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den Freistaat Sachsen Staatsan^eiger für Erscheint Werktag- nachmittag» mit dem Datum de» ErscheinungStageS. Bezugspreis: I. bi- 15. September 1500000 M. Einzelne Nummern 150000 M. Fernsprecher.- Geschäftsstelle Nr. 21295 - Echriftleitung Nr. 14574. Postscheckkonto Dresden Nr. 2486 Stadtgirokonto Dresden Nr. 140 Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, Ziehungslisten der Verwaltung der StaatS,chulden und der LandeSkulturrentenbank, Jahresbericht und Rechnungsabschluß der Lande».BrandversicherungSanstalt. BerkaufSliste von Hol-pflanzen auf den Staatsforstrevieren. Ankündigungen: Die 32 mm breit« Grundzeit« oder deren Raum im AnkündigungS- tetle 200 000 M,die 66 mm breiteGrundzetle od.deren Raum im amtlichen Teile 400 000 M., unter Eingesandt 500000 M. Ermäßigung auf Familien- u. G«schäftSanzeigen. Schluß der Annahme vormittag» 10 Uhr. verantwortlich für die Redaktion: Hauptschriftleiter Bernhard Jolle» in Dresden Nr. 210 Dresden, Sonnabend, 8. September 1923 Ein entscheidender Rettungsversuch! AuSnahmeverordnung zur Devisenersaffuug. Berlin, 7. September. Auf Grund des Artikels 48 der Verfassung »es Deutschen Reiches wird folgendes verordnet. 8 1. Die Reichsregiernng bestellt einen Kommissar für die Deviseuersas- sung mit anßerordentltchen Vollmachten. Der Kommissar ist befugt, Zahlungsmittel und Kor« derungen in ausländischer Währung, a«Slä«dt- juche Wertpapieren und Edelmetallen für das Rtich in Anspruch zu nehmen. Zn diesem Zwecke werden die Artikel 115, 117, 15S der Reichsverfassnng außer »rast gesetzt. Der Kommissar für Devtseuerfassnng ist eine Behörde, die dem Reichswirtschaftsminister untersteht. 8 2. Die ReichSregterung erläßt die zur Er füllung der Befugnisse des Kommissars erforder lichen Bestimmungen und regelt das Verfahren. Sic kann dem Kommissar für Devisenerfassnng und den von ihm bestimmten Stellen die Rege lung im einzelne« überlassen. Sie kann Zu widerhandlungen gegen die Durchführungs- bcstimmung« mit Freiheitsstrafe, Geld strafe nud mit Einziehung bedrohe« und bei Zuwiderha«dlnugen gegen die Devise«gesetz- gedung oder Anordnungen des Kommissars Ord nungsstrafe «ud versallerklärung ohne Rücksicht aus das Vorliegen einer strafbare« Ha«dlung androhen. Berlin, 7. September 1*23 Der Reich-Präsident: gez. Ebert. ler Reichskanzler: gez. vr. Stresemann. Die durch diese verordn«»« a«sgehobe«e« drei Artikel 115, 117 «ud 153 der Reich-Verfassung betreffen das Recht ans Schutz der Wohnung, auf Schutz deS Eigentums und dasva«t- geheimui» Die Aussührungsbeftimmunge». Berlin, 8. September. Al» Durchführungsbestimmungen zur Lerordnung über die Tevisenordnung vom 7. Sep tember 1923 wird auf Gr«nd de» j 8 der Ver ordnung de» Reichspräsidenten u. a. verordnet: 8 1. «er Zahlungsmittel oder ßordernngeni« anSländischer «ährmrg, an»- ländische Wertpapiere »der Edelmetalle besitzt, hat sie ans «nordmmg de» Kommissar» gegen «oldanlethe an da» «eich abznlteser«. «it »inverständni» de» Kommissar» kann die Über nahme auch gegen Reichsmark »der Goldgut- schrift oder einen andere» Gegenwert erfolge«. Die Recht« Dritter an de» abgelieferte» ver- mögt«sgegt»stä»dt« gehe» a»f de» vom «eich ge- leistete» Gege»wer< über. Die «bliese,»»» von Zahl»»g»mittel» i» a»Slii»discher Währ»»g kann nicht gefordert werden, soweit diese nach der Feststellung de» Kommissars in einem den Lebens- »md WirtschastSve.hältntssen des Berjügungsberechttgten notwendige» U«fa»ge zu Verwendungszwecke» gehalte» werde», die »ach der Deviseagtsetzgebnng »otwendtg sind, l«sbe- soudere auch zurAbdecku«gauSlä»discher Kredite. Die «blieferung vou Zahlungs mittel« oder Forderungen in ««»ländischer Mhnmg kann ferner nicht gefordert werde», so weit diese vo» ei»er Person »der Persoueuver- einigung, die ihr«, Wohnsitz oder Sitz im Aus- lande hat, als Entgeld, Beitrag »der in Er füllung einer sittliche« Pflicht oder einer ans de« Anstand z« «ehme«den Rücksicht übersandt -der zur Verfügung gestellt sind, »der wen« sich der Betrag i« angemessenen Grenze» hält, und die Überlassung ohne EMgeft erfolgt. Die Ablieferung ausländischer Wertpapiere kam» nicht gefordert werde», s»wett ihr verbleib «» der Hand be» Besitze»de» im Futereffe eine» inländischen Unternehme«» oder der deutschen Wirtschaft liegt. Die Ablieferung vo» Edelmetalle« ka«« «icht gefordert werde«, soweit sie znrFortführ««g ei«e» i«lä«dischen U»ter»ehme«S für jeweils zwei «ouate »otwendig sind. 8 2. BermSgenSgege» stände im Sinne dieser Dnrchführnng sind Zahlnngsmittel «nd Forderungen in ausländischer Währung, aus ländische Wertpapiere und Edel metalle. Zahlungsmittel im Sinne dieser Durchführung sind Gekd- s»rten, Papiergeld, Banknoten «nd dergleichen, AuSzahlnnge«, An weisungen, Schecks und Wechsel. Forde rungen in anSländischer «ährnng sind Aorde- runge», bet denen der Gläubiger Anspruch auf Zahlung in effektiver Valuta und der Schuldner seine« Woh«sltz im A»sla«de hat. ««sländische Wertpapiere im Si««e dieser AuSfühnmgsbestimnmuge« si«d im Auslände ausgestellte Effekten aller Art, die aus eine ausländische Währung lauten, s»wie Zi«S-, Gewinnanteile und Erneuerung»- scheine solcher Essel en. Edelmetalle sind Gold, Silber, Plati«, Plattnmetalle, in de» im Ha»del mit solche» Metalle» übliche» Forme». Die 88 * bi» 5 befasse» sich mit de« Befug- ntsse« de» Kommissars, der vo« jrderman« jede vo» ihm siir erforderlich erachtete A«sk»»ft fordern «nd bei jedermann, auch bet Behörde», jede für erforderlich erachtete Et»sicht nehme» u«d Durchsuchung«» v»r»eh«e», der jederman» zur Erklärung vottade» «nd vo» jederman« die eidesstatUiche versichern»» der Richtigkeit u»d Vollständigkeit seiner «»gaben verlangen kann. Die 83 * »ad 7 bestimme» u. a.r Zahlungsmittel «nd Aordernnge« i« aus ländischer Währung, die entgegen den Be stimmunge« der valutaspeknlationsverordnnn» er worben si»d, und vermögensgegenstände, die auf Erfordern de» Kommissars nicht ««gegeben sind oder deren Ablieferung nicht innerhalb einer vom Der Kamps um die neue Währung. Grundsätzliche Beratungen i« WahrnugSauSschntz des Reichswirtschaftsrates. Berlin, 8. September. Am Donnerstag und Freitag beschäftigte sich der WährungrauSschuß des ReichSwirtschaftSrnte» mit den Ein,elheitrn der neuen Währung. Im Mittelpunkt der Verhandlung stand die Korm der Notenbank, die nach Aus affung der Mehrzahl der Mitglieder de- Ausschusses nur eine Goldnotenbank sein kann, weil eine Ware, wie z. B. der Roggen, den das Helsferichsche Projekt al» Basis für die Emission de- neuen wertbeständigen Zahlungsmittel» vorschlägt, Preisschwankungen unterliegt und schon dadurch die Stabilität des neuen Zah'ungSmittclS gefährdet. So hatte sich der Ausschuß eigentlich nur mit dem Projekt de» Reichsverbandes der deutschen Industrie und dem Plan de» Generaldirektors Minoux zu be schäftigen. Al» Sachverständige wurde» gehört Staatssekretär z. D. Hirsch, vr. Helfferich, General direktor Minoux. Generaldirektor Krämer, Bank- dir.'ktor vr. Frisch, Bankdirektor vr. Schacht und Bankdireltor vr. Fischer. Mit vier gegen sieben Stimmen wurde bei einer Stimm enthaltung «ine Entschließung angenom men, die am kommenden Dienstag den wirt schaftspolitischen Ausschuß gemeiusaii mit dem finanzpolitischen Ausschuß beschäftigen wirs. Die äußerst Wichtige Entschließ««- hat folgenden Wortlaut: Der vorläufige ReichSwirlschastlrat wolle be schließen, dcr Reichtregierung nachstehende Ent schließung zu übermitteln. 1. Die Witderherstell««» «uv Erhalt««» eine» wertbeständigen Zahl««»»mitteIS, da» die Bedürs- «tss, vo» Staat »»d Wirtschaft »«friedigt, ist u«r möglich, wen» die Defizitwtrtschäft der öffentlichen Gewalten beseitigt wird. Die «»Sgabe«» für de» «»hrtampf fi»d sofort auf das «»bedingt n»tw«»dige »aß z» beschränke», di, für Rnhrzw«cke zur ver- fügung z« stellenden Gelder sind z« kontinge»- tiere» «nd ihre Verteilung »nter Kontrolle eine» kleine», mit diktatorische» vollmachte» der- seh,nm AuSfchuss«» z« stellrn, über dessen Zu- sammensetzung die Regierung mit den Vertretern der politische« n«d wirtschaftlichen Organisationen berat,» soll. Außerdem ist erforderlich rücksichts lose Streichung ersparbarer sonstiger Ansgabe». Für de» Übergang sind Mittel d«rch ei«, Ver- mög,»Sabgabe nach d,m Vorschlag, Minoux bereltzustell«,. v^eitig»«g der privatm Inflation durch scharfe Diskontpolitik hat ned«»- anssetzung der Etal»»ila«ztern»g die Schaffung e i n e S w e rt be st ä « big e« Zahlungsmittels, das ««f sich selbst gestellt nnd ««abhängig von de« innere« ««d äußern» Schwankungen ist. Die Grundlage eines solchen Zahlungsmittels kann zurzeit nur das Gold oder ei» Devisenfonds bilde». 3. Aus diese« Erwägungen ist das Pro jekt Helfferich abzuleh«,», weil ei«e Roggenwährung im inner,» v,rk,hr dn» große» Schwankung,» des Rogge»preis,S «»terläge u»d im internationalen Verkehr keine Geltung hätte. 4. Gleichfalls ist der Vorschlag de» Reich», verbände» der deutsche» Industrie ad z«leh»e», da da» »ach ihm wertbestä»dige Gold de» UmlausskretS de» staatliche» Papier gelde» »och mehr als heute ciu^hränken, set»e E»twertung uud Znrückweisuug «lso »och be- schleuuign» würde 5. Alle derartigeu Projekte siud auch deshalb abzulehuen, weil sie da» Rotenmouopol, eiu grundlegende» Hohett»recht deSStaate», in dieHände privater BernfSstände übergebe« würde. Dräger der Geldpolitik Deutschland» Ian» nnr die R^ch»b«nk sein, wobei «» BorauSsetznng ist, daß deren Geschäftsführung nnd -leitung de« Bedürf- «isse« wertbeständiger Geldwirtfchaft dnrch ent sprechend« Umänderungen anznpass«» ist. - Rach Festlegung deS Höchstbetrags der Noteninftation wird ») der Goldbestand der ReichSbank mit den an» de« Maß«ahme« der Devisen« bliefern«g et«gkhe»de« a »»ländisch«« Zah lungsmittel« z« eine« Münzfo«d» verewigt Dieser wird anf Grund von Sachwertbelastung dnrch AnSlandSauleihn« nach Möglichkeit erhöht; dj ein Einl»fnng»recht de» nmlausendeu Papiergeld«» zu «wem dem DageSwerte «ttsprech«»- de» Kurf, gegen Gold oder andere Goldzahl««-»- mittel erklärt. e) A«f Grund de» «ünzfonds werde« Goldnote« ««»gegeben, al» deren Deckung Gold, Silber, Edelschm»ck, Devisen »nd di»konttrttt Goldhandelswtchsel dienen. Zur Stärkung des RünzfondS kö»«e« auch die Vor schläge Minoux wesentlich bettragn«. ä) Nach Einführung der Goldnvtr »nd Festlegung der Eiust,llung d,S NotkNdrackS w,rd,n di, noch im Besitz der Wirtschaft »«- ftndliche» »der in sie gelangenden Gold- zahln»gsmittel für den allg,meine» verkrhr freigegebe». 7. Die «eichsdauk bleibt autonom. Die Reichsaufsicht wird aber verstärkt durch eine Umfonnung deS Reichsbaukkuratorium» uud durch Erweiternug seiuer «echte uud Pflicht«,. Da, kapital der «eichsdauk wird erhöht durch her M Erfolgs» 2. Die dringende Gefahr einer völlig«» Zu rückweifung der Paptermark, die al» Zahvmg»« «n»gabe vo« Ritte«, die t» Gold Hedis«« mittel z«r Aufrechterhaltung de» verkehrh not-, oder weAprstündige« Belastnngw, Goidhtzpoth«ke« we«dig »leib«, erheischt »«tetz des »otz-»^ LanöwWchaft etttznzahle« sü»d. Kommissar gestellte» Frist erfolgt ist, kö«»e» oh»e Rücksicht a»f das vorliege» ei»er strafbare« Ha«dl«ng »«gunsten de» Reiche» für verfalle« erklärt wer- de». Die v«rfall»erklär«»g wird vom Kom missar ausgesproche» Bei vorliegen vo» vrrdachtsm»«e«tk» können vom Kommissar u«d de» Behörde» n«d Beamten de» Polizei- u»d Sicherheitsdienste» v«rlä«stge Sicherstellungen er- folge». Die folge»»«« Paragraph«» setzen Ord- »««g »strafe« ei« für »«vollständige oder «icht fristgemäße ErtsAny»««», für Aichterschei««» a»f Vorladung und für Zuwiderhandlung«» geg«i die vestimmunge« der valutaspeknlationsverord n««ge« vom 8. «ai «nd 2tz. F«»i 1tz2». s 16 besagt: Wer die von ihm gemäß ; 5 erfolgte eioeSstatt.iche Versicherung wisienNich un- richtiz oder unvollständig ablegt, wirr mit Zuchthaus bis zu 1» Kahre», bei mildernden Umständen mit Gefängnis nicht unter 1 Jahr bestraft. Neben der FreiheitSstraf« ist aus Geldstrafe zu erkennen. Für die Ver brechen des j 1 sind die Strafkammern als er kennende Gerichte zuständig. Ist die >m Absatz 1 bezeichnete Handlung fahrlässig begangen, so ist aus G«jängn>S und Geldstrafe zu erkennen, j 17. Zur Sicherung der Geldstrafen kann das Be wögen de» Angeschuldigte« ganz oder teilweise beschlagnahmt werden. Reben der Strafe kann angeordnet werden, daß die Verurleilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich kekamngemacht wird. t 18. Srnd Zahlungsmittel oker Forderungen in ausländischer Währung, di« gemäß des:r Ver ordnung abgeliefert sind, unter Verletzung vo« Borschristen der Devisengesetzgebung erworben oder einer gesetz'ichen Anordnung zu wider früher nicht anaemeld«! oder abgelirsert worden, so findet wegen diejer Zuwiderhandlung eine Strafverfolgung nicht statt, auch ist insoweit eine Verfallserklärung nicht möglich. Sind abgelieferte Vermögen-gegenstände im Sinne dieser Bestimmung be> der Versteuerung vom B.rmöge« oder Einkommen oder bei der Erbschaftssteuer ver schwiegen worden, so findet ein Strafverfahren wegen einer hierdurch begangenen Verletzung der Steuergesetze und einer Rachforderung von Steuei« mit Rücksicht auf diese SegenstLns« und die Sm- künste au- ihnen nicht statt. Die Vorschriften der Absätze 1, 2 gelten nicht, soweit bereit« ei« Straf verfahren od:r ein verfahren wegen Nachforderung von Steuern etngeleitet worden ist oder die Ab lieferung oder Angabe den Vorschriften d:r Ver ordnung de« Reichspräsidenten über die Ablieferung ausländischer Bermögentgegenpänd- vom 25. August 1923 zuwider unterblieben ist. Die tzj 20 bis 25 geben dem Kommissar ge- gebenenfall« da« Recht der Entziehung von Handelökammerbescheinigungen, der Ent ziehung der Befugnis für Devisenbanken, Geschäfte in ausländischer Währung abz»fchließe» und zu vermitteln, wenn sie keine Gewähr für die Einhaltung der Devtsengefetzgebung bieten. Auch die Zulassung zur Börse kann au« de« gleichen Grunde untersagt werden. Die ti st und 30 setzen fest, daß sämtliche Beamte, A«- gestellte aller Stellen und Sachverständig«, die bei der Durchführung dieser Bestimmungen tätig sind, verpflichtet sind, die Verhältnisse einer Per on, die sie dienstlich erfahren haben, strengster- ge heim zu halten und Betriebsgeheimnisse, Lie sie in gleicher Weise erfahren haben, nicht unbefugt zu verwerten. Bet Zuwiderhandlung«» werben Geldstrafen oder Gefängnis bis z» sechs Monaten vorgesehen. Ist di« Handlung auS Eigennutz oder in der Absicht begangen, dir Person oder den Betrieb zu schädigen, so kann aus Geld strafe in unbegrenzter Höhe oder statt ihrer oder neben ihr auf Gefängnis erkannt werden. Nach dem Schlußparagraph 31 trifft der Kommissar die erforderlichen AuifllhrungSbestimm ungen. G Die Reichsregierung hat sich also nunmehr z» einem energischen Schritt entschlossen. Bier Wochen ist die Regierung ja bereits im Amte und dta Stimmen, die eiu Gingreffen i« die «nhMew geworde«eu Verhältnisse forderte«, wurde« den« auch immer stürmischer.