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SächfischeSlaalszeilung Staatsaryeiger für den Zreiftaat Sachsen Dienstag, 16. Januar 1923 Nr. 13 Ankündigungen: Die 32 mm breite Srundzelle oder deren Raum im Ankündigung»- teüe 100 M., die 66 mm breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Leite 200 R, unter Eingesandt 240 M. Ermäßigung auf Familien- u. Geschäftsanzeigen. Schluß der Annahme vormittag» 10 Uhr. Erscheint Werktag« nachmittag« mit dem Datum de« Erscheinung«!»-»«, »ezug»pret«: Monatlich 800 Marl. Einzelne Rummem S5 Marl. Fernsprecher: »eschäfMelle «r. 212VÜ - EchnsUeitung »r. 14K7«. Postscheckkonto Dre«den Nr. 2486. Zeitweise «ebenblätter: Landtag«.Beilage, Synodal-Beilage, Ziehung««sten der Verwaltung der StaaUschulden und der LandeSkulturrentenbanl, Jahresbericht und Rechnungsabschluß der LandeS-Bmudversicherung-anstalt. VertausSUste von Holzpflanzen aus den Staatssorstrevieren. verantwortlich für die Redaktion: Hauptschriftleiter Bernhard Jolle« in Dresden. Neue Verfehlungen - neue Santtiouen. Die letzten Verfehlungen Deutschlands. Pari«, 1b. Januar. Der diplomatische Mitarbeiter von HavaS be hauptet, Barihou habe sich im Einvernehmen mit PoincarS und seinem belgischen Kollegen Dela croix verständigt, in einer gemeinsamen Rote die ReparationSkommission aufzu- fordern, morgen die letzten Verfehlungen Deutschland« gegenüber seinen Verpflichtungen au« de n FriedenSvertrage festzustellen. Zu der Meldung, daß die Reparationskom mission am Mittwoch deutsche Delegierte über den Abschluß eines vertrage- mit Italien über Benzollieferungen hören will, wird von zuständiger deutscher Seite mitgeteilt, daß die deutsche Regierung darauf verzichte», Vertreter zu diesen Verhandlungen über die Benzollirferungen nach Paris zu entsenden und daß sie sich lediglich auf die vor einigen Monaten schriftlich abgegebenen Erklärungen de- ziehe, wonach sie über das von Frankreich in Anpruch genommene Quantum hinaus vorerst keine Benzollieferungen machen könne. Pari», 1«. Januar. «le « q » » e P » ri»" mittrilt wird die«r. pcr»»lo«»t»«miffi» sich beute vormittag 11 Uhr an, Antrag d » französischen und belgischen Deleüierten mit den augebllche» tzorfätz» liche» Verfehlungen Deutschlands beschäftigen, die sich «icht nur ans die Kohle», und Viehltrfernuge« be. ziehen sollen, sondern auch auf die Stu. stellung der Lieferung von Pflastersteine« und endlich auf die «tchtauSsührung vo» großen Arbeite« tm öffentlichen Interesse Frank reich», dir verlangt worden sind. Ss han delt sich offenbar um die Ausführung des noch gar nicht näher präzisierten Planes von Le Trorquer, der bekanntlich' Saual- bautru und Slrktr zitSt-gewiunung vorsieht üb r d ssen Ausführung ist mit der deulschru Regierung noch nicht verhandelt worden. — „Petit Parifie«" glaubt üd.ig nS, laß noch wettere Verfeh lung e« srft-rflellt würde«. Man habe geste « abend die vollkommene Einstellung der Holz ieferonge« s-r Frankreich und B Igien erfahren. Rach dem „Petit Jvurual" soll das Vorgehen der ReparattonStommisfiou den dop pelten Zweck haben, dte juristischen «rund- ltnten für neue Maßnahme«, dte im Ruhrgebiet ergriffe« werde» »-«len, für dte französische und belgische Regier««- zu tiefer« und «»»lech den Zusammenhang der kontinentalrn Alliierten aufrechtzuerhalte«. Der „TempS" schreibt: Der französische und der belgische Delegierte werden heute der Repa- ratiw Skommission neue ernstliche Verfehlungen Deutschland» un erbreiten. Da- Re ich hat den Bergarbeitern de« Ruhrgebiet« untersagt, Reparation«kohle zu liefern. Da» Reich hat die für Belgien und Frankreich bestimmten Rindvieh- und Pserdelieferungen en- gestellt. Rach einem Votum der Reparati ns- kommission werden die Sanktionen auSge- dehnt werden und die Besetzung de» Ruhr- gebiete« östlich von Dortmund wird voll- kommen berechtigt sein, (!) Do» Batt sieh» Vorau«, Saß in 48 Stunden die Alliierten (nur Frankreich und Belgien. Anm. d. Red s die kohlenprodukiion von ungefähr 76 Mill. Tonnen jährlich kontrollieren werden. Da» seien och» Zehntel der rheinisch-westfälischen Gesamtproduk- tton. Da» Blatt setzte Vorau«, daß weder die Tschacho-Elowalei noch Pol n den Kohlrnmangel da« nicht besetzten Deutlchlond« mit ungejähr 4 MS. Launen im Monat ersetzen werden. Ei« Plan Hughes in der Rtparatisnskommisfis«? Rew York, 1k. Januar. Hte „W«eiated Preß" meldet: Der amer- k«nifch» Botschafter Boyden hat der Reparation», kruumiipaa einen Aifang November v. I. von dm« Sia-t-fe-r-tär Hughe» genehmi ten Plan zur Megelung de» Reparativv-vroblem» voraeleg». Rew Bork, 16. Januar. In einer ergänzenden Meldung zu der Rach- richt der „Associated Preß-, wonach Boyden der ReparationSkommission einen Plan zur Regelung de» R paration-pr.blem« vorgelegt hat, heißt e»: Der Pla« regt au, daß die RrparationSsrag« an eiar« Ausschuß von kachve,ständige« ver wiese» wird, und sieht i« allgemeine« Fmcmr« ei» Ro»atori«m von L -der » Jahre« vor, um Divtschlaud Zeit zu gebe«, sei««« »redtt im Auslände wieder her,«stelle«. Kerucr sieht der Plan eine kleine «»leihe zur Stabilisierung der Mark vor. In vollkommenem Gegensatz zu diesen Mel- düngen fleht folzende: Washington, 16. Januar. Da« Staatsdepartement stellt in Abrede, daß Boyden den Auftrag erhalten habe, der ReparationSkommission einen Repara- tion-plan zu unterbreiten und erklärt, d:r Plan sei von Hughes nicht gebilligt worden. * Vor einer neuen Gefahr. Der Reich?kohlenkommiffar verbietet die Kohle«liefer»«Ze». Esse«, »R Jamme. Der ReichSkohienkommissar ha», nach dem er von den Verhandlungen zwischen den Zechenbesitzern und den Franzosen Kenntnis er halten hatte, unter dem 13. d. M. mit Rücksicht auf den französischen und belgischen Einbruch inS Ruhrgebiet ausvrücklich die Lieferung von Kohlen und Koks an Frankreich und Belgien auch für den Fall der Bevorschussung und Barzahlung durch diese Staaten verboten- Daraufhin haben sämtliche Zechen sofort die Kohlenlieferung an Frankreich ein. stellen lassen. Die Kranzofcn erteilen Deutschen Befehle. Essen, 1b. Januar. Bet den heutigen Besprechungen zwischen den französischen Bevollmächtigten und den Vertretern der deutschen Verbände wurde von deutscher Seite ren Franzosen vom Bei bot deS ReichSlohlenkommissars Kenntnis ge- geben und mitgeieilt, daß daraufhin, die Zeg en die Kohlenlieferung an Frankreich und Belgien eingestellt lütten. Daraus wurden die anwesenden deutschen Vertreter befragt, ob sie für die von itmen vertretenen Zechen verantwortlich seien. AU diese Frage bejchl wurde, wurde einem jeden gegen Outunz ein schriftlicher militä- rischer Befehl zugestellt, die Lieferung von RepacattonSkohle an Frankreich und Belgien sofort wieder auszu nehmen. Im Runen der deutschen B rtreter erklärte Fiitz Thyssen, daß diesem Befehl keine Folge gegeben werden würde. Wir find Deutsche, sagte Thyss n, und stehen auf dem Standpunkte, daß wir nurden deutschen Gesetzen unterworfen sind. Ter sianzösische Be>tr ter erklärte daraufhin die ve sammluug für geschlossen. Sine Aohlcnsteuer alS Gegenmaßnahme. Pari», 1b. Januar. Poincarö verhandelte gestern mit dem Minister für öffentliche Arbeiten Le Lroequer und dem Finanzminister de Lastryrie über die Maßnahmen, die im Ruhrgediete in der Ausführung begriffen sind. Von Mittwoch ab werden, laut „Petit Parisien", die Alliierten (d. h. also Frankreich und Belgien. Anmerkung d. S-trisil.) im besetzten Teile de« Ruhr- gebiete« und auf dem linke« Rheinufer die Kohlen steuer erheben. Au- dem besetzten Gebiete sollen, nach dem gleichen Blatte, Dort mund, Witten und Barmen, die mehr industrielle al« bergbauliche Bezirke seien, ausgeschlossen bleib.«. Tie neu zu besetzende Zone wird „Rote Zone" genannt. Da- bi« jetzt besetzte Gebiet nennt man in Frankreich dte „Grüne Zone". Die Role Zone produziere, nach dem „Petit Parisi,n", b4 Millionen Tonnen Kohlen, d « Grüne Zone 26 und da« linke Rheinufer 6 Millionen Tonnen. Di« Alliierte« würden also nach vollendeter Besetzung 86 Millionen Tonnen erhalten. Da- würde in höchstem Maße genügen, um die ReparationSkommission m t ihrem Bedarfe von 19 Millionen sür die Alliierten sowie für die Industrie de« RuhrgebieleS und de« linken RheinuferS zu befriedigen. Die Beschlagnahme der Kohlensteuer sei notwendig, um die Zechenbesitzer sür die Kohlenlieserungen an die Alliierten zu entschädigen. Rach einer Ordonnanz de« französischen Oberkommissars in den Rheinlanden werden die notwendigen Machtbesugnisse Loste s nicht nur auf das Ruhrgebiet, sondern auch aus das linke Rhein ufer übertragen. Andere Maßnahmen könnten gleichfalls unvermeidlich werden, wenn beispiels weise die R.ichSbank das Ruhrgebiet nicht genügend mit Geld versehen würde. * Requisitionen. Pari», 1k. Januar. Wie„TempS" mittrilt, w«rde i« der heurige« « i«isterk»«fer<«t beschloss«», we«« dt« verg - werksbejttzer i« Ruhrgebiet Ihre Hal. taug «icht ä«d«rtr«, dir Kohle«, ««d KokSme«ge«, dte für dl« Reparativ»«« erforder lich feie«, sich durch Regaifitio«'» z . verschaffe«. Di« A»-ele-e«h«it wäre da»« »icht «ehr allei» Bach« »«- J»g»»t«»r» »aß«, »« hätt« G«»«ral D«go»tt« «t»zugreife». * Französische Kritik an der Ruhraktion. Paris. 16. Januar. Robert de Jouvenel schreibt im „Oeuvre": Wir werden un«, was m« anlangt, huren, den Ereignissen, die nur zu sehr für sich selbst spreche»!, Epiloge uachzuschicken. Begnügen wir uns damit, inS Gedächtnis zurückzurusen, daß wir mS Rudr- gebiet nur eine bescheidene Mission von 40 In genieuren schicken sollten, denen höchstens einige Soldaten beigegele» werden wllten. Nichtsdesto weniger werden wir >n vier Tagen unbed.ngt veranlaßt werden, folgende Punkte iir Betracht zu ziehen: 1. Requisitionen der Kohlen; 2. Inbetriebnahme der Bergwerke und vielleicht der Fabriken, 3. Beschlagnahme der Eisenbahnen, 4. Ernährung von meh reren Millionen Menschen, b. Schaffung einer neuen Teuerung. Beeilen wir uns hinzuzufügen, daß da-, wa« jetzt eintritt, zu leicht vorauszusagen war, als daß man nicht einen Augenblick «"nehmen dürste, uns r: Regierung hätte eS nicht bis in die kleinsten Einzelheiten vorausges'hen. Die Tats che, daß 100 M. gestern auf 11A C.nlimcs gefall.» sind, dürfte hiernach nicht we ter üb rrosa en. Die Besetzung de» Ruhrgebiets en.wckele sich logisch, erklärte mair gestern in osfi.iellen Kreisen ganz richtig. * Besorgnis in London. London, 16. Januar. „Westminster Gazette" zufolge wartet die Re gierung die Er« gnrffe und ihre Entwicklung im Ruhrgebiet weiterhin mt eNiger Besorgnis be- zü lich der Lage und in keinerlei Absicht, zu intervenieren, ab. Man sei nicht der Ansicht, daß die framösis»« Besetzung Bochum» da» Ende der Aktion bedeute. Nickt« könne di.- Franzosen davon abhalten, nach Berlin zu marschieren. * Der Vormarsch. Bochum besetzt. Essen. 1K. Januar. Die Besetzung de« Ruhrgebiet« durch die Franzosen ist heute ausgedehnt worden- Lie französischen Truppen stehen dicht vor den Toren Dortmund«. Morgen soll auch Dort- münd von den Franzosen besetzt werden. Heute abend standen die Spitzen der Bormarschtruppen bei Eicktinghofen, Nevige«, Barop und Marten, einige Kilometer vor Dortmund. Die Unmassen von Truppe«. die heute mit der Bahn und allen möglichen BesörLeruug«m>tt.ln in dar Ruhr- gebiet geworsen wurden, lassen darauf schließen, daß die Besetzung von Dortmund au« sich noch weiter au»d«hnen wird. Da» nächst« Ziel soll dann Hamm, wo sich bekanntlich zahlreiche Schächte befinden, und da» Wuppertal sein. Bochum, da» heute in den ersten Nach- mittagsstunden besetzt wurde, hat vorläufig 600 Mann Artillerie und Infanterie erhalten. Unterdessen wird, ähnlich wie bei der Besetzung von Essen, der Krei- um die Stadt Bochum weiter gezogen. Bon beiden Seiten ist Bochum bereit- von Truppen eingeschlossen. Auf der einen Seite sind die Truppen bereit« bi» Witten und Eiülinghosen, auf der an deren Seite bi« Mengede vorgerückt I« Mengede sind einige Offiziere und Mannschaften al- Quartrermacher eingerückt, ebenso in Dorst feld. Der Kreis soll dann bei Dortmund ge schlossen werden Bis jetzt sind u. a. neu be setzt worden Herbede, Witten, Reckling hausen, das 600 M inn und einen höheren Stab erhalten hat, Hattingen mit 3oOMann, Sewen und Crone sind mit dem 13. In fanterieregiment besetzt. In Gelsenkirchen sind 17 Mann stationiert. Gegen Ab.nd war französische Kavallerie im Anmarsch auf Langendreer. Die Besetzung von Herne wird morgen vormittag erfolgen. Das Schloß Streck bei H.rne >st besetzt. Für Dorstfeld, ein m Vorort von Dortmund, sind sechs Transportzüge mit Lwp»en, für Buer 15 Zü e gemeldet. Die Landstraße von Langenberg nach Rierenhos, ebenso die Straße von Waltrop nach Dattel» glichen heute nachmittag einem Heeclager. Die Nachricht von dem Eintreffen in Bochum hat in Dortmund große Ausregung hervor- gerufen. Auf den Straßen sammelten sich die Menschen. Reden wurden gehalten und patUo- rische Lieder wurden gesungen. In Essen fand heute eine Kundgebung von 12000 Personen vor dem Saiserhof statt, in dem bekanntlich die Kontrollkommission unterbracht ist, statt, wobei das „Deutschlandlied" gesungen w.rde. Der Kommandant der Besatzungsbehörde hat die deutsche Behörde um Auskwrung des „Vorfalles" und Ermittlung der Anstifter de« „Vorfalles aufgefor.ert. In der Stadt gehen die Offiziere nur unter Begleitung von zwei Soldaten mit Gewehr über auf den S.raßen. Auch die folgende Meldung verdient, in die- sem Zusammenhang, Beachtung: München, 15. Januar. Ter „Regensburger Anzeiger", das Organ des Abg. Held, des Führers der Bayerischen Bolksportei, meldet, daß man in den Kreisen der Bayerischen Brlkspartei sehr ernsthaft den Gedanken hege, die alten Selbstschutzorgani sationen, etwa in der Form der vom Staate legalisierten und von ihm finanziell unterstützten Einwohnerwehren, wieder au leben zu lassen. Den Anlaß zu d.esen Erwägungen gäben die veränderte polit.sche Lage und die damit auftauchenden innerpolnischen Gefahren. Die Bedenken gegen den Weiterbestand der baye-, rischen Einwohnerwehren seien gefallen. Ter Rechtsbruch der Franzosen gebe nunmehr freie Hand, den dringendsten nationalen Le- denSnotwendigkeiten Rechnung zu tragen. AuS maßgebenden Kreisen der Bayerischen Volk-Partei wird dagegen mitgeteilt, daß solch« Pläne durchaus nicht die Billigung der verant wortlichen Stellen der Partei oder gar der Par teimitglieder in der Regierung finden Tie Mittel der Regierung reichten au» zur Aufrecht erhaltung der Ruhe im Lande. Ein Schutz der sringendsten nationalen LebenSnotwendigkeitens k) müßte aus viel breiterer Grundlage auf gebaut sein. Tas erste Blutvergießen. «och um, 1k. Ja»»»r. vor dem Eife»»ah»d«triedS»«t a» »er KS»ig«»llre kam e» hrnte ade»d z« grüße«, A»samml«»ge«. Weller« «nsläi.fe »ll- drt«» sich vor dem >«tha»f«, wa» dir f,«>. zöstschr« Trupp«« veranlaßt«, »«trr G«»rhr zu tret«». Kurz vor 8 Uhr a»«»d» kam <» z» größer«« Zufammorotlauge« twr »rr tz»«d,l»fchul«. «ald zog ei« Trupp »,n KW Leut«» dte Kö»>g»all«« r«tla»g mit de« Gesang de» LledrSr „Glegretch »oll,« wir Kraatreich schlage«". Die Fraizaf«» schoss«« »»»ächst mit Gewehr««, da«»