mitarbeit nicht ohne weiteres ablehnen. Sie drängt sich nicht nach Ministersesseln, sondern sieht der weiteren Entwickelung mit Ruhe entgegen: mag sie die Auflösung des Reichstags oder irgendein Kabinett ohne ihre Beteiligung bringen!" Tönende Worte — doch kein Wille znr Tat! Der Sozialdemokratische Parlamentsdienst prüft die durch die Demission Stresemanns und die Haltung der bürgerlichen Parteien geschaffene Lage und gelangt zu folgendem Ergebnis: „Noch bevor die Demission der Regierung Stresemann vollendete Tatsache war, waren sich die bürgerlichen Parteien, wenigstens in Worten, darüber einig, daß die Bildung des neuen Kabi- nctts, aus innen- und außenpolitischen Gründen, innerhalb 24 Stunden vorgenommen werden < müsse. Im Verlauf deS Sonnabend war den bürgerlichen Parteien vielfach Gelegenheit ge- ooten, zu zeigen, ob sie, entsprechend ihren schönen Worten, auch in der Tat das Vaterland über die Parteien zu stellen geneigt wären. Wir haben nichts davon gemerkt, sondern nrüffen, im Gegen teil, feststellen, daß sie, ohne Ausnahme, ihre Parteiinteresten vor das Wohl der Allgemeinheit gestellt haben. Die einen lehnten es ab, über haupt einen Reichskanzler zu präsentieren, die § anderen wollten nur einen bestimmten Man» Vor schlägen, und als der Reichspräsident selbst endlich eine Persönlichkeit gefunden hatte, der es über- lassen sein sollte, nach eigenem Ermessen eine Regierung zu bilden, lehnten die Deutschnatio nalen zunächst ab, well ihnen dieser Kairdidat nicht paßte, und die eigene Fraktion, die Volks- ' partei, versagte ihrem Kardorff ebenfalls die Ge folgschaft. Trotzdem sind wir überzeugt, daß man auch sür das Scheitern der Mission des Abg. Kardorff die Sozialdemokratie verantwortlich machen wird. Sie war bisher immer der Sündenbock! Schon nach dem Sturze Stresemanns schrieb inan ihr die Aufgabe zu, den Reichskanzler zu nominieren, obwohl die bürgerlichen Parteien ihm noch schneller die Gefolgschaft versagt hätten, als es bei Herrn v. Kardorff der Fall war. Der größte aller Demagogen aber ist und bleibt Herr Hergt. Er lehnt zunächst für seine Fraktion die Beteiligung an einer Regierung Kar- dorff ab, um sich dann in der ihm nahestehenden Presse selbst als Kanzlerkandidat zu emp- schlen und, ohne überhaupt berufen zu sein, gleich eine Zusage für die Übernahme der Regier» ngs- geschäfte zu machen. Diese Methode der Selbst anbiederung bedeutet nichts anderes, als den Anfang einer neuen Intrige gegen den Reichspräsidenten. Wir wären nicht überrascht, wenn die Deutschnatio nalen schon in den allernächsten Tagen erklärten, ihre Bereitschaft, „Ordnung zu schaffen", sei an der „parteiischen Haltung" des ReichspräsideB.en gescheitert. Schon deshalb glauben wir, darauf verweisen zu müssen, daß es sinnlos ge- vesen wäre, den deutschnationalen Abge- , ordneten Hergt mit der Regierungsbildung zu beauftragen, da ja volle Klarheit darüber be stand, daß nicht eine einzige bürgerliche Partei, selbst nicht die Deutschnationale», bereit gewesen wären, sich geschloffen hinter einen Kanzler ' aus den Reihen der Deutschnationalen zu stellen, i Wenn Herr Hergt trotzdem eine Regierung ge- bildet und sie dem Reichstag vorgesteüt hätte, wäre seine Kanzlerschaft innerhalb 24 Stunden erledigt gewesen, da ihm das, nach der Verfassung notwendige, Vertrauen von vornherein versagt war. Seine Beauftragung wäre also praktisch nichts „km Wemg Whrtn Kmr". Berlin, 26. November. Der Reichspräsident hat gestern, unter Ausschaltung der Parteien, die Versuche zur Lösung der Regierungskrise fortgesetzt. Er empfing im Laufe deS Vormittags dcn Reichswehrminister vr. Geßler und de« früheren Schatzmiuifter vr. Albert zu einrr ge,»einsamen Bespre- chung. Später besprach er die Lage mit dem Reichsinnenminister Vr.Jarres und empfing dann anschließend den ReichSarbeitSmiuister vr. VranuS. Die Unterredungen führte« zu dem Ergebnis, daß die Versuche zur Bildung einer KoatttiöuSregierung i« Augenblick ohne Erfolg bleiben müßte«. Aus diesem Grunde sah sich der Reichspräsident veranlaßt, im Laufe deS Nachmittags folgendes Schreiben a« den früheren ReichSschatzminifter vr. Albert zu richten: „Meine bisherigen Besprechnnge« über die Kabinettsbildung habe« mich überzeugt, daß eS zurzeit nicht möglich ist, eine Koalitions regierung auf ausreichender parlamentarischer Grundlage z« bilden. Die Lage Deutschlands ist aber in jeder Hinsicht so überaus ernst, daß die Bildnng einer verfassungsmäßigen Regierung keine« Aufschub mehr duldet. Ich sehe nur die eine Möglichkeit, eine Regierung bewährter Männer zu bilde«, die entschlossen sind, unter Zurückstellung von persönliche« und parteipolitischen Rücksichten ihre ganze Kraft für die LcbenSnotwendigkeiten unseres Landes einzu,eyeu. I« dieser schweren Stunde appelliere ich nochmals dringend an Ihr vaterländisches Pflichtgefühl, Ihre mir ge- äußerte« und auch vo« mir gewürdigten Bedenken zurück- zu setzen und die Bildung einer solche« Regierung zu übernehmen. Für eine nmgehende Erklärung wäre ich Ihnen sehr dankbar." gez. Ebert. Nach dem Empfang dieses Schreibens hatte vr. Albert erneut eine Be sprechung mit dem Reichspräsidenten. Sr erklärte sich bereit, die Kabi nettsbildung zu übernehmen. ES ist anzunehmen, daß die neue Regiernng bereits heute endgültig gebildet wird und sich am Mittwoch dem Reichs tag vorstellt. Die Minister Brauns, Jarres und Geßler dürften der Regierung Albert bestimmt angehöre«. SS ist nicht ausgeschlossen, daß auch ein Teil der übrige« Minister des Kabinetts Stresemann in ihren Ämtern verbleiben, vr. Stresemann selbst hat es abgeleh «t, das Außen- Ministerium zu übernehme«.