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f-Moll op. 79, das zwischen 1815 und 1821 komponiert wurde. Weber, der ein brillanter Pianist war, spielte es kurz nach der Vollendung erstmals in der Öffentlichkeit. Webers Klavierstii, der noch nicht die Lisztsche Überladenheit kennt, sondern eher zwischen Mozart und Chopin vermittelt, wird von den typischen Elementen seiner Tonsprache beherrscht, einer subjektiven Empfind samkeit mit ihren Stimmungsgegensätzen, die oft von außermusikalischen Vorstellungen angeregt sind, der schillernd-virtuosen Bravour und der reich quellenden Melodik. Das effektvolle, brillante Konzertstück f-Moll, nach dem Vorbilde Louis Spohrs als „Gesangsszene" komponiert, weist dramatische, ja opernhafte Züge auf. Ein konkretes Programm liegt dem Werk zugrunde: Abschiedsszene eines Krie gers von der Braut (es handelt sich um die Zeit der Befreiungskriegei), Schmerz über die Trennung, Rückkehr des Geliebten und freudiges Wiedersehen. Mit plastischer, eingängiger Thematik, reizvollen Klangfarben hat Weber die wechselnden Stimmungen dieser „Szenen" gestaltet. Die einsätzige, in sich vierfach gegliederte Anlage des Stückes ist übersichtlich. Ein klagendes Larg hetto affetuoso eröffnet das Werk mit gesangvoller Meiodik. Klavierpassagen führen zu einer Kadenz, die in das Allegro passionato mündet. Leidvoller Ausdruck wird von spielerischem abgelöst. In den Fagotten kündet sich das folgende Tempo di Marcia an, dessen kriegerischen Charakter das Orchester erregt zum Ausdruck bringt. Ein Glissando des Klaviers bringt den Kontrast. Mit Steigerung des Ausdrucks und des Tempos leitet das Soloinstrument zum Presto giocoso in F-Dur über, in dessen freudigen Jubel auch das Orchester einstimmt, das — wie der Solist — anspruchsvolle und dankbare Aufgaben zu bewältigen hat. Die Unvereinbarkeit zwischen Kunst und Leben, Wahrheit und bürgerlicher Wirk lichkeit seiner Zeit erkannte FranzSchubert um so mehr, je reifer er wurde. Seit 1819 bemächtigte sich dieser tragische Antagonismus seines Liedschaffens, seiner Kammermusik und schließlich seiner Sinfonik. Wie der schmerzlich-heftige Streichquarteil-Satz c-Moll aus dem Jahre 1820 blieb auch die Sinfonie h-Moll von 1822 ein Torso und ging als Schuberts „Unvollendete" in die Musik geschichte ein. Zwingende äußere Gründe für die Nichtvollendung des Werkes gab es nicht. Daß Schubert es nicht zum Abschluß brachte, lag wohl an der noch nicht überwundenen Unschlüssigkeit seiner Haltung: Auf der einen Seite spürte er die Übermächtigkeit jener für ihn neuen und schmerzhaften gesellschaftlichen Erkenntnis, auf der anderen Seite konnte er sich nur zögernd von einer alten Illusion lösen, vom ungetrübten Leben in der Kunst. So müssen wir uns mit den zwei vollendeten Sätzen der Sinfonie begnügen, die uns Schuberts Durchbruch zu einer neuen, konflikthaften sinfonischen Sprache belegen, deutlich am Beethoven- schen Vorbild orientiert und doch eigenständig. Wirklich tragische Gedanken fin den in dem ergreifenden Werk Ausdruck. Nicht die Zerwürfnisse mit dem Vater bilden, wie vielfach angenommen wurde, den Kern des dargestellten Konflikts, sondern seine tragische Lebenserfahrung, daß seine humanistische Lebensverbun denheit unvereinbar war mit den sich unaufhaltsam durchsetzenden kapitalisti schen Produktionsverhältnissen, wenn ihm auch diese Ursache zu seinem Konflikt mit der Welt letztlich undurchschaubar blieb. Halten wir uns an seine Worte: „Wollte ich Liebe singen, ward sie mir zum Schmerz. Und wollte ich Schmerz nur singen, ward er mir zur Liebe. So zerteilte mich die Liebe und der Schmerz" - darin liegt auch der Leitgedanke seiner „Unvollendeten" beschlossen. Das der Sinfonie in den Bässen gleichsam motlohaft vorangestellte düstere acht- taktige Thema, das in der Durchführung und der Coda des ersten Satzes (Allegro moderato) eine große Rolle spielt, läßt diesen Leitgedanken deutlich werden. Nach einem schmerzlichen Klagegesang in Oboen und Klarinetten, einem Hornruf stimmen die Celli, dann die Violinen eine wunderbare Ländlermelodie an, die so recht die Herzlichkeit, Wärme und Volkstümlichkeit demonstriert, deren Schu bert fähig war. Aber dieser Gesang von der Liebe wird von brutalen Fortissimo- Schlägen des Orchesters unterbrochen, bis die Melodie wieder Kraft findet, sich durchzusetzen. Wie schon die Exposition spiegelt auch der weitere dramatische Verlauf des ersten Satzes die „Zerteiltheit" in Schmerz und Liebe wider. Das fatalistische Mottomotiv verwandelt sich in ein heroisches Kampfmotiv. Doch den heftigen Kämpfen und Auseinandersetzungen ist kein Sieg beschieden. Mit drei gebieterischen Schlägen scheint der Schmerz über die Liebe zu siegen, der Tod über das Leben. Der zweite Satz (Andante con moto) versucht, fern von den Kämpfen des ersten Satzes einen Märchenfrieden zu gestalten, seine träumerische Ruhe vor dem Ein bruch des Schmerzes, der Realität zu bewahren. Eine friedvolle Kantilene vermag denn auch im ersten Teil den Eindruck tiefer Ruhe und Ergebenheit zu erzeugen. Doch bald kommt es wieder zu einer großen Klageszene. Der Schmerz bricht erneut auf, bis er sich abermals in Liebe verwandelt. In der Reprise scheint dann die Verzweiflung noch gesteigert, bis eine endgültige Besänftigung in Wohllaut und Frieden eintritt. ügllgga IIIHIIIIIIIIlEg^ällllllliiiiiii luMMniiiiiiiiiiinim^^ii KULTURPALAST DRESDEN »Nlharnnoni Programmblätter der Dresdner Philharmonie Redaktion: Dr. habil Dieter Hartwig Die Einführung in die „Wassermusik'' stammt Druck: veb polydruck, Werk 3 Pirna - 111-25-12 _ Spielzeit 1971/72 — Chefdirigent: Kurt Masi von Prof. Dr. W. Siegmund-Schultze. 1 ( 5 ItG 009-46-72 SONDERKONZERT anläßlich des VII. Kongresses der Internationalen Vereinigung gegen den Lärm (AICB)