Volltext Seite (XML)
12. Februar 18S2 Deutsche Allgemeine Zeitung «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz I» JnsertlonSgebühr für t«n Raum kiucr Zeil« 2 Ngr. Zu btjiehcn »urch all» Pofi- ämtkr de« In- und Auslan des, sowie durch die Sxpedi« tianen in «rip.ig (Ou«r- straßc Nr. 8) und »re»dx« (bei E. Höckner, Sieustadt, An der Brücke, Nr. 2.) Zweite Ausgabe. Abends S Uhr. Nr. 72. Dpnnerstqg. Leipzig. Die Zeitung er. scheint mit AuSnahMt de« «loimtag« täglich,wet mal und «trd autgegeben in »ripzig Hoxmittag« l l Uhr, Adend« ü Uhr; in lvr«»d«>« Abend« i Uhr, Vormittag« 8 Uhr. W««i» für da« Vierteljahr d^jkhsr.j jede einzelne Stum mer l Ngr. minder kategorischem Imperativ dictirt war, ist zuvörderst noch Staatsge heimniß, jedenfalls aber muß sie die Flüchtlingsangelegenheit besonders ac- centuirl und hierin ein entschiedenes Entgegenkommen verlangt haben. Das bundcsräthliche Circularschreiben lautet: Getreue, liebe Eidgenossen! Die Ereignisse, welche In Frankreich statthatten, führten neue politische Flüchtlinge auf unser Gebiet, und es ist kaum zu bezwei feln, daß nicht noch mehr derselben kommen werden. Diese Thatsache macht in der schon längst über der Schweiz schwebenden Flüchtlingsfrage neue Verfügungen nothwendig. Der Bundesrath erachtet eS daher für seine Pflicht, einerseits sich sofort eine genügende Ueberzeugung zu verschaffen, ob seine frühem Beschlüsse über Jnternirung und Ausweisung von Flüchtlingen überhaupt ihrem ganzen Umfange nach vollzogen worben seien, und andererseits die erfoderlichen Maßregeln zu tref fen, damit das Asyl, welches die Schweiz vielleicht einzelnen Flüchtlingen zu ge statten im Falle ist, in keiner Weise mißbraucht werde, sei es durch diese Personen, sei es durch Ausdehnung desselben auf solche Individuen, die dasselbe nicht bedür fen oder vermöge ihrer Anteecdenticn desselben nicht würdig sind. Diese Zwecke glaubt der Bundesrath am schnellsten und besten durch Anstellung von eidgenössi schen Kommissaren erreichen zu können, welche sich nach Umständen, vereint oder einzeln, in diejenigen Cantone zu begeben hätten, in denen ihre Anwesenheit, um bas oben angeführte Ziel zu erlangen, erfodcrlich sein dürfte. Er hat daher zu dieser Mission die Herren Regierungspräsident l)r. Kern von Frauenfeld und Ge richtspräsident Zoh. Trog von Olten mit dieser Senkung beauftragt, und ersucht Sie, getreue, liebe Eidgenossen! dieselben in dieser Eigenschaft freundschaftlich auf zunehmen und aufs kräftigste zu unterstützen re.' Die bezeichneten Männer sind bereits behufs ihres Auftrags nach Lau sanne und Genf abgcreist. Spanien. Madrid, 8. Fcbr. (Telegraphische Depesche der Kölnischen Zeitung.) Der Zustand der Königin ist entschieden in das Stadium der Genesung eingctreten. Frankreich. L Paris, 9. Fcbr. Seitdem die Regierung erfahren, daß die finan ziellen Projecte Persigny's und namentlich die Einkommensteuer die ohnehin aufs Aeußerste gebrachte Bourgeoisie vollends zur Verzweiflung bringen würde, hat man beschlossen, vorderhand langsamer zu Werke zu gehen. Man würde sich demnach auf die Abschaffung der Verzehrungssteuer beschränken. Der beziehungsweise Ausfall soll durch eine Vermehrung der Patentsteuer für Besitzer von Weinhäusern und Restaurants gedeckt werden. Zugleich denkt man an eine Vermehrung der Wohnstcuer, diese ist aber schon so hoch, daß die finanziellen Fachmänner, die zu Nalhe gezogen wurden, hiervon ab- rathen zu müssen glaubten. Der Präsident läßt sich aber durch solche Rücksichten nur zeitweilig von seinen festgesetzten Entschlüssen abhalten. So soll auch der Kampf gegen die Unabhängigkeit der Magistratur, wenn gleich in veränderter Gestalt, wieder ausgenommen werden. Da man sich bemüßigt sah, die Unabhängigkeit der Richter in der Verfassung zu garan- tiren, sucht man nun diese Bürgschaft dadurch zu entkräften, daß sich die Regierung das Recht zurücknchmcn würde, jeden Richter, der das 68- oder 70. Lebensjahr überschritten (man schwankt zwischen beiden Zahlen), in Pen sionsstand versehen zu dürfen. Durch diese Maßregel würde die Erledigung des dritten Theils der Magistratsstellen facultativ nur mit ergebenen An hängern des Elysee besetzt werden können. In der Umgebung des Prä sidenten hat man gegen diesen Gewaltstreich verschiedene Argumente anzu wenden gesucht und zuletzt auch darauf aufmerksam gemacht, wie die noth- wendig werdenden Pensionen das Budget mit 1,500,000 Fr. jährlich be lasten müßten. Ludwig Napoleon hat aber bereits gezeigt, daß er sich durch solche Rücksichten nicht bestimmen lasse. So bleibt er hartnäckig bei der gänzlichen Durchführung des Consiscationsdecrets trotz der unaufhörlichen Vorstellungen, mit denen er von den verschiedensten Seiten her behelligt wird. Er erwiderte z. B. jüngst dem einen der Vorsteher des obersten Nech- nungshofs, dem bekannten Finanzstatistikcr Audiffrct: „Sie sind nun bereits die dreißigste Person, welche mir hierüber und in diesem Sinne spricht, al lein ich bleibe unerschüttert, denn es handelt sich für mich um eine poli tische Frage und um meinen Todhaß gegen die Orlcanistcn." Bei der all gemeinen Mißbilligung, welche diese Confiscationßmaßregel überall gefunden, ist die Regierung doch besorgt, die gesetzgebende Parodie, welche nun end lich zusammentreten soll, dürfte ihre beschränkten Befugnisse zu einer Pro- testation in dieser Angelegenheit anwendcn wollen. Sie verlangt daher von den Männern, welche als Candidatcn der Regierung sich in den Vorder grund stellen wollen, die Versicherung, daß sie gegen diese Maßregel in der Kammer nicht agitiren werden. Ein solches Versprechen wurde namentlich den HH. Anccl und Mortemart abverlaugt, als diese erklärten, sich für daö untere Teinedcpartcmcnl wählen lassen zu wollen. — Die Wahlen fangen an, auch unsere Hauptstadt ein wenig zu beschäftigen, und wenn man, wie sich Deutschland. «Berlin, 11. Fcbr. Die Mission des Hrn. David hat neben ih- rem bestimmten Charakter hauptsächlich den Zweck, die Stimmung der Höfe in Hinsicht auf das Kaiserthun^ zu sondiren und die vielfach gegebenen Ver- sicherungen einer friedlichen Politik von Paris aus in vertraulicher Weise zu wiederholen. Hr. David soll gewissermaßen Sympathien für die Regie rung Ludwig Napoleon's an den Höfen fördern oder erwecken. In dieser Beziehung ist seine Aufgabe weniger auf den Verkehr mit den Ministern, als vielmehr auf einen solchen mit einflußreichen Personen der Höfe, an welche er sich begibt, gerichtet. — In Frankfurt entfaltet der österreichische BundeStagSgesandte jetzt auch in polizeilicher Beziehung eine große Thätigkeit. Es ist als sicher anzunehmen, daß die jüngsten polizeilichen Maßregeln des Senats auf dirccte Veranlassung des Grafen Thun er folgt sind und daß Graf Thun mit dieser Partie der frankfurter Verwal tung überhaupt in einem sehr liirten Verhältnisse steht. — In Elberfeld wurde am 9. Febr. die Nummer der Elberfelder Zeitung von der Polizei mit Beschlag belegt, dem Vernehmen nach wegen eines Leitartikels „Aus dem Bergischen", welcher die Folgen der Be-- steuerung der Presse zum Gegenstände haben soll. ttMünchen, 1V. Febr. Ein höchst auffallender Mord wurde heute Bormittag an einem jungen Krämer in einem Cigarrenladen an einem der belebtesten Plätze verübt, ohne daß man bisjetzt eine Spur des Raubmör ders, der nur sehr geringen Gewinn von seinem Raube hatte, hätte fin den können. — Aus Kurhessen vom 7. Fcbr. schreibt man: Die Stellung, welche Kurheffen dem Deutschen Zollvereine gegenüber einzunehmcn scheint, fängt an, uns mit Besorgnissen zu erfüllen; denn wir haben noch in fri schem Andenken den Zustand, in welchen uns jene Abschlicßung. und selb ständige Zollgesetzgebung versetzte, welche dem Beitritt unsers Landes zum Deutschen Zollverein einige Jahre vorausging. Nehmen wir den Krieg und seine unseligen Folgen aus, so kann eine Regierung der materiellen Wohl fahrt eines so kleinen und so wenig arrondirten Landes keine liefern Wun den schlagen als durch eine solche Abschlicßung; denn alle unsere Handels beziehungen gehen nach außen, und jede Stadt und jedes Dorf ist nicht in einem selbständigen Handclsgebiele, sondern im Grenzgebiete gegen das eine oder das andere Ausland gelegen. Jene Ausschließung hatte daher anch beim Ausbruche der Julirevolution eine so allgemeine Erbitterung her vorgerufen, daß sich die Volksaufstände, welche ihr folgten — wenigstens im südlich?« Theile des Landes —, ausschließlich gegen die Zollstätten richte ten. In einen solchen Zustand würde uns ein Losreißen vom Deutschen Zollvereine zurückversetzen. ?!— Aus Bremen vom 11. Febr. meldet die Weser-Zeitung: Die We ser hat heute die Höhe von 16 Fuß überstiegen und die niedrigen Stadt theile unter Wasser gesetzt. Das Steigen dauert noch fort, jedoch sehr lang sam und bei dem eingetretenen Frostwetter ist ein baldiges Fallen des Stro mes zu erwarten. Unsere Strombcrichte von oben her sind uns bisjetzt (12. Uhr) noch nicht zugegangen. — Aus Hamburg vom 9. Febr. meldet die Magdeburger Zeitung: Bei WandSbeck hat in den letzten Tagen ein blutiger Zusammenstoß zwischen österrskthischen Soldaten und den Grenzgendarmen staltgefunden, wobei beide Theile von ihrer Schußwaffe Gebrauch machten. Es versuchten nämlich die österreichischen Soldaten verschiedene zollpflichtige Gegenstände ins Holsteinische hineinzuschmuggeln, und da sie sich von den holsteinischen Gendarmen verfolgt sahen, schossen sie auf diese scharf, ohne aber einen der- selben zu treffen. Bei dem Gegenangriffe der Gendarmen sollen nun einige Oesterreicher verwundet worden sein. Die Scene endigte mit der Vcrhaf- tüng der Soldaten. Schweiz. Aus der Schwerz, 9. Febr. So viel oder wenig an dem in der aus wärtigen Presse verbreiteten Gerüchte von einer beabsichtigten Occupatio» dir Schweiz durch Oesterreich und Frankreich gegründet sein mag, so stehe 'ich sicherlich nicht an, einzuräumen, daß ein Damoklesschwert über unserer Tclbstäsidigkcit hängt, nachdem die europäische Rückbewegung zur „Ruhe und Ordnung" so weit gediehen ist, daß die Ruhe und Ordnung Europas von der Launs eines Mannes abhängt, dessen eigenthümliche Qualification freilich seine Machtvollkommenheit über Sein und Nichtsein des europäischen Friedens in verhängnisvollem Lichte erscheinen lassen muß. Doch wollte ich Ihnen heute nur berichten, daß das Einlaufen einer energischen Nöte des Prinz-Präsidenten an den Bundesrath außer Zweifel gesetzt ist durch die Maßnahme des Bundesraths, welche im nachfolgenden Circularschreiben an äe CantonSregierungen ausgesprochen wird. Ob die Note mit mehr oder