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Mittwoch. Nr. 4. 8. Januar »853. DI« Zeitung «scheint mit AuSnabme de« Montags täglich und wird Rachmittag» 4 Uhr auS- gegeb-n. Preis für da» Viertel- >ahr 1'/, Thlr.r-jede ein zelne Rümmer 2 Ngr. Deutschs Mgemcint Zeitung. »Wahrheit und Recht, Freiheit uub Tesch!» Zu beziehen durch alle Postämter de» In- und Auslandes, sowie durch die iLzvekttion in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Jnfertionsgebüh« für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Die Zoll- und Handelsfrage. /X Berlin, 3. Ian. Die Verhandlungen der Bevollmächtigten Preu- ßenS und Oesterreichs in derZollfrage haben nur während der eigent lichen Festtage eine kurze Unterbrechung erfahren. Dieselben werden indessen mit einer so strengen Verschwiegenheit von beiden Seiten betrieben, daß, wo und was immer über den Fortgang derselben, namentlich auch durch die Zeitungen in die Oeffentlichkeit dringt, vorerst lediglich auf Vermuthun gen gegründet sein kann. Es wird daher rathsam sein, diesen Maßstab be sonders an solche Mittheilungen über den fraglichen Gegenstand zu legen, die in die Sprache sichern Wissens gekleidet sind. Nur über die preußischerseits festgehallene Grundansicht vermag ich Ihnen zu verbürgen, daß die wesent lichen Punkte des bekannten Programms — keine Zolleinigung mit Oester reich und durchaus freie Selbstbestimmung hinsichtlich nothwendiger Tarif änderungen — nach wie vor als allein maßgebend gelten werden. Daß schon jetzt ein Handelsvertrag mit Oesterreich geschlossen werden kann, obgleich, wie man früher wünschte und hoffte, der Zollverein, abgesehen von seiner Erweiterung nach dem Norden, nicht als von den alten Grenzen umschlos sen angesehen werden darf, und daß die Bereitwilligkeit zum Abschluß eines solchen Vertrags der bekannten Federung der Priorität für die Bildung eines Deutschen Zollvereins nicht widerspricht, erhellt genugsam auS dem er folgten Abschluß der Verträge mit den Thüringischen Staaten lind Braun schweig auf Gründ des Septcmbervcrlrags und der hierdurch erfolgten Neu bildung eines Zollvereins, wenn auch von geringerer Ausdehnung. Hin sichtlich der Coalition scheint allerdings der Wunsch, den namentlich die Neue Münchener und die Kasseler Zeitung wiederholt ansgesorochen haben, sich zu erfüllen. Die betreffenden Negierungen werden die Hände frei be kommen und die Eingangszölle auf fremde Fabrikate auf eine beliebige Höhe bringen können oder, wie sich die genannten Blätter ausdrücken: „für ihre Gewerbe einen wirksamer» Schutz Herstellen, wie es ihre Interessen erhei schen." Es wird sich aber wol erst zeigen müssen, ob die Bildung der er sehnten „eigenen dritten Gruppe" auf solchen Grundlagen von sämmtlichen Negierungen der noch bestehenden Coalition als im Interesse ihrer Länder erachtet werden wird. Jedenfalls ist ein Zweifel hieran erlaubt. Deutschland. Frankfurt a. M., 31. Dec. Die officiclle Anerkennung des französischen Kaiserreichs durch den Deutschen Bund ist in der ge strigen Sitzung der Bundesversammlung erfolgt. Zugleich wurde Hrn. de Tallenay zu eröffnen beschlossen, daß man dec Accreditirung eines fran zösischen Gesandten entgegensetze. DaS Präsidium wurde mit dieser Eröff nung beauftragt. — In einem Artikel der Weser-Zeitung über Frankreichs Verbündete gegen Deutschland heißt es: Aller Augen sind nach Frankreich ge wandt: die Wiederherstellung dcS Kaiserreichs dient auch in der deutschen Heimat zur Erklärung aller ungewöhnlichen politischen Ereignisse, für die nicht andere Gründe auf offener Hand liegen. Wir sind weit entfernt da von, das für gerechtfertigt zu erklären; wir begrüßen diese Erscheinung viel mehr als ein erfreuliches Zeichen, daß man sich der drohenden Gefahr be wußt ist. Dieses Bewußtsein muß aber nothwendig die Einigkeit fördern, da die Hoffnung, zur Einheit Deutschlands zu gelangen, vorläufig aufgege ben werden mußte. Wir wollen auch nicht dieses Gefühl zu schwächen su chen,wenn wir die Uebcrzeugung aussprechen, daß der Kaiser der Franzosen vorläufig noch eine Zeit lang beschäftigt sein wird, seine Gewalt im In nern zu befestigen, die Jntriguen, welche mit oder ohne sein Wissen nach außen hin gesponnen werden, sich mehr und mehr verzweigen zu lassen, ehe seine Heere die Grenze überschreiten. Es ist klar, er hat es in seiner Ge walt diesen Zustand solange fortdauern zu lassen, wie es ihm gefällt und wie seine Armee es ihm gestattet. Vorläufig wird cs ihm nicht an Mil- teln fehlen, die Kampflust des Prinzen Murat, der sehnsüchtig nach dem Throne seines Vaters schaut, in Zügel zu halten, seine militärischen Ge treuen auf friedlichem Wege zu beruhigen. Aber dieser Zustand kann und wird, ehe wir uns dessen versehen, vielleicht ehe noch der Deutsche Bund darüber beschlossen, ob die Bundesarmee um 50,000 oder um 150,000 M. vermehrt werden soll, zu Ende gehen. Dann wird es dem Kaiser weder an einem Vorwande zum Bruche noch an.dem Willen fehlen, den Krieg so eifrig, energisch und erfolgreich zu führen, wie es Frankreich möglich ist; und wer das Land bereist, wer in allen Festungen die aufgehäuften uner meßlichen Quantitäten von Kriegsmaterial, wer die wirklich kriegerischen Uebungen der Armee - gesehen Hal und die Geschichte des Landes und des Mannes, der es leitet, kennt, der weiß, welcher Energie das Volk und sein Erwählter fähig ist. Wendet der Kaiser sich gegen Italien, so hat er an der von Deutschland bedrängten Schweiz und Piemont, Oesterreichs Erbfeind, Verbündete. Wendet er sich gegen Belgien und den Rhein, so fehlt cs ihm auch da nicht an fremder Hülfe. Und fragt man, welche? so wollen wir mit unserm Urtheil zurückhallc», aber einen Franzosen reden lassen, der uns seit langer Zeit als tief eingeweiht in die geheimen Fäden der Politik bekannt ist. Er schreibt uns: „Der Kaiser hat die begründete Hoffnung, einige der kleinern deutschen Staaten von der deutschen Sache abtrünnig zu machen, den Rheinbund wicderherzustcllcn. Es fehlt nicht an Patrioten, die sehr geneigt dazu sind." Wir signalisircn die Ansicht eines Franzosen dem deutschen Publicum, und mögen nicht bezweifeln, daß auf deutschem Bo den Niemand Grund hat, sich von demselben getroffen zu fühlen. Dann fährt unser Gewährsmann fort: „Eins aber kann nicht mehr bezweifelt wer den: die dänische Armee ist für die Sache des Kaisers eine ganz bereite, verbündete; sie ist ganz dazu gerüstet und tief in das Herz Norddeutsch lands vorgeschoben! Diesem Verbündeten hat Deutschland die Mündungen der Elbe und der Trave anvertraut." Die Richtigkeit dieser zweiten Mit- lhcilung bezweifeln wir nicht. Seit den deutschen Freiheitskriegen liegt in Kopenhagen der damals nicht zur Ausführung gekommene Plan, mit einer dänischen Armee elbaufwärts zu marschiren, sich mit Preußens Feinden zu vereinigen und auf Berlin loszugehen, fertig ausgearbcitet. Wären die Er- cignisse nicht damals schneller gewesen als die Dänen, die Schlacht bei Leip zig wäre «richt geschlagen oder sie hätte einen andern Ausgang gehabt. Die ser Plan kann im geeigneten Augenblicke wieder ausgenommen werden und ' seine Ausführung ist wesentlich erleichtert, seit die schleswig-holsteinische Ar ¬ mee unter Deutschlands Mithülfc aufgelöst ist; seit dänische Truppen, die vor dem Jahre 18-i8 niemals in den Herzogthümern bleibende Cantonne- mcnls gehabt haben, an der Elbe stehen. Den Einwand, daß Dänemark Alles und mehr noch, als es gewollt, erreicht habe, daß es bei einem Kriege gegen Deutschland nichts gewinnen, nur verlieren könne, lassen wir nicht gelten und wird Niemand gelten lassen, der das Däncnvolk kennt und der den Schleswig-Holsteinern zutraut, daß sie, wenn auch augenblicklich nicht die Kraft dazu, doch immer noch den Willen haben, das Joch, das man ihnen jetzt aufgelegt hat, nicht ewig zu tragen. Das sind die Verbünde ten, auf welche Frankreich rechnet. Es hat aber seine Blicke noch aus ei nen andern, uns Deutschen nicht minder gefährlichen Alliirlen geworfen: auf die deutsche Uneinigkeit und die Unzufriedenheit, welche die Ereignisse der letzten Jahre in manchen Gcmüthern zurückgelasscn haben. Man braucht nicht an die unmittelbare Wiederherstellung des Rheinbundes zu glauben und kann doch einräumen, daß Frankreich keinen zuverlässigern Verbünde ten, Deutschland keinen schlimmern Feind hat als diese Uneinigkeit, diese Unzufriedenheit. So klug und dankenswerth cs auch war, daß der Kaiser von Rußland den Kaiser von Oesterreich zur Reise nach Berlin veranlaßte, so hoch wir auch die Folgen dieses Ereignisses anschlagen, damit allein ist noch nichts, gar nichts gewonnen. Schlimmer und gefährlicher als die Ei fersucht der Fürsten ist die Eifersucht der Volksstämme. Aber heißt cs denn wirklich dem deutschen Volke zu viel zumuthen, wenn man von ihm fodert, des inncrn Haders und der Unzufriedenheit mit manchen Maßregeln der Regierungen zu vergessen, wo es gilt, das Vaterland gegen einen äußern Feind zu verthcidigen? Preußen. Berlin, 3. Jan. Mit dem 1. Jan. ist die Verei nigung der beiden obersten preußischen Gerichtshöfe, des Geheimen Obertribunals und des Rheinischen Rcvisions- und Cassationshofs, ins Leben getreten. Ein solennes Festmahl beim Justizminister Simons vereinigte die Mitglieder des neugebildetcn gemeinsamen Obersten Gerichtshofs des ganzen Landes, deren Zahl sich durch Ernennung um sechs, darunter der bisherige Oberstaatsanwalt Sethe, vermehrt hat. — Einige hiesige Zeitungen, namentlich die Neue Preußische und die Voß'sche, hatten mitgetheilt, daß die vom Handelsministcr beantragten sehr bedeutenden Credite zu neuen Eisenb ahn b auten vom Gesammtstaatsministcrium verworfen worden seien. Dem ist nicht so, vielmehr hat das. Verlangen des Handclsmi- nisters im Staatsministerium die Majorität erlangt. Wenn dennoch nicht augenblicklich an die Ausführung der projcctirten Bahnbauten gegan- gen wird, so liegt der Grund einzig in dem Umstande, daß von mehren Seiten, sowol von Privaten als von Kreiöständen, hinsichtlich einzelner der auszusührenden Bahnen sehr vortheilhafte Anerbietungen cingcgangen sind und diese letzter» einer ernsten Prüfung unterzogen werden müssen, bevor ein Beschluß darüber gefaßt werden kann. ^Berlin, 3. Jan. Die Rundschau der Kreuzzcitung für den Mo- nat December zeigt dieses Blatt von neuem in Widerspruch mit den An sichten und den Maßregeln unserer Negierung. Ohne Rücksicht auf die Pie tät, welche unsern König alle Bedenken gegen die Anerkennung des franzö sischen Kaiscrthums eben !m Interesse und zur Ehre Preußens überwinden ließen, beeilt sich jene Zeitung, den Ruhm und die Ehre des Landes scho- »ungSlos in Abrede zu stellen, dessen freundnachbarlichc Beziehungen durch jenen königlichen Entschluß eben ausgesprochen wurden. Welche Absicht auch