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Freitag. Rr. 393. IS October 18S2. Leipzig. Die stcitung erscheint mU AuSnabmc !>,» Montags täglich und wird Nachmittags -1 Uhr aus- gegeben. Preis für das Viertel jahr 1'/, Thlr.z jede ein zelne Nummer 2 Ngr. Deutsche Mgemriilc Zcitung. »Wahrheit llud Recht, Freiheit und Sesehl» Zu beziehen durch alle Postämter des In- und Auslandes, sowie durch die Expedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Mnsertionsgedüh» für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Die Zoll- und Handelsfrage. L Berlin, 13. Oct. Die Flugschrift: „Segnungen des Zollver eins. Eine statistische Skizze" (Leipzig, F. A. Brockhaus), welche die Nach theile deS Zollsystems des Zollvereins durch die Zusammenstellung der stati stischen Thatsachen nachweist, hat hier ihren Eindruck nicht verfehlt. Man pflegte in Berlin bei aller freihändlerischen Uebcrzeugung den Zollver ein immerhin und trotz seines fehlerhaften Zollsystems als Quelle eines erhöhten Wohlstandes zu betrachten; man dachte nicht daran, zu unter scheiden, wie vielmehr andere ökonomische Einrichtungen, z. B. Eisen bahnen, Telegraphen u. dergl., zu diesem Wohlstände beigctragen haben; die Frage war verpönt: ob nicht der Zollverein mit seiner gegenwärti gen Zollverfassung vielleicht die Wirkung jener Einrichtungen noch geschmä lert habe? Dieses Vornrtheil ist nicht neu, cs hat mehr als alles An dere dazu beigetragen, den Zollverein in seine gegenwärtige Lage zu brin gen. Man begnügte sich, von Freihandel zu sprechen, und schlug die Fol gen gering an, welche der vorübergehende Schutzzoll haben würde; das be merkte man nicht, daß die Hauptfolge jedes Schutzzolls die sei, ihm gerade die vorübergehende Natur zu nehmen, mit welcher die Bureaukratie die eigene Uebcrzeugung und die Anderer einzuschläfern sich bemüht hatte. Die Geschichte, welche überall Zollerhöhungcn als Folge des Schutzzolls nach weist und mit ihren Thatsachen den österreichischen und ähnlichen Entwür fen cntgegentritt, welche den Schutzzoll als Uebergang zur Handelsfreiheit rühmen; die Geschichte, welche Frankreich von 5 Proc. Schutzzoll auf den 100<Proccntsah und auf die Verbote, Preußen von dem IO-Procent-Wcrth- zoll auf das österreichische Zollsystem, Hannover von dem Slcuervcrein auf den Zollverein gebracht hat, war noch nicht hinreichend, hier auf den bessern Weg zu lenken. Schriften wie die „Segnungen des Zollvereins" überraschen daher um so mehr, und wenn auch die hiesigen Blätter über dieselbe noch schwei gen, wahrscheinlich weil sie gegen den Zollverein jetzt keine Anklagen brin gen wollen, wenn auch die Theorie, welche der Verfasser seinen Betrachtun gen zu Grunde legt, nicht unbestritten ist, so schneidet doch der Nachweis tief ins Fleisch: daß mit dem steigenden schuhzöllncrischcn Charakter in glei chem Schritte die Production und der Wohlstand der zollvereinsländischen Bevölkerung gerade nur — gesunken ist. Freilich liegt in dem gleichen Schritte der Verminderung des Wohlstandes mit dem Schutzzölle die Gewißheit, daß in dem noch schutzzöllnerischern österreichischen Zollverbande das Uebel noch größer sein würde, und darin findet man auch hier einen gewissen Trost für die Sorgen des Augenblicks. Die Schrift hat aber sehr Recht in ihrer Andeutung, daß alle Fortschritte der Welt ungenützt an uns vorübcrzie- hen würden, daß alle Zollvereine mit Vielen oder mit Wenigen das Vermö gen der Bevölkerung, die Genüsse zu vermehren, nicht vermehren würden, wenn das bisherige Zollsystem nicht einer Aendcrung entgegen ginge. — Durch die volkswirthschaftliche Monatsschrift für den Deutschen Zoll verein von vr. Toegel wird jetzt ein Aclenstück bekannt, welches deutlich zeigt, daß der Abbruch der Zollconfcrenzen schon bei der CoalitionS- conferenz in Stuttgart nicht allein vorhergesehen war, sondern auch nach den dort gefaßten Beschlüssen unbedingt erfolgen mußte, wenn sich Preußen den österreichischen und Coalitionsabsichten nicht fügte. Das Aktenstück lautet: Stuttgarter Conferenzen. Die verbündeten Regierungen haben beschlossen, ihren Bevollmächtigten bei der Berliner Zollconferenz gemeinsame Instructionen zu ertheilen, und ertheilen solche in Nachstehendem: Folgende Punkte sind dieje nigen, welche, insofern Preußen sich zu einer Verständigung hcrbcllaffen will, fest gehalten werden: I. Die verbündeten Regierungen machen folgende Zugeständ nisse: 1) Sie nehmen den Septcmbervertrag in der erklärten Weise an. 2) Sie willigen ein, daß die Zolleinigung mit Oesterreich nicht schon jetzt berathen und verabredet wird. II. Dagegen beharren sie auf folgenden Anfoderungen: I) Daß der Zoll- und Handelsvertrag (^.) mit den nothwendigen Modifikationen zur Verhandlung und zum sofortigen Abschlusse komme. 2) Daß der Zollverein nur auf sechs, höchstens acht Jahre erneuert werde und Preußen sich verpflichtet, we nigstens ein Jahr vor dem Ablaufe dieses Termins die Berathungen mit Oester reich über die Zolleinigung zu beginnen. Solange diese Gcgenzugeständnisse nicht erreicht sind, werden die verbündeten Regierungen den Zollverein nicht erneuern. Die Bevollmächtigten haben sich die vorstehenden Principien zur ausschließlichen Richtschnur aller ihrer Aeußerungen, sowol in den Conferenzsitzungen als außer halb derselben zu nehmen. Sie haben sich daher auch jeder Interpretation der ihnen aufgctragcnen Erklärungen und aller Vermittelungsvorschläge zu enthalten, zu welchen sie nicht spccicll angewiesen sind. Aber auch wenn von einer andern Seite vertrauliche Bermittelungsvorschläge gemacht werden sollten, haben sie die selben lediglich all relvrontlum zu nehmen und jede Aeußerung darüber zu unter lassen. Endlich haben sie in ihrer ganzen Haltung auszuprägen, daß ihre Re gierungen zwar aufrichtig die Erhaltung und Erweiterung des Zollvereins wün schen, aber ebenso fest entschlossen sind, nicht ausschließlich den jenseitigen Anfodc- rungen nachzugeben, ohne daß man ihnen entsprechende Zugeständnisse macht. Die Bevollmächtigen haben daher vor Allem sich zu vergegenwärtigen und daran fcst- zuhaltcn, daß, nachdem die von ihnen vertretenen Regierungen ihrerseits wieder holt und namentlich durch die soeben abgegebene Erklärung den Wünschen der königlich preußischen Regierung in der ausgedehntesten Weise nachgegcben und da durch ihr Bestreben für eine Verständigung auf die unzweideutigste Weise bethä- tigt haben, dieselben die weitern Schritte zur Erreichung dieser Verständigung der königlich preußischen Regierung überlassen und, solange von Seiten der letz- tern kein Entgegenkommen gezeigt wird, sich jeden fcrnern Schritte« der An näherung enthalten werden, unbeschadet des Fortgangs der Verhandlungen über die noch nicht zur Berathung gelangten Propositionen. Daher werden auch die Bevollmächtigten jede Aeußerung, welche eine entgegengesetzte Meinung von den Absichten ihrer Regierung Hervorrufen könnte, sorgfältig zu unterlassen haben. Protokoll v. Geheimes Einvernehmen über verschiedene Eventualitäten, welche in der nächsten Zeit in Betreff der berliner Verhandlungen eintreten könnten. In dem die Vertreter der hier versammelten Regierungen sich über die Eventualitäten berathen, zu welchen die bevorstehende Wiedereröffnung der Berliner Zollccnferenzen den Anlaß darbicten könnte, sind dieselben über die Beschlußfassung der nachstehenden Punkte übereingekommen, und haben dieselben mittels des gegenwärtigen Protokolls genehmigt und unterzeichnet: IjDic VevollmächtigtenzurBerlinerZollconferenzhaben Berlin zu verlassen auf den Fall, daß die preußische Regierung erklären wird, daß nun, da die verbündeten Regierungen sich nicht mit beiden Präjudicialpunkten einverstanden erklärt hätten, keine weitere Verhandlung stattfindcn könnte. 2) Sollte die preußische Regierung die Wiener Vertragsentwürfe ablehncn, und namentlich die österreichi sche Vorlage ihrem wesentlichen Inhalte nach nicht annehmen zu können erklä ren, so haben die Bevollmächtigten auszusprechen, daß ihre resp. Regierungen un ter diesen Umständen die zweite Präjudicialsrage nur verneinend beantworten und sich nunmehr auch an die erste Präjudicialsrage nicht gebunden erachten könnten. 3) Es soll zwar von jetzt an von der Bestimmung des Zeitpunktes Umgang ge nommen werden, in welchem die Zolleinigung mit Oesterreich Platz greifen wird, dagegen aber verpflichten sich die hier versammelten Regierungen hierdurch aus drücklich, an dem Principe, daß eine solche Zolleinigung stattzufinden habe, unver brüchlich fcsthalten und Preußen zur Annahme dieses Princips durch alle zu Ge bote stehenden Mittel nöthigcn zu wollen. 4) Es sollen unter den oben bezeich neten Eventualitäten, sowie zur Befestigung der Vereinbarung der auf dieser Con- ferenz repräsentirten Regierungen Bevollmächtigte nach Wien zur Berathung des Vertrags 6 abgeschickt werden, und die Berathungen dort am 1. Oct. d. I. be ginnen. Diese Absendung soll auch eintreten, wenn es aus irgend einem Grunde zum Abbruch der Verhandlungen in Berlin kommen sollte. — Die Voß'sche Zeitung hört, daß die preußische Regierung in die sen Tagen noch eine Circulardepesche an die preußischen Missionen bei den Koalitionsregierungen habe abgehen lassen, in welcher unter Hinwei sung auf den bisherigen Gang der Verhandlungen die Nothwendigkeit des Abbruchs der Conferenzen auch trotz der in München vereinbarten hier nach träglich übergebenen Erklärung dargethan wird. Auch verlautet, daß Baiern ebenfalls an seine Gesandtschaften eine Circulardepesche erlassen hat, um seine Schritte in der Zollfrage zu rechtfertigen und seine Stellung klar zu machen. D eutschlor»-. Frankfurt, 10. Oct. Es bestätigt sich vollkommen, daß in der Bun desversammlung gleich nach Ablauf ihrer Ferien die Verhandlungen über die Aufstellung des B undess ch utzcorps wieder anfgenommen werden sollen. Der Plan ist bereits vollständig ausgearbeitet. (Nürnb. C.) Vom Main, 12. Oct. Ein interessanteres Manifest dürste die Presse lange nicht verlassen haben als jenes, welches der in Münster ver- sammelt gewesene katholische Verein an die Fürsten zu erlassen dc- cretirt hat. Da die bezügliche Versammlung aus specifisch-römischen Deut schen zusammengesetzt war, so kann man von ihr nur echt römisch-kanonische Grundsätze erwarten. Dabei entsteht aber die interessante Frage, ob die Herren in Münster den opserbereitwilligcn Muth haben werden, ihre soge nannten heiligen Grundsätze den Fürsten gegenüber auszusprechen. Sollten sie cs wagen, diesen die päpstliche Lehre vorzuhalten, daß sic nur Monde, der Papst dagegen die Sonne sei; daß ketzerische Fürsten ipso luolo der Absetzung und der Confiscation aller ihrer Güter unterliegen; daß die Für sten verbunden sind, den Befehlen des Papstes unweigerlich zu gehorchen, daß also z. B. Oesterreich an die katholische Kirche Salzburg, Brixen, Bo tzen; Baiern Würzburg, Bamberg, Augsburg, Eichstädt, Speier, Worms; Hessen Mainz rc. abgcbcn müßte, weil Pius VII. dies schon 1803 verlangte und 1815 von neuem gegen diese Besitznahmen protestiere? Wie gesagt, die Welt sieht dem obigen Manifeste mit der gespanntesten Wißbegierde entgegen. * Berlin, 13. Oct. Der königlich sächsische Gesandte und bevollmäch tigte Minister am hiesigen Hofe Graf v. Hohenthal ist von Leipzig und der württembergische Staatsrath, außerordentliche Gesandte und bevollmäch tigte Minister, Kammcrherr Frhr. v. Linden von Wien hier eingetrof- sen. Man ist in Zweifel, ob die Ankunft des Letzter» mit einer außeror dentlichen Mission in Zollsachcn oder mit der Wicdcranbahnung des diplo matischen Verkehrs Württembergs mit Preußen zusammcnhängt, neigt jedoch zur letzten: Annahme. Auch der österreichische Gesandte Frhr. v. Prokcsch- Ostcn ist von Wien hier cingctroffen und hatte eine Unterredung mit dem Ministerpräsidenten v. Manteuffel. — Wie die Voß'sche Zeitung wissen will, dürfte mit der Geburtstagsfeier des Königs noch ein zweites Fest, das der