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Mittwoch. AeiPzig Dir Zeitung erscheint mit Ausnahme des Montag« lLglich und wird Nachmittags <1 Uhr aus- gegeben- Preis für das Biertel- lahr 1'/, Thlr.; jede ein zelne Nummer 2 Ngr. Nr. 137. — LS. Juni 18S3. Dciltschc Allgcmtiiic Zcitung. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz I» Zu beziehen durch alle Postämter des In- und Auslandes, sowie durch di* Expedition in Leipzig ^Querstraße Nr. 8). Jnsertionsgebühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Deuts chlanv. ^»Von der Donau, 71. Juni. Rußland nimmt zum Relief seiner Federungen an die Türkei und eines eventuellen Kriegs den Schutz der grie chischen Christen. Wenn cs ihm damit Ernst ist, so kann eS diesen huma nen Zweck auf eine viel leichtere und nützlichere Weise erreichen. Es darf die Rechte der Christen in der Türkei überhaupt nur unter die Aegide und Garantie der europäisch en Hauptmächte stellen. Dadurch würde die griechische Confessio«, wie Rußland es wünscht, vollkommen gesichert und zugleich allen Christen, was der Wunsch Europas und der Humanität ist, ein glücklicheres Loos in der Türkei bereitet werden. Gewiß wären England, Preußen, Oesterreich und Frankreich damit zufrieden und die Türkei würde sich eine solche allgemeine Garantie Europas gefallen lassen. Ein größerer Schuß könnte den Christen des Orients nicht werden, denn alle Confcssio- nen würden sich dabei betheiligen und die öffentliche Meinung der christli chen Welt würde die Mächte dabei unterstützen. Leider tritt die exclusive Richtung der beiden katholischen Confessioncn, der römischen wie der grie chischen, hier hindernd in den Weg. Bei ihrem starren Dogma von der al leinseligmachenden Kirche schließen sie sich gegenseitig und den Protestantis mus vom Genüsse der Christen- und Menschenrechte aus. Sie kämpfen nur für ihre Particularkirche; der Russe, um die Grenzen seines Reichs zu er weitern; der Papst aus kirchlichem Ergeizc, um auch im Orient der oberste Bischof, dec Statthalter Gottes, zu sein. Indessen ist es klar, daß Rußland keinen irgend genügenden Vorwand zum Kriege gegen die Türkei hätte, wenn England ihm die Rechte seiner Glaubensgenossen in der Türkei ga- rantirte. Auch Oesterreich, beziehungsweise Nom, und Frankreich könnten un besorgt England und Preußen ani Schutze der Katholiken des Orients theil- nehmen lassen. Denn daß Beide auch dxm Katholicismus gerecht werden, ist wol genugsam bewiesen. Frankfurt a. M., 11. Juni. Man schreibt der Kölnischen Zeitung: „Es hängt wol mit der Lebhaftigkeit der confessioncllen Bewegungen zusam men, daß der Bundesbeschluß in Betreff der Kettenburg'schen Kla- gesache ein allgemein nachhaltiges Interesse erregt. Für die Competenz Ler Bundesversammlung haben nur sieben Stimmen sich entschieden, näm lich Oesterreich, die Königreiche Baiern und Sachsen, beide Hessen, Nas sau und die Fürstenthümer und die von Hrn. v. Holzhausen vertretene sechzehnte Curie." Preußen. L Berlin, 13. Juni. Gestern am Sonntage machte der Ministerpräsident einen kleinen Ausflug zu Pferde, um dem Consisto- rialrath Voß in Buch einen Besuch abzustatten. Hr. v. Manteuffel gönnte sich jedoch nur eine sehr kurze Erholung und war schon nach wenigen Stun den zu ernsten Staatsgeschäftcn zurückgekehrt, die gegenwärtig um so drin gender erscheinen, als die orientalische Frage in ein Stadium vorgerückt ist, in welchem irgend eine gewichtige Entscheidung nicht lange mehr auf sich warten lassen kann. Werden die Differenzen sich friedlich beilegen lassen und ist somit ihr Ende zu hoffen, oder will Rußland den Krieg, um den Anfang von einem höchst tragischen Ende herbeizuführen? Vom Benehmen des gejammten übrigen Europa dürfte die Entscheidung Dessen, was kom men soll, abhängig zu machen sein. Von einer Quadrupel-Allianz zwischen England, Frankreich, Oesterreich und Preußen, zur Paralysirung der russi schen Präpondcranz, weiß man wenigstens hier noch nichts; dennoch aber glaubt man auch in hohen Kreisen ohne eine solche an die Erhaltung des Friedens, indem sowol Lord Rcdcliffc als die Gesandten der übrigen Staa ten der Pforte den Nath ertheilen, noch vor Ablauf des 16. Juni, als des letzten von Rußland gestellten Termins, das Ultimatum Mcntschikow's zu acceptiren. (?) Allerdings ist am 9. d. M. im Cabinetsrathe zu London Alles für einen Ausbruch des Krieges vorgesehen worden, doch wird man erst abwarten, ob Rußland mehr als eine bloße Besetzung der Donaufürsten- lhümer zu bewirken beabsichtigt, bevor man dessen Verfahren für einen LS8U8 belli zu betrachten sich gcnölhigt sieht. — Der Handelsminister Hr. V. d. Heydt hat gestern eine Deputation aus Sachsen empfangen, welche wegen des Baues einer Eisenbahn von Halle nach Nordhausen hier her gekommen ist und vom Abg. Jacob beim Minister cingeführt wurde. Die Deputation hatte sich eines günstigen Empfanges zu erfreuen und hat dem Vernehmen nach Hrn. v. d. Heydt sehr befriedigt verlassen. — Hr. v. Bismark-Schönhausen, von dessen nächstbevorstchender Rückkehr nach Frankfurt ich Ihnen schon geschrieben habe, verläßt am 15. d. M. bestimmt Berlin, um sich wieder auf seinen früher« Poste« zu begeben. Mil Ge wißheit kann ich Ihnen schreiben, daß die Nachricht des Nürnberger Cor- respondenlen, Hr. v. Bismark sei von Frankfurt abberufen, um sofort eine Mission nach Konstantinopel anzulretcn, jeden Grundes entbehrt. >— Wäh rend Prinz Albrecht wieder in der Genesung, wenn auch langsam, vorschreitet, erweckt der Zustand der Erbprinzcssin von Meiningen, welche bekanntlich infolge der Alteration über die repetirende Krankheit ih res hohen Vaters selbst ernstlich erkrankt, gegenwärtig einige Bcsorgniß Man fürchtet, so erzählt man sich, daß die Familie der Prinzessin durch dieses betrübende Ereigniß um eine Hoffnung ärmer geworden sei. — Dem Hamburgischen Correspondenten schreibt man aus Berlin vom 11. Juni: „Wie in den hiesigen Hähern Kreisen angcdeulet wird, sind vor einigen Tagen Depeschen aus Petersburg hier angekommen, deren Inhalt, wie sich aus Manchem schließen lassen dürfte, ein wichtiger sein muß. Seit der Ankunft dieser Kundgebungen von Seiten des Petersburger Cabinets sind in Sanssouci, wie man hört, viele Berathungen gepflogen worden, welche sich wol auf die Stellung, die Preußen in der orientalischen Angelegenheit cinzunehmcn hat, beziehen mögen. Ueber die Beschlüsse selbst verlautet natürlich nichts und wird darüber das tiefste Schweigen bisjctzt beobachtet. Die Spannung ist in den hiesigen politischen Kreisen sehr groß, mit Bestimmtheit zu erfahren, welche Haltung jene Preußens sein wird. Der Zeitpunkt scheint gekommen zu sein, wo von Preußen ein festes Her vortreten in Bezug auf die orientalische Angelegenheit nicht zu umgehen sein möchte. Groß würde allerdings der Eindruck in Europa sein, wenn die zwischen Rußland, Oesterreich und Preußen vor wenigen Jahren er neuerte Allianz bei der ersten wichtigen Frage, welche, folgenschwer wie die orientalische, vor dieselbe tritt, sich als eine kaum aufrechtzuerhaltende er wiese! Uebrigens liegt in diesem Falle augenscheinlich die Schuld nicht an den beiden deutschen Großmächten, die sich mit Rußland zu einer Solida rität der konservativen Interessen verbunden, aber wahrlich keine Verpflich tung übernommen, Foderungen Rußlands zu unterstützen, welche mit jener Solidarität der conservativcn Interessen nicht allein nichts gemein haben, sondern eher konservativen Grundsätzen entgegenlaufen, und geeignet sind, den allgemeinen Frieden Europas in hohem Grade zu gefährden. Preußen hat im Jahre 1850 große und schwere Opfer bringen müssen, um diesel ben auf dem Altäre des Friedens niederzulegen. Damals war cs vorzugs weise Rußland, welches die Darbringung dieser Opfer zu Gunsten der Er haltung des europäischen Friedens als eine gebieterische Pflicht mit den be redtesten Worten hcrvorzuhebcn wußte. Jetzt ist nun Rußland in der Lage, diese seine laut verkündigten. Lehren auf sich selbst anzuwenden, und ganz Europa steht gespannt da, zu sehe«, in welchem Einklänge der Lehrer sich mit seinen Lehren verhalten wird!" — Nach berliner Blättern wird jetzt in Berlin gegen die dort stattfinden de« Morgenconcerte am Sonntage geeifert. Die officiclle «Zeit» bringt in Bezug hierauf ein Citat aus den Aeußerungen des Königs Friedrich Wil helm III., das sich in Eylert's LebcnSgeschichte des verewigten Monarchen findet. Als man nämlich den König anging, diese Morgenmufikcn nicht mehr gestatten zu wollen, antwortete der König: „Am Abend oder Morgen — ist Dasselbe! Im Gegentheil: wenn der Mensch frisch ist, wirkt eine schöne Musik im Freien und unter Bäumen, und wenn der Himmel heiter und noch Alles ruhig ist, wohlthätig und religiös auf den Menschen. Sind viele Gegenvorstellungen, auch von würdigen Geistlichen, cingekommen, haben mich aber nicht überzeugen können. Ebenso ist es mir mit den Schriften gegan gen, die gegen das Theater geschrieben sind. Ja, es hat ein Mann aus Elberfeld an mich geschrieben und mich, da ich ein Christ wäre, ums Him mels willen gebeten, nicht mehr in die Komödie zu gehen, um nicht Schaden an der Seele zu nehmen. Der ehrliche Mann meinl's gut. Habe das Schrei ben Witzleben gegeben und ihm gesagt, was er in meinem Namen höflich antworten soll. Die Menschen sind erschrecklich einseitig, und Berlin ist kein Krähwinkel." — Ueber das am 11. Juni im Zuchthause zu Halle ausgcbrochene Feuer (Nr. 136) schreibt man der Neuen Preußischen Zeitung aus Halle vom 12. Juni: „Nachdem gestern zwischen 7 und 8 Uhr Abends die Ge fangenen der hiesigen Strafanstalt wie gewöhnlich in ihre Zellen eingeschlos- sen waren und ein großer Theil des Aufsichtspersonals eben die Anstalt ver lassen hatte, brach auf eine bisher noch nicht ermittelte Weise unter den. Dache des südöstlichen Flügels Feuer aus, welches durch die hier befindlichen Vorrälhc von Baumwolle und andcrm leicht entzündlichen Arbeitsmaterial eine gefährliche Nahrung fand. Glücklicherweise war die Richtung des ziem lich unbedeutenden Windes eine günstige und so ist cs, dem Vernehmen nach gegen 5 Uhr Morgens gelungen, des Feuers völlig Herr zu werden, nach- dem nichts weiter als das Dorn'sche Dach und die unmittelbar darunter be findliche« Lokalitäten ein Raub der Flammen geworden waren." Einem an dern Berichte entnimmt die Nedaction noch die Notiz, daß das Militär die Strafanstalt sofort besetzte, um etwaigen Ausbrüchen der Gefangenen, die zum Theil unlängst aus Moabit dorthin gebracht waren, Widerstand zu leisten. Hannover. Hannover, 11. Juni. In der gestrigen Sitzung des hiesigen Bürgcrvorstehercollegiumö ist einstimmig der Beschluß gc-